Variable Zinsen: Verlockende Versuchung ohne Happy-End für Mönchengladbach
Red. Giesenkirchen [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Normalerweise müssten unsere Politiker Stadtkämmerer Bernd Kuckels (FDP) kritisieren. Sie tun es wohl deshalb nicht, weil sie selbst zustimmten oder sich der Stimme enthielten als sie in 2005 über die Wahrnehmung eines Swap-Derivates beschlossen.
Damals und in 2007 wurden unsere Ratsmitglieder in Workshops mit dem Titel „Zinsmanagement mit derivaten Instrumenten“ über die Risiken und Chancen von Derivaten aufgeklärt.
Es war die Zeit, in der sehr viele Kommunen in derivate Produkte eingestiegen sind.
Selbst der Bund der Steuerzahler hat aktuell in 2009 in einem Gespräch festgestellt: Risikoarme Derivate gehören zum Instrumentarium eines modernen Zins- und Schuldenmanagements.
Trotzdem: rund eine Million Euro hat die Stadt bei Zinsgeschäften verloren.
Allerdings: wenn Kuckels konventionell für mehrere Jahre feste Zinssätze für Kredite vereinbart hätte, es wäre für die Stadt ein schlechtes Geschäft gewesen, zwischenzeitlich sind die Zinsen stark gesunken.
Einige Begriffserklärungen:
- Swaps: Sie dienen vorrangig der Absicherung eines Portfolios und werden beispielsweise häufig im Bereich der Devisentermingeschäfte angewandt.
- Derivate: Finanzinstrumente, deren Preise sich nach den Kursschwankungen oder den Preiserwartungen anderer Investments richten. Derivate sind so konstruiert, dass sie die Schwankungen der Preise dieser Anlageobjekte überproportional nachvollziehen. Daher lassen sie sich sowohl zur Absicherung gegen Wertverluste als auch zur Spekulation auf Kursgewinne des Basiswerts verwenden. Zu den wichtigsten Derivaten zählen Zertifikate, Optionen, Futures und Swaps.
- Euribor : Der Euribor (European Interbank Offered Rate) ist ein Referenzzinssatz. Banken koppeln viele Spar- und Kreditzinsen daran. Der Euribor gibt Aufschluss darüber, zu welchem Zins sich Institute in der Euro-Zone untereinander kurzfristig Geld leihen. Der Einmonats-Euribor beträgt derzeit 0,97 Prozent, der Dreimonats-Euribor 1,28Prozent. Beide Zinssätze waren im Zuge der Finanzkrise im vergangenen Herbst auf über fünf Prozent hochgeschnellt.
- Cap-Darlehen: Dabei handelt es sich um ein variables Darlehen mit einer Zinsobergrenze (Cap). Das mindert das Zinsänderungsrisiko bis zur vereinbarten Grenze, und man kann von den derzeit niedrigen Kurzfristzinsen profitieren. Allerdings lassen sich die Banken das Cap gut bezahlen. Oder sie ziehen die Grenze so hoch, dass sich die Garantie kaum lohnt.
- Variables Darlehen: Bei variablen Baudarlehen wird der Zins meist an den Dreimonats-Euribor gekoppelt. Rechnet man eine Marge von 0,75 bis einem Prozentpunkt darauf, gibt es solche Darlehen derzeit bereits ab 2,0 Prozent. Allerdings gilt der Zinssatz nur für drei Monate. Dann wird er wieder an den Euribor angepasst.
- Spekulation:Im ausdrücklichen Sinne des Wortes ein in die Zukunft gerichtetes, vorausschauendes Verhalten mit dem Ziel, solche zukünftigen Entwicklungen in seinen eigenen Dispositionen vorwegzunehmen und daraus einen (wirtschaftlichen) Nutzen zu ziehen. Auf Börsentransaktionen bezogen, meint Spekulation den Kauf von Wertpapieren oder Rechten nicht zum Zwecke der Anlage, sondern des Wiederverkaufs mit Gewinn nach einem Anstieg des Preises für diese Werte. Im engen deutschen Verständnis werden Ausdrücke wie „Spekulation“ und „Spekulant“ usw. eher im negativen Sinne verwendet und die Spekulation als eine der entscheidendsten Triebfedern des wirtschaftlichen Handelns verkannt.
- Risiko: Eine Möglichkeit für die Messung von Risiken sind die so genannten Risikokennzahlen. Eine Bewertung von Risiken kann dabei zum Beispiel durch ein Expertenurteil erfolgen.
Für die Darstellung der Risiken kann man eine so genannte Risikomatrix verwenden.
Diese stellt die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos, sowie dessen mögliche Folgen, bzw. Schäden gegenüber. Damit man die Auswirkung von einzelnen Risiken auf das Unternehmen darstellen kann, wird eine Risikoaggregation benötigt.
Gerade in unserer heutigen, krisengeschüttelten Zeit muss sich jeder Verantwortung Tragende klar machen in wessen Auftrag er handelt, wessen Geld er riskiert und ob er das selbe auch mit seinen persönlichen Finanzmitteln unternimmt.
Der normale Häuslebauer sollte die Finger lassen von variablen Darlehen.
Meinungen dazu aus berufenem Munde: „Wer wenig Luft hat, der sollte die Finger davon lassen“, warnt Verbraucherschützer Scobel. „Sonst fliegt ihm die Finanzierung um die Ohren, wenn die Zinsen steigen.“
Interhyp-Sprecherin Heidi Müller argumentiert ähnlich: „Solche Darlehen eignen sich nur für Leute, die auch den Zinsmarkt beobachten.“
Max Herbst, der Chef der Frankfurter FMH Finanzberatung sagt, er sei kein Freund variabler Darlehen. „Denn die meisten Leute verpassen den Zug.“ Sprich, sie werden vom Zinsanstieg überrascht und zahlen dann im Vergleich zum herkömmlichen Hypothekenkredit drauf. So sind die Kurzfristzinsen, gemessen am Euribor, in den vergangenen zehn Jahren etwa schon zweimal in relativ kurzer Zeit über die Fünf-Prozent-Marke gestiegen. Wenn so etwas passiert, steigt die Monatsrate exorbitant.