FDP-Veranstaltung zur zukünftigen Müllentsorgung: „Ich weiß nicht, was ich vom heutigen Abend mitnehmen soll. Schlauer bin ich nicht geworden.“ [mit O-Ton]
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[29.03.2012] Dieses Resümee zog einer der etwa 30 Teilnehmer gegen Ende der gestrigen FDP-Veranstaltung im Rahmen ihrer Reihe „FDP – Frank & Frei“, bei der FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Anno Jansen-Winkeln, die Geschäftsführerin der GEM, Gabriele Teufel und der Vertreter vom Bund der Steuerzahler, Harald Schledorn, über die zukünftige Abfallentsorgung in Mönchengladbach diskutieren sollten.
Und damit sprach der Teilnehmer das aus, was auch der allgemeine Eindruck war.
Dieses so genannte „Expertengespräch“ sollte das Ziel haben, „Informationen zum bestehenden Müllsystem zusammenzustellen und darauf basierend die Stellschrauben zu beschreiben und zu diskutieren, mit denen die künftige Abfallentsorgung gut und preiswert organisiert werden kann.“(Zitat)
Bei dieser Ankündigung hätte man eine strukturierte und für alle Zuhörer nachvollziehbare Darstellung erwartet. Doch weit gefehlt; manche teilnehmende Bürger erwiesen sich in einigen Punkten durchaus als bessere „Experten“ (weil betroffen).
Stattdessen erlebte man ein teilweise nerviges Hin und Her zu der Frage, ob die Angaben des Bundes der Steuerzahler zu den Städten Krefeld und Neuss mit den Verhältnissen in Mönchengladbach überhaupt vergleichbar sind.
Diesen Vergleich hatte Jansen-Winkeln bei seinem Antrag auf dem FDP-Kreisverbandtag in den Mittelpunkt gestellt.
Der Bund der Steuerzahler hatte für Krefeld und Neuss 50-Liter-Gefäße zugrunde gelegt, die jedoch in Mönchengladbach kaum genutzt werden.
Die FDP hatte darüber hinaus auf der Frühjahrausstellung u.a. mit einem Vergleich des Steuerzahlerbundes für 120-Liter-Behältnisse plakatiert. Ein ebenfalls ungeeigneter Vergleich, der dann in dieser Diskussion tunlichst auch nicht mehr angesprochen wurde.
Lang und breit wurde die sowieso unabdingbare Kündigung der 20 Jahre alten Verträge zwischen der Stadt und der GEM für das Einsammeln und den Abtransport des Restmülls, der 2014, sowie zwischen der GEM und der Krefelder Verbrennungsanlage, der 2015 endet, diskutiert. Für beide Verträge gilt eine Kündigungsfrist von zwei Jahren.
Schledorn empfahl dringend diese Leistungen europaweit auszuschreiben, was zu günstigeren Konditionen führen werde.
Sollte die Stadt die GEM weiterhin mit dem Einsammeln und dem Abtransport des Restmülls beauftragen wollen, wäre das nur möglich, wenn die GEM eine 100%ige Tochter der Stadt würde oder aber „zurück“ in die Verwaltung z.B. als Eigenbetrieb käme.
EU-vergaberechtlich gilt eine solche Beauftragung dann als „Inhouse-Geschäft“ (ohne EU-Ausschreibung) und wäre juristisch nicht angreifbar.
Sicherlich nicht „uneigennützig“ (natürlich auf die GEM bezogen) glaubt Gabriele Teufel, dass es auch als Inhouse-Geschäft gelte, wenn die GEM eine gemeinsame Tochter der Städte Krefeld und Mönchengladbach würde.
Die Behandlung dieses, wie auch anderer Themen dieses Abends war von dem Eindruck geprägt, dass die Teilnehmer am Diskussionstisch inhaltlich unzureichend vorbereitet waren, um „coram publico“ den Zuhörern die Informationen zu geben, die das Thema nicht nur transparenter, sondern auch die Teilnahme an dieser Veranstaltung lohnender gemacht hätte.
Bezeichnend war in diesem Zusammenhang, dass für die wenigen Informationen, die visuell gegeben wurden, ein „prä-medialer“ Overheadprojektor benutzt wurde, auf denen die mühsam aufgelegten Folien alles andere als „transparent“ waren.
Nicht verwunderlich war, dass Teufel, an Jansen-Winkeln gerichtet, einerseits eine Entscheidung der Politik forderte, dieser andererseits jedoch darauf setzte, dass die Verwaltung nunmehr beauftragt werden solle, zum gesamten Problemkreis „Müllentsorgung“ ein Konzept zu erarbeiten.
Dabei betonte Jansen-Winkeln, dass dieses Konzept aus gutem Grund nicht von der GEM erstellt werden solle.
In dieser Veranstaltung vollkommen unberücksichtigt blieben die Planungen der GEM, die Abfallannahmestellen Heintgesberg und Luisental für insgesamt bis zu ca. 3,5 Mio. EURO um- und auszubauen. Dass diese Kosten entsprechenden Einfluss auf die Entsorgungsgebühren haben werden, wurde somit auch nicht thematisiert.
