Theodor-Wolff-Preisträger Benjamin Piel über Bestechung im Lokaljournalismus • Ausnahme oder Regel?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[26.11.2017] Es ist schon außergewöhnlich, wenn Journalisten sich kritisch mit ihrer eigenen und mit der Arbeit von Kollegen auseinandersetzen und dementsprechende Warnungen an sie aussprechen, nicht in die „Eitelkeitsfalle“ zu tappen.

So wie Benjamin Piel (Jahrgang 1984), Redaktionsleiter der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Lüchow im Wendland und voraussichtlich ab Sommer nächsten Jahres Chefredakteur des Mindener Tageblattes.

In einem bemerkenswerten Debattenbeitrag im Mediendienst Kress.de beschreibt der Theodor-Wolf-Preisträger (Journalistenpreis der deutschen Zeitungen) anschaulich die „Korruptionsgefahr ohne EURO“ in die sich Lokaljournalisten befinden, wenn sie von denen gelobt werden, auf deren Seite sie sich haben ziehen lassen.

„Konkret läuft es so: Ein Mann von einigem Ansehen sagte mir immer wieder, wenn wir uns sahen, wie sehr er meine Arbeit schätze. Das sei wahrhaftiger Journalismus, der den Anspruch habe, nichts zu verschweigen, sondern ans Licht bringe, was ans Licht gehöre“, schreibt Piel.

Es seien Sätze wie diese, die in ihm die Alarmglocken anwerfen.

Nach einiger Zeit hatte er eine Veranstaltung zu rezensieren, die besagter Mann organisiert hatte. Er empfing ihn, wie zu erwarten, mit reichlich Wohlwollen: „Schön, dass Sie da sind, das freut mich ungemein“.

Die Veranstaltung überzeugte Piel nicht und das schrieb er, ohne sie gnadenlos zu verreißen.

Da war es mit dem Lob vorbei, der Ärger war groß.

Was vorher löblicher Journalismus gewesen war, war nun, obwohl harmlos in der Wortwahl, eine „Unverschämtheit“.

Weil nicht funktioniert hatte, was hatte funktionieren sollen: Das Lob bekommt, wer lobt. Die kleine Anekdote ist ebenso gewöhnlich wie wahr.

Solche Dinge passieren täglich und überall. Auch in Mönchengladbach?

„Je größer die soziale Nähe, je kleiner das Verbreitungsgebiet, desto wirksamer ist die Taktik, desto größer ist die Gefahr in die Eitelkeitsfalle zu tappen und in ihr mitsamt der eigenen Autonomie zu verenden“, ist die Schlussfolgerung von Benjamin Piel.

Kein Mensch enttäusche gerne einen anderen. Doch gerade da setze die Taktik der sozialen Bestechung an. Je lauter der Beifall für Journalisten, desto schwieriger haben diese es, die Klatschenden nicht zu beklatschen.

zum Debattenbeitrag „Benjamin Piel über Bestechung im Lokaljournalismus“

Eine besondere Art des „Klatschens“ ist in hiesigen Medien u.a. festzustellen, wenn beispielsweise selbst in kleinsten Berichten zu Veranstaltungen, die vermutlich die wenigsten Leser interessieren, die Namen der vermeintlich wichtigen Teilnehmer durch Fettschrift hervorgehoben werden.

Wenn sich (nicht nur dabei) Journalisten dann auch noch mit „Klatschenden“ ablichten lassen, könnte das eine weitere Facette dessen sein, was Benjamin Piel so treffend als „soziale Bestechung“ apostrophiert.

Über den „Theodor-Wolff-Preis“

Mit dem Theodor-Wolff-Preis würdigt der BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.) seit 1962 jährlich journalistische Glanzstücke in Sprache, Stil und Form, die durch ihre gründliche Recherche, ihre eingehende Analyse und ihre breite Information Zeugnisse einer demokratischen und gesellschaftspolitischen Verantwortung sind.

Dabei wird großer Wert nicht nur auf die Berichterstattung aus Politik und Gesellschaft gelegt, auch herausragende lokale Beiträge werden preisgekrönt.

Die Auszeichnung erinnert an Theodor Wolff – legendärer Leitartikler und Chefredakteur des Berliner Tageblatts, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen Texten und Analysen eine ganze Generation von Journalisten, Politikern und Lesern prägte.

Der Theodor-Wolff-Preis gilt neben dem Nannen-Preis als die renommierteste Auszeichnung, die die Zeitungsbranche zu vergeben hat. (Quelle: Wikipedia)

Foto: Stephan Röhl (2015)

Ein Kommentar zu “
Theodor-Wolff-Preisträger Benjamin Piel über Bestechung im Lokaljournalismus • Ausnahme oder Regel?”
  1. Logo auch in Mönchengladbach.

    Echt schlimm war es bei der RP Gladbach als es noch Jüngermann gab.

Ihr Kommentar