Masterplan Mönchengladbach – Teil I: „Cui bono“?
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Masterpläne schießen wie Pilze aus der Erde. Wie Pilze brauchen auch Masterpläne Nahrung. Während Pilze sich geschlechtlich und ungeschlechtlich durch Sporen vermehren, ist die Vermehrung von Masterplänen noch nicht tiefergehender erforscht.
Von Sporen weiß man seit jüngster Vergangenheit, dass sie gefährlich sind. Ähnlich verhält es sich mit Geldgeschenken…
Vor diesem Hintergrund muss auch das 6-stellige EURO-Geschenk gesehen werden. Ein solches Geschenk abzulehnen, wäre ein schwieriges Unterfangen angesichts der miserablen Finanzsituation der Stadt.
Diese Situation nutzend, werden Politik und Verwaltung (vorsichtig ausgedrückt) von Dritter Seite (Verein „MG 3.0“) quasi „gezwungen“ einen Masterplan zu erstellen.
Dieser Verein soll mittlerweile ca. 600.000 EURO gesammelt haben, den er der Stadt „schenken“ will, um damit die Entwicklung eines Masterplans für Mönchengladbach zu finanzieren.
De facto „schenkt“ der Verein der Stadt nicht das Geld, sondern den Masterplan und bestimmt auf diesem Weg, wer den Plan entwickelt, wie das Projekt abzulaufen hat und beeinflusst dadurch auch das Ergebnis.
Vor diesem Hintergrund soll der Rat „auf Empfehlung des Hauptausschusses“ diesen Beschluss fassen:
1.
Der Rat nimmt die Pläne des Vereins „MG 3.0“ zur privaten Finanzierung und Erstellung eines Masterplans für die Innenstadt Mönchengladbachs zur Kenntnis und begrüßt diese Form des privaten Engagements für die Entwicklung der Stadt Mönchengladbach.
Aus einer „Kenntnisnahme“ erwächst noch keine formelle Verpflichtung. Auch begrüßen kann man getrost „privates Engagement“.
2.
Der Rat der Stadt Mönchengladbach beauftragt die Verwaltung, den Prozess der Erarbeitung des Masterplans im Sinne der in dieser Vorlage dargestellten Verfahrensgrundsätze und des Verfahrensablaufes zu begleiten.
„Begleiten“ kann passiv im Sinne von „beobachten“ bedeuten, aber auch das aktive Einbringen städtischer Ressourcen, die bekanntlich in der Bauverwaltung kaum zur Verfügung stehen dürften.
Unter diesem Gesichtspunkt wird die nicht einfache Entscheidung zu treffen sein, welche stadtplanerischen Projekte nicht oder nur „auf Sparflamme“ weiter zu verfolgen sind.
3.
Der Rat beauftragt die Verwaltung, die Qualität des in der Vorlage dargestellten dialogischen Prozesses sicher zu stellen.
Durch diesen Teilbeschluss wird der vom Verein „MG 3.0“ vorgegebene Prozess durch den Rat anerkannt und damit zum Bestandteil städtischen Handelns.
Was mit der kryptischen und in viele Richtungen interpretierbare Begrifflichkeit eines „dialogischer Prozesses“ gemeint ist und an welcher Stelle die Verwaltung für das „Sicherstellen von Qualität“ eben dieses Prozesse verantwortlich sein soll erschließt sich auch durch die Begründungen zu dieser Beschlussvorlage nicht; zumal die Steuerung des Prozesses in „privater Hand“ liegt.
4.
Der Rat sichert zu, den so entwickelten Masterplan zügig zu beraten und auf der Basis seiner Ergebnisse eine städtebauliche Leitlinie „Masterplan“ zu verabschieden.
Auch wenn nicht explizit so beschrieben, verpflichtet sich die Stadt den entwickelten Masterplan zu ihrer Handlungsmaxime für weitere städtebaulichen Entwicklungen zu machen.
Durch die mit diesem Teilbeschluss zum Ausdruck gebrachte „Selbstverpflichtung“ laufen Politik und Verwaltung Gefahr, sich das Heft für mittel- bis langfristiges Handeln aus der Hand zu geben.
