Biogas-Anlagen – Sinn oder Unsinn?
Huber, aktion Durchblick MG [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Diese Frage scheint nicht nur die Wanloer zu bewegen. Wobei anzufügen ist, dass die Wanloer eine Biogasanlage durchaus als sinnvoll ansehen. Wenn sie den richtigen Standort hat.
Das unterscheidet sie von Bürgerinitiativen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg. Dort regt sich der Widerstand nicht nur wegen der Belastungen, die, z. B. infolge mehr Verkehr, durch die Anlagen auf die Bürger zukommen. Hier wird das gesamte „System Biogasanlage“ in Frage gestellt.
Warum? In Niedersachsen spricht man bereits von „Vermaisung“.
Dort, wie überall, wo Biogasanlagen mit Energie-Mais betrieben werden, wurde zunächst von den obligatorischen 5 – 7,5% der Anbaufläche gesprochen. Drei Fruchtfolgen sollten es sein. Auch dort wurde darauf verwiesen, dass die Landwirte diese „gute Praxis“ schon aus Eigeninteresse einhalten würden, um die Ertragskraft und Qualität ihrer Böden zu erhalten.
Die Realität sieht anders aus. Auf 16% (!) der Anbauflächen wächst inzwischen Energie-Mais und die Fruchtfolge wurde auf zwei reduziert.
http://www.erneuerbareenergien.de/0410/Ere04_76-79_sol_Vermaisung.pdf
Widerstand formiert sich. Die Bürgerinitiativen protestieren mit Slogan wie:
- “Biogas frisst den Mais, die Bauernhöfe sterben leis.”
- “Monstertruckparade dank Biogasanlage”
- “Biogas frisst Arbeitsplätze!– Deinen auch?”
http://www.lohne-wehrt-sich.de/
Auszug aus einem Schreiben der Bürgerinitiative Lohne an den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Niedersächsischen Landtag McAllister vom 30.03.2010:
“Wie will man als Landwirt noch mithalten, wenn aus einem ha Silomais für 3800 Euro Strom zu produzieren ist, aber der konventionelle Landwirt für sein Getreide kaum 1000 Euro je ha ausbezahlt bekommt. Inzwischen pachten die Biogasanlagen oder auch ihre Strohmänner hier den bäuerlichen
Familienbetrieben das Land weg, so dass hier ein Strukturwandel ausgelöst wird, an dessen Anfang wir erst stehen. Die Pachtpreise steigen hier auf bis zu 1500 Euro/ha.”
Initiativen aus ganz Niedersachsen setzten sich in Gessel an einen Tisch.
Ziel: Vernetzung Bürger gegen Biogasanlagen.
Die Initiatoren vertreten den Standpunkt: Auf Parteien wolle man sich nicht verlassen. „Es gibt keine Partei, die ein offenes Ohr für die Probleme hat, die mit Biogas-Anlagen in Verbindung stehen“, hieß es.
Bei einem ersten Erfahrungsaustausch in Gessel wurden unter anderem die Nachteile der Anlagen diskutiert.
Die Bürgerinitiative Kreuzkrug befürchtet beispielsweise nicht unerhebliche Beeinträchtigungen der Lebensqualität im Bereich des geplanten Objekts an der Bundesstraße 6, unter anderem durch Geruchsbelästigungen, Wertverluste der Immobilien, höheres Verkehrsaufkommen und nicht zuletzt eine erhöhte Gülleaufbringung.
Die Diskussionsteilnehmer waren überzeugt, dass die Zeche für die enormen staatlichen Investitionen am Ende der Steuerzahler und Verbraucher zahle.
„Wir müssen die Leute wachrütteln, wir als Steuerzahler sparen dabei keinen Pfennig“, lautete der Konsens. Weitere Befürchtung der Bürgerinitiative Kreuzkrug: „Monokulturen in der Region, die Umgebung wird nur noch aus Maiskulturen bestehen“. Donald Murphy-Bokern (Lohne) war überzeugt:
„Die Biogas-Anlagen haben keine Zukunft.“
In Werneuchen (Brandenburg) sahen selbst die Landwirte die dort geplante Biogasanlage “äußerst kritisch”.
Das Vorhaben stieß auf Bedenken. Auch von Seiten der Politik. Die städtische CDU-Fraktion initiierte eine öffentliche Anhörung zum Thema “Kritik an BGA”. Ergebnis: Die geplante Biogasanlage in Werneuchen birgt mehr Risiken als Chancen.
