Kein guter Tag für die Mönchengladbacher CDU – Kein guter Tag für vermutete Kungeleien

Hauptredaktion [ - Uhr]

hofstrase-kein-aldi[17.06.2009] Mit 48:25 gegen die CDU lautet das Ergebnis der Entscheidung des Rates in seiner heutigen Sitzung, wodurch dem Antrag von B90/Die Grünen vom 05.06.2009, für das Gelände des insolventen Autohauses an der Hofstraße einen Bebauungsplan aufzustellen und damit einen ALDI-Markt zu verhindern, stattgegeben wurde.

Was war geschehen?

Ein entsprechender Antrag (für einen Aufstellungsbeschluss) war vor Wochenfrist im Planungs- und Bauausschuss durch ein Patt (12:12 Stimmen) durchgefallen (BZMG berichtete). Gegen diesen Beschluss legten die SPD-Mitglieder des Bauausschusses unter Berufung auf die Gemeindeordnung NRW Einspruch ein. Dieser sei notwendig – so die SPD – damit der Rat in die Lage versetzt würde, diese Entscheidung des Planungs- und Bauausschusses zu korrigieren.

Hintergrund war das vom Rat am 13.06.2007 einstimmig beschlossene „Nahversorgungs- und Zentrenkonzept“, das ausschließen sollte, dass beispielweise Einkaufsmärkte – wie in diesem Falle ein neuer ALDI-Markt – mit den Geschäften der Stadtteilzentren in Konkurrenz treten und damit deren Entwicklung zum wohnungsnahen Einkaufen zerstören könnten.

Einer solchen Entwicklung waren sowohl SPD als auch B90/Die Grünen schon in der Bezirksvertretung Volksgarten entgegen getreten:

http://www.bz-mg.de/index.php/volksgarten-abenteuerspielplatz-aldi-an-der-hofstrase-l19/

http://www.bz-mg.de/index.php/grune-bv-volksgarten-kein-aldi-am-falschen-standort/

Anna Bögner, Mitglied der Grünen in der Bezirksvertretung Volksgarten, hatte „mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass mal wieder CDU-nahe Investoren/Bauträger eine Lizenz zum Gelddrucken erteilt werden soll. Durch die Bebauung des Grundstücks mit einem Discountermarkt wird sich auf einen Schlag der Grundstückswert vervielfachen“.

Dass nicht nur besagter Investor/Bauträger (Bauunternehmung Jessen) von diesem Bauvorhaben profitiert hätte, wurde spätestens klar, als CDU-Fraktionsvorsitzender Rolf Besten erklärte, dass er befangen sei, weil er „in diesem Bereich“ Aufträge hätte und daher an Beratung und Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt  nicht teilnehmen würde.

Dass er fast zwei Stunden draußen bleiben musste, hätte er sich nach dem Verlassen des Ratssaales auch nicht träumen lassen.

Solange nämlich dauerte es, bis das Ergebnis klar war,  dass es nichts wird mit dem ALDI-Markt an der Hofstraße.

Doch der Reihe nach:

Zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes gab Rechtsdezernent Dr. Schmitz (CDU) ausführlich und sehr verständlich eine formalrechtliche Bewertung zur Frage, ob die Entscheidung des Bau- und Planungsausschusses für den Rat verbindlich sei. Dabei stellte er im Ergebnis fest, dass dieser (freiwillige) Ausschuss keine für die Stadt verbindliche Entscheidung treffen könne und der Rat jederzeit die Möglichkeit habe, solche Entscheidungen an sich zu ziehen und in der Sache selbst zu entscheiden. Dies sei durch die vom Rat beschlossene „Zuständigkeitsregelung“ festgelegt.

Dr. Schmitz stellte er weiterhin fest, dass dieser Ausschuss keine nach außen (also gegenüber Dritte) rechtskräftige Beschlüsse fassen können. Das sei lediglich dem Rat vorbehalten, wobei eine rechtliche Verbindlichkeit erst dann zustande käme, wenn der Rat den Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung beauftragt und dieser diesen Auftrag vollzogen hätte.

Damit trat Schmitz der von Rechtsanwalt Breymann (CDU) geäußerten Frage entgegen, der man die Vorstellung entnehmen konnte, dass durch die Entscheidung des Bauausschusses „Vertrauenstatbestände“ begründet worden seien, deren Verletzung in der Konsequenz auf die Stadt zurückfallen könnten.

In diesem Zusammenhang meinte Schmitz die Frage in den Raum, wer im Zuge von internen Entscheidungen des Rates „Vertrauen haben können“ und wer im Zusammenhang mit der „Zuständigkeitsordnung“ in seinem Vertrauen geschützt werden solle.

