Graf Lambsdorff (FDP) & TTIP • Teil II: Der Einfluss von TTIP auf die Kommunen • Hans-Joachim Stockschläger fragt nach [mit Video]
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Nicht nur die Kommunalpolitiker der FDP zeigen sich angesichts der Befürchtungen u.a. von „Mehr Demokratie“ (MD) verunsichert, TTIP werde sich negativ auf die Handlungsfreiheit der Kommunen auswirken.
Mit Bezug auf einen aktuellen Flyer von MD fragte FDP-Geschäftsführer Hans-Joachim Stockschläger am 07.03.2015 den Gastredner beim Kreisparteitag der Liberalen, Alexander Graf Lambsdorff und thematisierte dabei auch die unzureichenden Informationen zu TTIP für die Kommunalpolitiker.
Stockschläger erläuterte die Befürchtungen von TTIP-Gegnern u.a. hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Kommunalen Hoheitsrechte.
Damit könnten die Kommunalpolitiker nur schwer umgehen, zumal die kommunalen Spitzenverbände sich diesen Befürchtungen anschließen würden.
Stockschläger vermisst, dass die Kommunalpolitiker – gleich welcher Parteien – keine Informationen über die TTIP-Verhandlungen erhielten und damit den gut organisierten Kampagnen „einigermaßen hilflos ausgeliefert“ seien.
Alexander Graf Lambsdorff erklärte dazu, dass alles, was öffentliche Daseinsvorsorge angehe, von den Verhandlungen „ausgenommen“ sei, also gar nicht Inhalt der Verhandlungen sei. Es werde gar nicht darüber geredet.
Das Problem der mangelnden Transparenz führe daher, dass nicht die Europäische Kommission und nicht das EU-Parlament, sondern die Mitgliedstaaten, also Berlin, London usw. die Verhandlungen als „geheim“ eingestuft hätten.
Inzwischen seien die Inhalte öffentlich, man könne sie also lesen. Darauf, wer „zum Lesen“ berechtigt ist und wo die Inhalte verfügbar sind, ließ Lambsdorff offen.
Er kündigte an, dass er auf Parteiebene einen Antrag einbringen werde, in dem auf etwa acht Seiten „Entkräftungen“ der Argumente der TTIP-Gegner zusammengestellt würden.
Es gehe (den Gegnern) nicht um Wahrheit, sondern um eine anti-amerikanische, anti-marktwirtschaftliche und anti-liberale Kampagne gegen Freihandel als solchen.
Zu den Aussagen im Info-Flyer von „Mehr Demokratie“ (Öffnen durch Klick auf Grafik) erhielt Hans-Joachim Stockschläger von Alexander Graf Lambsdorff noch im Verlauf des Kreisparteitages (Lambsdorff musste noch einen weiteren Termin wahrnehmen) per SMS diese kurze und knappe Bewertung:
„90 % sind direkt gelogen, 10 % diskussionswürdig.
Gelogen:
- „höchste Geheimhaltungsstufe“,
- Zulässigkeit von Klagen bei Schiedsgerichten aufgrund von Gewinnschmälerung; „Genmais“;
- „weitere Privatisierung“ der öffentlichen Daseinsvorsorge;
- Recht, aus Gründen des Gemeinwohls zu subventionieren steht auf dem Spiel;
- Eingriff in kommunale Planungshoheit;
- Schwellenwerte und Vergabekriterien.
Diskussionswürdig:
- Stillstandsklauseln,
- Datenschutz,
- Finanzmärkte.“ (Zitat Ende)
13.
Kerstin Königs schrieb am 19.03.2015 um 21:57 Uhr:
Passend zu diesem Thema gab es heute einen Newsletter des Umweltinstitutes München.
Bevor ich alles mit eigenen Worten wiedergebe, hier ein Teil des sehr interessanten Textes, der in die Richtung der Kommentare geht, die ich hier in den letzten Tagen und davor las.
Wenn ich lese, dass dieses Knebelabkommen einer Familie mit 4 Personen über zehn Jahre verteilt angeblich 545 Euro mehr in die Haushaltskasse bringen soll, also 54,50 Euro pro Jahr, bekomme ich Wut!
Für wie dumm hält man uns? Nicht mal dieser lächerliche Betrag wird am Ende für uns „übrig“ bleiben, da bin ich mir jetzt schon sicher.
Dafür bekommen Investoren unglaubliche Rechte zugesprochen, die die Demokratie verhöhnen und immer mehr abschaffen!
Gibt es eine Klage eines Investors, zahlen wir Bürger erst richtig drauf. Ich frage mich: Für WEN arbeiten unsere Politiker?
Zitat:
„Auch die INSM hatte es in ihrer Broschüre „12 Fakten zu TTIP“ mit den Fakten nicht so genau genommen.
So wurde wie beim BDI fälschlich behauptet, es sei mit einem jährlichen Zusatzwachstum von bis zu 119 Milliarden Euro zu rechnen. Außerdem behauptet die INSM in ihrer Broschüre, dass eine vierköpfige europäische Familie mit durchschnittlich 545 Euro pro Jahr mehr auf dem Konto rechnen darf.
Bei dieser Angabe beruft sich die INSM wiederum auf die bereits erwähnte Studie des CEPR.
Tatsächlich handelt es sich aber wieder um einen einmaligen Einkommensgewinn über zehn Jahre, nicht um einen jährlichen Effekt.
Desweiteren behauptet die INSM: „In der EU könnten 400.000 neue Arbeitsplätze entstehen, davon bis zu 110.000 allein in Deutschland“.
Die Zahl stammt offenbar aus einer Studie des ifo-Instituts und bezieht sich auf das optimistischste von mehreren vom ifo durchgespielten Szenarien.
Die anderen – von der INSM verschwiegenen Szenarien – kommen zu deutlich weniger optimistischen Annahmen.
So kommt die ifo-Studie in ihrer geringsten Schätzung auf gerade mal 2.100 neue Jobs in Deutschland.
Eine Studie der Tufts University aus den USA kommt sogar zu dem Schluss, dass in der EU bis zu 600.000 Jobs durch TTIP verloren gehen könnten.
Auch die Erfahrungen mit bereits existierenden Freihandelsabkommen zeigen, dass ein Jobwunder keine sichere Sache ist.
So soll das NAFTA-Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada nach einer Studie des Economic Policy Instiute (EPI) bis zu 1 Million Stellen in den USA vernichtet haben.
Doch Fakten, die nicht ins Konzept passen, schweigt die INSM offenbar lieber aus.
Foodwatch hatte BDI und INSM in einem offenen Brief dazu aufgefordert, die Falschangaben zurückzuziehen. Beide Organisationen haben inzwischen reagiert und die falschen Zahlen zumindest teilweise korrigiert.
Dagegen zitieren die CDU und der DIHK die oben erwähnte ifo-Studie weiterhin falsch und bauschen so die zu erwartenden Effekte von TTIP auf.
