„Morgen Kinder wird’s was geben“ • Weihnachtslied chemisch gereinigt
Red. Gesundheit & Soziales [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Schöne Rest-Weihnacht, liebe Leute, Feiertage haben was für sich. Da kommt man auch mal wieder zum Lesen, so ganz in Ruhe.
Also hab‘ ich einige Bücher aus dem Regal geholt und staunte nicht schlecht, was sich da so alles findet.
Dabei war auch die Gedichtsammlung „Herz auf Taille“ von Erich Kästner aus dem Jahr 1928. Das war kurz vor der Weltwirtschaftskrise 1929.
Seine bissige Version („Weihnachtslied chemisch gereinigt“) von „Morgen Kinder wird’s was geben“ passte…
… und hat an Aktualität nichts eingebüßt:
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht soweit.
Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.
Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.
Tannengrün mit Osrambirnen –
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht –
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!
Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte recht so weit …
Ach, du liebe Weihnachtszeit!
Übrigens: Das Deutsches Kinderhilfswerk hat festgestellt:
„Aktuell sind ca. 2,5 Mio. Kinder in Deutschland von Armut betroffen und leben auf oder nur knapp über Sozialhilfeniveau. Das ist jedes 6. Kind in Deutschland.“
Zum Vergleich: In den 1960er Jahren betraf Armut nur eine Minderheit der Kinder.
1965 war in Deutschland nur jedes 75. Kind unter sieben Jahren auf Sozialhilfe angewiesen.
Danach begann die Kinderarmut wieder deutlich zu steigen.
Das wollt‘ ich nur mal gesagt haben …
Euer Glossi
1.
Kerstin Königs schrieb am 27.12.2013 um 20:11 Uhr:
Was würde Erich Kästner sagen, wenn er wüsste, dass 85 Jahre (!!) nachdem er das Gedicht in dieser Weise schrieb, die Aktualität kaum geringer ist als damals!
Banken wurden und werden mit hunderten Milliarden gerettet und milliardenschwere Rettungsschirme aufgespannt, die lächerlichen Steuern die Konzerne zahlen, Fördermittel, die die abgreifen, weil die Politik denen das ermöglicht – aber der Sozialbereich und Hilfe für Bedürftige, die ihr Elend überwiegend nicht mal selber verschuldet haben (z.B. Arbeitslosigkeit und die Ungerechtigkeiten bei Hartz IV, Arbeitslosengeld, Erwerbsunfähigkeit, Bildung, bessere, saubere Schulen, mehr Lehrer etc.), wird immer wieder an den Pranger gestellt.
Das ist alles zu teuer. Warum fragt keiner nach dem Grund für die Arbeitslosigkeit und Altersarmut? Das schlechte Abschneiden deutscher Kinder bei z.B. Pisa oder dass die Herkunft die Schulkarriere bestimmt und wie weit die Kinder kommen (dürfen?). Will das die Politik überhaupt wissen?
Wo sind Politiker, die das wirklich ändern wollen? Die sind doch weder christlich („C“DU) noch sozial („S“PD). Die meisten Leute scheint das nicht zu stören, wie das Wahlergebnis zeigte.
Muss es noch schlimmer werden bis die Leute mal wach werden?