HSP: „Alles auf dem Prüfstand“ – Auch die Verlagssonderseiten „blickpunkt stadt“ für über 17.000 € pro Ausgabe?
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Gelegentliche Verlagssonderseiten in einer Zeitung sind für einen Verlag ein Extrastück vom großen Werbekuchen, für den Zeitungsleser eine Extraportion Altpapier, die er zu entsorgen hat, was ihm damit versüßt wird, dass er die Verlagsbeilage nicht lesen muss.
Je näher sie in der Aufmachung an das der eigentlichen Zeitung heranreichne, vermitteln die Verlagssonderseiten schon von der Begrifflichkeit her den Eindruck, der Herausgeber der Zeitung hätte, wie in diesem Fall, ganz besonders die Stadt Mönchengladbach in den „Blickpunkt“ genommen.
Dabei sind Verlagssonderseiten nichts anderes als Anzeigen, vielleicht redaktionell vorbereitet, bleiben aber Anzeigen, die eben Geld kosten. Deshalb sollte – wie bei anderen Verlagssonderseiten auch – klar und deutlich „Anzeige“ zu lesen sein. Dann wäre das für lesende Bürger richtig einzuordnen.
Auch „blickpunkt stadt“ kostet Geld. Geld, das ebenfalls zur Konsolidierung genutzt werden könnte, da, wie stets und ständig zu hören und zu lesen war und ist, alles auf den Prüfstand müsse und auch vor „kleineren“ Summen kein Halt gemacht werde, also auch solche Ausgaben konsequenterweise dem Rotstift zum Opfer fallen müssten.
In welcher Höhe das „Streichkonzert“ die Eigen-PR der Stadt, die bei genauerem Hinschauen eher die des Oberbürgermeisters ist, treffen würde, lässt sich leicht errechnen, wenn man in die Mediadaten des Extra-Tipps schaut:
Zum 10. Mal erschien vor wenigen Tagen im ExtraTipp Mönchengladbach eine 4-seitige Ausgabe von „blickpunkt stadt“. Wie immer mit dem Herausgeber „Der Oberbürgermeister“.
Neun der zehn bislang erschienenen Ausgaben sind hier zu finden: http://www.moenchengladbach.de/index.php?id=115&no_cache=1&L=0&tx_ttnews[tt_news]=1683
Die Redaktion liegt bei der städtischen Pressestelle, die Gestaltung offensichtlich bei der Panorama Anzeigenblatt GmbH aus Düsseldorf, dem Verlag von ExtraTipp und StadtSpiegel Mönchengladbach sowie weiteren 41 Anzeigenblättern am Niederrhein.
Dass dieses Unternehmen zur Rheinisch-Bergischen-Verlagsgesellschaft gehört und somit der RP „verwandtschaftlich“ verbunden ist, soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.
Auch nicht, dass der Geschäftsführer der Panorama Anzeigenblatt GmbH, Dr. Karl Hans Arnold, eben der ist, der von seinem Vater, Dr. Gottfried Arnold, den Vorsitz des Kuratoriums „Goldene Blume von Rheydt“ geerbt hat.
Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass „man“ dem Oberbürgermeister in der Preisgestaltung „entgegen kam“ und so zu einem Sonderpreis sein ganz persönliches PR-Blatt gedruckt und verteilt wird.
Im letzten Jahr gab es 6 Ausgaben mit diesen Themen:
- Vorstellung Bürgerservice, Straßenverkehrsamt
- Frauen-Fußball-WM
- Mönchengladbach Arcaden
- Ritterspiele, HockeyEuro
- Theater
- Hochschule
Kalkuliert man, ergibt sich ein Bild, von dem man annehmen kann, dass es in Teilen der Verwaltung keine Jubelstürme hervorrufen wird.
Ebenso darf angenommen werden, dass Norbert Bude diese PR in eigener Sache nicht aus seiner Tasche zahlt, sondern aus den Taschen der Bürger, in die er durch „seinen“ Haushaltssicherungsplan ohnehin greifen will.
In den von der Pressestelle sehr gut aufbereiteten Inhalten findet der Leser kaum etwas substanziell Neues, was in der einen oder anderen Form nicht schon irgendwie anders geschrieben bzw. veröffentlicht wurde: Entweder in einer oder mehreren anderweitigen städtischen Schriften, die zuhauf an allen möglichen Stellen der Verwaltung ausliegen, oder in Tages-, Wochen- und Stadtteilzeitungen und/oder auf der Homepage der Stadt und anderen Internetseiten.