Dass Jansen-Winkeln an anderer Stelle auf die Gebührensatzung hinwies, in der für die Größenbestimmung einer Tonne eine bestimmte „Literzahl“ pro Person in einem Haushalt vorgegeben sei und er sich dabei zu der Äußerung hinreißen ließ, dass dadurch bei einem Zwei-Personen-Haushalt die Nutzung eines 25-Liter-Gefäßes nicht legal sei, rief seinen Parteifreund Peter Dörrenberg auf den Plan.
Dieser verwahrte sich gegen die „Anschuldigung“ Jansen-Winkelns, dass er und seine Frau „illegal“ eine 25-Liter-Tonne benutzen.
Bei einem zu entwickelnden „Konzept“ wird zu berücksichtigen sein, dass bei der GEM etwa 50 bis 100 ehemalige städtische Mitarbeiter beschäftigt sind, die nach einer evtl. Auflösung der GEM ein Anrecht auf Rückführung in die Stadtverwaltung haben. Auch diese Ungenauigkeit war ein Hinweis darauf, wie unzureichend die inhaltliche Vorbereitung der Diskutanten war.
Denn dieses Problemfeld wurde erst thematisiert, als sich der unter den Zuhörern befindliche Betriebsratsvorsitzende der GEM, René Pluntke, zu Wort meldete und auch darauf hinwies, dass die Handhabung der 25- bzw. 35-Litergefäße keineswegs zu großen gesundheitlichen Problemen bei sich selbst und seinen Kollegen geführt habe, wie von Schledorn als „Nachteil“ der kleinen Tonnen dargestellt.
Das Thema „Rückführung“ bei einer evtl. Auflösung der GEM stellt für Dr. Jansen-Winkeln kein Problem dar. Im Gespräch mit unserer Zeitung nach der Veranstaltung meinte er, dass es sich allenfalls um 50 Mitarbeiter handele, die „problemlos“ in der Stadt (beispielsweise in der Grünpflege) beschäftigt werden könnten.
Interessant war im Übrigen auch die Äußerung Jansen-Winkelns, dass sich die Politik in den letzten Jahren zu wenig mit dem Thema Müllentsorgung beschäftigt habe:
[audio:12-03-28-ihk-jansen-winkeln.mp3] [ca. 2 Min]Diese Äußerung ist umso verwunderlicher, als dass im Rahmen der Ampel-Kooperationsverhandlungen das Thema „GEM“ als „nicht verhandelbar“ bezeichnet wurde, wie übereinstimmend und unabhängig voneinander die SPD-Parteivorsitzende Angela Tillmann und der Grünen-Vorsitzende Ulrich Laubach in den vis-á-vis-Interviews im September vorigen Jahres sagten.
Auch vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Zeitschiene ist es fraglich, ob Jansen-Winkeln überhaupt die Zustimmung zu dem von ihm vorgeschlagenen und vom der FDP-Parteitag am 04.02.2012 unterstützen Ratsbürgerentscheid „einwerben“ kann.
Mit einem solchen Ratsbürgerentscheid würden auf die Stadt nicht nur Kosten in sechsstelliger Höhe zukommen, sondern Politik und Verwaltung müssten einen kaum leistbaren Aufwand betreiben, die Bürger mit den Informationen zu versorgen, die ihnen eine Entscheidung, die bekanntlich nur mit JA oder NEIN getroffen werden kann, überhaupt erst ermöglichen würde.
Einen ersten Eindruck davon haben die Initiatoren der gestrigen Veranstaltung sicherlich „mitgenommen“.
Berücksichtigt man, dass 2014 die nächsten Kommunalwahlen anstehen, eine Entscheidung über die zukünftige Müllentsorgung ab Januar 2015 bzw. Januar 2016 jedoch früher getroffen werden muss, wird es spannend sein, zu beobachten, wie sich die einzelnen Parteien positionieren werden.
Dies auch aufgrund der Tatsache, dass das Thema „GEM“ nicht Bestandteil der Ampel-Kooperationsvereinbarung ist (siehe oben) und damit hierfür auch deren Regeln nicht gelten.
Denn die Müllentsorgung dürfte so oder so Thema im Kommunalwahlkampf 2014 werden.
3.
Halling schrieb am 31.03.2012 um 11:30 Uhr:
Ich dachte, dass Dr. Jansen-Winkeln will nicht mehr in Politik machen und tritt 2014 nicht mehr an.
Das Thema ist für den schon um was es ging: auf den Müll. Der dachte bestimmt, dass bei der FDP eh schon alles egal is. Da hat der sich nicht mehr viel Arbeit gemacht. Kann man verstehen. Für den ist der Drops gelutscht.
2.
M. Angenendt schrieb am 30.03.2012 um 21:05 Uhr:
@ Ypsilon
Alles richtig.
Nur dem Populismus hätte ich noch etwas zuzufügen: Billiger Populismus.
Diese gesamte Veranstaltung war nur eines: unterirdisch, peinlich und zum Fremdschämen.
1.
Ypsilon schrieb am 30.03.2012 um 12:25 Uhr:
Na, herzlichen Glückwunsch. Zu diesem Artikel könnte man glatt einen Kommentar schreiben, der mindestens genau so lang oder länger wäre wie dieser Artikel.