Weiter machte Schmitz deutlich, dass ein Ausschuss- oder Ratsbeschluss bei einem „Dritten“ kein Vertrauen erzeugen könne und ein solcher Ausschuss keine eigenen Rechte habe, da er seine Existenz ausschließlich aus seiner Aufgabenzuordnung durch den Rat ab.

Auf gewohnt scharfsinnige Art versuchte Erich Oberem (FWG) den Vergleich zwischen zwei Ratsbeschlüssen herzustellen, nämlich zum einen den Beschluss zum „Nahversorgungs- und Zentrenkonzept“ und zu anderen den Beschluss der „Zuständigkeitsordnung“.

Oberem vertrat u.a. die Auffassung, dass die „Zuständigkeitsordnung“ eine höhere Wertigkeit habe, als ein „Konzept“.

Dem widersprach Dr. Schmitz. Er stellte das „Konzept“ auf eine Stufe mit der „Zuständigkeitsordnung“, weil beiden ein Ratsbeschluss zugrunde gelegen habe.

Zuvor hatten Grünen-Fraktionssprecher Karl Sasserath und Lothar Beine (Fraktionsvorsitzender der SPD) noch einmal ihre übereinstimmende Position zum „Nahversorgungs- und Zentrenkonzept“ dargelegt, dass eine „Aufweichung“ dieses Konzeptes, dass von allen Parteien im Rat und in enger Abstimmung mit dem Einzelhandel beschlossen worden sei, nicht zugelassen werden dürfe. Dem stimmte auch Dr. Jansen-Winkeln (FDP) für seine Fraktion zu.

Wie ging es nun weiter?

Nachdem die rechtlichen Positionen ausgetauscht worden waren, galt es nun zu entscheiden, ob sich der Rat gemäß Antrag von B90/Die Grünen „mit dem Aufstellungsbeschluss“ befassen solle. Bei positivem Votum der Ratsmehrheit wäre die Ablehnung des Bauausschusses aufgehoben worden und der Rat müsse „in der Sache“ entscheiden.

Offensichtlich in der Erwartung, dass es insbesondere in der CDU-Fraktion keine einheitliche Meinung geben könnte, beantragte Lothar Beine für seine SPD-Fraktion „geheime Abstimmung“. Dies war möglich, weil die SPD über das erforderliche Quorum (1/5 der Ratsmandate) verfügte. Die Abstimmung geheim durchgeführt.

Nach etwa 20 Minuten lag das Ergebnis vor: Ein Erfolg für den Grünen-Antrag, nämlich 46:28.

Damit war geklärt, dass der Rat nunmehr auch „in der Sache“ zu entscheiden hatte.

Und das tat er auch und zwar ebenfalls auf Antrag der SPD-Fraktion in geheimer Abstimmung.

Das Ergebnis ist bekannt: siehe oben.

Konsequenzen

Das Baugesuch von Jessen/ALDI auf einem Gelände ohne Bebauungsplan ist abgelehnt und in den nächsten 12 Monaten kann die Stadt einen Bebauungsplan für dieses Gebiet erstellen und für mindestens weitere 12 Monate eine „Veränderungssperre“ verhängen.

Darauf, welche Konsequenzen sich politisch daraus ergeben können, geht BZMG an anderer Stelle ein.

Ein Kommentar zu “Kein guter Tag für die Mönchengladbacher CDU – Kein guter Tag für vermutete Kungeleien”
  1. Niemand musste erst die Abstimmung über Jessen/ALDI abwarten um zu erkennen, es stimmt nicht mehr in der Führungsetage der CDU-Mönchengladbach.

    Die ersten Sitzreihen während der Ratssitzung betrachtend wurde mir schnell klar:

    Es gibt keine wirkliche Kommunikation zwischen den „CDU-Grosskopferten“.

    Boss und Schroeren plauschten natürlich ab und an, schmerzfrei. Post fühlte sich unwohl und flüchtete in übersteigerte Lautstärke, Selbstvertrauen demontrierend.

    Besten war schweigsam, nur beim L19-Thema war er present wie gewohnt, kaum Austausch mit Post, Boss oder gar Schroeren.

    Und Brandts, der grosse A44/L19-Guru: natürlich abgemeldet, wie schon lange.

    Kein Wunder also, Abrechnung war angesagt: Die Abstimmung zeigte den Zustand der CDU, 73 Tage vor der Kommunalwahl und der Wahl des Oberbürgermeisters.

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