Den gesamten Artikel können Interessierte hier lesen:
http://www.cdu-werneuchen.de/lokal_1_4_139_Landwirte-sehen-Biogasanlage-aeusserst-kritisch.html
Jährlich 52.000 t nachwachsende Rohstoffe wären dort für die geplante Biogasanlage erforderlich gewesen. Bis zu 60 Prozent, rd. 32.000 t Mais, der Rest sollten Zwischenfrüchte und Gräser sein. Dazu noch Gülle.
Dazu wäre mit 5.000 bis 6.000 Lkw-Bewegungen zu rechnen gewesen.
Der stellvertretende Präsident des Bauernbundes Brandenburg, Wolter, verwies auf mögliche Monokulturen, die Auswirkungen auf die Natur und den notwendigen, erheblichen Transportaufwand, der den Verkehr in der Region belastet hätte.
Selbst Imker, die um das Überleben ihrer Bienenvölker bangen, ruft das Thema auf den Plan. Bei weitem keine Panikmache, gab doch schon Albert Einstein der Menschheit lediglich eine Überlebenschance von 2-3 Jahren, sobald es keine Bienen mehr gäbe.
In Werneuchen ist die Biogasanlage inzwischen kein Thema mehr. Der Rat der Stadt sprach sich gegen sie aus.
Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU). Sachsen-Anhalt, zu dem Boom der Biogasanlagen:
http://www.lohne-wehrt-sich.de/Zeitung_Pdf/Volksstimme.pdf
Auszug aus dem vorstehenden Artikel (Link):
„Eine Biogasanlage passt gut in einen Veredelungsbetrieb, der auf diese Weise die anfallende Gülle und pflanzliche Reststoffe verwertet, Energie produziert und nach Möglichkeit auch die Wärme nutzt, zum Beispiel für die Ferkelaufzucht“, erklärte Aeikens.”
Zunehmend würden aber Biogasanlagen errichtet, die weitgehend auf Maisbasis arbeiten. Und immer häufiger träten Konzerne als Betreiber auf den Plan.
„Diese Anlagen geraten in Konkurrenz mit Landwirtschaftsbetrieben, die die Erträge des Ackers benötigen, um damit ihre Tiere zu füttern“, so Aeikens.
Sachsen-Anhalts Agrarminister hält es für ungesund, wenn die Verwertung von Ackerfrüchten über Biogasanlagen mehr einbringt als die Verwertung über Rinder- oder Schweinemägen. Zudem sollte die Nahrungsmittelproduktion für die Landwirtschaft weiterhin Vorrang haben, darüber sei er sich mit den Berufsverbänden einig, betonte der Ressortchef.
Man kann dem Minister nur beipflichten. Denn rentabel sind diese Großanlagen für die Betreiber nur dank Subventionen. Nichts anderes sind nämlich:
- Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
- Grundvergütung je nach installierter Leistung
- Boni für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe
- Güllebonus
- innovative Technologie (Gasaufbereitung) oder Kraftwärmekopplung
Ohne diese könnten die Biogasanlagen nicht wirtschaftlich betrieben werden.
Offensichtlich ist dies auch bei der geplanten Anlage der NVV nicht anders. Bestätigt diese doch ganz unverblümt, dass sich die Biogasanlage nur dank vorstehender Vergütungen rechnet.
Die Infoveranstaltung der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach und der NVV zur, damals noch in Güdderath, geplanten Biogasanlage, fand 2008 im “Roten Krokodil” im Kunstwerk Wickrath statt.
Die Kreisbauernschaft (Wolfgang Wappenschmidt) sowie die NVV (Paul Rutten, Rainer Sender, Markus Palic) stellten dabei ihr gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer (Dr. Waldemar Gruber) geplantes Projekt einer Biogasanlage am Standort Güdderath vor.
Zitat aus der “AGRARPOLITIK” Ausgabe LZ 44, 2008 (PDF)
“Hauptgrund hierfür sei die aktuelle Gesetzeslage, erläuterte Markus Palic, Geschäftsführer der WestEnergie und Verkehr in Erkelenz, einem Beteiligungsunternehmen der NVV.
Die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes sowie die jüngst in Kraft getretene Gasnetzzugangsverordnung, die Gasnetzendgeltverordnung und auch die Anreizregulierungsverordnung verbesserten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Bau von Biogasanlagen enorm.
