Gedanken zum Bundesberggesetz – Ein Gesetz, das einer Demokratie unwürdig ist
Helmut P. Fleischhauer (Niederlausitz) [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Das ist ein Gastbeitrag aus der Niederlausitz. Einige Passagen treffen nur auf unsere Region zu. Aber die Beispiele gelten für alle Regionen, in denen der Braunkohletagebau die Landschaft verwüstet.
In feudalen Zeiten hatte der Feudalherr das Recht über die Bodenschätze, und es lag in seinem Ermessen, wer sie ausbeutete.
Das änderte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der Industrialisierung und der Reformierung von Verwaltung und Staat.
Für Grundbesitzer änderte sich allerdings nicht viel, nach wie vor bestimmte der Staat darüber, wer Bodenschätze ausbeuten durfte.
Bis heute hat sich daran nichts geändert. Ganz im Gegenteil.
Das Bundesberggesetz unterscheidet nach „grundeigenen Bodenschätzen“, die im Eigentum des Grundeigentümers stehen und nach „bergfreien Bodenschätzen“, auf die sich das Eigentum an einem Grundstück nicht erstreckt.
Zu den „bergfreien Bodenschätzen“ gehören
- Actinium und die Actiniden, Aluminium, Antimon, Arsen, Beryllium, Blei, Bor, Caesium, Chrom, Eisen, Francium, Gallium, Germanium, Gold, Hafnium, Indium, Iridium, Kadmium, Kobalt, Kupfer, Lanthan und die Lanthaniden, Lithium, Mangan, Molybdän, Nickel, Niob, Osmium, Palladium, Phosphor, Platin, Polonium, Quecksilber, Radium, Rhenium, Rhodium, Rubidium, Ruthenium, Scandium, Schwefel, Selen, Silber, Strontium, Tantal, Tellur, Thallium, Titan, Vanadium, Wismut, Wolfram, Yttrium, Zink, Zinn, Zirkonium – gediegen und als Erze außer in Raseneisen-, Alaun- und Vitriolerzen
- Kohlenwasserstoffe nebst den bei ihrer Gewinnung anfallenden Gasen
- Stein- und Braunkohle nebst den im Zusammenhang mit ihrer Gewinnung auftretenden Gasen; Graphit
- Stein-, Kali-, Magnesia- und Borsalze nebst den mit diesen Salzen in der gleichen Lagerstätte auftretenden Salzen; Sole
- Flussspat und Schwerspat
Grundeigene Bodenschätze im Sinne des Bundesberggesetzes sind nur
- Basaltlava mit Ausnahme des Säulenbasaltes; Bauxit; Bentonit und andere montmorillonitreiche Tone; Dachschiefer; Feldspat, Kaolin, Pegmatitsand; Glimmer; Kieselgur; Quarz und Quarzit, soweit sie sich zur Herstellung von feuerfesten Erzeugnissen oder Ferrosilizium eignen; Speckstein, Talkum; Ton, soweit er sich zur Herstellung von feuerfesten, säurefesten oder nicht als Ziegeleierzeugnisse anzusehenden keramischen Erzeugnissen oder zur Herstellung von Aluminium eignet; Trass
- alle übrigen Bodenschätze, soweit sie untertägig aufgesucht oder gewonnen werden und nicht schon bergfrei sind oder als bergfrei gelten
Das Bergbaugesetz stammt aus dem Jahre 1865. Damals noch das „Preußische Berggesetz“.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und deren unendlicher „Energiehunger“ entrechteten den privaten Eigentümer ab 1934 komplett.
Teile der Reichsgesetzgebung in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als „Kriegsertüchtigungsgesetz“ gestaltet, sind auch heute noch Bestandteil des deutschen Bergrechtes.
Bergbauvorhaben und somit den Bergbautreibenden, räumt dieses ohne Hinterfragen oder gar größere juristische Abwägungen Sonderprivilegien ein, die fatale Folgen für die Rechte der Betroffenen und für die Natur haben.
Mit der im Bergrecht verankerten Rohstoffsicherungsklausel wird dem im Verfahren zugesprochenen Eigentum am Bodenschatz eine höhere Priorität gewährt als dem Eigentumsrecht des Grundeigentümers.
Dieser kann zur Gewährung der Gewinnung des Bodenschatzes nach dem Bergrecht durch Enteignung zwangsweise abgetreten werden.
Die Rohstoffsicherungsklausel verhindert, dass andere Rechte und Vorschriften (Naturschutz etc.) den Bergbau gefährden können.
Lediglich ein „öffentliches Interesse“ kann das Bergrecht einschränken.
Der Bergbaubetreibende hat sich vor und während des Verfahrens nicht der Grundeigentumsrechte wie z.B. im Baurecht zu versichern. Von der Historie ist dieser Passus verständlich, wurde doch das Bergrecht für den untertätigen Abbau der Rohstoffe verfasst.
Erst mit der Förderung im Tagebau gab es Konflikte mit dem Grundeigentum an der Oberfläche (Häuser, Wälder, etc.). Bergbau benötigt nicht die Zustimmung des Grundeigentümers oder das Einvernehmen der Kommune/Gemeinde.
