Entzieht das „Kompetenzzentrum Sauberkeit“ dem Umweltausschuss die Existenzgrundlage? • Kritische Einschätzung von Dr. Gerd Brenner (B90/Die Grünen) in seiner Rede zum Haushalt
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[11.11.2015] Kaum ein Ratsausschuss wird mehr von dem GroKo-Vorhaben zur Gründung einer AöR „Kompetenzzentrum Sauberkeit“ betroffen, als der Umweltausschuss.
So sah es der Sprecher der Grünen im Umweltausschuss, Dr. Gerd Brenner am 17.11.2015.
Unter dem Titel „Demokratieverlust – und Öffentlichkeitsverlust“ befürchtet Brenner, dass Entscheidungen, beispielsweise zu den Abfallgebühren zukünftig „hinter verschlossenen Türen“, also ohne Öffentlichkeit getroffen werden, weil Gebührenermittlung, -festsetzung und -erhebung ab 2017 ausschließlich von der AöR durchgeführt werden.
Während einer heutigen Diskussion im Hauptausschuss zum Thema AöR wurde erklärt, dass für 2016 noch die städtische Verwaltung zuständig bleibt.
Hier Brenners Rede im Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
der Haushalt der Stadt, das sind rund 2.000 Seiten mit Kolonnen kleiner Zahlen, mit den Nebenwerken noch weit mehr, von der Kämmerei sorgsam zusammengefügt und aufeinander abgestimmt.
Vielen Dank der Verwaltung für diese alljährliche Mühe.
Interessant ist, was sich hinter diesen Zahlen an politischen Grundentscheidungen der Mehrheitsfraktionen verbirgt.
Es ist gute Tradition, dass sich die Opposition bei den Haushaltsberatungen mit diesen Leitlinien der politischen Mehrheit auseinandersetzt.
Was verheißt uns der Haushalt für das nächste Jahr?
Die Grundsteuer soll um etwa 20% steigen. Alle Hauseigentümer und Mieter werden deutlich stärker belastet.
Daraus ergibt sich für die Stadt ein neuer finanzieller Spielraum.
CDU und SPD wollen diesen Spielraum großenteils für ein einziges Projekt einsetzen: für das „Kompetenzzentrum Sauberkeit“.
Die Entscheidungen, die CDU und SPD zum „Kompetenzzentrum Sauberkeit“ vorbereitet haben, betreffen diesen Ausschuss massiv.
Bisher wurden Sachbereiche wie die Papiertonne oder die Biotonne, die Gestaltung der Abfallsammelstellen, die Fragen, wie groß die Restmülltonne sein soll und wie häufig der Müll abgefahren wird, alle hier in öffentlicher Sitzung diskutiert.
Bürgerinnen und Bürger der Stadt konnten die Argumente und Positionen aller politischen Fraktionen als Zuschauer mitverfolgen und sich ein eigenes Bild machen.
Auch die Presse konnte alles mitverfolgen und umfassend über das Pro und Kontra berichten – wenn sie das denn gewollt hätte.
demnächts finden solche Debatten nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Z.B. werden die folgenden Zuständigkeiten dem Umweltausschuss entzogen:
- die gesamte Abfallwirtschaft inkl. Abfallsatzungen,
- die Straßenreinigung und der Winterdienst,
- die Pflege und Unterhaltung der öffentlichen Grünflächen und des kommunalen Forsts sowie
- die Unterhaltung und die Reinigung der Straßen.
Damit haben die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt keine Möglichkeit mehr, über die von ihnen gewählten Abgeordneten auf all diese Felder ihres Alltags Einfluss zu nehmen.
All diese Themen werden in Kürze dem öffentlich tagenden städtischen Ausschuss entzogen.
Damit verliert der Umweltausschuss etwa die Hälfte seiner Zuständigkeiten.
Er wird nahezu arbeitslos.
Verlagert werden die Beratungen und Entscheidungen in eine Anstalt, deren Gremien – und das ist die zentrale Zumutung – nicht-öffentlich tagen werden (§ 7,3).
In der Satzung heißt es außerdem: „Die Mitglieder aller Organe der Anstalt sind zur Verschwiegenheit über alle vertraulichen Angelegenheiten sowie über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet“ (§ 3).
Insgesamt kommt es also zu einem – durchaus gewollten – strukturell verankerten Demokratie- und Öffentlichkeitsverlust.
