Große Koalition: Das kleinere Übel? Falls ja, für wen?

Hauptredaktion [ - Uhr]

logo-cdu1.jpgspdBei der Kommunalwahl haben die Bürger eindeutig gegen ein „Weiter so!“ votiert. Das hält naturgemäß die immer noch stärkste Fraktion im Mönchengladbacher Rat nicht davon ab, Sondierungsgespräche zu führen: Ergebnis offen! Dass CDU und FDP keine Mehrheit mehr zustande gebracht haben, ist bekannt.

Wie kann es also weiter gehen? Wäre eine „Große Koalition“ das Allheilmittel? Wer würde verlieren, wer gewinnen?

Gewinner einer großen Koalition würde Norbert Bude sein. Zunächst einmal für 5 (fünf) Jahre, obwohl er für 6 Jahre gewählt ist. Denn nach 5 Jahren gibt es einen neuen Rat und wie der dann aussieht ist ungewiss.

Gewinner wäre auch die SPD – zumindest was den von ihr angestrebten Einfluss anbelangt. Ob sie auch inhaltliche Gewinnerin sein wird, ist indes offen, denn ihre teilweise kategorischen Forderungen werden die Sondierungsgespräche nicht gerade leichter machen.

Und zudem hat die SPD zu berücksichtigen, dass viele Bürgerinitiativen auf sie (und die Grünen) gesetzt und entsprechend „Wahlunterstützung“ geleistet haben.

Sollte die SPD-Führung sich wirklich ernsthaft über eine große Koalition Gedanken machen, täte sie gut daran – ihrem eigenen Transparenz-Versprechen folgend – sich schon im Vorfeld mit eben diesen Bürgern zusammenzusetzen und die „No-Go’s“ zu diskutieren.

Täte sie das nicht, oder nur halbherzig, würde sie sehr schnell „Wind von vorne“ bekommen. Den würde sie dann spätestens bei der Landtagswahl im nächsten Jahr spüren. Und das hätten die designierten SPD-Landtagskandidaten, die sich intensiv in den Kommunalwahlkampf eingebracht hatten, nicht verdient.

Einer anderen „Front“ gegen eine große Koalition könnte sich die Mönchengladbacher SPD-Führung wohl auch parteiintern gegenüber sehen. Zwölf gewonnene Direktmandate bedeuten, dass zwölf  Kandidaten gegen eine CDU gewonnen haben, mit der sie nunmehr zusammenarbeiten sollen (?).

Und dass auch noch als „Junior-Partner“, denn die CDU hat nun mal mehr Sitze im Rat, als die SPD.

Die CDU würde sicherlich ganz gerne „Weiter so!“ machen. Das zeigt auch die Besetzung ihrer „Koalitionsfindungskommission“.

Die CDU hat aber auch ganz andere Probleme. Insbesondere Identitäts- und Personalprobleme. Und das „ganz oben“!

Hat Norbert Post der andauernden und vielschichtigen CDU-internen Probleme noch die Lust und/oder den Drive, weiterhin die Partei zu führen, oder will er sich doch lieber auf sein Mandat im Düsseldorfer Landtag konzentrieren und seinem „Freund“ Rüttgers zur Seite stehen?

Gibt er sein Ratsmandat ab und macht so für Joachim Roeske Platz? Wie würden die Neuwerker reagieren, wenn „ihr Norbert“ ebenso handeln würde?

Ist Rolf Besten als Fraktionsvorsitzender noch tragbar, wenn er gegenüber dem Zugeständnis an die JU dennoch eben hierfür kandidieren würde? Wer könnte ihm nachfolgen, wo Dieter Breymann (als „gehandelter“ Nachfolger) nunmehr nicht mehr im Rat ist? Hans-Peter Schlegelmilch vielleicht, der Hermges als „neue Mitte“ von Mönchengladbach sieht?

Und wie verhalten sich die diversen „B’s“ in der CDU, die lieber im Hintergrund operieren und die bei einer Großen Koalition möglicherweise „ihre Felle wegschwimmen“ sehen?

Insgesamt wird auch die Frage der Bezirksvorsteher interessant. Einem Bezirksvorsteher Boss für den Bezirk Ost dürfte die SPD kaum zustimmen können, da dieser in Giesenkirchen „verbrannte Erde“ hinterlässt und Krichel-Mäurer – so er denn nicht in den Bundestag einzieht – hierauf Anspruch anmelden dürfte.

Auch die SPD des neuen Stadtbezirks Süd will wohl Ulrich Elsen als neuen Bezirksvorsteher sehen wollen, zumal sie besonders in Rheydt ihre Direktmandate geholt hat.

Aber auch die programmatische (sprich: inhaltliche) Seite wird interessant.