Lediglich ein „öffentliches Interesse“ kann das Bergrecht und die Interessen der Bergbaubetreibenden einschränken.
Ein weiterer Aspekt des Bergrechts ist die Lagerstättenschutzklausel. Diese besagt, dass der gesamte Lagerstättenvorrat zu gewinnen ist.
Von daher ist für die Größe des Tagebaus nicht die Oberflächenstruktur und Besiedlung maßgeblich, sondern die räumliche Ausdehnung des Bodenschatzes. Deshalb können Ortslagen am Rand von Tagebauen nicht bestehen bleiben, wenn sich darunter ein zu bergender Bodenschatz befindet. Ebenso erfolgt die Ausdehnung des Feldes in ein anderes nach dem Bergrecht.
Förder- und Feldesabgabe
Vom Bergbaubetreiber sind nach dem Bergrecht an den Staat diese Abgaben fällig. Dies beträgt etwa 10% des Rohstoffwertes bei der Förderabgabe.
Die Feldesabgabe richtet sich nach der in Anspruch genommenen Fläche und beträgt maximal 25 €/km².
Doch es gibt Ausnahmen.
In Brandenburg z.B. ist Vattenfall von diesen Abgaben befreit, da ihnen durch Regelungen des Einigungsvertrages von 1989 die Eigentumsrechte an der Braunkohle zugesprochen wurden. In Sachsen erfolgt die Befreiung alle zwei Jahre durch das Bergamt.
Die soll die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohleverstromung sichern.
Ebenso wird durch das Bergamt auch die Nutzung der Erdwärme von diesen Abgaben befreit.
Zusammenfassung
Ist es einer Demokratie würdig, sich heute noch auf Grundzüge eines Gesetzes aus dem „1000-jährigen Reich“ zu berufen und das als ‚Recht und Gesetz“ zu bezeichnen?
Das Bergrecht ist ein diktatorisches Unrecht.
Alle bisherigen Bestrebungen dies zu ändern, sind an den Interessen der Kohle- und Energieindustrie bisher gescheitert.
Besonders interessant ist die Situation in Brandenburg.
Ausgerechnet DIE LINKE, eine sich als antifaschistisch bezeichnende Partei, bedient sich durch das von ihr geführte Wirtschaftsministerium eines Gesetzes aus dem ‚Tausendjährigen Reich‘. Nach ihrem Willen werden die laufenden Braunkohleverfahren Welzow II und Jänschwalde-Nord weiter geführt.
Zurück bleiben die Rechtlosen. Die sind die Betroffenen, die Randbetroffenen, die Dörfer und die Natur. Eine Abwägung ihrer Rechte und Interessen ist nicht vorgesehen.
Beispiele:
- Der Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses darf an seinem Eigentum keine Veränderungen ohne die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde vornehmen.
Erlangt jedoch der Bergbaubetreibende durch Kauf oder Enteignung die Eigentumsrechte, darf er das Haus abreißen. Die Behörde hat durch das Bergrecht keine Rechtsmittel, dies zu verhindern. - Weite Bereiche der Natur sind bau- oder naturschutzrechtliche Tabu-Zonen, das heißt betreten, befahren, bebauen verboten. So darf zu Recht aus diesen Gründen auf viele Freiflächen keine Solaranlage aufgestellt werden. Zu Recht darf aber auch diese Fläche mehr als dem Erdboden gleichgemacht werden.
- Die durch die Allgemeinheit finanzierte Infrastruktur (Straßen) werden durch den Tagebau der Nutzung für die Allgemeinheit „in öffentlichem Interesse“ entzogen. Die dadurch entstehenden Mehraufwendungen durch weitere Fahrwege, trägt ebenfalls die Allgemeinheit. So verlängert sich seit Januar 2012 der Weg zu ihrer Kommunalverwaltung der zum Amt Peitz/Jänschwalde gehörenden Gemeinde Grießen. Durch Wegfall der letzten Ortsverbindung verlängert sich dieser Weg um 32 km (von 10 km auf 42 km südlich über Gosda) bzw. um 20 km (nördlich über Groß Gastrose).
Eine Abwägung dieses Mehraufwandes ist im Bergrecht nicht vorgesehen, ein Ausgleich kann aber auch nicht rechtlich geltend gemacht werden.
In diesem Beitrag sind auszugsweise nur einige Beispiele über die Ungerechtigkeiten des Bergrechts. Weitere Themen wäre die Regulierung von Bergschäden, die wasserrechtlichen Genehmigungen usw.
Auch die Landesregierung Brandenburg sieht angeblich einen Bedarf an einer Neuregelung des Bergrechts. Dies hindert sie aber nicht daran, die Regelungen des derzeitigen in ihrem Interesse in vollem Umfang einzusetzen.
Derzeit plant das Land Brandenburg „im öffentlichem Interesse“ mit Jänschwalde-Nord einen Tagebau ohne nachgewiesenen Bedarf. Auch dies ist ein Relikt vergangener Diktaturen.
