Symptome der Macht – Teil IX: Gegen den Trend

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

wahl-abgehakt„Nun siegt mal schön … und macht was draus“.
Das war der Auftrag, den insgesamt 50,58 % der Mönchengladbacher, die am 30. August gewählt hatten, SPD, Grüne und FDP mit auf den Weg gegeben haben.

Natürlich haben die Wähler ihnen nicht sagen können, dass sie sich nun zusammen politisch um die Geschicke von Mönchengladbach kümmern sollen, aber Tendenzen waren erkennbar.

Die Wähler haben der CDU einen Denkzettel verpasst und die FDP nicht so stark gemacht, dass sie die herben Verluste hätten ausgleichen können.

Dass sich die Liberalen nun grundsätzlich entschieden haben, in eine Ampel-Koalition zu begeben, ist nichts Besonderes, durchaus legitim und auch konsequent. Denn die Mönchengladbacher FDP-Akteure sind nicht naiv.

Eine „sprunghafte“ Aufwärtsentwicklung der FDP hat es in Mönchengladbach dennoch nicht wirklich gegeben. Ganz im Gegensatz zur Europawahl und jetzt aktuell zur Bundestagswahl lag die FDP nicht „im Trend“.

Am Beispiel „Giesenkirchen 2015″ haben sie erkannt, dass es nicht mehr „weiter so!“ gegen die Bürgermeinung geht. Das muss nicht zwangsläufig populistisch sein, zeigt jedoch, dass Politik auch etwas mit „wir haben verstanden!“ zu tun hat.

Nichts verstanden hat hingegen die CDU. Sie stellt zwar faktisch die stärkste Fraktion im Rat, benötigt aber Koalitionspartner – und deren zwei!

Dass es ihr nicht gelungen ist, liegt nicht an anderen, wie beispielsweise der FWG, sondern daran, dass sie erfolglos versucht haben, potenzielle Kooperationspartner zu majorisieren. Es liegt aber offensichtlich auch daran, dass die CDU-Führung prinzipiell nicht bereit ist, Zeichen zu setzen.

Ein Zeichen wäre beispielsweise gewesen, die „Sondierungskommission“ so zusammenzusetzen, dass ergebnisoffene Gespräche zu erwarten gewesen wären. Diese Chance hat sie nicht genutzt.

Gegen den Trend in Bund und Land wird sie sich nun aller Voraussicht nach in der Opposition wieder finden. Sie wird zusehen müssen, wie sich viele Dinge in Mönchengladbach ändern.

Sie wird sehen, dass sich das bürgerliche Engagement verstärkt, dass Bürger ihre Beteiligung auch weiterhin einfordern und auch beteiligt werden – so denn die Versprechungen der Ampel-Koalitionäre glaubhaft bleiben.

Gegen den Trend hat sich auch die SPD in Mönchengladbach entwickelt. Sie hat offensichtlich erkannt (und für sich genutzt), was Bürgerengagement bewirken kann. Nun muss sie (mit FDP und Grünen) dem in sie gesetztes Vertrauen auch gerecht werden. Die Zeit der Wahlparolen ist vorbei. Nun geht es an die praktische Umsetzung.

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die vielen Gladbacher Initiativen ihre Ziele nach wie vor verfolgen. Jetzt kommt es nur darauf an, wie diese Ziele erreicht werden. In Kooperation oder in Konfrontation.

Man kann Bürgerbeteiligung in Mönchengladbach gemeinsam entwickeln und dafür sorgen, dass es über Konsens zu Verfahren kommt, die allen Akteuren, nämlich Bürgern, Politikern und Verwaltung gerecht wird.

Man kann das Thema aber auch „schleifen lassen“. Dann wird es wohl nur den konfrontativen Weg geben, der auf allen Seiten viel Kraft kostet und es letztendlich nur Verlierer gibt.

Mit letzterem hätte auch eine CDU-geführte „Stadtregierung“ zu tun bekommen, denn in ihrem Kommunalwahlprogramm kommt das Wort „Bürgerbeteiligung“ nicht einmal vor.

Insofern kann die CDU froh sein, dass/wenn sie zukünftig nicht mehr das politische Sagen in Mönchengladbach hat. Möglicherweise hat sie das mittlerweile ja auch erkannt.

Vor diesem Hintergrund sind „Angebote“ für weitere Gespräche an FDP und/oder GRÜNE nicht mehr als der Versuch, das Gesicht zu wahren.

Wenn dieser Versuch – wie zu erwarten – scheitert, werden unterschiedlichste „Kräfte“ versuchen, der Ampel-Koalition ein vorzeitiges Ende zu prophezeien.

