Weihnachtszeit ist Schokoladenzeit – Der schmutzige Beigeschmack
Susanne Coenen [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Können Sie sich die Tage rund ums Fest ohne süße Schokoladen-Weihnachtsmänner vorstellen oder ohne eine heiße Schokolade, wenn es draußen windet und schneit?
Also: Machen Sie es sich gemütlich. Genießen Sie die besinnliche Zeit des Jahres mit feinen Kreationen unserer Schokoladenindustrie, oder legen Sie edle Weihnachtschokolade als Geschenk unter den Tannenbaum.
Immerhin essen die Europäer 1,5 Millionen Tonnen Schokolade im Jahr, das entspricht 15 Milliarden Tafeln. Jeder Deutsche verzehrt 11 Kilo jährlich.
Wer kommt, während ein köstliches Stück Schokolade in unserem Mund dahin schmilzt, auf die Idee an “böse” Dinge zu denken?
Die Realität sieht leider anders aus.
Kinder werden z.B. in afrikanischen Ländern für 230 € (Verhandlungssache versteht sich) an Plantagenbesitzer verkauft. Meist nachdem sie vorher entführt oder verschleppt wurden.
Diese Kinder werden krank durch die auf den Kakaoplantagen eingesetzten Pestizide, die ihnen nicht nur die Augen verätzen und Mangelernährung, weil sie noch nicht einmal genug zu essen bekommen. Kinder die oft 15 Stunden und mehr arbeiten müssen, viele mit eiternden Wunden an Beinen und Armen. Allein Nestle macht mit Schokolade einen Umsatz vom 70 Mrd. € jährlich.
Die großen Firmen der Schokoladenindustrie wie Nestle, Mars, Cargill, ADM, Barry Callebaut haben 2001 eine Vereinbahrung getroffen, das sogenannte Harkin-Engel-Protokoll, in dem festgelegt wurde, dass Kakao, der durch Kinder geerntet wird nicht abgenommen wird und ab 2008 auf Kinderhandel und Kindersklaven verzichtet wird.
Dieses Protokoll wurde von den Topmanagern der Schokoladenindustrie unterschrieben, sie brauchten sieben Jahre, um sich gegen den Kinderhandel auszusprechen.
Und mit welchem Ergebnis?
Immer noch arbeiten Kindersklaven auf den Plantagen, immer noch werden Kinder aus den ärmsten Regionen Afrikas wie Mali, Burkina Faso und Togo verschleppt und für 230 € verkauft.
Zu ändern ist das nur, wenn der Verbraucher reagiert. Wenn wir beim nächsten Schokoladenkauf also ins Regal greifen, sollten wir uns darüber Gedanken machen, woher wohl der Kakao, aus dem unsere süßen Träume sind, kommen mag.
[Erstveröffentlichung im November 2011]
2.
Kerstin Königs schrieb am 30.11.2011 um 15:09 Uhr:
Das ist die traurige Realität im Jahre 2011. Wen das Thema interessiert, der findet hier so ziemlich alle Informationen:
Die dunklen Seiten der Schokolade
http://www.fairtrade.de/cms/media//pdf/Die_dunklen_Seiten_der_Schokolade.pdf
Das Problem ist nicht neu (Studien aus 1998) und nicht unbekannt. Ob bei Kakao oder anderen Produkten. Die Gründe für Kinderarbeit sind vielfältig, der Hauptgrund aber (fast immer), geringe Preise oder gefallene Weltmarktpreise.
Das ist auch beim Kakao seit über 10 Jahren der Fall. Ein Grund dürfte auch sein, dass an den Börsen dieser Welt inzwischen mit Lebensmitteln gezockt wird.
Je weniger z.B. Kleinbauern für ihre Produkte erzielen, um so mehr müssen auch die eigenen Kinder mit anpacken, weil man sich Helfer nicht leisten kann. Armut ist die Hauptursache der Kinderarbeit. Das bedeutet: arbeiten statt lernen, also kein Schulbesuch. Bis hin zu Kindern, die in die Sklaverei verkauft werden.
Dazu kommen die, denen es rücksichtslos nur um höhere Gewinne geht, (die haben wir leider weltweit und auch in unserem Land, weshalb die wirtschaftlichen/sozialen Probleme auch weltweit wachsen – ein Systemproblem?). Wir sind alle gefordert zu handeln.
