Atompolitik keine Sache der Ratsleute?
D. Pardon [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Setzt das Unglück Fukushima bei den Kommunalpolitikern neue Maßstäbe? Was fangen sie mit dem Wissen um Angarsk an?
An die Auswirkungen des Tschernobyl-Unglücks in Mönchengladbach erinnerte BZMG im letzten Jahr .
Angesichts der Ratsentscheidungen zu Anträgen wegen Atommülltransporten und Städtepartnerschaft mit Angarsk stellt sich die Frage: Ist Atompolitik Angelegenheit der Kommunalpolitik oder mangels Einfluss nicht?
Ein Blick vor die Gladbacher Haustür zum Kernforschungszentrum Jülich:
Auf dem Gelände des Forschungszentrums betreibt die Landesanstalt für Arbeitsschutz (LAfA) des Landes Nordrhein-Westfalen eine Landessammelstelle für radioaktive Abfälle für die Länder NRW und Niedersachsen. Diese Sammelstelle nimmt neben radioaktivem Abfall aus dem Forschungszentrum auch weitere (schwach)-radioaktive Abfälle aus den genannten Ländern an (Quelle: Wikipedia)
Am 31.12.1988 wurde der Versuchs-Kernkraftreaktor nach 21 Betriebsjahren und einer Serien von Pannen, Fehlern und Problemen endgültig stillgelegt.
Der BUND legte 2009 eine Analyse zu der an Pannen und Beinahe-Katastrophen des Reaktors in Jülich vor und meinte, dass mit dem unlängst abgeschlossenen Genehmigungsverfahren zum Rückbau dieses Reaktors Nordrhein-Westfalen eine strahlende Altlast aufgebürdet worden sei, die dem Steuerzahler noch teuer zu stehen komme.
Denn der in Jülich stehende Versuchsreaktor AVR muss wohl unter Beton eingeschlossen werden.
Der Reaktorbehälter muss außerdem „…vom ursprünglichen Standort wegbewegt werden, weil im Jahr 1978 kontaminiertes Wasser in das Erdreich neben und unter das Gebäude gelangt ist und dieser Bereich saniert werden muss.“ Zur Erinnerung dieser ntv-Artikel: http://www.n-tv.de/politik/Schwere-Fehler-im-Reaktor-Juelich-article417342.html
Fukushima hat nur all die verdrängten Probleme hochgeholt, die mit der Kernenergie einhergehen: Betreiberrisiken, Endlagerfrage oder Finanzierung der Folgekosten über den Bürger.
Mönchengladbachs Kommunalpolitiker scheint das mehrheitlich zumindest im Stadtrat nichts anzugehen. Warum eigentlich? Sind die Ratsleute nicht Vertreter der Bürger?
Wenn Demokratie tatsächlich „von unten nach oben“ funktionieren soll, dann dürfen sich Gladbachs Kommunalpolitiker von der Verwaltung auf Anfrage zur Gefahrenlage von Atomtransporten von Jülich nach Ahaus auch nicht von Lehrbuchaussagen abkanzeln lassen.
Wird Fukushima in den Köpfen von Gladbach’s Ratsleuten und Verwaltung Auswirkungen zeigen?
Grüne Politik ist bei allen Parteifarben auf einmal „in“, doch welche Taten über die unschädliche Teilnahme von Demonstrationen und Reden zu Parteitagen hinaus können seitens der Kommunalpolitiker eigentlich folgen?
Die Welt soll ja nun angeblich eine andere geworden sein. Ob das in der Tat so ist, zeigt sich auch im Stadtrat beim Umgang mit der Frage zu Atomtransporten von Jülich an Mönchengladbach vorbei.
Sicherlich gewöhnen sich die Menschen auch an die Meldungen zur Lage in Japan und nach und nach verdrängen andere Schlagzeilen diese Nachrichten.
Gewöhnung und Verdrängung sollte jedoch nicht mit „Einschlafen“ verwechselt werden.
Gerade Kommunalpolitiker haben hier eine besondere Verantwortung – auch und gerade in den Kommunen, wo allenthalben Politiker glauben machen möchten, dass Politik (nach dem Lehrbuch) „von unten“ nach „oben“ funktioniert und sie deshalb auch als „Basis der Demokratie“, als Bürgerverteter, in den Stadtrat gewählt werden wollen.
