Sieht man mit dem Zweiten wirklich besser?

Huber, aktion Durchblick MG [ - Uhr]

logo-durchblick-orangeZumindest nicht ganz so klar, wie der Werbeslogan des Senders suggerieren will. Methangasanlagen und Energiewende – da muss das ZDF dringend nacharbeiten, und sich schlauer machen als man z.B. im Ausschnitt hören konnte, der im Artikel von Frau Stechmesser zu hören ist.

Methangasanlagen sind reine Subventionsprojekte, die sich ohne die diversen Vergütungen, wie z.B. Einspeisevergütung, und NawaRo-Boni (Mais, Gras, Gülle) nicht rechnen. Ohne diese Subventionen käme niemand auf die Idee eine solche Großanlage zu bauen. Würde noch nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden.

Selbst der wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung. Landwirtschaft und Verbraucherschutz, kommt bereits 2007 zu ganz anderen Ergebnissen als das ZDF.

Dort heisst es:

„Die bisher im Fokus der Bioenergiepolitik stehenden Bioenergie-Linien (Biokraftstoffe; Biogas auf Maisbasis) weisen relativ hohe CO2äq-Vermeidungskosten in einer Größenordnung von 150 bis weit über 300 €/t CO2äq auf.Wenn die deutsche Politik mit Hilfe der Bioenergie Klimaschutzpolitik betreiben möchte, so sollte sie sich auf solche Energielinien konzentrieren, bei denen sich Klimaschutz mit CO2-Vermeidungskosten von UNTER 50 €/t CO2äq erreichen lässt.“

Und weiter:

„Regenerative Energien sind aber mehr als nur Bioenergie. Vieles spricht dafür, dass im Spektrum der regenerativen Energien langfristig die Solar- und die Windkraft eine dominierende Rolle einnehmen werden. Das potenzielle Energieangebot aus Sonne und Wind übersteigt den Energiebedarf bei weitem, die Herausforderung besteht darin, einen nachhaltigen Zugang zu diesen Quellen zu erschließen.“

Die Empfehlung an die Politik lautet:

„Sie (die Politik) sollte die deutsche Landwirtschaft nicht durch eine hohe Förderung ineffizienter Bioenergielinien in eine neue Politikabhängigkeit führen und auf einen Sektor (Energie) ausrichten, in dem die deutsche Landwirtschaft eigentlich kaum wettbewerbsfähig ist und der durch harten (internationalen) Kostenwettbewerb sowie geringe Wertschöpfungspotenziale gekennzeichnet ist.“

Für Interessierte der Link hierzu:

Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung – Empfehlungen an die Politik

Gutachten des Beirats für Agrarpolitik, November 2007

Auch die Äußerung: „Strom kommt nicht einfach aus der Steckdose“ und „jeder will nur das Angenehme, keiner irgendwelche Einschränkungen“, gehen am Thema vorbei. Auch für Erneuerbare Energien muss man Lösungen finden, die nicht einige Bürger über Gebühr und unverhältnismäßig belasten.

Im Falle der Methangas-Großanlagen ganz besonders, da es sich, auch wenn ich mich wiederhole, nur um Subventionsprojekte handelt, die helfen, die Gewinne der Energie-Konzerne zu steigern.

Es kann nicht angehen, dass dafür ganze Stadtteile oder Orte in Mitleidenschaft gezogen werden und obendrein finanzielle Verluste erleiden. Bevor jemand solche Sätze ausspricht, sollte er erst einmal mindestens überlegen, was er sagen würde, wenn es daran geht hinnehmen zu müssen, dass z.B. die eigene Immobilie einen massiven Wertverlust erfährt.

Für Mietobjekte keine Mieter gefunden werden oder wenn, dann nur mit erheblichen Einbußen beim Mietpreis. Methangasanlagen sei Dank.

Es kann und darf nicht sein, dass Bürger ohne Not Verluste hinnehmen müssen, während z.B. ein Energieversorger die Gewinne einfährt.

Auch das ländlich geprägte Landschaftsbild wird nicht schöner, wenn allerorten Methangas-Großanlagen grüßen. Die Rede ist hier schließlich nicht von den priviligierten, kleinen Verwerteranlagen, die Landwirte nutzen, um kostengünstig aus Gülle und landwirtschaftlichen Abfällen wie z.B. Getreideputz und Grünabfällen Energie für den eigenen Hof und evtl. noch einige umliegende Nachbarn zu produzieren.

Das alles, im Falle der Methangasanlagen, dann auch noch mit „Versorgungssicherheit“ begründen zu wollen ist eine Farce. Deutschland produziert 20% (!) mehr Strom als nötig. Wie kann es da zu Versorgungsengpässen kommen?

Und mal so ganz nebenbei gefragt: bei wem gehen immer wieder die Lichter aus oder kann Energie nur zu bestimmten Zeiten genutzt werden? In Deutschland wird es da niemanden geben. Schon seit Jahrzenten nicht.

