„Wählerkampf“ statt „Wahlkampf“ • Prominente als „Heilsbringer“?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Wenn man sein eigenes Profil nicht selbst schärfen kann, bedient man sich gerne prominenter Persönlichkeiten. Nur so ist zu verstehen, dass der CDU-Spitzenkandidat für den Düsseldorfer Landtag, Armin Laschet, nun mit dem über die Parteigrenzen hinaus angesehenen Innenpolitiker Wolfgang Bosbach in den Schluss-Spurt geht.

Und schon jubelt die von der RP dominierte Landeshauptstadtpresse und widmet Bosbach sogar eine ganze Seite.

Dass der rhetorisch höchst begnadete Bosbach DIE Bereicherung schlechthin für den CDU-Landtagswahlkampf sein wird, dürfte außer Frage stehen.

Allerdings liegen die Probleme, die man der rot-grünen Landespolitik zuspricht bzw. zuschreibt nicht nur auf Bosbachs Spezialgebiet „Innere Sicherheit“, sondern (auch) auf anderen Gebieten, für die Laschet und „seine“ CDU nicht mehr zu bieten haben, als Verbalattacken auf die politischen Gegner.

Nur in Nuancen anders verhält sich die NRW-SPD, die sich mit ihrem „100% Schultz“ im Wählerkampf ebenfalls eines (aktuell) Prominenten bedient, um Wählerstimmen zu ergattern. Denn um nichts anderes geht es bei den so genannten „Wahlkämpfen“, für die die Parteien Energie aufwenden, die sich die  Bürger (= Wähler) während Regierungs- und Oppositionszeiten wünschen.

Insofern ist es also fraglich, ob es reicht, dass Wolfgang Bosbach mit seiner „Sicherheitskompetenz“ die Kompetenz- und anderen Lücken Laschets schließt, um für die CDU zusätzliche Wählerstimmen zu generieren.

Ebenso fraglich ist, ob es Martin Schultz gelingt, durch seine äußerst allgemein gehaltenen und von persönlichen Erlebnissen geprägten Aussagen, die Wähler in NRW von einer wenig präzisen, gar typischen SPD-Politik zu überzeugen.

Wenig hilfreich dürfte dabei sein, dass Schultz einerseits die unzweifelhaft vorhandene soziale Ungerechtigkeit in Deutschland anprangert und richtigerweise die Armutsdebatte befeuert, zu seinem aktuellen und mehr noch früheren äußerst üppigen Einkommen jedoch kein Wort verliert.

Dass weder Wolfgang Bosbach noch Martin Schultz in einem neuen NRW-Landtag eine Rolle spielen werden, also für das, was sie auf Wahl-/Wählerveranstaltungen von sich geben, auch nicht „beim Wort“ genommen werden können, müssen deren Äußerungen im Landtags-„Wählerkampf“ in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Der guten Ordnung halber muss natürlich auch festgehalten werden, dass die tatsächlich in den neuen Landtag Gewählten ebenso kaum „beim Wort“ genommen werden können.

Denn sie haben schon jetzt zwei vermeintliche Entschuldigungen im „Standard-Repertoire“: „Fraktionszwang“ und „Koalitionszwang“.

Obwohl es solche „Zwänge“, zumindest nach eigenen, stets eilig bemühten Aussagen der Politiker in Amt und Würden und derer, die es noch werden wollen, gar nicht gibt, denn schließlich sei jeder Abgeordnete ja „NUR und ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet“.

Diese und ähnliche Floskeln sind Wasser auf die Mühlen derer, die aus dem Recht darauf, wählen gehen zu können, das Recht ableiten NICHT wählen zu gehen.

Ob die Zahl der von den Parteien gerne despektierlich als „Wahlverweigerer“ gebrandmarkten Bürger (2012 in Möchengladbach etwa 47%) angesichts einer vermeintlichen „Gefahr“ namens AfD sinken wird, bleibt abzuwarten.

