Rechtssicherheit für „Lex NEW“? • Teil III: Unabdingbares Zusammenwirken von Gutachter und Verwaltung bei Potenzialstudie • GroKo interessiert sich nicht für Sinnhaftigkeit und Kosten
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Flankierend zur umfassenden Beantwortung der zehn Fragen, die die GroKo im Planungs- und Bauausschuss der Bauverwaltung am 02.06.2015 gestellt hatte, und der vertiefenden Beantwortung der insbesondere in den Bezirksvertretungen West und Nord gestellten Nachfragen, beschrieben die Mitarbeiter der Bauverwaltung auch die gesetzlich vorgegebenen Schritte für die Durchführung einer Potenzialanalyse.
Eine solche Beschreibung war notwendig, um die Antworten für die Zuhörer plastischer darzustellen.
Die Tatsache, dass CDU und SPD in derselben Sitzung des Planungs- und Bauausschusses am 02.06.2015 die Beantwortung der zehn Fragen und auch die Potenzialstudie beauftragten, deutet darauf hin, dass die Antworten auf die zehn Fragen keinen Einfluss auf den Beschluss für eine solche Studie haben würden.
Wäre dies nämlich der Fall gewesen, hätte man den Auftrag „Potenzialstudie“ erst nach Vorliegen der Antworten erteilt.
Das jedoch war nicht das Ziel der GroKo. Unübersehbar ist, dass man glaubte, der NEW möglichst schnell etwas Gutes tun zu müssen.
Welche Rolle dabei spielt, dass die NEW sich aktuell angeblich nur noch auf das Gelände des ehemaligen RAF-Hospital südlich des JHQ konzentrieren will und die von ihr geplanten Standorte (Buchholzer und Hardter Wald) aufgegeben habe, ist nach wie vor noch nicht zu erkennen.
Wie an anderer Stelle schon beschrieben, gibt es von Seiten der NEW bis heute wederbearbeitbare Antragsunterlagen, noch andersartig dokumentierte Anfragen.
Die NEW setzt ganz offensichtlich ausschließlich auf die „politische Karte“ und ihren Fürsprecher im Rat, den CDU-Fraktionsvorsitzenden und NEW-Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Hans Peter Schlegelmilch.
Dieser und auch die übrigen Ratsvertreter im Aufsichtsrat „verstecken“ sich nach wie vor hinter ihrer vermeintlich „vorrangigen Verpflichtung gegenüber der NEW“.
Eine gesamtstädtische „Potenzialflächenanalyse Windenergie für Mönchengladbach“ (kurz: Potenzialanalyse oder Potenzialstudie) soll im Ergebnis nachweisen, dass die (vorgesehene) Ausweisung von „Konzentrationszonen“ der Windenergienutzung „substanziell Raum“ gibt.
Was es faktisch bedeutet, der Forderung Windenergie „substanziell“ Rechnung zu tragen, bleibt auch nach Beantwortung der diversen Fragen vollkommen unklar; eine Klärung durfte auch nicht erwartet werden.
„Substanzieller Raum“ ist nämlich weder in einschlägigen Rechtsnormen, Richtlinien oder Leitfäden, noch durch die Rechtsprechung auch nur im Ansatz definiert.
Windenergiepotenziale können objektiv nur nach der vorhandenen oder installierbaren Energie bewertet werden.
Unter den Kreisfreien Städten in NRW liegt Mönchengladbach, nach den Erhebungen des LANUV, sowohl bei der Zahl der WEA als auch bei der Gesamtleistung hinter Münster (mit 25 WEA und einer Gesamtleistung von 27,46 MW) auf dem zweiten Rang.
Die Durchführung einer Potenzialstudie folgt nach dem Winderlass NRW einem mehrstufigen Ablauf.
Kern dieser Aufgabe ist es „Tabuzonen“ zu ermitteln und schlussendlich festzulegen, in denen keine Windenergieanlagen (WEA) errichtet werden dürfen.
Der Rest der Flächen des Stadtgebietes kommt für die Darstellung von Konzentrationszonen in Betracht.
Nach Auftragserteilung an den Gutachter, die sinnvollerweise erst dann vollzogen wird, wenn die endgültige Fassung des Regionalplans beschlossen ist, werden zunächst die so genannten „harten“ Tabubereiche definiert.
Dies sind Zonen, die kraft Gesetz dauerhaft per se für die Nutzung ausgeschlossen und somit dem planerischen Einfluss der Kommune entzogen sind.
Harte Tabubereiche sind aktuell beispielsweise:
- Splittersiedlungen in Außenbereichen
- Flächen mit geringer „Windhöffigkeit“ (durchschnittliches Windaufkommen)
- Verkehrswege und andere Infrastrukturanlagen
- Militärische Schutzbereiche
- Naturschutzgebiete
- Nationalparks und Nationalmonumente
- Biosphärenreservate
- gesetzlich geschützte Biotope
Gehörten bislang auch Waldflächen zu den „harten“ Tabubereichen, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Rahmen eines Klageverfahrens entschieden, dass diese Flächen nicht mehr dieser Kategorie zuzuordnen sind.
Dieser Auffassung hat sich das Oberverwaltungsgericht NRW angeschlossen, spricht jedoch auch davon, dass nach dem Baugesetzbuch (BauGB) Wald dann in Anspruch genommen werden dürfe, wenn sonst der Windenergienutzung „nicht substanziell Raum“ gegeben werden kann.
