Symptome der Macht – Teil XVI: „Ich wünsche eine Untersuchung mit folgendem Ergebnis“ – Von „normalen“ und Parallelgesellschaften
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Wenn jemand ein bestimmtes Ziel hat, stößt er gerne Untersuchungen und Prüfungen an, in der Erwartung, dass die Beauftragten auch zu einem „vorteilhaften“ Ergebnis kommen.
Dabei kann es passieren, dass auf diesem Wege auch mal gerne „Gefälligkeitsgutachten“ und „Gefälligkeitsstellungnahmen“ zustande kommen; letztere gerne auch von örtlichen Interessenvertretern, die nach dem Prinzip verfahren: „Schreibst Du was Positives für mich, schreibe ich was Positives für Dich“.
So geschehen auch im Zusammenhang mit der Methangas-Anlage in Wanlo. Da schreibt die Gewerkschaft verdi, man sehe den Ausbau der Erneuerbaren Energien unter der Perspektive „Erhalt qualifizierter Arbeitsplätze“.
Zum einen existieren keine „qualifizierten Arbeitsplätze“, die erhalten werden könnten. Zum anderen sollen durch diese Anlage keine Arbeitsplätze entstehen, weil man das Personal der neben der Anlage befindlichen Kompostierung einzubinden gedenkt.
Da schreibt die Industrie- und Handelskammer Niederrhein: “Negative Auswirkungen für die mittelständische Wirtschaft sind aus Sicht der IHK durch die neu zu gründende Biogas Mönchengladbach-Süd GmbH & Co. KG nicht zu erwarten. lm Gegenteil können durch das Vorhaben das Handwerk und mittelständische Unternehmen durch Auftragsvergabe gestärkt werden.”
Nicht nur in diesem Zusammenhang bekommt die Bezeichnung „Kammer“ (= Zimmer, gar Hinter-Zimmer?) eine durchaus bedenkenswerte (neue?) Bedeutung.
Nett macht es sich auch, wenn ein Herr Dr. Töpperwein, das Vorhaben „Methangas-Anlage Wanlo“ durch (fragwürdige?) Äußerungen in seiner Marktanalyse, wie z.B.:„Der Bau und der Betrieb der Anlage bieten ein Auftragspotenzial für mittelständische Unternehmen der Region, insbesondere für das Installateurhandwerk und für Bauunternehmen.“ positiv bewertete.
Nicht erkennbar war, welche Funktion Dr. Töpperwein inne hat. Sinnigerweise hatte Töpperwein seine „Marktanalyse“ auf neutralem Papier verfasst und so den Beratungsvorlagen beigefügt. Erst nach Recherchen stellt sich heraus, dass es sich tatsächlich um einen Mitarbeiter der NVV handelt.
Interessant wird es auch an anderer Stelle in dieser Stadt. Dann nämlich, wenn es um die Veräußerung städtischen (also: Bürger-) Eigentums, insbesondere im Falle von Grundstücken geht.
In Beratungsvorlagen findet man dort Formulierungen wie „die WFMG befürwortet diese Maßnahme“ oder ähnliches. An der WFMG ist die Stadt über die EWMG mit 51,03% beteiligt. Die restlichen 48,97% teilen sich 37 weitere Gesellschafter. 31 Gesellschafter halten jeweils 1,38%, einer 2,76% und weitere 5 jeweils 0,69%; Aufsichtsratsvorsitzender ist OB Norbert Bude (SPD).
Geschäftszweck der WFMG ist u.a. die „Vermarktung aller Grundstücke der Stadt Mönchengladbach bzw. der EWMG in Gewerbegebieten und Mischgebieten mit überwiegendem Gewerbeanteil zur Ansiedlung, Erhaltung und Erweiterung von Unternehmen“.
Was liegt näher, dass von der Wirtschaftsförderung getan wird, was man (wer?) von ihr erwartet. Sie „fördert die Wirtschaft“, indem sie durch eigene (?) Ideen und Visionen dieselbe mit Unterstützung der EWMG auch gleichzeitig „entwickelt“.
Schließlich haben ja beide städtischen Unternehmen denselben Geschäftsführer Dr. Schückhaus.
Wobei man sich bei dem Begriff „Entwicklung“ nicht allzu kleinteilig zeigt. Ideen und Visionen erfordern schon mal den „Blick auf’s große Ganze“ und damit auf „große Ziele“.
„Große Ziele“, bei deren Umsetzung man sich nicht lange, umständlich und nach Erbsenzählermanier mit Details befasst, die später auch von „nachgeordneten“ Stellen geregelt werden können. Vom rechtzeitigen Einbinden der Politiker in Rat und Ausschüssen und oder gar der Bürgerschaft ganz zu schweigen.
Schließlich verfügt man in der Stadtverwaltung ja über das entsprechende Personal, das es dann schon richten wird – richten muss!
Die kann sich ja dann mit den Bürgern „herumschlagen“.
Also immer schön forsch voran und fortfahren. Egal was kommt.