Dass die CDU – wie gewohnt – meist nur „Allgemeinplätze“ formulierte, war man ja schon gewohnt und damit wird es sowohl für die „Sondierer“ aber auch für die Wahlbürger sehr schwer sein, sich ein Bild von einer möglichen großen Koalition zu machen.

Dies wird deutlich, wenn man die Kernaussagen der denkbaren Koalitionäre vergleicht. BZMG hat es getan und die Ergebnisse zu den einzelnen Themenkomplexen zur Ansicht und zum Download zur Verfügung gestellt.

Hier die Themenkomplexe (durch Klicken als PDF zu öffnen) und einige kurze Anmerkungen:

01 – Wirtschaftsförderung, Beschäftigungspolitik, …

Aussagen zur Frage der Integration von Arbeitssuchenden in den ersten Arbeitsmarkt sucht man im Gegensatz zur SPD bei der CDU vergebens.

Auch in diesem Zusammenhang ist die Aussage der SPD zu sehen, das Arbeitslosenzentrum erhalten zu wollen.

Dass man zur Frage, wie transparent zukünftig Aufträge vergeben werden soll, bei der CDU nichts findet, entspricht den Erfahrungen. Wie die SPD mit der von ihr geforderten Transparenz umgeht und welche Federn sie da lassen könnte, ist schwer einzuschätzen; zumindest hat sie ihren Wählern Transparenz versprochen.

02 – Bürgerbeteiligung, Bürgerservice, …

CDU: Fehlanzeige! Das scheint nicht nur eine spezifisch Mönchengladbacher „Verweigerung“ zu sein, denn auch im Bund stellt sich die CDU gegen ein Mehr an „direkter Demokratie“.

Dies hat auch die Initiative „Mehr Demokratie e.V.“ in einer Umfrage festgestellt, die den Mönchengladbacher CDU-Bundestagskandidaten Dr. Krings wie folgt zitiert: „Volksentscheide verkürzen komplexe Sachfragen auf ein vereinfachendes ‚Ja‘ oder ‚Nein‘. Möglichkeiten des Kompromisses, die im politischen Diskurs entstehen, werden so von vornherein verhindert.“

Offensichtlich ist man in der CDU der Meinung, Demokratie sei Zeitverschwendung.

Die SPD setzt unter dem Thema „Bürgerbeteiligung“ u.a. auf die Stärkung der Bezirksvertretungen (z.B. mit eigenem Budget), Stärkung der Arbeit des Integrationsrates, die Ausweitung des Kommunalwahlrechtes und eine verstärkte Teilhabe von älteren Menschen und von Behinderten.

03 – Stadthaushalt, Bürgerfinanzen, …

Die CDU will dass EWMG, WFMG und MGMG fusioniert werden, wohingegen die SPD die MGMG nicht als Fusionsbestandteil sieht.

Sparsames Wirtschaften sei für die CDU selbstverständlich, meint das Programm.

Den CDU-Plänen für einen Rathausneubau in Rheydt hat die SPD in ihrem Wahlprogramm eine eindeutige Absage erteilt.

Die Re-Kommunalisierung der GEM steht zwar auch im SPD-Programm, jedoch könnten da gesellschaftsvertragliche und steuerliche Aspekte ein derartiges Vorhaben verzögern.

Bürgerhaushalt, also eine intensivere Beteiligung der Bürger, ist in beiden Programmen kein Thema.

04 – Gesundheit, …

Bei diesem Komplex setzt die CDU ausschließlich auf das „Zusammenwirken der Krankenhäuser“,während die SPD zumindest die häusliche Pflege thematisiert.

Aussagen zu den eigentlichen Themen der Gesundheitsfürsorge usw. fehlen gänzlich.

05 – Entwicklung der Zentren, …

Beide sprechen von der Stärkung der beiden Zentren, wobei nur die SPD in einem leichten Ansatz auf die Auswirkungen des HDZ/ECE auf eben diese Zentren eingeht.

HDZ/ECE will bekanntlich die CDU unter allen Umständen und in maximaler Größe, während der SPD eine Begrenzung auf 20.000 qm „Neu-„Verkaufsfläche vorschwebt.

06 – Kunst, Kultur, …

Bei Kunst- und Kulturthemen scheinen CDU und SPD nicht sehr weit auseinander zu sein.

07 – Verwaltung, Ordnung, Sicherheit, …

Beim Thema „Verwaltung“ setzt die CDU auf räumliche Konzentration, ohne den Neubau des Rheydter Rathauses explizit zu erwähnen; die SPD lehnt einen Rathausneubau in Rheydt bekanntlich ab.

Wenn die SPD bei diesem Komplex auch nicht sehr ins Detail gegangen ist, dürfte es bei diesem Themenkomplex kaum zu Dissensen kommen.

08 – Schule, Studium, Ausbildung, Weiterbildung, …

CDU: Fast nur „Allgemeinplätze“ und Objekt(=Bau)themen.