Die Vergütungssätze für die Stromeinspeisung würden angehoben, betonte Palic und fügte hinzu: „Von dieser Entwicklung wollen wir gemeinsam mit Ihnen, den Landwirten, profitieren.“
Nicht minder gut sollen offenbar auch die Landwirte profitieren. Selbstverständlich sei es Ihnen gegönnt:
„Unabhängig vom vertraglich vereinbarten Maispreis, streben wir außerdem eine Rendite von derzeit mindestens 16 % auf das eingesetzte Eigenkapital an“, betonte der WestEnergie-Geschäftsführer Palic.
Vor diesem Hintergrund drängen sich selbstverständlich Fragen auf bzw. wundert es nicht, dass bei allen Infoveranstaltungen (14.01. und 15.04.2010) und sogar bei der Sitzung der Bezirksvertretung West am 02.06.2010, bei der die BGA ein Tagesordnungspunkt war, immer ein Landwirt zur Stelle war.
Selbstverständlich beeilten sich diese zu verkünden, dass insbesondere der Transport des Mais nur nach der von der NVV vorgestellten Art und Weise erfolgen würde.
Natürlich, weil es auch für die Landwirte wirtschaftlicher sei, über die Autobahn anzuliefern. Und: auf keinen Fall wolle man mit der Bevölkerung in Wanlo in Konflikt geraten.
Ihre Aussagen hinsichtlich des Transportes hat die NVV inzwischen selbst relativiert.
Offensichtlich hat man inzwischen verstanden, was die Wanloer Bevölkerung schon lange wusste: wie Transporte in der Landwirtschaft überhaupt abgewickelt werden können.
Deshalb bleibt das Thema Verkehr als Dauerbrenner auf der Tagesordnung.
2.
Mine schrieb am 15.06.2010 um 11:48 Uhr:
Also nutzen wir in Deutschland immer mehr Ackerflächen für Pflanzen, die nur für Energiezwecke angebaut werden und importieren dafür mehr und mehr Salate, Kohl etc. aus Brasilien, Israel und sonst woher.
Bio-Gemüse aus Übersee – Biostrom aus Mais?
Die Verbraucher aufzurufen regionale Produkte zu kaufen ist ja prima, real sterben mit dieser Wirtschaftsmethode aber solche Bauernhöfe vor Ort.
Und das soll Bio – logisch sein (da war doch so ein Werbespruch)?
Grüne Ideen schön und gut, hier verkommen sie zum Spielball der lokalen Wirtschaft.
1.
Gandalf schrieb am 14.06.2010 um 21:32 Uhr:
Also, wenn man sich mal durch die ganzen Infos durchgeklickt hat, bleibt die Frage: Warum haben woanders Politiker und Landwirte einen klaren Blick, der nicht durch Dollarzeichen getrübt oder beeinträchtigt wird?
Da scheint es doch tatsächlich Menschen zu geben, die das schnelle, kurzfristige Geld weniger interessiert als nachhaltiges Wirtschaften. Das macht nachdenklich.
Sind das Idealisten oder Realisten? Gar Dummköpfe, die sich leicht verdientes Geld entgehen lassen?
Oder haben wir es hier bei uns mit „Gierlappen“ zu tun?
Da schwadroniert die NVV von 16% angestrebter Rendite. Das klingt ja glatt wie die Renditeversprechen der Hedge-Fond-Verkäufer! Nicht dass da mal irgendwann für unsere Bäuerlein auch eine „Finanzblase“ platzt … !
Um die NVV mache ich mir in der Hinsicht keine Sorgen, die können aus dem Vollen schöpfen und haben RWE im Rücken. Ausserdem trifft hier mit Sicherheit die Redensart zu, dass der Teufel auf diesem berüchtigten großen Haufen seine Stoffwechselendprodukte ablädt.
Wobei ich mich frage, ob das alles so richtig ist?!
Wieviel davon, wenn das wirklich so funktioniert, wird da von uns über Steuern (Subventionen) und die Strom-/Gasrechnung abkassiert wird. Obendrein heißt es dann auch noch, dass Erneuerbare Energien zu teuer seien.
Darf man sich da wundern? Hier wird, für mein Empfinden, gnadenlos abgezockt!
Was ich gar nicht verstehe: Warum ist in dem Zeitungsartikel über die Infoveranstaltung im „Roten Krokodil“ immer von Güdderath die Rede? Ich dachte die Biogasanlage soll nach Wanlo. Regt sich Wanlo etwa umsonst auf?