Unser Fazit:
BDI, INSM, DIHK und CDU haben mit Hilfe falscher Angaben Luftschlösser gebaut, um uns vorzugaukeln, dass TTIP eine „Riesen-Chance für uns alle“ sei.
Bei genauerer Betrachtung aber fällt das Argumentationsgebäude der TTIP-BefürworterInnen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Höchste Zeit, die Verhandlungen über TTIP und CETA zu stoppen!“
Zitat Ende.
Wen es interessiert, der kann hier mehr lesen:
http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/ttip-wachstumsprognosen-aufgebauscht.html
Schlimm ist, dass die für diesen Wahnsinn nicht einmal haftbar gemacht werden können! Wie schon beim ESM, da wussten die auch nicht was die tun. Nicht mal die Haftungssummen hatten die kurz vor der Abstimmung im Bundestag drauf!
Es ist so unfassbar, wie wir verraten und verkauft werden.
12.
Ypsilon schrieb am 19.03.2015 um 10:56 Uhr:
Genau wie bei TTIP ging und geht es bei NAFTA nur um die Freiheit der Investoren/Konzerne.
Beispiele zu NAFTA, das Abkommen zwischen USA, Mexiko und Kanada, dem genau dieselben Heilsversprechen wie nun bei TTIP vorausgingen.
Ergebnis ist leider das komplette Gegenteil der Versprechen. Unglaublich dazu:
Michael Shifter vom Forschungsinstitut Inter-American Dialogue bewertet NAFTA insgesamt positiv.
„Der Handel hat sehr stark zugenommen“, sagt er.
„Das Abkommen hat zwar nicht das Armutsproblem in Mexiko gelöst, aber das war auch niemals die Idee.“
Hier zu lesen:
http://www.welt.de/wirtschaft/article123252705/Die-grossen-Verlierer-der-Freihandelszone-Nafta.html
Na, super! Was interessieren Menschen! Angeblich soll es doch gerade denen dank Freihandelsabkommen besser gehen!
Mexikaner, die in den USA ausgebeuet werden bezeichnen sich selbst als „Wegwerfgegenstand“. Sie sind rechtlos.
Beispiel zu NAFTA (vergleichbar TTIP, inzwischen 23 Jahre in Kraft), das auch angeblich allen Vorteile bringen sollte. Dieselben Versprechen wie nun bei TTIP. Eingetreten ist nichts davon. Lediglich ein zügelloses Profitieren der amerikanischen Wirtschaft.
Sklaven des Freihandels (Arte):
https://www.youtube.com/watch?v=CuG929nD0d4
Selbst das Handelsblatt schreibt zu NAFTA/Arbeitsplätzen, Zitat:
Es sind allein in Mexico 750.000 weniger! Sogar das Wirtschaftswachstum ging zurück. 50% der Bevölkerung (100 Mio. insgesamt) lebt in Armut. Die Landwirtschaft wurde platt gemacht, der Maispreis (in den USA hoch subventioniert) sank durch importiertes Billiggetreide um 70%, so dass die Landwirte nichts mehr verdienen können. USA machen es möglich.
Die Arbeitslosigkeit stieg in allen Ländern (allen voran USA selbst). Ausgerechnet bei uns wird das dann anders?
http://www.handelsblatt.com/politik/international/licht-und-schatten-nach-zehn-jahren-freihandel-die-nafta-hilft-mexiko-weniger-als-erhofft/2294746.html
Oder zum Arbeitsrecht:
„Wie ein Zusatzvertrag zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA seit 1994 die Verletzung von Arbeitsrechten legalisiert.“
Es geht weniger um Zollfragen als um die Freiheit der Investoren.
http://arbeitsunrecht.de/ttip-jobwunder_beispiel-nafta/
11.
Ypsilon schrieb am 19.03.2015 um 10:41 Uhr:
Peter J. Esser, Vertreter der Deutschen Wirtschaft (und Delegation) in Washington (Director of Legal and Government Affairs) und seine Äußerung, was er von Demokratie und Transparenz bei den Verhandlungen zu TTIP hält.
Er meint: „Manche Sachen sind wahrscheinlich besser hinter geschlossenen Türen getan – jaaa, ääh, demokratisch ist es nicht, aber, was ist in diesem Leben schon demokratisch!“
Wäre es nicht so traurig, könnte man über diese Aussage lachen. Nett zu sehen , wie er dies lachend „rüber bringt“:
https://www.youtube.com/watch?v=m8_haYtJgKA
Der komplette Beitrag (Min. 9.17), aus dem der Ausschnitt stammt, ist aus der Sendung:
SWR Rheinland-Pfalz: Im Grünen vom 26.11.13 – Eine Gefahr für unsere Landwirtschaft
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=O_y_HbhV5PE
Sehr interessant auch der Beitrag der Verschwörungstheoretiker und Unken von Monitor in einem Beitrag über deren Recherchen zu TTIP:
„Die Machtergreifung des globalisierten Finanzkapitals: TTIP“
https://www.youtube.com/watch?v=Sf_KCqqLPyM
Nur einiges daraus:
EU möchte, dass nur über das ZIEL (nicht die Tatsache) Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen gesprochen wird und keinesfalls von den negativen Auswirkungen.
Interessant, was einer der renommiertesten Handelsökonomen Jagdish Bhagwati von der Columbia Univesity zu den ach so optimistischen „Studien“ zu TTIP sagt (im Film, Min.7):
„Die sind alle hochproblematisch, diese Studien, denn bei der Frage, welche Annahmen sie zu Grunde legen, kommt man schon in die Nähe von reinen Meinungsäußerungen.
Viele Leute mit Erfahrung werden ihnen sagen, mit Studien bekommen sie das Problem nicht in den Griff.“
In einer Studie wird sogar behauptet, dass der Handel mit den USA (die übrigens sowas von pleite und schon massivst im Ausland verschuldet sind) um phantastische 80% zunehmen wird (wovon und wie auch immer! Wer soll denen das Geld dafür geben, dass die bei uns noch mehr auf Pump kaufen? Target II-Problematik) und es gibt (na, logo!) keine Wechselkursschwankungen mehr und eine Studie erklärt sogar, dass die USA alle europäischen Gesetze übernehmen würden.
Clou: Der Hauptautor all dieser Studien vom IFO-Institut, Prof. Gabriel Felbermayr, hält selbst die Effekte des Freihandelsabkommens für gar nicht so groß!
Die Politik verkauft diese kleinen Zahlen, z.B. 0,4% mehr Arbeitsplätze, als „Jobwunder“.
Prof. Felbermayr erklärt auch, dass die Informationspolitik zu dem Abkommen nicht „so ausbalanciert ist wie sie hätte sein können“.
Dies könne man der EU-Kommission vorwerfen, denn dahinter stecke was.
Tja, was wohl! Reine Menschenfreundlichkeit oder gar eine soziale Ader?