Allein das Interesse am Bodenschatz reicht aus, um ein Planverfahren zu starten. Über die Rechte der dort wohnenden Grundeigentümer und Einwendungen der Kommunalen Verwaltungen kann das Land locker machtbewusst und arrogant hinweglächeln.
Das Bergrecht macht die Betroffenen ohnmächtig aber immer wütender. Von der Möglichkeit der Beschränkung des Bergrechts durch auf Grund „öffentliches Interesses“ macht das Land jedenfalls keinen Gebrauch.
Vattenfall und das Land sprechen mit einer Zunge, aber die ist gespalten.
Verehrte Leserin, verehrter Leser, falls Sie auf Ihrem Grundstück graben und ab einer bestimmten Tiefe einen Goldschatz finden: er gehört nicht Ihnen. Auch dafür gibt es ein Gesetz.
In vielen Ländern, nicht nur in den USA, ist das ganz anders. Da gehört dem Grundeigentümer auch das, was sich unterhalb seines Grundstückes befindet.
In ein paar Tagen werden Politiker wieder Kränze zum Gedenken an die Opfer der Diktatur des 3. Reiches niederlegen.
Ist es nicht an der Zeit, die Politikerinnen und Politiker gerade deshalb daran zu erinnern, noch existierende Gesetze aus der diktatorischen Zeit des ‚Tausendjährigen Reiches‘ der Demokratie anzupassen?
1.
Der vom Morken schrieb am 28.01.2012 um 19:29 Uhr:
In der Niederlausitz wie bei uns vor den Haustüren im Rheinland, besonders in Mönchengladbach, Grevenbroich, Kerpen, Düren, Aachen und Umgebung geht der Wahnsinn weiter. Politiker von CDU und SPD sprechen bei Braunkohle vollmundig von Brückentechnologie! Hallo?
Ja, was Herr Fleischhauer beschreibt ist die schreckliche Realität, die Politiker und leider auch Verwaltungen immer noch für erforderlich und richtig halten.
Vernichtung von Natur auf Jahrhunderte? Vernichtung von Kultur aus Jahrhunderten? Egal!
Naturdenkmäler? Kulturdenkmäler z.B. uralte Kirchen und Gebäude teils noch aus dem ersten Jahrtausend – egal. Archäologische Fundstätten? Na, dann müssen sich die Archäologen eben mal ein bisschen beeilen bevor der Bagger kommt! Danach kommt alles weg. Verschwindet für immer.
Taste mal einer der „normalen“ Bürger sowas an, da gibt’s aber richtig Ärger.
Haus unter Denkmalschutz umbauen? Ja, was bildet sich ein Bürger ein, da was verändern zu wollen! Vorschriften ohne Ende.
Wenn der Bagger kommt ist alles egal. Weg damit!
Gebrüstet wird sich seitens der Bergbautreibenden hin und wieder mit irgendwelchen Prestigeobjekten, die öffentlichkeitswirksam sind.
Bergrecht? Keine Rechte für Betroffene? Alle Rechte für den Bergbautreibenden?
Ja, so ist das eben. Politiker interessiert das Thema seit Jahrzehnten nicht die Bohne.
Ausnahmen: die Grünen, von diesen besonders der MdB Oliver Krischer, die Linke und der BUND, hier Dirk Jansen und weitere nimmermüde Mitstreiter, scheinen zu verstehen welcher Wahnsinn da Methode hat.
Ein Wahnsinn den wir seit Jahrzehnten längst hätten ändern, ja beenden können und müssen!
Erneuerbare Energien wären längst viel weiter, hätten Regierungen auf Landes- und Bundesebene nur einmal gewollt und sich gegen die Energiekonzerne gestellt. Aber nein. Denen wurde geholfen immer mächtiger zu werden! Bis sich dann sogar das Kartellamt auch endlich mal wunderte und meinte, dass die Big Four in unserer Republik eine marktbeherrschende Stellung einnehmen würden. Ach ne!
Jetzt lamentieren Politiker, dass eine Änderung des Bergrechtes sooooo kompliziert und schwierig sei. Kein Wunder, sitzen doch genügend in den Aufsichtsräten der Konzerne. Da fallen Entscheidungen schon mal schwerer …
Wer hat schon eine Vorstellung was da wirklich passiert, wenn ganze Orte von der Landkarte verschwinden?
Wie es aussieht, wenn Kirchen und Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen und ganze Ortschaften abgerissen werden ?
Interessiert?
http://www.radio101.de/otzenrath/
Der Schutt? Der zieht dann um. In Immissionsschutzwälle rund um das Riesenloch. Wie in Wanlo.
Und das Bergamt findet das alles prima und erklärt sich in Teilen für nicht zuständig:
„Die im Immissionsschutzdamm verwerteten Abfallstoffe stammen aus verschiedenen Abbruchmaßnahmen, für deren Genehmigung und Überwachung die Bergbehörde nicht zuständig ist.“
Na prima.
Glückauf!