Zumal Versorgungsengpässen, wie bereits mehrfach erläutert, mit einer einzigen Methangasanlage, wie der z.B. in unserer Stadt in Wanlo geplanten, überhaupt nichts entgegen gesetzt werden kann. Auch nicht mit 10 solcher Anlagen. Eine Großanlage mit 1,5 MW kann 1.500 Haushalte versorgen. Das sind gerade einmal einmal fünf- bis achttausend Bürger. Solche Anlagen verursachen allein an Baukosten zwischen 8 und 11 Mio. EURO und stehen in keinem Verhältnis zum angeblichen „Gewinn“ für Bürger und Umwelt. Im Gegenteil.

Die Natur leidet unter der Monokultur. Der Artenschutz ist definitiv gefährdet. Insbesondere durch den Maisanbau wird der Boden ausgelaugt und das Trinkwasser belastet. Das sind Tatsachen über die in an dieser Stelle bereits berichtet wurde:

BUND gegen Maisanbau

Biogasanlagen gefährden die Artenvielfalt

Auch „unsere“ NVV begründet ihren Plan zum Bau der Methangasanlage damit, dass „Regenerative Energieerzeugung politisch gewollt ist“. Es wird auch bestätigt: „Durch neue Gesetze mit entsprechender Förderung sind die Anlagen wirtschaftlich.“ (Beteiligung der Öffentlichkeit am 14.01.2010, Chart der NVV) Noch deutlicher kann es kaum auf den Punkt gebracht werden. Heisst im Umkehrschluss aber auch ganz klar: Ohne Förderung sind Methangasanlagen unwirtschaftlich und würden niemals in Erwägung gezogen oder gar gebaut werden.

Interessant auch die Homepage der „NEW Re GmbH – die NVV-Gesellschaft für regenerative Energien“. Diese wirbt ganz unverblümt damit, dass es:

„Ziel ihres Engagements ist, ihre guten Kontakte zu den Kommunalverwaltungen und zur Politik zu nutzen, um die im Rahmen des EEG und des EEGWärmeG vorgegebenen Ziele, nämlich die Ausweitung des regenerativen Energieerzeugungsanteils, mit der Wertschöpfung in der Region mit positiven wirtschaftlichen Effekten für die Konzerngesellschaften und für die Region zu verknüpfen.“

So warb die NVV, für die in Wanlo geplante Großanlage, bei einer Informationsveranstaltung für Landwirte damit, dass sie neben dem Preis von 26,50 €/t Mais (für 20 Jahre garantiert) außerdem eine Rendite von mindestens 16% auf das eingesetzte Eigenkapital anstrebe.

(Quelle: „Agrarpolitik“ LZ 44 2008, S. 11/12 http://www.bz-mg.de/wp-content/uploads/2008-bga-nvv-kreisbauernschaft.pdf )

Bei der damaligen Veranstaltung wurde erläutert, dass, auf Grund der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes die jüngst in Kraft getretene

  • Gasnetzzugangsverordnung
  • die Gasnetzendgeltverordnung und
  • die Anreizregulierungsverordnung

die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so wörtlich, „enorm verbesserten“. Da auch

  • die Vergütungen für die Stromeinspeisung

angehoben würden, wolle man gemeinsam mit den Landwirten von dieser Entwicklung profitieren.

Das sind klare Aussagen. So wie die NVV sie trifft und danach handelt, so verfahren auch andere Energieversorger. Und so wächst die Zahl der Methangasanlagen und mit ihnen die Maisfelder. In Niedersachsen spricht man bereits von „Vermaisung“, 16 % (!) der Anbaufläche entfällt bereits auf Mais! Die Folge sind überteuerte Pachtpreise, da die „Maisbauern“ sich auf Grund ihrer lukrativen Verträge mit den Anlagenbetreibern höhere Preise erlauben können.

Das Nachsehen haben „normal“ wirtschaftende Landwirte. Und nicht nur in Niedersachsen gibt es diese Entwicklung. Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen haben dieselben Probleme. Nordrhein-Westfalen wird mit Sicherheit folgen, denn die Energieversorger haben die Methangasproduktion als lukrativen Geschäftszweig auch in unserem Bundesland für sich entdeckt. Auch bei uns hat der Maisanbau definitiv zugenommen.

Über alle diese Entwicklungen sollte sich auch ein öffentlich-rechtlicher Sender informieren und recherchieren.

Wie Frau Stechmesser in ihrem Beitrag sehr richtig schreibt, wird er über Gebühren finanziert, um der Wahrung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit gerecht werden zu können.

Oder werden auch hier Lobbyisten bedient? Dieser unangenehme Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen. Sieht man mit dem zweiten, wie der Werbeslogan des Senders sagt, wirklich besser?

Ein Kommentar zu “Sieht man mit dem Zweiten wirklich besser?”
  1. Was wäre, wenn Politiker und Journalisten, die solche Projekte befürworten, von den ganzen negativen Auswirkungen selber direkt betroffen wären?

    Oder gilt: Dä Een es net dä Angere? (Der Eine ist nicht der Andere)

    Davon kann man ausgehen.

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