120 Milliarden Wachstum, die die EU-Kommission verspricht klingen super.
Mit dieser Zahl tingelt der Handelskommissar De Gucht auch durch die europäischen Lande. Das sind runter gebrochen auf jeden einzelnen Bundesbürger letztendlich leider nur etwas mehr als 1 €. Weiß gar nicht mehr ob monatlich oder im Jahr. Ist aber bei der Summe eh schon vollkommen egal, da nicht erwähnenswert.
Die Wahrheit ist, dass hinter dieser Zahl (120 Milliarden Wachstum) gerade mal ein lächerliches Wirtschaftswachstum von 0,49% in, ACHTUNG: ZEHN Jahren (!!) steckt. Das sind lächerliche 0,05% jährlich. Für ganz Europa versteht sich.
Mit diesen Aussagen konfrontiert erklärt Karel De Gucht (glühender Verfechter des Abkommens, der es unbedingt zum Abschluss bringen will) nach einer langen Denkpause: „Lassen Sie uns unterbrechen. Ist das die Studie, die wir bestellt haben?“
Einschub, wie war das nahezu immer mit bestellten Studien? Richtig, sie sollen das gewünschte Ergebnis bestätigen.
Da es nichts dran zu rütteln gibt, kommt die Aussage von De Gucht: „Zunächst einmal sollten wir nicht mit Prozenten argumentieren.“ Aha.
Weg damit, wenn es nicht in den Kram passt. Menschlich, aber trotzdem nicht hinnehmbar.
Monitor liegt ein geheimes Papier vor, nach dem alle Gesetzt vor Verabschiedung „überprüft“ werden sollen, ob sie mehr Handel erzeugen. Dies von einem „Rat für Regulierung“.
So geht es in dem Monitor-Beitrag weiter. Wer jetzt erklären will, dass das Unkerei ist, der sollte sich noch mal intensiver mit dem Thema beschäftigen.
https://www.youtube.com/watch?v=Sf_KCqqLPyM
10.
Stadtfilzer schrieb am 18.03.2015 um 10:15 Uhr:
@ Joachim Stockschlaeger
Selbstverständlich passt das Beispiel Toll Collect.
Zu Toll Collect in der Süddeutschen nachzulesen, Zitat:
„Darüber wird nun seit acht Jahren gestritten: nicht vor den ordentlichen Gerichten, also nicht vor der staatlichen deutschen Justiz, weil die angeblich viel zu langsam und mit ihrem Instanzenzug viel zu umständlich ist – sondern vor einem privaten Schiedsgericht. Dieses Verfahren ist wie ein Bandwurm, es zieht sich elend.
(…)
Und es geht dabei nicht nur um die sieben Milliarden Euro, die der Bund von Toll Collect haben will; das ist das Schiedsverfahren Nummer 1.
Es gibt auch noch ein Schiedsverfahren Nummer 2. In diesem zweiten Verfahren klagt nicht der Bund gegen Toll Collect, sondern Toll Collect klagt gegen den Bund. Der Bund behält nämlich seit Jahren Teile der Vergütung aus den Mauteinnahmen zurück, welche eigentlich Toll Collect gebühren.
Auf diese Weise versucht der Bund, die Vertragsstrafe zu kassieren, die ihm seiner Meinung nach zusteht. Das Ganze ist ein hochkompliziertes Rechtsverfahren, das den Namen „Komplex“ wirklich verdient – mit Schränken voller Akten.
Und das Ganze ist auch ein Exempel dafür, dass ein privates Schiedsgerichtsverfahren der staatlichen Justiz mitnichten überlegen ist.
Das aber wird derzeit gern und laut behauptet, zum Beispiel bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten.“ Zitat Ende.
Das ist auch meine Meinung.
Sie meinen:
„Anwälte haben in jedem Rechtsverfahren, egal ob ordentliches Gericht oder Schiedsgericht, Anspruch auf ein Honorar. Das hat also mit TTIP nichts zu tun. Sie sollten mal Ihr Verhältnis zum Anwaltsberuf klären.“
Warum sollte ich mein Verhältnis zum Anwaltsberuf klären?
Dass jemand für seine Tätigkeit angemessen entlohnt wird, versteht sich von selbst. Habe ich das Gegenteil behauptet?
Warum sollte das bei Anwälten nicht so sein? (gem. BRAGO, die allerdings auch immer öfter durch Sondervereinbarungen bei, so wird dann erklärt, komplizierten Sachverhalten anders vereinbart werden)
Bei Schiedsgerichten und den dort vertretenen Anwälten bewegen sich Honorare in einer ganz anderen Liga.
Je höher der Streitwert, desto höher das Honorar. Dass da immer richtig großes Geld verdient wird, nämlich in Millionenhöhe, ist nicht in Abrede zu stellen.
Hier hat der/die Kommentator/in Ypsilon am 10.03.2015 auch zu den Schiedsgerichten geschrieben:
http://www.bz-mg.de/politik-verwaltung-parteien/fdp/graf-lambsdorff-fdp-ttip-%E2%80%A2-teil-i-gehort-auch-ttip-zum-genetischen-code-der-freien-demokraten-mit-video.html
Zitat aus der „ZEIT“:
„Ein Milliardengeschäft für findige Anwälte.
Eine neue Studie zeigt: Spekulanten und Anwälte nutzen immer öfter internationales Recht, um gegen Staaten zu klagen – auf Kosten der Bürger.“
http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-11/investitionsschutzklagen
Dazu auch aus dem Kommentar der medienanalystin vom 12.03.2015 bei diesem Artikel:
„Laut einer Studie des “Transnational Institute” liegen die Anwalts- und Schiedsgerichtskosten pro Fall im Schnitt bei 8 Millionen US-Dollar, manchmal sogar bei 30 Millionen US-Dollar.
Die philippinische Regierung musste laut der Studie insg. 58 Millionen US-Dollar zahlen um sich gegen zwei Klagen des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport zur Wehr zu setzen. Es ging damals um den Bau eines Flughafen-Terminals.
Bei den bekannten Investorenschutzklagen haben gerade mal 15 SchiedsrichterInnen, fast alle aus Europa und Nordamerika 55 % aller Klagen entschieden.
Allein die drei Anwaltskanzleien White&Case, Freshfields und King&Spalding haben 2011 nach eigenen Angaben 130 dieser Investorenschutzklagen bearbeitet.“
Darf man angesichts der vorstehenden Summen nicht äußern, dass es sich um ganz große Geschäfte und letztendlich auch Honorare handelt, die Anwälte bei diesen Schiedsgerichten außerhalb jeder staatlichen Justiz machen?
Darf sich dabei nicht der Gedanke und Verdacht aufdrängen, dass solche Summen, die jeglichen Rahmen sprengen, wie auch immer geartete Begehrlichkeiten wecken?
Offensichtlich habe nicht nur ich diese Gedankengänge. Oder gelte ich jetzt gleich als neidisch? Ist mir dann auch recht.
Ich bin jedenfalls gegen diesen Wahnsinn, den letztendlich immer nur einer zahlt, egal in welchem Land: die Bürger! Demokratie und mindestens faire Marktwirtschaft (auch auf globaler Ebene) sehen für mich vollkommen anders aus!
