Bergschäden, bislang kaum wahrgenommene Risiken des Braunkohletagebaus – Teil I: RWE Power (Rheinbraun) meidet Öffentlichkeit [mit Video]
Walter Düllberg [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Der Braunkohletagebau ist für die meisten Bürger in Nordrhein-Westfalen etwas sehr Abstraktes. Etwas, das es zwar gibt, jedoch nicht wirklich wahrgenommen wird.
Das trifft sogar auf jene zu, die nur wenige Kilometer entfernt vom Tagebau leben.
Denn: Bis auf die Städte und Gemeinden, die vom Tagebau betroffen sind oder, noch schlimmer, von Umsiedlungen, da ihr Ort oder Stadtteil für den Abbau von Braunkohle dem Erdboden gleich gemacht wird, ist die Wahrnehmung gering.
Wie auch? In der Presse liest man äußerst selten etwas darüber. Vielleicht hin und wieder etwas über die Umsiedlung und das Procedere darum herum. Aber auch das beschränkt sich meist auf Geschichten über das Aufgeben der Heimat durch die Betroffenen, das Abschiednehmen, das meist ein langes und tragisches ist.
Der Verlust alter, oft denkmalgeschützter Bauwerke zählt nicht. Sei es ein landwirtschaftliches Gut, ein Bauernhof oder eine Kirche.
Mehr wird meist nicht öffentlich und dies auch nur in unmittelbarer Umgebung, so dass der Rest, z.B. unseres Bundeslandes NRW, fast gar nichts erfährt oder zur Kenntnis nimmt.
Ein vollkommen unterschätztes Risiko in Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau sind die Bergschäden, verursacht durch das Abpumpen von Grundwasser.
Das Einflussgebiet der Sümpfungen umfasst eine Fläche von 3.000 Quadratkilometern und die wenigsten wissen dass sie sogar Kilometer vom Tagebau entfernt davon betroffen sein können oder sogar schon sind. Der eine oder andere Schaden wird oft gar nicht als Bergschaden erkannt, besser: er wird verkannt.
Für die Geschädigten ärgerlich und je nach Lage der Dinge sehr teuer. Das kann sehr schnell in die Tausende gehen. In einzelnen Fällen kann es zu massiven Schäden kommen, die schlimmstenfalls den vollkommenen Verlust des Eigentums zur Folge haben.
Stellt sich die Frage nach dem WARUM.
Warum ist so wenig bekannt. Es müsste doch wenigstens Statistiken geben, die darüber Auskunft geben. Statistiken gibt es doch für nahezu alles.
Bei Bergschäden liegen die Dinge anders. Für die Betroffenen beginnt in dem Moment, in dem sie den Verdacht haben, dass sie von einem Bergschaden betroffen sind, bis zu dessen Anerkennung oder gar Regulierung, meist eine nervenaufreibende Odyssee durch die Instanzen und Mühlen von Behörden und RWE Power, dem Bergbautreibenden.
Ihm, dem „Bergbautreibenden“ hat der GESCHÄDIGTE nachzuweisen, dass sein Eigentum durch den Tagebau von RWE Power geschädigt wurde.
Eine Novellierung des Bergbaugesetzes und Umkehr der Beweislast sind längst überfällig. Umkehr heißt: RWE muss dem Geschädigten nachweisen NICHT der Verursacher des Bergschadens zu sein.
Im Kohleabbau „unter Tage“ liegt die Beweislast bei dem Bergbautreibenden. Diese Regelung muss endlich auch für den Braunkohletagebau gelten!
Im Falle des Verkaufes eines solchen Objektes, kann das Konsequenzen für den Verkäufer haben, die unabsehbar sind. Bis zur endgültigen Klärung, muss dieser nämlich für alle Schäden selbst aufkommen (im Bild, ein typisches Zeichen für einen Bergschaden).
Eine Anerkennung kann Jahre dauern und nicht selten wird schlicht behauptet, dass kein Bergschaden vorliegt. Gutachten und juristische Auseinandersetzungen sind teuer und so geben viele Geschädigte vollkommen entmutigt, entnervt und zermürbt auf.
Anders verhält es sich bei öffentlichen Gebäuden und Kulturgut.
Diese stehen im Fokus der Öffentlichkeit und werden erstklassig wiederhergestellt.