Wie alles, was mit dem (nicht definierten) Begriff „substanzieller Raum“ zusammenhängt, dürfte auch der Themenbereich „Wald“ einer Würdigung der örtlichen Gegebenheiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbehalten bleiben.
Das lässt den Schluss zu, dass „Wald“ im Einzelfall durchaus auch als „weicher Tabubereich“ festgelegt werden kann.
Der „Abarbeitung“ des Themas „harte Tabubereiche“ folgt – beginnend mit der Definition „weicher Tabubereiche“ – der wesentlich aufwändigere Schritt der Potenzialstudie, die Ermittlung der Flächen, die sich nach den planerischen Vorstellungen der Stadt NICHT für die Errichtung von WEA eignen,
Damit Gutachter und Verwaltung „rechtssicher“ weiter arbeiten können, bedarf es eines poltischen Beschlusses, in dem insbesondere die weichen Tabubereiche festgelegt werden.
Schon dieser Zwischenschritt birgt „bezirkspolitisches“ Konfliktpotenzial insbesondere dann, wenn in den Bezirksvertretungen erkannt wird, dass in „ihren“ Gebieten Flächen für WEA möglich werden könnten, die beim „Wahlvolk“ nicht auf Gegenliebe stoßen würden.
Schon nach der GERTEC-Studie 2002 gab es Gerüchte, dass genau dies für den Bereich Schelsen (3. Stelle im Konzentrationsflächenranking) geschehen sei. Damals wurden Argumente gegen eine Konzentrationsfläche ins Feld geführt, die heute (über zehn Jahre später) nicht mehr greifen könnten.
Auf Grundlage der von der Politik beschlossenen Tabubereiche werden Gutachter und Verwaltung daran arbeiten, jede einzelne Fläche, die nicht schon auf Grund „harter“ Bereiche ausgeschlossen wurde, zu untersuchen und zu bewerten, um festzustellen, ob dort WEA errichtet werden könnten.
Für jede Fläche, die als nicht geeignet bewertet wird, müssen gerichtsfeste, also rechtssichere Begründungen „geliefert“ werden.
Der letzte Prozessschritt ist das Ergebnis des vorangegangenen „Ausschlussverfahrens“: Die Definition potenzieller Konzentrationszonen für WEA.
Im Anschluss an den redaktionellen Abschluss der Studie, wird die Verwaltung der Politik die Konzentrationszonen empfehlen, woraufhin diese (die Politik) entscheiden muss, ob sie den Flächennutzungsplan ändern möchte.
Würde sie beispielsweise auf Grund geänderter Rahmenbedingungen auf eine solche Änderung verzichten, bliebe es nach Lage der Dinge beim Status quo.
Die Erstellung des GERTEC-Gutachten von der Auftragserteilung im Jahr 2001 bis zur Vorlage des Endberichtes in 2002 dauerte etwa zehn Monate.
Damals ging es nicht darum, der Windenergie „substanziellen Raum“ zu geben, sondern um die für damalige Verhältnisse weitsichtige Festlegung von Konzentrationszonen, um einer „Verspargelung der Landschaft“ entgegen zu wirken und langwierige Einzel-Genehmigungsverfahren zu vermeiden.
Die Situation 2001/2002 ist mit heute (2015) kaum vergleichbar.
- Es gab konkret interessierte Projektentwickler/potenzielle WEA-Betreiber
- Es gab kaum auf Windenergie bezogene gesetzliche Regelungen oder Rechtsprechungen
- Es gab keine rechtliche Vorgabe an die Kommunen, der Windenergie „substanziellen Raum“ zu gewähren
und
- Es gab in Mönchengladbach, insbesondere in Wanlo und Hochneukirch keine Erfahrungen mit den Auswirkungen von Windrädern
Vor diesem Hintergrund liegt – auch mit Blick auf nicht auszuschließender Versuche politischer Einflussnahmen – eine Bearbeitungszeit von fast zwei Jahren durchaus im Bereich des Möglichen.
Das würde neben den Kosten für das Gutachten (voraussichtlich im hohen 5-stelligen Euro-Betrag) eine lang andauernde Bindung von Fachpersonal der Verwaltung bedeuten, wodurch zusätzliche Kosten von weit über 100.000 EURO entstehen würden.
Da die Politiker bei ihren Anträgen und Aufträgen an die Verwaltung bislang grundsätzlich das Thema „Finanzwirksamkeit“ vollkommen unberücksichtigt lassen, interessiert es sie offensichtlich auch nicht, welche vermeidbaren Kosten sie durch „Schnellschüsse“, wie den Auftrag zur Erstellung einer Potenzialstudie tatsächlich verursachen.
Solche Versäumnisse würden die Unternehmer und Steuerberater unter ihnen in ihrem eigenen Unternehmen bzw. bei ihren Klienten nicht akzeptieren.
Auch an dieser Stelle agieren sie nach dem Motto „das zahlt doch der Bürger“.
Dieses Verhalten wird dadurch gestützt, dass trotz des „Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF)“ in der Mönchengladbacher Stadtverwaltung keine Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung angewandt wird.
Wie sich zum Thema „Windenegerienutzung2 im Laufe der nächsten Jahre die Gesetzeslage verändert, die Rechtsprechung entwickeln und die Investitionsanreize ggf. reduzieren werden, ist nicht abzusehen.
Zu letzterem könnten die veränderten Förderszenarien für Photovoltaik-Anlagen richtungsweisend sein.