9.
Brummbär schrieb am 17.03.2015 um 17:43 Uhr:
@ Joahim Stockschlaeger. Sie antworten:
„Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Unternehmen und exportieren ihr Produkt in die USA. Dort haben Sie eine eigene Firma mit Lagerplatz.
Wenn es da zu einem Streit kommt – wo soll das verhandelt werden? Vor einem US- oder einem deutschen Gericht? „
Sorry, glauben Sie, dass jemand in den USA (oder einem anderen Ort auf diesem Planeten außerhalb Deutschlands) irgendein Business betreibt/eine Niederlassung o.ä. gründet und glaubt, er könne z.B. mit deutschem Recht auf amerikanischem (oder anderem ausländischen) Boden agieren?
Wer in den USA Grundbesitz/Immobilien erwirbt oder auch nur anmietet, muss sich dem amerikanischen Recht unterwerfen. Wie sollte es anders sein?
Was den Handel anbelangt: Sollte es tatsächlich jemanden geben, der ohne sich vorher kundig gemacht zu haben, wo der Gerichtsstand ist oder dieser in entsprechenden Verträgen (z.B. bei Exportgeschäften) festgelegt wurde, Geschäfte mit dem Ausland oder wie in Ihrem Beispiel, in den USA, tätigt? So blauäugig kann niemand sein. Wenn doch, hält sich mein Bedauern in Grenzen.
Ein Gerichtsstand wird bei jedem Geschäft mit dem Ausland von vornherein festgelegt.
Solche Fragen müssen von vornherein geregelt werden, bzw. ergeben sich zwingend aus der Rechtslage des jeweiligen Landes, in dem man tätig sein oder in das man liefern will.
Mir ist selbstverständlich bekannt, dass Freihandelsabkommen nicht vom Himmel gefallen oder gar neu sind. Es ist „nur“ eine Frage, wie diese ausgestaltet werden.
Ich bleibe dabei, dass Investorenschutz inklusive privater Schiedsgerichte und die Regulatorische Zusammenarbeit (und noch einige weitere Punkte, die ich mir/uns erspare) in TTIP nichts zu suchen haben.
Übrigens auch nicht in anderen Abkommen. Auch nicht wenn Deutschland solche verhandelt und abschließt. Warum sollte es dann besser sein?
Klar ist, dass Sie und ich konträre Meinungen haben. Warum nicht.
8.
H. Joachim Stockschlaeger schrieb am 16.03.2015 um 14:44 Uhr:
Ich muss mich entschuldigen, weil sich in meinen letzten Kommentar ein Fehler eingeschlichen hat.
Der erste Absatz war an @Medienanalystin gerichtet, ab dem zweiten Absatz wollte ich mich vor allem an @Brummbär wenden.
Aber genau der Hinweis fehlt da.
Daher verstehe ich Ihren Unmut, liebe @Medienanalystin in ihrem letzten Beitrag.
Ich möchte antworten.
Natürlich wird mit Verweisen von TTIP-Gegnern auf Oroya Angst gemacht – leider vor einem Freihandelsabkommen und nicht vor massiven Menschenrechtsverletzungen wie sie meiner Meinung dort stattfinden. Daher bin ich der Meinung, dass die Bilder im Kontext TTIP nur sehr bedingt was zu suchen haben.
Sie schreiben in Zusammenhang mit der von mir skizzierten Situation in Peru zu Recht: „Wenn es in diesem Stil nicht weitergehen soll und darf, muss es doch wohl trotzdem erlaubt sein auf Änderung zu drängen, andere Standards gesetzlich zu verankern und deren Einhaltung zu fordern.“
Genau dieses Ziel wird doch unter anderem von Freihandelsabkommen wie TTIP oder dem zwischen der EU und Peru/Kolumbien verfolgt!
Bei TTIP sollen USA und EU ihre gleichermaßen hohen Standards gegenseitig akzeptieren und festlegen, damit bei Nicht-Einhaltung ein Vorgehen dagegen möglich sein kann. Wenn diese beiden großen Wirtschaftsräume das schaffen, bringt das die Diskussion über Standards auch in der Umwelt- und Verbraucherpolitik ein großes Stück nach vorne.
Denn weitere Abkommen, von denen einige weltweit derzeit verhandelt werden, werden sich dann nach „unseren“ Standards richten müssen, weil die Beteiligten sonst im Welthandel Probleme kriegen.
Die Festlegung von nationalen Umweltstandards z.B. in Peru legt aber zuerst die dortige Regierung fest. Industriestaaten wie Deutschland können da zunächst nur Hilfestellung und Beratung sowie eine Vorbildfunktion bieten – und im zweiten Schritt evtl. entsprechende Festlegungen in dem seit 1.1.2013 gültigen Freihandelsabkommen zwischen EU, Peru und Kolumbien, dass meines Erachtens zu Recht gerade bei Arbeitnehmer- und Umweltfragen als nicht weit genug gehend kritisiert wurde. (Und ein Staat wie Deutschland sollte sich hinterfragen, ob seine Rohstoffpolitik (Kupfer!) nicht dazu beiträgt, unzumutbare Zustände bei der Rohstoffgewinnung zu zementieren.)
Wir sind uns einig, dass der Mensch und die Menschenrechte höher einzustufen sind als einzelne Industrieunternehmen oder einzelne Regierungen.
Ihre Äußerung war auch nicht gemeint, als ich von der Chuzpe bei der Reduzierung der Probleme in Oroya auf die 800-Millionen-Forderung schrieb. Tut mir leid, wenn das so rüberkam.
Da meinte ich @Brummbär.
Ich wünsche mir nach wie vor eine sehr sachliche Diskussion zu TTIP. Ich freue mich, wenn Sie dazu beitragen.
7.
medienanalystin schrieb am 16.03.2015 um 13:21 Uhr:
@ Joachim Stockschlaeger
Sie schreiben:
„Es ist schon abenteuerlich, welche vermeintlichen Horrorgeschichten und –bilder angeführt werden, um schlecht informierten Menschen so richtig Angst machen zu können.
Beispiel Oroya in Peru. Natürlich sind die Zustände dort extrem dramatisch und müssen dringend geändert werden.“
Wieso Angst machen? Darf man auf diese Bilder nicht verweisen, um damit zu zeigen wie es bereits aussieht und auf diesem Weg keinesfalls weitergemacht werden darf? Egal von welchem Investor?
Egal, ob es der erste oder zweite Inhaber dieser Mine war, der sich nicht an die Umweltauflagen, die nun mal ab irgendeinem Zeitpunkt zu gelten scheinen (sonst wäre der Fall sicher nicht vor einem Schiedsgericht gelandet), um die dortigen Zustände zu beseitigen, nicht halten wollte, ist es nicht besser, wenn dagegen geklagt wird, nur weil es schon vorher zu Missständen und dem aktuellen Zustand gekommen ist.