Dazu erklärte Pressesprecher Wolfgang Speen, die Motivation für „blickpunkt stadt“ sei gewesen, über diesen Weg alle Bürger der Stadt zu erreichen und ihnen „ungefiltert“ die aus Sicht der Stadt wichtigen Informationen zu geben.
Speen wörtlich: „Dies ist über die üblichen Pressewege nicht immer gegeben, da die Medien nicht zuletzt oft aus Platzgründen keine Möglichkeit haben, komplexe Themen in entsprechender Ausführlichkeit darzustellen. Zudem ist vermehrt eine Tendenz in der Vermischung von sachlicher Darstellung und Kommentierung zu erkennen.
Wir haben demnach nach einer Möglichkeit gesucht, die Themen aus städtischer Sicht entsprechend abzubilden. Ein Instrument, das übrigens in zahlreichen anderen Städten schon lange Gebrauch findet.
Viele Städte nutzen dadurch die Möglichkeit, neben der weiterhin klassischen Medienarbeit sich unabhängig von den Zwängen und Gegebenheiten der Medienlandschaft entsprechend zu präsentieren“ (Zitat Ende).
Betrachtet man dazu die aktuelle Ausgabe von „blickpunkt stadt“ Nr. 10 September 2012 kommt man zu dem Schluss, dass die Darstellung des komplexen Themas „Haushaltssicherungsplan“ an genau die gleichen Grenzen stößt, wie die anderen Printmedien, nämlich dem Platz. Damit findet sich der wirkliche Unterschied nur in der inhaltlichen Darstellung (nach Sichtweise des Herausgebers).
So spricht Herausgeber Norbert Bude auf Seite 3 von „über 220 Sparvorschlägen“ und behauptet: „Verwaltung setzt auch bei sich selbst den Rotstift an“.
Die Aussage: „Alles auf dem Prüfstand“ (Seite 4) schrammt noch nicht einmal „so gerade“ an den Tatsachen vorbei.
Jeder normal haushaltende Bürger weiss, dass Maßnahmen „bei sich selbst“ nur dann als „Sparmaßnahmen“ betitelt werden können, wenn bisherige eigene Ausgaben zukünftig nicht mehr anfallen werden.
Das scheinen OB Bude und „seine“ Verwaltung völlig anders zu sehen.
Bei den „über 220 Sparvorschlägen“ handelt es sich nämlich um fast 50 „Vorschläge“, die eindeutig und ausschließlich auf zusätzliche Einnahmen mit einem prognostizierten Konsolidierungspotenzial von 200,5 Mio. EURO abheben.
Im Klartext bedeutet dies nichts anderes als: Es wird an der Steuer-, Abgaben- und Gebührenschraube gedreht.
In gleicher Weise scheint die Behauptung „Alles auf dem Prüfstand“ keineswegs zuzutreffen. Wäre wirklich alles systematisch geprüft worden, hätte die zur Verfügung stehende Zeit nicht ausgereicht.
Diesen „Bonus“ würde man der Verwaltung sicherlich noch zugestehen, wenn, ja wenn auch nur in einem Nebensatz erwähnt worden wäre, dass „noch nicht“ alles auf den Prüfstand gehoben werden konnte, die Bürger sich aber darauf verlassen könnten, dass dies selbstverständlich ab sofort sukzessive und systematisch geschehen und in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen darüber berichtet werde.
Das wäre irgendwie ehrlich gewesen und würde (bei tatsächlicher Umsetzung) möglicherweise Vertrauen und Verständnis schaffen und vor allem die viel bemühte und versprochene Transparenz erkennbar machen. Chance vertan!
Da also offensichtlich keineswegs „alles“ auf dem Prüfstand war, eben weil unter Zeitaspekten nicht realisierbar, ist und bleibt die Headline irreführend.
Bei keiner der zunächst noch wenigen Maßnahmen, die an anderer Stelle auf BZMG thematisiert wurden, ist erkennbar, dass diese auch nur im Ansatz „geprüft“ wurden. Demnach also auch nicht „blickpunkt stadt“.
Hätte man es getan, wäre dies an irgendeiner Stelle im HSP zu dokumentieren gewesen.
Hätte sich vielleicht bei näherer Betrachtung und Auswertung des evtl. Erfolges der bisherigen Ausgaben sogar ein monetär bewertbarer Nutzen für „blickpunkt stadt“ herausgestellt?
So bleibt nur der Eindruck des vermeintlichen oder gewünschten PR-Nutzens; mit einem faden Beigeschmack obendrein.
Das Ziel bzw. die Vorgabe des HSP Kosten und Nutzen genau zu hinterfragen wurde in diesem Fall verfehlt.