Zügig, unkompliziert und geräuschlos. „Möglichst wenig Aufsehen erregen“ ist die Devise von RWE Power.
Ein Glanzstück der RWE-“Bauingenieurskunst“ ist die Zitadelle in Jülich mit dem Gymnasium, welche mittig durchtrennt wurde, damit sich das Gebäude dem abgesenkten Grund anpassen kann, sonst wäre es auseinandergerissen.
Bei genauerem Hinsehen erkennbar am Versatz des Flachdaches in der Mitte. Man kann die Gewölbe besichtigen, wo die Federlager zum Ausgleich der Bodenbewegungen zu bestaunen sind.
http://www.wdr.de/themen/panorama/bergschaeden/schlichtung/100416.jhtml
Wer denkt dabei schon in Mönchengladbach an einen Bergschaden? Aber: Die Kirche St. Margareta in Mönchengladbach wurde auf die gleiche Art und Weise saniert.
Die Kirche liegt auf dem „Rheindahlener Sprung“. Einer ca. 10 km langen „Tektonischen Störung“ in der Erdkruste zwischen Odenkirchen und Rheindahlen.
Als Folge der Grundwasserentnahme durch den Braunkohlentagebau kam es hier zu Verwerfungen, die zu Rissen im Kirchengebäude führten, weil das Gebäude fast mittig auf der „Störung“ steht und eine Scholle in Bewegung geriet.
In solch einer „Tektonischen Störung“ stoßen unterschiedliche Erdschichten aufeinander. Diese geraten erst in Bewegung, wenn Grundwasser entzogen wird, und Oberflächenwasser in diese Risse eindringen kann – dieses wirkt wie „Schmierseife“.
Interessant die Aussage von RWE, dass „die Konstruktion des Kirchengebäudes nicht für solche Beanspruchungen geeignet ist“!
Wie müssen Gebäude konstruiert sein, damit sie tagebaukonform sind? Ist so etwas überhaupt möglich? Wohl kaum und erst recht nicht bei Kulturgütern, die oft schon Jahrhunderte alt sind! Solche Aussagen sind eine Farce.
Die Parallelen bei der Schadensablehnung gegenüber dem privaten Hausbesitzer: Der häufigste Grund ist hier die „falsche“ Statik oder „falsche“ Fundamente. Dies verstehe, wer will …
RWE hat kein Interesse, private Gebäude ordnungsgemäß instand zu setzen. Das lehrt die Erfahrung, und das ist die traurige Realität. Es sei denn, wie böse Zungen behaupten, es ist das Haus eines RWE-Mitarbeiters oder eines Firmeninhabers.
Jeder abgeschmetterte Bergschaden ist ein Gewinn für RWE Power. Ein großes Problem ist die Schadensanerkennung bei Privaten.
Selbst wenn instandgesetzt wird, erfolgt die Schadensbehebung lediglich “auf Kulanz”…- Anerkennung? Fehlanzeige!
Eine Anerkennung würde schließlich die Gesamtschadensbilanz im Revier in die Höhe treiben. Das wird nicht gerne gesehen. Schadensregulierung ohne Schadensanerkennung ist reine Willkür.
Warum? Wem ist schon bekannt, dass z.B. im Falle der Anerkennung je nach Ausmaß der „Schieflage“ eines Hauses eine „Schieflagen-Entschädigung“ fällig ist?
Welchem Eigentümer ist bewusst, dass er im Falle des Hausverkaufs sein Haus mit Bergschaden nur noch geringwertig veräußern kann?
Ist dem Hausverkäufer der Schaden bekannt und er verschweigt diesen Umstand, läuft er Gefahr als Betrüger dazustehen. Das kann schwerwiegende Folgen haben!
In einem solchen Fall ist der Verkäufer gezwungen, sich mit dem Bergbautreibenden auseinanderzusetzen und die Differenz von Minderwert zum Normalwert einzufordern.
Die Entscheidung: „Wir ziehen einfach woanders hin“, kann ein böses Erwachen und weitreichende Folgen haben.
Zum Monitoring und der Erfassung von Bergschäden äußerte sich die FWG Jüchen kritisch: http://www.bz-mg.de/aus-dem-umland-nrw-und-darueber-hinaus/juechen/fwg-kritisiert-monitoring-von-bergschaden.html