Getreu dem Motto: Ist eh schon alles hinüber, dann sehe ich nicht ein, dass ich plötzlich Umweltauflagen, die es inzwischen gibt, erfüllen soll.
Was wollen Sie mit dieser Aussage erklären?:
„Diese Zustände stammen aber aus der Zeit, als die Firma dem Staat gehörte – bis 1997! Der korrupte und mit Oligarchen durchsetze Andenstaat ist zwar prinzipiell demokratisch, hat sich aber über Jahrzehnte nicht um das Wohl seiner Menschen gekümmert.“
Habe ich Gegenteiliges behauptet?
Wenn es in diesem Stil nicht weitergehen soll und darf, muss es doch wohl trotzdem erlaubt sein auf Änderung zu drängen, andere Standards gesetzlich zu verankern und deren Einhaltung zu fordern.
Wenn dann gegen diese nun gültigen Vorschriften geklagt wird, ist das doch keinen Deut besser.
Diese Logik erschießt sich mir wiederum nicht.
Denn weiter wie bisher kann doch nicht die Devise, egal welcher Regierung oder welchen Investors sein.
Was soll diese Aussage:
„Die ganze Problematik der Menschen dort auf die 800-Millionen-Forderung des Investors zu reduzieren, verlangt schon eine gewisse Chuzpe, wird aber weder der Diskussion TTIP noch den Menschen vor Ort gerecht.“
Habe ich mit einer Silbe die ganze Problematik der Menschen dort auf die 800-Millionen-Forderung des Investors zu reduziert?
Ich habe lediglich ausgeführt und bleibe auch dabei, dass es nicht in Ordnung ist gegen Umweltauflagen, die, wie in diesem Fall, dringend eingehalten werden müssen, damit es sukzessive besser wird, zu klagen und Standards durchzusetzen, die nicht zur Verbesserung beitragen.
Da wird die Frage, wessen Wohl höher einzustufen ist, das der Menschen vor Ort oder das der Unternehmen, sicher erlaubt sein.
Oroya ist ein Beispiel. Was das mit „gewisser Chuzpe“ zu tun hat, ein solches zu thematisieren, erschließt sich mir nicht.
6.
H. Joachim Stockschlaeger schrieb am 16.03.2015 um 11:23 Uhr:
@ Medienanalystin: Natürlich kann Alexander Graf Lambsdorff seine Meinung zu dem angegebenen Infoblatt von „Mehr Demokratie e.V.“ erklären. Er macht das auf vielen Veranstaltungen, genauso wie Martin Schulz oder Bundeswirtschaftsminister Gabriel von der SPD. Ich halte es auch für logisch, dass die Europaparlamentarier mehr Infos als wir haben sollten – das ist ihr Job!
Es ist schon abenteuerlich, welche vermeintlichen Horrorgeschichten und –bilder angeführt werden, um schlecht informierten Menschen so richtig Angst machen zu können.
Beispiel Oroya in Peru. Natürlich sind die Zustände dort extrem dramatisch und müssen dringend geändert werden.
Diese Zustände stammen aber aus der Zeit, als die Firma dem Staat gehörte – bis 1997! Der korrupte und mit Oligarchen durchsetze Andenstaat ist zwar prinzipiell demokratisch, hat sich aber über Jahrzehnte nicht um das Wohl seiner Menschen gekümmert.
Damals kannte Oroya weltweit fast niemand. Beim Verkauf der Mine an den amerikanischen Investor wurde dieser verpflichtet, Umweltauflagen zu erfüllen.
Das tat dieser nicht, weshalb der Staat (der nun nicht mehr gegen sich selbst tätig werden musste) auch klagte. Es kam zur bekannten Gegenklage, zum Bankrott der Firma und zum Verkauf an den nächsten Investor, der immerhin erste Umweltmaßnahmen ergriff.
Die ganze Problematik der Menschen dort auf die 800-Millionen-Forderung des Investors zu reduzieren, verlangt schon eine gewisse Chuzpe, wird aber weder der Diskussion TTIP noch den Menschen vor Ort gerecht.
Wie schrieb die FAZ zu den Protesten gegen die Investitionsschutzabkommen im TTIP: „Der Sturm der Entrüstung ist in hohem Maße heuchlerisch. Seit 1959 schließt Deutschland Investitionsabkommen ab, 131 Abkommen mit deutscher Beteiligung gibt es inzwischen, etwa 3.000 weltweit. Deutsche Unternehmen sind auf dieser Grundlage zahlreich vor internationale Schiedsgerichte gezogen, um sich gegen Enteignungen oder andere Beeinträchtigungen durch den Gaststaat zu wehren. Niemand störte sich daran.“
http://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/freihandelsabkommen-schiedsgerichte-sind-gerechter-12768294.html
@Brummbär: Ich versteh ja das unwohle Gefühl, wenn es internationale Streitigkeiten gibt, die nicht nach unseren Gesetzen verhandelt werden können. In solchen Fällen bieten die seit langen Jahren vorhandenen Schiedsgerichte die einzige Möglichkeit des Schutzes der Vertragspartner.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Unternehmen und exportieren ihr Produkt in die USA. Dort haben Sie eine eigene Firma mit Lagerplatz.
Wenn es da zu einem Streit kommt – wo soll das verhandelt werden? Vor einem US- oder einem deutschen Gericht?
In beiden Fällen würde sich das jeweils andere Land an nationale Rechtssprechung nicht halten müssen.
@Stadtfilzer: Anwälte haben in jedem Rechtsverfahren, egal ob ordentliches Gericht oder Schiedsgericht, Anspruch auf ein Honorar. Das hat also mit TTIP nichts zu tun. Sie sollten mal Ihr Verhältnis zum Anwaltsberuf klären ;-).
Auch Ihr Beispiel „Toll Collect“ ist zur Beweisführung gegen TTIP nicht tauglich – sobald Sie hinzufügen, dass unser Staat ein Schiedsgericht-Urteil gegen das Toll-Collect-Konsortium erreicht hat, um dessen Erfüllung sich der Streit dreht, sollten wir mal googeln, wie oft Schiedsgerichte schon gegen irgendwelche Firmen geurteilt haben. Bei knapp 3000 Freihandelsabkommen weltweit kommt sicherlich eine Menge zusammen…
TTIP wird weiter verhandelt.
Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) macht Druck.
Sobald die Verhandlungen beendet sind, wird der ausgehandelte Text den nationalen Parlamenten zur Diskussion vorgelegt. Das wird dann hoffentlich viel sachlicher als heute – ich bin gespannt.
5.
Stadtfilzer schrieb am 16.03.2015 um 10:17 Uhr:
Schiedsgerichte? Längst auch in Deutschland Realität. Nettes Beispiel für Schiedsgerichte und PPP gleichzeitig:
Toll Collect.
Alles geheim. Das nenn‘ ich transparent und bürgerfreundlich. Der Souverän als ausschließlich drauf zahlendes Mitglied.