Auch wenn es in der Begründung zu diesem Beschlussvorschlag unter „Finanzwirksamkeit“ heißt: „Durch die Begleitung des Masterplan-Prozesses durch Verwaltung und Externe entstehen Planungs- und Honorarkosten, die sich mit jeweils rund 20.000 € auf die Haushaltsjahre 2011, 2012 und 2013 verteilen werden. […]“ (In Summe also 60.000 EURO), werden diese Ausgaben nicht die einzigen sein.
Denn auch bei diesem Beschluss werden – wieder einmal – die internen Kosten der Verwaltung (vornehnmlich Personalkosten) nicht transparent in Ansatz gebracht, obwohl dies durch NKF durchaus möglich wäre.
Über welches Risiko die Ratsmitglieder außerdem abstimmen sollen, wurde bisher nicht kommuniziert. Nämlich darüber, was mit den „geschenkten“ 600.000 EURO passiert, wenn die Stadt den Masterplan nicht oder nicht in dem Maße als „städtebauliche Leitlinie“ verabschiedet, wie sich das der „MG 3.0“ vorstellt.
Möglicherweise wird es darüber einen Vertrag geben, dessen Inhalt dann sicherlich „geheim“ bleiben wird. Oder gibt es gar dazu schon einen Entwurf, den selbst die „abstimmenden“ Politiker nicht kennen?
Nundenn, auch fremdfinanzierte Masterpläne sind nicht grundsätzlich schlecht, wenn nicht häufig Eigeninteressen von Initiatoren und „Mitstreiter“ unterschiedlichster Couleur im Raum stehen würden.
So beispielsweise in Köln, wo der Bauunternehmer und Initiator des Kölner Masterplans, Paul Adenauer-Bauwens auf diesem Weg eines seiner „zufällig günstig gelegenen Grundstücke äußerst lukrativ für einen Neubau der Fachhochschule vermarktet haben soll.
Wie seinerzeit der Kölner Stadtanzeiger berichtete, hatten sich Bauwens-Unternehmens-Töchter „im März 2008 eine Kauf-Option für das knapp 34 000 Quadratmeter große Grundstück der ehemaligen Dom-Brauerei gesichert und es im Mai 2008 für 23 Millionen Euro erworben:
„Am 15. Juli 2008 wechselte das Terrain erneut den Besitzer. Für 33,4 Millionen Euro griff der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW zu.
Im Masterplan taucht das Thema FH-Neubau für den Inneren Grüngürtel auf Seite 86 auf. Wörtlich heißt es: ‚Im Umfeld der Altenburger Straße wurde auch die mögliche Ansiedlung des Ingenieurwissenschaftlichen Zentrums der Fachhochschule untersucht’.“
Ob – und wenn ja welche – Eigeninteressen hier in Mönchengladbach eine Rolle spielen könnten, mögen Interessierte aus der Reihe der Gründungsmitglieder des Verein „MG 3.0“ selbst schließen:
- Norbert Bienen
- Dr. Gregor Bonin
- Stefan Bresser
- Stephan Brings
- Andree Haack
- Odilo Joeken
- Hans-Wilhelm Klomp
- Ernst Kreuder
- Fritz Otten
- Dr. Dieter Porschen
- Ludwig Quacken
- Emil Rinckens
- Heinz Schmidt
- Markus Sillmanns
- Eugen Viehof
- Georg Walendy
Dass zwischenzeitlich weitere „bau-/grundstücksaffine“ Mitglieder hinzu gekommen sind, ist nicht unwahrscheinlich.
So soll nach dem Willen des Vereins „MG 3.0“ die Masterplanentwicklung ablaufen:
TIPP: Klicken Sie unterhalb des Bildes auf dieses Icon, um die Plandetails im Vollbildmodus deutlicher anzusehen
Basisgrafiken: Bildrechte zum Masterplan Mönchengladbach liegen bei „MG 3.0_Masterplan Mönchengladbach e.V.“
Weitergehende Informationen:
Zum Thema „Ratsbeschlüsse“: http://www.masterplan-koeln.de/71.html
http://www.de-cn.net/dis/sdz/de6340693.htm
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65330384.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/a-623839.html