In der o.g. Studie von Südwind heißt es:
„Die Arbeitsbedingungen beim Anbau von Kakao sind seit der Kolonialzeit in vielen Regionen fast durchgängig sehr schlecht gewesen. Ähnlich wie bei anderen Agrarprodukten (Kaffee, Tee, Baumwolle, Bananen, Zuckerrohr etc.) wurde dies in Studien mehrfach belegt. Ein Beispiel ist eine UNICEF-Studie aus dem Jahr 1998 über den Verkauf von Kindern an Kakaofarmen.
Allerdings wurden diese Studien von den Konsumentinnen und Konsumenten der Industrienationen lange Zeit nicht in größerem Umfang wahrgenommen. Ende des Jahres 2000 und Anfang 2001 geriet der Kakaomarkt plötzlich in die Schlagzeilen.
Dokumentationen wiesen nach, dass Kinder in vielen Produktionsbereichen gefährliche Beschäftigungen übernehmen mussten. Ein Teil dieser Kinder arbeitete unter sklavereiähnlichen Bedingungen und war aus Nachbarländern auf die Kakaoplantagen Westafrikas verkauft worden. Das US State Department sprach von 15.000 Kindern, die von Mali in die Elfenbeinküste verkauft worden seien.“
1.
Hannelore Huber schrieb am 29.11.2011 um 15:55 Uhr:
Die Entscheidung liegt, wie Frau Coenen sehr richtig schreibt, beim Verbraucher.
Fairer Weise muss man anmerken, dass die Umsetzung nicht ganz so einfach ist. Will man auf Schokolade oder daraus bestehende/damit verarbeitete Produkte wie Pralinen, Schokoriegel, das komplette Schokosortiment zur Advents- und Weihnachtszeit, nicht ganz verzichten, wird das keinesfalls leicht.
Auch wenn Schokolade und Süßes nicht zu den wichtigsten Dingen gehört, kann es für manchen durchaus „hart“ sein Verzicht zu üben und nur fair gehandelte Schoko-Produkte zu kaufen. Auch bei der Auswahl wird es definitiv enger.
Außer für Schokolade und Nugat, wird die dafür erforderliche, aus Kakao gewonnene, Kakaobutter auch in der Kosmetik (pflegende und dekorative) eingesetzt. Auch hier wäre der Verbraucher gefordert zu hinterfragen, woher diese stammt.
Wie dem auch sei, finde ich persönlich es gut, dass Frau Coenen auf die Problematik aufmerksam macht.
Zur Ergänzung: Das Harkin-Engel-Protokoll wurde im Juni 2008 ein zweites Mal verlängert. Bis Ende 2010 sollte endlich die Vereinbarung umgesetzt werden. Die tatsächliche Umsetzung ist bis heute unklar.
http://www.evb.ch/p15188.html
In einer kleinen Anfrage zu diesem Thema im Deutschen Bundestag vom 13.12.2010 heißt es:
„Die Verbraucher haben derzeit keine Chance zu erfahren, ob bei der Produktion der von ihnen erworbenen Schokolade die Menschenrechte eingehalten wurden. Die Rechtslage lässt es zu, dass der Einzelhandel bei Nachfragen keine Auskunft über die Produktionsbedingungen in seiner Lieferkette zu geben braucht.
Eine Verpflichtung für die Hersteller, auf Kakao und Kakaoprodukten die geographische Herkunft des Kakaos anzugeben, würde ermöglichen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher von Kakaoprodukten, wie z. B. Schokolade, Informationen über die Herstellungsbedingungen erlangen und diese in ihre Kaufentscheidung einbeziehen können.“
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/041/1704172.pdf
Cadbury (Großbritannien) handelte und will nach und nach nur noch fair gehandelten Kakao verarbeiten. Der Anteil fair gehandelter Schokolade am Gesamtmarkt stieg dadurch in Großbritannien auf einen Schlag von 3% auf 15%, der Export von fairem Kakao des Hauptlieferanten Ghana von 5.000 auf 15.000 Tonnen.
Der faire Handel (Fair-Trade, Transfair, GEPA) ist ein Mittel gegen Kinderarbeit. Die Kaufentscheidung trifft der Verbraucher.