Die Süddeutsche berichtet am 25. September 2014:
„Streit zwischen dem Bund und Toll Collect – Verfluchtes Schiedsgericht
Seit gut acht Jahren streitet der Bund mit dem Lkw-Mautbetreiber Toll Collect. Geführt wird die Verhandlung vor einem privaten Schiedsgericht – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Das Verfahren zeigt, warum die staatliche Justiz nicht ersetzbar ist.“
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/streit-zwischen-dem-bund-und-toll-collect-verfluchtes-schiedsgericht-1.2144392
Dabei geht es um schlappe 7 Milliarden Euro, die von Toll Collect gefordert werden.
Blöd: Vor einem privaten, geheimen Schiedsgericht. Denke, die Anwälte machen jeden Tag erst mal ne Flasche Schampus auf. Da macht arbeiten doch wirklich Spaß, weil man bei jeder Bewegung selbst des Sekundenzeigers schon das Geld klimpern hört.
Und: egal wer gewinnt, die Anwälte kriegen IMMER ihr Spitzenhonorar!
Da passt die bekannte Antwort von RAen auf die Frage, wie es ihnen geht: Mir geht’s gut, ich kann klagen!“ mehr denn je.
Toll Collect schön und einfach erklärt von dem Kabarettisten Pelzig. Das Lachen könnte einem allerdings im Halse stecken bleiben:
https://www.youtube.com/watch?v=XGSbUl96geM
Egal was in TTIP, CETA, TiSA und wie die alle heißen, drin steht: Investorenschutz darf auf keinen Fall mit rein.
Genauso wenig wie die „Regulatorische Zusammenarbeit“. Nix anderes als ein Mitspracherecht und/oder Kontrolle von Gesetzen.
Das soll verhindern, dass, Achtung!: Keine Regeln und Standards entstehen, die den Handel behindern.
Na super.
Wenn ich nun auch als empfindlich oder pingelig gelte, gerne, meinetwegen auch als Verschwörungstheoretiker, dann bin ich das eben. Solchen Mist will ich jedenfalls nicht.
Wer dann aber auch zum erlauchten Kreis der Nörgler gehört ist die FAZ:
„TTIP Amerika soll bei unseren Gesetzen mitreden:
Ein Geheimpapier zum Handelsabkommen TTIP sorgt für Ärger: Ein Frühwarnsystem für Gesetze und Standards der Gegenseite soll ermöglichen, Bedenken zu äußern. Die Amerikaner wollten noch mehr.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ttip-und-freihandel/ttip-amerika-soll-bei-unseren-gesetzen-mitreden-13391816.html
Wer will sowas – außer denen, die davon mit Sicherheit profitieren!
4.
Brummbär schrieb am 14.03.2015 um 10:09 Uhr:
Freihandelsabkommen können durchaus sinnvoll sein, um Handel, vor allem fairen Handel zu ermöglichen.
Diese Abkommen, ob TTIP, TiSA, CETA oder auf anderen Seiten des Globus TPP und NAFTA haben davon gar nichts.
Sie nutzen vor allem den global agierenden Konzernen. Die machen sich nun eben ihre eigenen Gesetze.
Angeblich soll doch der Markt immer alles richten?
Mit diesen Abkommen gibt es nix zu richten, sie führen zu einem einseitigen Diktat der Global Player und einigen Profiteuren von diesen. Was hat das mit Marktwirtschaft zu tun? Von Sozialer Marktwirtschaft, deren Ziel es ist, dass alle davon profitieren, also auch die Bürger, hat das überhaupt nichts zu tun.
Ludwig Erhard, der Vater der Sozialen Marktwirtschaft dürfte im Grab rotieren, sollte er davon noch Kenntnis bekommen.
Es reicht. Das Credo des ewigen Wachstums (nicht zu vergessen die angeblich zusätzlichen Arbeitsplätze), das auch bei diesen Abkommen stets verkündet und als Grund angegeben wird, ist eine einzige Lüge und niemals möglich. Das müsste jedem schon der normale Menschenverstand sagen.
Bei NAFTA (ähnlich TTIP) gab es weder mehr Wachstum für die Bürger noch mehr Arbeitsplätze, sondern das Gegenteil: mehr Armut und noch mehr Arbeitslosigkeit, übrigens auch in den USA.
Will mir jemand erklären, dass es richtig ist, dass ausländische Unternehmen in anderen Ländern, diese mit ungeheuren Schadensersatzklagen überziehen können, nur weil diesen verweigert wird „Investitionen“ tätigen zu dürfen, weil Menschen, Tiere und Umwelt generell geschädigt werden?
Wohlgemerkt, Konzernen und Unternehmen, die gar nicht aus den jeweiligen Ländern stammen, sondern nur aus irgendeinem Grund dort (meist spottbillig) produzieren wollen.
Beispiele: Fracking, Gen-Technik, Palmöl- und Zuckerrohrplantagen, Megaställe, Minen aller Art, Aquafarmen, Öl- und Gasförderung, Fischerei mit unglaublich langen Schleppnetzen usw. um jeden Preis, auch dem der Umweltverschmutzung- und Zerstörung und Zerstörung von Lebensgrundlagen Einheimischer, Landgrabbing inklusive.
Kanada muss mehr als 250 Millionen wegen Verweigerung von Fracking zahlen. Peru (Stadt Oroya) musste 800 Millionen Euro (!!!) Schadenersatz an eine amerikanische Firma zahlen, weil die gegen Umweltvorschriften verstoßen hat.
Das Unternehmen durfte eine Mine nicht weiter betreiben.
Hier sind Bilder einer der dreckigsten und gesundheitlich gefährlichsten Städte der Welt zu sehen:
https://www.google.de/search?q=oroya+peru+contaminacion&biw=1366&bih=631&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=GvYDVcf8Loj2O9aHgJgH&sqi=2&ved=0CCkQsAQ
Wer wird angesichts dieser Horrorbilder noch erklären wollen, dass die Strafe von 800 Millionen Euro zu Recht an dieses „Unternehmen“ gezahlt wurde und ein Land bzw. eine Stadt seine Bürger, vor allem Kinder (!), NICHT vor schwersten Erkrankungen, Leid und Not und vor allem dem sicheren frühen Tode bewahren darf???
Wirtschaft , Wirtschaft über alles?
NEIN und nochmals NEIN zu TTIP.
Handel und Produktion gehen auch anders: nämlich FAIR!
3.
medienanalystin schrieb am 12.03.2015 um 10:34 Uhr:
@ H. Joachim Stockschlaeger
Sie schreiben:
„Politische und wirtschaftliche Vernunft mahnen, nicht vorschnell zu entscheiden, sondern genau zu prüfen.
Genau das rate ich auch allen TTIP-Kritikern.
Ich finde es schon spannend zu behaupten, es gebe “Geheimverhandlungen” (Quatsch!), um dann vor bestimmten Inhalten zu warnen. Woher kennen denn die TTIP-Gegner Inhalte, wenn alles so geheim sein soll?“
Soweit o.k.
