Mönchengladbach soll Klage gegen AKW Tihange beitreten • Bündnis 90 / Die Grünen Mönchengladbach stellen Ratsantrag
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Die Städteregion Aachen hat beschlossen, gegen das belgische Atomkraftwerk Tihange zu klagen; das teilte die Städteregion am Donnerstag (28.01.2016) mit. Diese Entscheidung nimmt die Fraktion der Mönchengladbacher Grünen zu Anlass, einen Antrag in den Stadtrat einzubringen.
Darin wird der Beitritt der Stadt Mönchengladbach zu den beiden Klagen, die von der Städteregion Aachen gegen Betreiber des AKW Tihange in Belgien eingereicht werden, gefordert.
„Nachdem Anwälte die juristischen Möglichkeiten unter anderem auf Abschaltung des belgischen Pannenmeilers geprüft haben und zu dem Ergebnis kommen, eine solche Klage habe Aussicht auf Erfolg hat die Städteregion Aachen zwei Klagen gegen den Betrieb des störanfälligen Atomkraftwerks in Belgien beschlossen.
Bereiche Mönchengladbachs gehören ebenso wie Teile des Kreises Viersen zu jenen, die bei einem atomaren Störfall in Tihange zu den besonders betroffenen Gebieten gehören.
Bei einem Störfall müssten die dort lebenden Menschen evakuiert werden. Sie müssten umgehend Jodtabletten einnehmen und dürften geschlossene Räume nicht verlassen.
Die Stadt Mönchengladbach soll die beiden Klagen der Städteregion Aachen und der niederländischen Stadt Maastricht und anderer unterstützen“, fordert Fraktionssprecher Karl Sasserath für die grüne Ratsfraktion Mönchengladbach. „Hier ist der regionale Schulterschluss unbedingt notwendig.“
Einer möglichen Klage hatten sich zuletzt auch der Landkreis Vulkaneifel und der Eifelkreis Bitburg-Prüm angeschlossen. Sie hegen ebenfalls große Sicherheitsbedenken, weil es im grenznahen Meiler immer wieder Störfälle gibt.
Auch die Kommunen im Kreis Heinsberg werden sich anschließen. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde im Hauptausschuss einstimmig beschlossen.
„Wie dort wollen wir auch in Mönchengladbach nicht länger hinnehmen, dass Belgien mit seinen veralteten Atomreaktoren die Sicherheit der Menschen in unserer Region gefährdet“, erklärt Karl Sasserath für die Grünen.
Eine entsprechender Antrag wird Oberbürgermeister Hans – Wilhelm Reiners (CDU) morgen Vormittag erreichen. Am Montag werden die Grünen über die Einberufung einer Sondersitzung des Rates entscheiden.
„Alle Ratsmitglieder sind verpflichtet, Schaden von Menschen, Natur und Umwelt abzuwenden“, so Sasserath.
Deshalb gehen die Grünen davon aus, dass ihre Initiative eine breite Unterstützung aller Fraktionen des Rates findet.
Vor wenigen Monaten erst waren die Grünen an einem Antrag beteiligt, der vom Rat mit Mehrheit beschlossen wurde.
Darin war die Stilllegung des belgischen Atomkraftwerkes gefordert worden. Trotz breiten Protestes war das Atomkraftwerk Tihange wieder in Betrieb genommen worden.
Chronologie der Unfälle im belgischen AKW Tihange • Die größten Störfälle im Pannenmeiler
Das Kernkraftwerk Tihange, vom belgischen Unternehmen Electrabel betrieben, liegt rund 25 Kilometer südwestlich von Lüttich und etwa 70 Kilometer südwestlich von Aachen. Es besteht aus drei Blöcken mit Druckwasserreaktoren.
Tihange 1 wurde 1975 in Betrieb genommen, Tihange 2 im Jahr 1982, 1985 folgte Tihange 3. Alle drei Reaktoren haben eine Bruttoleistung von rund 1.000 MW.
Im EU-AKW-Stresstest schnitt Tihange wegen des fehlenden Hochwasserschutzes besonders schlecht ab. Im Juli 2012 entschied die belgische Regierung dennoch, Tihange 1 zehn Jahre länger als ursprünglich geplant bis 2025 weiter zu betreiben, um Stromengpässe zu vermeiden.