Wenn damit schon begonnen wird, bevor auch nur die ersten Sachgespräche zwischen SPD, FDP und Grünen begonnen haben, ist das nicht nur schlechter Stil, sondern zeugt davon, dass man zum einen „die Zeichen der Zeit“ nicht zu erkennen vermag, andererseits ein grottenschlechter Verlierer ist.

Auch das ist symptomatisch für den Versuch, Macht zu erhalten – ja sie zu zementieren.

2 Kommentare zu “Symptome der Macht – Teil IX: Gegen den Trend”
  1. Sehr geehrte Redaktion,

    das hätte niemand besser ausdrücken können.

    Unsere Medien in Mönchengladbach, einseitig CDU-orientiert wie sie nun mal sind (Ausnahme WZ), sollten sich diese Gedanken hinter den Spiegel stecken und lesen, sollten sie morgens noch in diesen schauen können.

  2. Hallo,

    ich will hier nicht der „Ampel-Koalition ein vorzeitiges Ende prophezeien“, dennoch stimmt mich das wenig Inhaltliche was so durchdrang nachdenklich:

    1) Das FDP für ein Großes ECE/HDZ war ist klar, das die SPD sich ein kleineres Wünschte war auch bekannt.

    Doch die Grünen hatten da bisher ein klares Nein – jetzt redet Karl Sasserath in der RP von einer verträglichen Größe von 15.000 qm und dass es den Grünen vor allem um ein integriertes und nicht isoliertes Zentrum gehe.

    Klar müssen in einer Koalition Kompromisse her, aber ich denke die ECE/HDZ Frage war für viele WählerInnen eine sehr zentrale.

    Der jetzige Leerstand in MG-Stadt wird dadurch nicht besser. Die Konzentration von Ladenfläche auf einen Punkt verhindert attraktive Vielfalt für den Kunden und solche Zentren lassen sich mit weniger Personal betreiben, schaffen also gerade keine neuen Arbeitsplätze. Und auch ein kleineres ECE/HDZ wird sich negativ auf die anderen Stadtzentren auswirken.

    Die Lebensqualität in den Stadtteilen zu verbessern geht anders – ein sehr schmerzlicher Kompromiss wenn er denn so kommt, und genau genommen ein stiller Sieg für die alte Schwarz Gelbe Koalition.

    2) Bude spricht sich gegenüber der BZMG klar für einen festen Koalitionsvertrag aus und sagt wörtlich „Wir streben auch an, dass wir die vier Bezirke entsprechend in den Vertrag mit einbeziehen und damit auch regeln. Es kann kein unterschiedliches Abstimmungsverhalten bei einer solchen Ampel im Rat und in den Bezirken geben.“

    Hoffen wir mal, dass dieser Vertrag wenigstens öffentlich gemacht wird – das wäre schon mehr Transparenz als bisher für die BürgerInnen.

    Jedoch werden bei jedem solcher festgezurrten Verträge Sachfragen in den Hintergrund gedrängt – vieles werden die Koalitionspartner wieder in irgendwelchen Hinterzimmern ausklüngeln und die BürgerInnen werden dann zu spät über eigentlich schon beschlossene Dinge informiert.

    Damit sich hier nicht die alte Regierungsmentalität einschleicht bedarf es viel Feingefühl für die neuen Akteure.

    3) Auch wenn die Frage der L19 eine Landesangelegenheit ist, lange gab es von SPD und Grünen da ein klares Nein.

    Wie ich hier in einem Kommentar schon mal erwähnte wurde dieses Nein kurz vor der Kommunalwahl schon etwas aufgelöst.

    Jetzt lese ich hier in einem Artikel über die SPD Giesenkirchen: „… die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bezüglich des möglichen Trassenverlaufes einer Ostumgehung ernst genommen werden müssten.“

    Die einen werden es jetzt so drehen, dass es ja um die Ortsumgehung Ruckes geht. Nur aus einer Landesstraße wird keine Ortsumgehung! Auch hier bröckeln Positionen die im Wahlkampf noch sehr zentrale Themen waren.

    Noch mal, ich will nichts schlecht reden was es noch nicht mal gibt.

    Ich will hier auch nicht irgendwelche Macht-Konstellationen erhalten oder verhindern. Nur bis zur Bundestagswahl war es lokalpolitisch wohl aus strategischen Gründen ruhig. Und dann lese ich drei Artikel und dreimal kommt so ein komisches Gefühl auf.

    Gruß
    Torben

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