Schätzungen zufolge könnte die Wahlbeteiligung zwischen 58 und 68% liegen, was im Umkehrschluss eine „Wahlverweigerer“-Quote zwischen 32 und 42% bedeuten würde.

Foto Schultz: Susie_Knoll

4 Kommentare zu “
„Wählerkampf“ statt „Wahlkampf“ • Prominente als „Heilsbringer“?”
  1. Danke Ypsilon

    setze noch einen drauf:

    Frankfurter Allgemeine Zeitung:

    “ […] Vertreter der Grünen und Linken warfen der Mehrheit vor, sie wolle den früheren luxemburgischen Premierminister und heutigen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker trotz Enthüllungen über Luxemburger Steuersparmodelle („Lux Leaks“) schonen. Der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi sagte, die Mehrheit wolle das „Kartell der Steuerdiebe“ erhalten.

    Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) habe den Untersuchungsausschuss von Anfang an verhindern wollen, „weil sein politisches Schicksal an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hängt“. […] “

    Der Artikel „Sonderausschuss zu Lux Leaks“ erschien am 06.02.2013 auf Seite 8 der F.A.Z.

    ————

    hier noch ein Highlight zum Abschluss

    Willy Wimmer: „Schulz, Juncker, Merkel – eine Wichse“

    https://www.youtube.com/watch?v=-1OISzlguiA

  2. @ Schimanski

    Das wissen nur die Delegierten selbst. Wer weiß was die denen gegeben haben …

    … und es gibt den Satz: denn sie wissen nicht was sie tun. Dürfte hier zutreffen.

    Diese Delegierten der SPD sind immer für eine Überraschung gut. Sage nur TTIP & CETA. Das fanden die (angeblich) nach einer „Erklärung“ Gabriels plötzlich auch alle prima.

    Angeblich ist Schulz beliebtester Politiker in deutschen Landen. Keine Ahnung, wer den so toll findet. Mir ist tatsächlich noch niemand begegnet. Kenne sicher nur die falschen Leute.

    Für mich ist unfassbar und unerträglich was bei diesem Parteitag lief. Parteiräson? Keine Ahnung.

    Soll ja vorkommen, dass man nur durch Wohlverhalten in einer Partei „weiter“ kommen kann. Also wird „gewählt“ was gewünscht wird. Diesmal 100% Schulz. Wie einst in der DDR. Wobei Wahl ein Witz ist. Gab doch keinen Gegenkandidaten. Die hatten nur abzunicken was gewünscht wurde.

    Multimillionär Schulz gibt sich als wäre er vom Saulus zum Paulus geworden. Schwupp di wupp sozusagen über Nacht vom neoliberalen „Sozialdemokraten“ und Steuerbegünstiger der Konzerne (zusammen mit seinem Freund Juncker/Luxleaks) zum Anwalt der kleinen Leute, die die ganze Misere zu einem großen Teil, wenn nicht sogar nur, Rot-Grün zu verdanken haben und dank Agenda 2010 (CDU/CSU/FDP waren klar dafür, freuten sich aber diese Drecksarbeit nicht machen zu müssen) und Hartz IV-Betrug und –Ungerechtigkeit durchleiden müssen bis zur bitteren Altersarmut, in der sie dann ihren Lebensabend verbringen dürfen.

    Gerhard Schröder meinte damals mit anmaßender Unverschämtheit, die er offensichtlich vertrat, zur Begründung der Agenda 2010:

    „Wer arbeiten kann, aber nicht will, der kann nicht mit Solidarität rechnen. Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.“

    Das meinte der Spezialdemokrat ernst, trotz damals Arbeitlosenquote von 9,5% bis 10,5%, was ein Indiz dafür ist, dass Arbeitsplätze fehlten (und immer noch fehlen, trotz der Fensterreden wie super alles am Arbeitsmarkt ist, alles nur eine Frage der Statistik, empfehle dazu die Seite der Agentur für Arbeit).