Wie kommt Herr Lambsdorff zu seiner Feststellung? Hat er konkretere Informationen? Aus irgendeinem Grund muss er doch behaupten können:
“90 % sind direkt gelogen, 10 % diskussionswürdig.“
Sicher wird Herr Lambsdorff dann erklären können, wie er zu seiner Behauptung kommt.
Vielleicht hat er als MEP Infos, die wir nicht haben. Geheim können die nicht sein, sonst könnte er diese Aussagen nicht machen. Wäre zumindest nicht in Ordnung, falls die auf geheimen Infos basieren.
Kann er es nicht angeben, sind seine Aussagen auch nicht besser als die der Kritiker.
Zu CETA (das als Blaupause für TTIP gilt) gibt es hier Texte, FAZ:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ceta-und-ttip-fuehrung-durch-s-freihandelsabkommen-mit-kanada-13176331.html
Wenn ich lese:
„Die Schiedsgerichte können nationales Recht nie – wie von manchen Kritikern behauptet – aufheben. Sie können höchstens Entschädigungszahlungen beschließen.“
sehe ich das keinesfalls als beruhigend an. Nationales Recht wird nicht aufgehoben aber Entschädigungszahlungen, die mehrstellige Millionen und mehr betragen können, werden trotzdem fällig!
Soll das etwa ein Trost oder gar harmlos sein?
TTIP:
Englisch, 47 Seiten:
https://s3.amazonaws.com/s3.documentcloud.org/documents/1030459/eu-kommission-position-in-den.pdf
ZEIT-online:
„Freihandelsabkommen – EU will laut Geheimdokument Sonderrechte für Konzerne
ZEIT ONLINE veröffentlicht erstmals die Position der EU-Kommission in den Freihandelsgesprächen. Das TTIP-Dokument zeigt, welche Schutzrechte die EU plant.“
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-02/freihandelsabkommen-eu-sonderrechte-konzerne
Grundsätzlich kann es nicht sein, dass ein derart weitreichender Vertrag, der die Bürger mit verpflichtet (z.B. Schiedsgerichte), hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, die Parlamente so gut wie nichts erfahren, später „mal eben“ einige tausend Seiten komplizierte Texte in Handelsenglisch lesen und in kurzer Zeit auch verstehen sollen, Staaten, also wir Bürger aber für Konsequenzen und vor allem Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe oder gar mehr haftbar gemacht werden.
Oder zu CETA:
„Ein Drittel des 1.500 Seiten umfassenden Vertragstextes zum EU-Kanada-Freihandelsabkommen wurde heute von der ARD veröffentlicht. Es offenbart, dass das Investor-Staat-Klagerecht (bekannt als ISDS) Teil des Abkommens ist.“
Genau dieses ISDS sollte angeblich laut Sigmar Gabriel kein Thema sein.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/ceta-dokument-101.pdf
TTIP:
http://www.ttip-leak.eu/
Wenn Bürger massiv betroffen sind, müssen sie auch das Recht haben, zu erfahren, wofür sie zukünftig zu Zahlungen durch private Schiedsgerichte verpflichtet werden können.
Was nutzt ein „harmonisierter“ Handel, wenn für die Bürger solche Risiken existieren. Denn letztendlich zahlen müssen wir alle für solche Deals.
Die entsprechenden internationalen Anwaltskanzleien in den USA und EU reiben sich schon die Hände. Vollkommen zu Recht.
Finanzmarktwelt, Zitat:
„TTIP-Investorenschutz: Gelddruckmaschine für Anwälte?
Eine geniale Idee
Sie sind Anwalt und überlegen: “Wie kann man Geld verdienen – richtig viel Geld?” Dann ein Geistesblitz. Basteln Sie sich doch einfach einen außerstaatlichen privaten Gerichtshof, dazu noch außerstaatliche private Regularien.
Und bei diesem Privat-Gerichtshof machen Sie den Prozess und das Urteil einfach zur Geheimsache, – die Möglichkeit der Revision lassen sie gleich ganz weg. Und Sie als Bastler bestimmen die Spielregeln, nämlich endlose überteuerte Verfahren, und sie selbst treten als Anwalt UND Schlichter auf. Perfekte Idee. Geniale Idee.
Jetzt müssen Sie nur noch potenzielle Kläger und Beklagte auftreiben… Das was ich gerade beschrieben habe, ist natürlich reine Satire. In der Realität wäre sowas unvorstellbar – eine Utopie, mehr nicht! Oder doch nicht?
Das globale Hauptquartier
Das “International Centre for Settlement of Investment Disputes” (ICSID) ist eine Sektion der Weltbank in Washington D.C. und ist sozusagen die globale Zentrale der außergerichtlichen Privatschlichtung beim “Investorenschutz“.
Hier würde bei TTIP vielleicht auch entschieden werden, ob z.B.ein US-Ölkonzern Schadenersatz erhält, weil er in Niedersachsen nicht in dem Ausmaß Fracking betreiben kann, wie er sich das wünscht.
Das ICSID hat nach eigenen Angaben bisher mehr als 490 solcher Fälle, Auflistung hier:
https://icsid.worldbank.org/apps/ICSIDWEB/cases/Pages/AdvancedSearch.aspx
bearbeitet. Einen Einblick in die Kosten nur der Institution selbst für die Verhandlungstage und alles drum herum erhält man hier:
https://icsid.worldbank.org/apps/ICSIDWEB/icsiddocs/Pages/–Memorandum-on-the-Fees-and-Expenses-English.aspx
(schön, dass einige deutsche Städte wie Berlin, Bonn, München bei denen mit „speziellen“ Preisen/Tag, nämlich den höchsten Tagessätzen, verzeichnet sind:
LIST OF CITIES UNDER SPECIAL PER DIEM RATES, Cities in the $185 per diem category)
Prozesskosten
Investorenschutz-Prozesse dauern in der Regel Jahre – bei TTIP wäre das nicht anders. So ist das eben – komplizierte ellenlange Materie… was soll man da machen als Anwalt. Da muss man durch. Laut einer Studie des “Transnational Insitute” liegen die Anwalts- und Schiedsgerichtskosten pro Fall im Schnitt bei 8 Millionen US-Dollar, manchmal sogar bei 30 Millionen US-Dollar.
Die philippinische Regierung musste laut der Studie insg. 58 Millionen US-Dollar zahlen um sich gegen zwei Klagen des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport zur Wehr zu setzen. Es ging damals um den Bau eines Flughafen-Terminals.
Bei den bekannten Investorenschutzklagen haben gerade mal 15 SchiedsrichterInnen, fast alle aus Europa und Nordamerika 55 % aller Klagen entschieden.
Allein die drei Anwaltskanzleien White&Case, Freshfields und King&Spalding haben 2011 nach eigenen Angaben 130 dieser Investorenschutzklagen bearbeitet.“
Zitat Ende. Fortsetzung auf der entsprechenden HP und weitere Infos im Netz.
Ich bin der Meinung, dass das alles nur mit reiner Abzocke und Lobbyismus und nicht „Investorenschutz“ zu tun hat. Der wäre auch anders möglich. Absolute Sicherheit gibt es nun mal nicht. Das ist jedenfalls maßlos überzogen.