13.08.2015: Tihange 3 vorübergehend heruntergefahren
Störfall in belgischem Atomkraftwerk: Tihange 3 vorübergehend abgeschaltet
Bei der Vorbereitung von Wartungsarbeiten hat Reaktor Tihange 3 sich automatisch abgeschaltet. Ein Sprecher der Kernkraftwerk-Betreiberfirma Electrabel erklärte, es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Mitarbeiter und die Umwelt bestanden.
Wann der Reaktor wieder hochgefahren werden kann, steht noch nicht fest.
08.08.2015: Suspendierung von vier Mitarbeitern
Marodes Atomkraftwerk Tihange: Belgiens Atomaufsicht droht mit Schließung
„Schlamperei“ in belgischem AKW: Alle Mitarbeiter müssen zur Nachschulung [tagesschau.de]
Mitarbeiter des AKW Tihange haben mehrfach Sicherheitsregeln ignoriert. Der Vorwurf der Aufsichtsbehörde: „Schlamperei“.
Sie zieht vier Angestellte aus dem Verkehr – und verordnet der gesamten Belegschaft eine Nachschulung. Die belgische Atomaufsicht droht laut Nachrichtenagentur Belga zum ersten Mal damit, das AKW Tihange zu schließen.
Allein in den vergangenen sechs Wochen soll es sechs Verstöße gegeben haben, die zum Teil von Electrabel selbst gemeldet wurden.
30.11.2014: Explosion in Tihange 3
Nach Brand in belgischem Atomkraftwerk : Reaktor in Tihange ist wieder am Netz
Der Reaktorblock 3 schaltete sich um etwa 10.30 Uhr nach einer Explosion automatisch ab, einer der Transformatoren fing Feuer.
Nach Angaben von Electrabel habe es außerhalb des nuklearen Bereichs des Reaktorblocks gebrannt.
Das Feuer sei schnell gelöscht worden, alle Sicherheitsmaßnahmen sollen befolgt worden sein. Am 02.12.2014 wurde der Reaktor wieder angefahren.
2012: Entdeckung von Rissen im Reaktorblock 2
Risse im Atomreaktor von Tihange: Belgisches Problem-AKW soll wieder ans Netz
2012 wurden erstmals kleine Risse im Mantel von Tihange 2 festgestellt. Der Reaktor ging für ein Jahr vom Netz. 2013 lief er wieder, wurde wegen Sicherheitsmängeln aber ständig ein- und ausgeschaltet.
In seinem inneren Kern wurden 2.000 Risse von bis zu neun Zentimetern gefunden. Untersuchungen zeigten, dass die ständige radioaktive Strahlung während des laufenden Betriebs den Stahl im Druckbehälter unerwartet brüchig gemacht hat.
Dabei ist der Druckbehälter als Schutzhülle gedacht, falls es im Reaktor zu Explosionen kommen sollte.
04.10.2010: Säurehaltiges Wasser läuft in die Maas
Kurz nach 18.00 Uhr liefen rund 600 Liter säurehaltiges Wasser aus einem Graben in die Maas.
Laut Angaben des Betreibers Electrabel trat bei dem Unfall kein radioaktives Material aus, die Säure soll sich im Flusswasser schnell neutralisiert haben.
2002: Druckabfall im Primärkreislauf
2002 ereignete sich der bisher gefährlichste Störfall im AKW Tihange. Aufgrund eines versehentlich geöffneten Ventils kam es zu einem Druckabfall im Primärkreislauf und zum Verdampfen von Kühlwasser.
Glücklicherweise reagierten die Sicherheitssysteme und verhinderten so eine mögliche Kernschmelze.
Der Unfall wurde auf der INES-Skala für nukleare Störfälle in der Stufe 2 als „Störfall“ eingeordnet.
Zum Vergleich: Die Atomunfälle von Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) wurden auf der INES-Skala mit der Stufe 7 als „katastrophaler Unfall“ bewertet.
Quelle: http://www1.wdr.de/fernsehen/aks/themen/tihange-114.html