Andere Kommunen haben erkannt, dass sie die wachsende Politikverdrossenheit von Bürgerinnen und Bürgern ernst nehmen müssen; sie holen Angelegenheiten der Daseinsvorsorge in ihre kommunale Zuständigkeit zurück, damit sie sich mit den Bürgerinnen und Bürgern wieder öffentlich verständigen können.
Mönchengladbach geht unter der Führung von CDU und SPD leider den gegenteiligen Weg.
Entscheidungen in wesentlichen Bereichen werden der Öffentlichkeit entzogen. Der Bürger hat bei diesen Entscheidungen demnächst keinen Zutritt mehr, kann nicht mal mehr zuhören. Im Volksmund gibt es dafür sehr drastische Bezeichnungen.
Die Etikette verbietet es, dass ich sie hier nenne. Fest steht jedoch: Die demokratieschädliche Wirkung von Entscheidungen, wie wir sie heute treffen sollen, ist nicht zu unterschätzen.
Besonders verwunderlich ist, dass die SPD-Fraktion das mitmacht.
„Wir wollen mehr Demokratie wagen!“
Das war einmal der Leitspruch der SPD. Jetzt heißt es im Gegenteil: „Wir stimmen für weniger Demokratie!“
Nach Einschätzung der GRÜNEN-Fraktion kann dieser Weg der Stadt nur schaden.
SPD und CDU erodieren das demokratische Fundament des Gemeinwesens weiter; denn schließlich sind ja schon andere Tätigkeitsfelder der Stadt vor der Öffentlichkeit abgeschottet.
Eine weitere kritische Frage stellt sich: Ist das zentrale Ziel der ganzen Veranstaltung überhaupt realistisch?
Zusätzlich zu dem bisherigen Ausgabenniveau sind für das kommende Jahr insgesamt 8 Millionen Euro zusätzlich für die Organisation von „Sauberkeit“ im Haushalt eingeplant – jeweils fünf Millionen auch für die kommenden Jahre.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU hat geradezu eine Sauberkeitsrevolution angekündigt: Mönchengladbach soll zur saubersten Großstadt Nordrhein-Westfalens werden, hat er verkündet.
Solche hochfliegenden Pläne stoßen sich leicht an der Realität.
Erinnert sei an die Gedichtzeilen, die der große Dichter Hans Magnus Enzensberger in ironischer Weise einem enttäuschten Revolutionär zugeordnet hat.
Das Gedicht lautet – gekürzt und minimal verändert:
Einfach vortrefflich
all diese großen Pläne [… ]
Durchaus einleuchtend.
Wenn nur die Leute nicht wären!
Immer und überall stören die Leute.
Alles bringen sie durcheinander […]
Statt begeistert hinter der Vorhut herzutrippeln
sagen sie: Jetzt wäre ein Bier gut.
Statt um die [saubere Stadt]
kämpfen sie mit Krampfadern und Masern […]
An den Leuten scheitert eben alles.
Mit denen ist kein Staat zu machen.
Ein Sack Flöhe ist nichts dagegen […]
Man kann doch nicht den ganzen Tag auf sie einreden!
Ja wenn die Leute nicht wären
dann sähe die Sache schon ganz anders aus.
Ja wenn die Leute nicht wären
dann gings ruckzuck.
Was sagt uns das?
Sauberkeitsvisionen à la Schlegelmilch könnten an der Mentalität der Bürger scheitern; weggeworfene Zigarettenkippen und Kaugummiflecken könnten bleiben.
Diese Mentalität lässt sich nicht so einfach durch einen Ratsbeschluss ändern. Mentalitäten muss man anders beeinflussen.
Meine Damen und Herren,
dieser Haushalt mag technisch in Ordnung sein, aber dass wir uns als GRÜNE für den in ihm angelegten Demokratieverlust entscheiden, können Sie nicht ernsthaft erwarten.
Dieser Haushalt signalisiert einen scharfen Einschnitt in die demokratische Kultur dieser Stadt.
Er ist deshalb für mich nicht zustimmungsfähig.“
3.
Findus schrieb am 20.11.2015 um 13:53 Uhr:
Das Einzige, was das Kompetenzzentrum Sauberkeit und die kostentreibenden Pläne des GROKO Trios Reiners/Schlegelmilch/Heinrichs aufhalten könnte, wäre ein Bürgerbegehren.
Da die Bürger/innen durch ein erfolgreiches Bürgerbegehren ihre persönlichen Kosten minimieren könnten, dürfte berechtigte Aussicht auf Erfolg bestehen.