Das ist meine Sicht und ich lehne als zahlender Bürger solche Abkommen ab, bei denen ich nicht mal weiß, was man mir/uns später dafür abknöpft. Mir/uns wird sozusagen das Fell über den Kopf gezogen, ohne dass wir uns wehren dürfen. Geht nicht!
Vernünftige, verantwortungsbewusste Wirtschaftspolitik sieht anders aus.
2.
H. Joachim Stockschlaeger schrieb am 11.03.2015 um 12:15 Uhr:
Den Kommentar verstehe wer will.
Da wird pauschal behauptet „Auch PPP (Public Private Partnership) ist ein Lieblingsmodell der FDP.“, um dann ein Beispiel aus Offenbach (?) zu bringen, bei dem die CDU vorneweg gelaufen ist, und das seit Januar heiss diskutiert wird, weil es laut Landesrechnungshof Hessen „wahrscheinlich billiger gewesen wäre, wenn sich die öffentliche Hand bei der Schulunterhaltung selbst engagiert hätte.“
Wahrscheinlich, man weiß es eben nicht. Wer Kostensteigerungen bei Projekten der öffentlichen Hand beobachtet, darf hier seine Zweifel haben.
Aber wie soll der Umgang mit PPP an TTIP erinnern, wenn die Texte zu TTIP noch gar nicht existieren???
In Mönchengladbach ist die FDP immer sehr kritisch mit PPP umgegangen wie anderenorts auch.
Dieses Modell stellt immer nur eine Option von mehreren Finanzierungsmöglichkeiten dar.
Politische und wirtschaftliche Vernunft mahnen, nicht vorschnell zu entscheiden, sondern genau zu prüfen.
Genau das rate ich auch allen TTIP-Kritikern.
Ich finde es schon spannend zu behaupten, es gebe „Geheimverhandlungen“ (Quatsch!), um dann vor bestimmten Inhalten zu warnen. Woher kennen denn die TTIP-Gegner Inhalte, wenn alles so geheim sein soll?
Mit wem soll denn die EU ihre hohen Standards für einen gereregelten Freihandel absichern wenn nicht mit den Nordamerikanern, die gleich hohe Standards haben?
Sollen wir zurückstecken und zusehen, dass irgendwann chinesiche Standards den Freihandel bestimmen? Ich will das nicht.
Und ich wehre mich dagegen, dass den Menschen mit Lügen zu TTIP Angst gemacht wird, anstatt sie in die Lage zu versetzen, sich gut darüber zu informieren.
Aber da hat auch die EU-Kommission in der Kommunikation Fehler gemacht, die jetzt von den meist anti-amerikanischen Kampagnen ausgenutzt werden.
1.
medienanalystin schrieb am 11.03.2015 um 10:29 Uhr:
FDP und TTIP, CETA, TiSA – gar keine Frage, dass die FDP dafür ist.
Logisch, alles bestens, alles super!
Auch PPP (Public Private Partnership) ist ein Lieblingsmodell der FDP.
Nur zu dumm, dass schon bewiesen ist, was das für ein Irrweg und finanzieller Supergau ist. Beispiel aus der ZEIT, Zitat:
„Schön gerechnet“
Als die Entscheidung fiel, war der heutige Landrat Oliver Quilling noch Chef der CDU-Fraktion im Kreistag. Er trug die Pläne mit, schaut heute aber etwas gequält drein. »Die Welt der Schulen sah 2003, als die Verträge geschlossen wurden, noch anders aus«, erklärt er.
Aus eigener Kraft hätte der Kreis die Schulen nie sanieren können: »Es gab einen großen Sanierungsstau.«
Die Verträge waren so umfangreich, dass ein Büro leer geräumt werden musste, um sie auslegen zu können. Zwei Wochen lang durften die Kreistagsabgeordneten sie einsehen. Doch nur wenige machten davon Gebrauch.
Sogar der Personalrat verzichtete auf sein Recht, die Akten einzusehen. Man habe den Raum ja nicht unbeaufsichtigt betreten dürfen, sagt der Personalratsvorsitzende Arendt.
In dem Aktenzimmer habe ein Mitarbeiter der Berliner Beratungsgesellschaft gesessen, die das Projekt einfädelte, und gefragt, was man denn genau einsehen wolle.
Aber woher sollte man das denn wissen?“ Zitat Ende.
http://www.zeit.de/2012/44/Kommunen-Oeffentlich-Private-Patenschaften/seite-3
Weitere Beispiele finden sich reichlich, für die, die sich kundig machen wollen.
Erinnert fatal an TTIP und die Möglichkeit für einige wenige Mitglieder des EU-Parlaments die englischssprachige Version zu TTIP in einem Raum einsehen zu dürfen. Allerdings nur ohne Handy, Schreibmaterial und was sonst noch der Erinnerung oder für Beweise dienlich wäre.
Das viel gepriesene und hochgelobte PPP hat sich längst als (auch finanzieller) absoluter Irrweg und Mega-Flop erwiesen.
TTIP & CETA sind es genauso. Keinerlei Transparenz und schon gar nicht ein Hauch von Demokratie.
Wie gut diese Knebelabkommen funktionieren zeigt NAFTA. Weder USA, Kanada und schon gar nicht Mexiko haben davon wie angekündigt profitiert. Die Arbeitslosigkeit stieg vor allem in den USA und Mexiko.
Nach 20 Jahren sieht die Erfolgsbilanz miserabel aus. Entgegen der einstigen Versprechungen.
Dafür nehmen weltweit die Klagen der Investoren massiv zu und die Anwaltskanzleien und Schiedsgerichte (die mal vertretender Anwalt, mal Mitglied im Dreier-Schiedsgericht sind) scheffeln Geld aus Honoraren ohne Ende.
Eine echte Win-win-Situation für die, die die Verträge in Auftrag gaben und sie geschrieben haben.
Wer schließt schon Verträge, die ihm keine Vorteile bringen?
Der Dumme sind Bürger. Aber, die sind es ja offensichtlich gewöhnt immer und egal wie zur Kasse gebeten zu werden, wenn die, die angeblich was von Wirtschaft verstehen, die Karre in den Dreck gefahren haben, wenn auch nicht, ohne vorher prächtig und kräftig daran verdient zu haben, dann nach dem Staat rufen. Hilfe und Zahlungen sind dann selbstverständlich alternativlos.
Haben wir die letzten Jahre leider ständig erleben müssen. Die liberal verursachten Schulden und desolate Infrastruktur (weil selbstverständlich immer an allem gespart wird, man hatte von Anfang an ja nur Gewinne im Sinn) wollen die Privatisierungsfanatiker eben nicht übernehmen. Dann hört die liberale Haltung aber ganz schnell auf.
Dann darf auch wieder der Bürger mit ins Spiel. Einer muss schließlich für den Murks, legalen Betrug und vor allem die Schulden zahlen.