Und alles natürlich mit tatkräftiger Unterstützung des Oberbürgermeisters, der lieber sofort „mitmacht“, damit er es als Aufsichtsratsvorsitzender/Aufsichtsratsmitglied leichter hat, die Visionen von WFMG/EWMG und deren Gesellschafter durchzusetzen.
Fort–Fahren z.B. im wahrsten Sinn des Wortes in Logistik. Mit einmal entwickelten Vorstellungen und (fixen?) Ideen, die umso leichter Unterstützung finden, je weiter oben in der Verwaltung Befürworter und Freunde derselben diese für richtig und wichtig erachten.
Schließlich ist es ja auch mit weniger Arbeit verbunden, eine große Fläche an ein einzelnes Unternehmen zu vermarkten, als sich darum zu kümmern, viele kleine und mittlere Firmen mit einer größeren Zahl von Arbeitsplätzen anzusiedeln.
Die lässt man lieber in agilere Nachbargemeinden abziehen, die erfolgreich um den Mönchengladbacher Mittelstand buhlen.
Und so heißt es dann wieder: „Die WFMG befürwortet …“ und die Verwaltung hat dazu die gewünschten Ergebnisse zu liefern. Das stellt oft Herausforderungen dar, die trotz bestem Wollen dank der Gegebenheiten vor Ort zum Scheitern verurteilt sind. Auch wenn eine „Untersuchung mit einem bestimmten Ergebnis“ gewünscht wird.
Und wenn „… die WFMG befürwortet …“, nicken Verwaltungsspitze (oder Teile davon) und Aufsichtsratsmitglieder und applaudieren dem ach so Kreativen derselben und erzwingen im eigenen Haus und in den eigenen Parteien einen Spagat zwischen Wunscherfüllung, Machbarkeit und Sinnhaftigkeit.
Da drängt sich dem Betrachter schon mal der Eindruck von Realitätsverlust auf.
Richtig interessant (oder abenteuerlich?) wird es aber erst, wenn der Aufsichtsrat städtischer Gesellschaften von Alleingängen überrascht wird, die zwar nicht mit der Politik abgestimmt sind, dafür aber von höchster Verwaltungsstelle für gut befunden, ja aktiv „begleitet“ wurden.
Warum auch immer. Auch dies ist übrigens eine Frage, die sich immer öfter stellt.
In vielen Fällen wundert sich besonders, wer denkt, dass Planung, die auch eine Prüfung von Sinnhaftigkeit und Machbarkeit beinhaltet, vor der Entwicklung und Vermarktung stattfinden muss.
Da aber eine Untersuchung mit gewünschtem Ergebnis zu erfolgen hat, wird schon mal häufiger sozusagen „das Pferd von hinten aufgezäumt“. Also erst Vermarktung, dann Entwicklung und dann die „leider“ unumgängliche Entscheidung durch die Politik.
Das ist zwar nicht logisch, erst recht nicht der Sache dienlich – aber derjenige, der nur das gewünschte Ergebnis einforderte, kann sich nun zurücklehnen, auf seine Kreativität und vermeintliche Aquisitionserfolge verweisen und bemängeln, dass die „unfähige“ Verwaltung „blockiert“.
Also ab mit dem schwarzen Peter an die Verwaltung. Die wird es schon richten. Der Unterstützung „von oben“ mit entsprechendem Druck nach dem Motto „Ich wünsche …“ ist man sich schließlich sicher.
Und so kann man dann spätestens an dieser Stelle wieder wie bereits eingangs beschrieben sagen:
Wenn jemand ein bestimmtes Ziel hat, stößt er gerne Untersuchungen und Prüfungen an – notfalls auch mit dem Hinweis auf die eigene „Richtlinienkompetenz“: „Ich wünsche eine Prüfung mit folgendem Ergebnis …!“
Viele Politiker befürchten, dass sich in Deutschland eine „Parallelgesellschaft“ entwickeln werde: In Mönchengladbach scheint sie schon längst Wirklichkeit zu sein.
Formal durch das für Außenstehende nur schwer zu durchschauende Dickicht von Gesellschaften, nutzlosen Beiräten und den Aufsichtsräten, die sich durch die gut bezahlten Geschäftsführungen unter Druck setzen lassen (wie offensichtlich auch beim Thema „Methangas-Anlage Wanlo“ geschehen).
Da drängen sich Gedanken auf, wie: Klüngel, Filz, Gängelei, Realitätsverlust bis hin zu Selbstherrlichkeit.
Aus dem „Wunsch“ nach einer „Untersuchung mit folgendem Ergebnis“ kann dabei dann schnell „Ich wünsche eine Entscheidung mit folgendem Ergebnis!“ werden.
Und die, die solche Entscheidungen zu treffen haben, beruhigen ihr „Gewissen“ damit, dass sie unkritisch das glauben, was ihnen zur „Entscheidung“ vorgesetzt wird. Eine Entscheidung, die schon längst von der „Parallelgesellschaft“ getroffen wurde.
Als Rechtfertigung nach innen und außen muss dann „ich ging davon aus …“ herhalten.
Aus Ahnung wird Vermutung – aus Vermutung wird Gewissheit. Die Gewissheit, dass „Alleingänge“ meist nur der Parallelgesellschaft nutzen.