Also dann mal los.
2.
Provinz-Posse schrieb am 20.11.2015 um 11:01 Uhr:
@ Stadtfilzer, mal wieder ausgezeichnet geschrieben, kann ich voll zustimmen.
Demokratieverlust haben wir in Mönchengladbach seit der kommunalen Zusammenlegung.
Seitdem legt die CDU die Spielregeln fest und ist zwischendurch mal die Mehrheit verloren, kauft man sich einige SPD Ratsherren und lässt sie eine Partei gründen, schon ist die Mehrheit wieder hergestellt, die Selbstbereicherung konnte dann so richtig los gehen.
Dann kam die Ampel, sie war nicht optimal, aber immer noch um Klassen besser als die jetzige GroKo, eine reine Willkür Truppe, die alle demokratischen Spielregeln außer Kraft setzt.
Nachdem sie mit der Müllentsorgung vorerst mal so richtig auf die Schnauze gefallen sind, wird jetzt mal wieder auf andere Art und Weise dem Bürger in die Tasche gegriffen.
Grundsteuererhöhung für eine so genannte „saubere Stadt“.
Die Stadt wird am schnellsten sauber, wenn man die Fraktionsvorsitzenden Schlegelmilch (CDU) und Heinrichs (SPD) entsorgt, natürlich samt ihren Helfershelfern.
Dann sollten dem Bürger natürlich alle Kosten und Entscheidungen offen gelegt werden, alle Politiker Mönchengladbachs sollten ihre Bezüge aus politischen Ämtern offen legen.
Dann wäre der größte Müll schon mal entfernt und Mönchengladbachs Dunstglocke könnte sich so langsam verziehen.
1.
Stadtfilzer schrieb am 19.11.2015 um 20:42 Uhr:
Danke Herr Dr. Brenner!
Genauso, wie Sie es in Ihrer Rede erklären, ist es.
Es geht um neue Pfründe, es wird nach dem Parkinson-Prinzip noch mehr „Apparat“ wie Herr Schlegelmilch zu sagen pflegt, aufgebaut, der nicht billiger sondern teurer (was keinesfalls auch besser bedeutet) wird und die Bürger dürfen nur eines: ZAHLEN.
Zahlen für eine Offensive „Kompetenzzentrum Sauberkeit“.
Als ob das nur mit Millionenaufwand und noch mehr Hinterzimmerpolitik möglich wäre! Einfallslos und billig das nur über den Griff in die Taschen der Bürger zu regeln.
Wieder so eine städtische Gesellschaft mit der die zahlenden Bürger ganz bewusst ausgeladen und außen vor gehalten werden.
Dafür dann dieses sinnentleerte Geschwätz von der Sauberkeitsoffensive.
Die einzige Offensive, die hier gerade anläuft ist die, sich mehr Geld (Posten) und Einfluss zu verschaffen und den Bürger dumm sterben zu lassen. Zu mehr als zahlen sind die für diese Grusel-GröKoZ nicht da.
Hauptsache alles medial begleitet durch das Presseorgan der CDU.
Jüngermann kriegt sich vor Begeisterung kaum noch ein. Ist der auch bei den Hinterzimmergesprächen dabei, auf dass er dann immer das Passende berichten kann, damit den Lesern die richtige Meinung präsentiert wird?
Der ist ja mit Vielen vom Klüngel bestens befreundet.
Unerträglich, was hier inzwischen abgeht!
SPD? Der alte Spruch war nie wahrer:
Wer hat uns verraten? SOZIALDEMOKRATEN!
Gibt es außer diesem angeblich zur SPD gehörenden Heinrichs noch irgendjemand in der SPD, der dem jungen Mann mal etwas entgegen halten kann und erklärt, was es mit der Sozialdemokratie, Demokratie an sich und dem Vertreten von Bürgerinteressen und Umgang mit dem Geld der Bürger eigentlich auf sich hat?
Vermutlich orientiert sich die Gladbacher SPD an der GroKo in Berlin. Kann man genauso vergessen!
Glaubt auch ein Herr Heinrichs noch diejenigen zu vertreten, die in dieser Stadt so dumm waren die SPD gewählt zu haben? Diejenigen müssen sich ziemlich ver … verraten und verkauft vorkommen.
Alle anderen sowieso, bis auf CDU-Wähler. Die wollten es ja vermutlich nie anders.