Sicherlich dauert es lange, bis Kommunen gemeinsam ihre Stimme gegen Bund und Land erheben. Dass auch Kommunalpolitiker dies können, wenn sie wollen, zeigt das gemeinsame Anstimmen zur desaströsen Finanzlage vieler Kommunen. Hier zeigt die Politikbasis Format, organisiert sich gemeinsam, mahnt lautstark Reformen an.
Bei der Energiewirtschaft schwingen Politiker eher leise Töne – vielleicht weil auch hier schon Verflechtungen von Politik und Wirtschaft wirken?
Warum lehnte der Mönchengladbacher Stadtrat eine Städtepartnerschaft mit Angarsk jüngst ab? Dürfen keine Zeichen gesetzt werden?
Gladbach’s Politik hat sich mit dem zwar stillgelegten, aber immer noch strahlenden AKW vor der Haustür zu befassen: Wie wird denn nun genau der Schutz der Mönchengladbacher bei einem radioaktiven Unfall gewährleistet? Lehrbuch-Aussagen reichen den Bürgern nicht mehr.
Die Frage bleibt bestehen: Ist Atompolitik keine Angelegenheit der Kommunalpolitik?
Die Beantwortung dieser Frage hat „Dank“ Tschernobyl und Fukushima den Maßstab einer Gewissenentscheidung. Fraktionszwänge wäre hier fehl am Platze.
1.
D. Pardon schrieb am 14.07.2015 um 13:05 Uhr:
Atompolitik – doch eine Sache der Ratsleute? Hierzu folgende Pressemeldung der Stadt vom 25.06.2015:
Rat beschließt Resolution:
Unverzügliche und dauerhafte Abschaltung des belgischen Kernkraftwerks Tihange
Der Rat hat in seiner letzten Sitzung eine Resolution der Fraktion Die Linke, Bündnis 90/Grüne und der Gruppe der Piraten-Partei verabschiedet, in der die unverzügliche und dauerhafte Abschaltung des belgischen Kernkraftwerks Tihange gefordert wird.
Die Resolution im Wortlaut: „Das nur 112 Kilometer von Mönchengladbach entfernt liegende belgische Kernkraftwerk Tihange ist seit Jahren für seine Probleme und Störfälle bekannt. Dennoch hat die belgische Regierung die Laufzeiten des mittlerweile 40 Jahre alten Blockes Tihange-1 um nochmals zehn Jahre verlängert.
Erst vor kurzem wurden Tausende neuer Risse im maroden Reaktorblock Tihange-2 gefunden, und auch das Behältermaterial weist eine „unerwartete“ Brüchigkeit auf. Das bedeutet: Bei einem Unfall könnte die Ummantelung brechen und radioaktiv kontaminiertes Wasser mit unkalkulierbaren Folgen austreten.
Daneben hat das Kernkraftwerk Tihange wegen fehlendem Hochwasserschutz im EU-Stresstest besonders schlecht abgeschnitten.
Tihange stellt für Mönchengladbach und Umgebung eine ernste Gefahr dar. Bei größeren Unfällen könnten kilometerweit Mensch und Umwelt durch die radioaktive Kontamination belastet, die gesamte Region unbewohnbar werden.
Einen konkreten Katastrophenschutzplan gibt es nicht. Deshalb fordert der Rat der Stadt Mönchengladbach die nordrhein-westfälische Landesregierung und auch die Bundesregierung dringend auf, sich für eine „unverzügliche und dauerhafte Abschaltung des Kernkraftwerks Tihange“ einzusetzen und für einen möglichen nuklearen Ernstfall ein bilaterales Abkommen mit Belgien zu vereinbaren.
Daneben bitten wir die Landes- bzw. Bundesregierung, euregionale Katastrophenschutzkonzepte zu erarbeiten bzw. zu überarbeiten, um entsprechende Informationen auf nationaler Seite vorhalten zu können.
Gleichzeitig appelliert der Rat der Stadt Mönchengladbach an die belgische Regierung, die Betriebsgenehmigung für das Kraftwerk Tihange zu-rückzunehmen.
Die Verwaltung informiert in geeigneter Form die Landes- und Bundesregierung so wie die belgische Regierung. Die Verwaltung veröffentlicht die Resolution über eine Pressemitteilung und über die Webseite der Stadt.“
Mehr zu Tihange im BZMG-Artikel vom 21.02.2015
http://www.bz-mg.de/natur-umwelt-tierreich/energiepolitik/greenpeace-zu-doel-und-tihange-•-nur-60-kilometer-von-nrw-entfernt-tausende-weitere-risse-in-belgischen-atomkraftwerken.html