Drei mal darf man raten, wer bei diesem FDP-Thema sicher die FINGER im Spiel hat.
50 Mitarbeiter können locker bei der Stadt untergebracht werden – z.B. bei der Grünpflege?
Ach, ja? Hat Herr Dr. Jansen-Winkeln schon mal seinen Parteikollegen Kämmerer Kuckels darüber informiert? Der wird sich bestimmt riesig freuen!
Insbesondere im Bereich der Grünpflege wären diese Mitarbeiter sicher sehr gut aufgehoben.
Die städtischen Grünflächen und Parks stehen kurz vor der Verwilderung (oder sind es bereits) mangels Geld für deren Pflege und wenn was passiert, werden z.B . Bäume und Sträucher derart abrasiert, dass man schon den Verdacht hat, man will mit dieser Maßnahme dafür sorgen, dass sie von selber den Geist aufgeben. Hauptsache man hat damit für 2 – 3 Jahre Ruhe und muss nicht wieder die Schere anlegen.
Dann hätten wir noch die Suche nach Kübelpaten und die Tatsache, dass Springbrunnen aus Kostengründen nicht mehr sprudeln sollen.
Ausgerechnet von einem FDP-Mitglied einen solchen Unsinn vernehmen zu müssen, tut schon fast körperlich weh.
Zu den Müllgefäßen. Wir schaffen es z.B. zu weit nicht einen 35-Liter-Eimer wöchentlich mit Müll vollzupacken. Dasselbe trifft für den Gelben Sack alle zwei Wochen zu. An dieser Stelle herzlichen Dank an Herrn Dörrenberg für seine Empörung, der ich mich nur anschließen kann.
Sollte die FDP auf die kühne Idee kommen und glauben, dass nun noch größere Tonnen, die kein Mensch irgendwo unterbringen kann, für alle einführen zu wollen, muss ich mich fragen was dieser Blödsinn soll. Sollen wir dann demnächst 6 – 8 Wochen Müll bunkern, damit sich das Entleeren endlich einmal lohnt?
Wer richtig kocht und Müll trennt, ist mit den kleinen Müllgefäßen bestens bedient. Wer evtl. auch noch selbst kompostiert oder eine Biotonne hat, der bekommt selbst bei einem 4-Personen-Haushalt einen 25-Liter Eimer nicht voll.
Und noch etwas: Durch größere Gefäße mit entsprechenden Einheitsgebühren werden die vollkommen falschen Signale gesetzt. Wer achtet dann noch darauf weniger statt immer mehr Müll zu produzieren?
Genau das ist doch unser Problem: die ständige Zunahme des Mülls. Vermeidung ist angesagt, wenn wir diesen Planeten nicht vollkommen zumüllen wollen.
Die FDP möge sich mal mit den Unternehmen ins Benehmen setzen, die Verpackungen benötigen. Schon dort wäre viel Geld zu sparen und viele unnötige Verpackungsschlachten bis hin zu vollkommen unsinnigen „Mogelpackungen“ blieben dem Verbraucher erspart.
Oder mal hinterfragen, ob manche Produkte wie Pfannkuchenteig in Flaschen, Kartoffel, Lauch, Brühe/Fond (!!) etc. in Gläsern, Bratkartoffeln und sonstiges Fertigfutter in Alufolie/Plastik + Kartonverpackung usw. Dieses Aufzählung des Grauens könnte man noch an ge fortsetzen.
Mit (meiner Meinung nach) nicht wirklich transportwürdigen Produkten (weil Verpackung + Transportkosten schon höher als die für das „Produkt“) werden die Straßen durch LKWs platt gefahren, ja dafür träumt man von Gigalinern und obendrein wird noch die Umwelt mit CO2 belastet. Gerade in Zeiten von „just in time“, da die Lagerhaltung auf der Straße statt findet, muss endlich mal etwas geschehen, diesen vollkommenen Unsinn einzudämmen.
Denn für die Folgekosten (Straßenreparaturen, Umwelt) zahlen wiederum alle Bürger. Denn wir sind immer die Dummen und zahlen schließlich IMMER.
Auch wenn’s der FDP weh tut: Mehr Grün bei Verpackung und Müll ist dringend erforderlich und Verbraucherinformation (am besten schon im Kindergarten), damit dieser Müll-Wahnsinn endlich wenigstens mal auf hohem Niveau stagniert und nicht Jahr für Jahr zunimmt. Auch wenn sich mit Müll (leider) prächtig Geld verdienen lässt.
Ansonsten sollen bitte schön auch die zahlen, die beratungsresistent sind und nach wie vor Müllberge produzieren. Auch dazu gibt es hervorragend funktionierende Systeme – auch für kleine Müllgefäße.
Warum diese Veranstaltung so schlecht vorbereitet war, kann man überhaupt nicht verstehen, weil diese Partei doch auch noch ein diesbezüglich sicher sehr qualifiziertes Mitglied in ihren Reihen hat.
Man hätte einfach mal jemand fragen sollen, der was davon versteht.
Das war nur eines: Populismus.