    Die damaligen Wirtschaftsprobleme waren der damaligen EU-Zinspolitik und dem Euro geschuldet und nicht dem Arbeitsmarkt.

    Heute ist das bekannt, wenn auch kaum darüber berichtet wird.

    Das ist das Unfassbare und Hinterhältige: Trotzdem geschieht nichts für diese Menschen. Man überlässt sie ihrem Schicksal und den Job-Centern.

    Interessanter Artikel zum Thema hier:

    http://www.deutschlandfunk.de/agenda-2010-was-die-hartz-reformen-gebracht-haben.724.de.html?dram:article_id=385052

    Und nun kommt der sozialheilige St. Martin Schulz.

    Warum sollte man ausgerechnet ihm vertrauen?

    Schulz musste untergebracht werden, nachdem er nicht mehr EU-Parlamentspräsident sein konnte/durfte/was und wie auch immer.

    Gabriel musste weg, weil so unglaublich „beliebt“.

    Für Schulz ein guter Deal. Entweder Kanzler bei (unwahrscheinlicher) SPD-Mehrheit oder Vizekannsnich und Außenminister oder was anderes adäquates bei fortgesetzter Großer Koalition.

    Hauptsache eine einigermaßen lukrative Beschäftigung, wenn auch in finanzieller Hinsicht sicher nicht so einträglich wie die EU-Jobs, die er hatte.

    Der Hype um Schulz und desen angebliche Beliebtheit ist und bleibt mir ein Rätsel.

    Der wird von den Medien bis hin zur Blödzeitung regelrecht hochgeschrieben und als Shootingstar verkauft.

    Allein das müsste schon stutzig machen.

    Den Robin Hood der Hartz-Bestraften, sozial definitiv Benachteiligten, Steuergerechtigkeit für den Handwerker & Co. bringenden und die Entdeckung der Familie kaufe ich ihm (wie vielen anderen) jedenfalls nicht ab.

    Dieses ganze Wahlkrampfpalaver ist die reinste Volksverdummung und Schulz die Krönung desselben.

  3. Hallo Ypsilon,

    ich halte ihren Kommentar für hilfreich und berechtigt.

    Hat jemand eine Erklärung dafür, weshalb Herr Schulz dann nahezu einstimmig zum Kanzlerkandidaten gekürt wird ???

    Das müssen die Deligierten doch auch wissen.

  4. Nachdem wenigstens einige Zeit keine Schulz-PR lief, musste dieser nun über das Titelblatt der RP verkünden: Ich war eine faule Socke. Das reichte mir schon. Das Interview tu‘ ich mir gar nicht erst an.

    Was will Herr Möchtegern-Kanzler Schulz uns damit erklären? Dass auch aus einer faulen Socke sowas tolles wie er werden kann? Letztendlich jeder „nur“ mal zu wollen braucht?

    Wäre die Welt so simpel. Das weiß dieser Schulz auch sehr genau.

    Wäre ich fies, würde ich jetzt behaupten, dass der auch später nicht viel fleißiger war, sondern nur Glück und Beziehungen hatte und raffgierig und machtbesessen genug, was ihn antrieb. Nicht umsonst hat er die Sitzungsgelder für 365 Tage im Jahr kassiert. 111.000 € steuerfrei versteht sich.

    https://www.youtube.com/watch?v=rS2u-Pe36nA

    Besser wird das auch nicht, wenn andere vor ihm es auch so handhabten.

    Dieses Anbiedern (gerne auch mal auf leger in Hemdsärmeln, ganz wie einer aus dem Volk)an den Wähler und sogenannten „kleinen Mann“ ist billig, schäbig und widerlich. Ausgerechnet von einem Genossen wie Schulz. Dem ist gar nichts peinlich.

    Wer sich etwas entspannen möchte, schaut sich mal einen Arbeitstag Martins in der EU an, diesmal aber Martin Sonneborn:

    https://www.youtube.com/watch?v=5zAeLAmtblA

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