Dem gegenüber stehen bei der SPD „6. Gesamtschule“ und „Ausweitung des Ganztagsangebotes“ wohl an einer der obersten Stellen. Da die Landesregierung aus CDU und FDP die Ausweitung des Ganztagsangebotes für Gesamtschulen nicht will, sind der Stadt hierbei zunächst Grenzen gesetzt.

Spannend wird gerade bei diesem Themenkomplex sein, ob die CDU bereit ist, ihre mehr ideologisch motivierte Gegnerschaft zu einer weiteren Gesamtschule aufzugeben. Hierbei könnte ihr der von Norbert Post für sich in Anspruch genommene persönliche Erfolg an der Neuwerker Gesamtschule hilfreich sein.

09 – Die soziale Stadt

Die CDU versucht in größerem Umfang soziale Aufgaben auf „Dritte“ zu übertragen und die Eigenverantwortung zu intensivieren.

Für die SPD stehen darüber hinaus die Themen „Armut“ und „Jugendarbeit“ und eine „fundierte Sozialplanung“ im Fokus.

10 – Sport, …

Bei diesem Themenkomplex scheint bei CDU und SPD in vielen Punkten Übereinstimmung zu herrschen, wobei die SPD darauf zu achten haben wird, dass Sportstätten auch Sportstätten bleiben und die städtischen Grundbesitze nicht zu Spekulationsobjekten werden (siehe „Giesenkirchen 2015″).

11 – Mobilität, Verkehr, …

CDU und SPD halten immer noch an der durch Mönchengladbach in keinster Weise beeinflussbaren Anbindung an das internationale Netz (ICE) und die Erweiterung der Schienen-Nahverkehrsanbindung fest.

Obwohl beide (CDU und SPD) sich für Verbesserungen des Fahrradverkehrs in Mönchengladbach aussprechen, sollte die SPD sich überlegen, in welchem Umfang sie die bisherige „Auto-Vorrang-Politik“ abzumildern bereit ist; Bürgerinitiativen zu diesem Problemfeld gibt es in Mönchengladbach zur Genüge.

12 – Stadtentwicklung, Baupolitik, …

Bemerkenswert ist dass die CDU (vollkommen entgegen ihrer tatsächlichen Handlungsweisen und Bestrebungen) davon spricht, „Flächenrecycling“ und „Flächenaufbereitung“ vor „Flächenneuverbrauch“ setzen und zur Gewerbeansiedlung nur „Altflächen“ aktivieren zu wollen.

Dies widerspricht ebenfalls den Aussagen in Wahlkampf-Flyern von mindestens 12 CDU-Direktkandidaten.

Wenn auch nicht explizit in den „relevanten Aussagen“ enthalten, will die SPD für eine transparente Stadtentwicklung. Dazu zählt auch eine transparente Vergabe von Aufträgen an Mönchengladbacher Unternehmungen.

Setzt sie nicht schon bei den Sondierungsgesprächen hier „Pflöcke ein“, läuft sie Gefahr, Teil eines Systems zu werden, gegen das sie in den letzten Jahren versucht hat anzukämpfen. Es darf unterstellt werden, dass die Bürger inner- und außerhalb von Bürgerinitiativen gerade in diesem Punkt sehr sensibilisiert sind und entsprechend reagieren werden.

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Zweifellos werden bei den Sondierungen und Verhandlungen zu einer großen Koalition Personalien eine große Rolle spielen.

An erster Stelle wird der Kämmerer (zurzeit FDP-Mann Bernd Kuckels) zur Disposition stehen.

Außerdem ist in ca. 10 Monaten die vakante Stelle des Planungs- und Baudezernenten wieder zu besetzen; solche Stellen wurden in Mönchengladbach vielfach „nach Parteibuch“ besetzt.

Im Weiteren wird die SPD fordern, dass OB Norbert Bude in die Funktionen eingebunden wird, die vormals von CDU-Oberbürgermeistern eingenommen waren.

Darüber hinaus wird es zu einer sicherlich nicht geringen Zahl von Umbesetzungen in Aufsichtsgremien der städtischen Gesellschaften kommen.

Mit den ersten Sondierungsgesprächen wird das „Geschachere“ um Posten und Pöstchen beginnen. Schließlich geht es um persönliche Gelder und …  um Macht.

Vielleicht findet sich ja ein Frank Boss als Geschäftsführer bei der Kreisbau AG wieder, wenn er nicht Bezirksvorsteher der „Ost-Zone“ werden kann und der bisherige Kreisbauchef Jürgen Meisen (CDU) als weiterer Geschäftsführer in die EWMG/WFMG wechseln würde.

Vor der Kommunalwahl sprach die SPD von einer „historischen Chance“ für einen Wechsel. Diese Chance könnte mit einer 5-jährigen „Großen Koalition“ vertan werden.

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