Grüne: „Ja, wir wollen endlich mitgestalten“
Red. Neuwerk [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Ja, wir wollen endlich auch grüne Politik in unserer Stadt sehen“, die Stimmung bei den Mitgliedern von Bündnis90/Die Grünen war von der Chance auf Veränderung getragen, von der Freude endlich auch mal grüne Positionen in den Stadtrat einbringen und durchsetzen zu können.
Grünen-Sprecherin Gabi Brenner betonte gleich zu Beginn dieses besondere Ereignis, das auf der Mitgliederversammlung zu verabschieden war: Die Chance auf grüne gestaltbare Politik in unserer Stadt in einer gemeinsamen Koalition mit SPD und FDP.
Der 2. Sprecher der Grünen, Ulrich Laubach, führte dann in ruhig-konzentrierter Atmosphäre die versammelten Mitglieder durch den Koalitionsvertrag – was erst gar nicht so einfach schien. Die Geschäftsstelle auf der Brandenberger Strasse war „rappel-voll“, selbst im Eingangsbereich standen und saßen die Mitglieder (teils auf dem Boden), hörten trotzdem alles, lasen alles mit und stellten Fragen.
Beim Thema „Arbeit und Wirtschaft“ hakten die Mitglieder bei den Grundstückspreisen nach. Was, wenn eine Firma ein Grundstück extrem günstig bekommt und dann doch nach einiger Zeit den Firmensitz verlagert? Solche Beispiele gab es ja in der Vergangenheit schon.
„Ohne weiteres kann eine Kommune Grundstücke nicht unter Preis verkaufen, die Bodenrichtwertkarte ist maßgeblich, Finanzierungslücken müssen geschlossen, Gegenrechnungen erbracht werden“, Karl Sasserath räumte umfassend Bedenken aus.
Grüße der Flughafengegner überbrachte ein anderes Mitglied: „Die Trabrennbahn bitte nur in Verbindung mit dem Flughafen zu einem Gewerbegebiet umwidmen, ansonsten befürchtet man die Einrichtung eines Frachtflughafens“.
Kritik zur Koalition kam von einem Mitglied der Initiative „Wir gegen Hartz Vier“: der abneigende Umgang der SPD mit dieser Initiative und ALG II-Empfängern werde als abwertend empfunden. Mit so einer Partei könne man keine Koalition eingehen. Dieses Mitglied konnte aus zeitlichen Gründen nicht bis zum Schluss der Versammlung bleiben.
Es war eine Forderung der Grünen, die Folgen der von Amtswegen angeordneten Umzüge von ALG II-Empfängern für Stadtteile zu untersuchen. Wie wirkt sich das z.B. auf Grundschulen aus, auf Bildungschancen?
Und wie funktioniert das mit dem Sozialticket? Die Erfahrungen anderer Städte werden hierbei herangezogen, Rabattvorteile des Großkunden Stadt genutzt.
Die Mitglieder waren mit der grünen Handschrift bei „Soziales und Gesundheit“ zufrieden.
Bemängelt wurden fehlende Aussagen zur Sicherung der offenen Jugendarbeit. Verwiesen wurde hierzu auf die Erstellung eines Freizeitstättenbedarfsplans.
Kritik kam auch bei den Aussagen zu den Grundschulen auf. Grundsätzlich soll nach dem Grundsatz „kurze Beine, kurze Wege“ gehandelt werden, meinte Grundschullehrer Peter Walter und ergänzte: „Der Satz: Kleinere Systeme verhindern die gleichmäßige Lehrerversorgung in der Stadt, da sie sehr personalintensiv sind, ist schlichtweg falsch“.
Gabi Brenner verwies auf Ausnahmeregelungen, die der Koalitionsvertrag an dieser Stelle zuließe. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Zum Thema „Schule und Bildung“ werden wir noch gesondert berichten.
Beim Thema „Kultur“ bewegte die Standortfrage des BIS-Zentrums die versammelten Mitglieder; bis 2011 soll das endlich geklärt sein.
„Wenn schon Betrieb und Pflege von Sportstätten auf Vereine weiter gefördert werden, dann soll auch gefördert werden, dass Vereine auf ihrem Platz spielen können“, meinte Peter Walter und nannte als Beispiel den 1. FC Bettrath, der in Beckrath (kein Tippfehler!) spielen muss, weil Borussia die Bettrather Spielstätte nutzt.
„Und wann geht’s beim Pahlkebad los?“ … „Wenn der Zuwendungsbescheid der Landesmittel vorliegt wird angefangen“, antwortete Karl Sasserath.
Bei Punkt 7 „Natur- und Klimaschutz“ betonte Gabi Brenner die grüne Handschrift dieses Teils des Koalitionspapier. Und es gab einige Anregungen, die Ulrich Laubach aufnahm und dessen Einbringung in die maßgeblichen Gremien zugesichert wurden.
„Wir haben nun den Einfluss, dass die Verwaltung Natur- und Klimaschutz auch wirklich umsetzt. Das war bis dato nicht gewollt. Nun sieht das anders aus.“
An der Kernkomeptenz der Grünen auf diesem Gebiet hat niemand Zweifel. Die Grünen können – und wollen – nun auch in der Stadt beweisen, dass Klimaschutz und Wirtschaftsförderung kein Gegensatz sind.
Auch bei der Stadtentwicklung soll nun konsequent Innenentwicklung vor Versiegelung neuer Flächen in Außengebieten verfolgt werden.
Mit der Ausschreibung eines Wettbewerbs zur weiteren Nutzung des JHQ-Geländes sollen den Politikern Ideen geliefert werden. Dann sieht man weiter.
Unserer Redaktion fiel auf, dass sich die Koalitionäre um das Gelände des ehemaligen Giesenkirchener Freibades kümmern wollen, Aussagen zum Hallenbad Neuwerk jedoch fehlen. Es wurde nicht daran gedacht, aber nun soll das Thema über die Bezirksvertretung Ost aufgegriffen werden.
„Mönchengladbach soll eine fahrradfreundliche Stadt werden“, auch diese Aussage fand 100%ige Zustimmung. Wie das in Anbetracht der Haushaltslage erreicht werden soll? Schritt für Schritt, nicht von heute auf morgen, aber in jährlichen Investitionen.
Wurden in der Vergangenheit Prestigeobjekte in den Bezirken gefördert, soll jetzt konsequent ins Radwegenetz investiert werden. Ein „Radverkehrsbeauftragter“ soll für die Umsetzung sorgen.
Ob die Gladbacher die grünen Visionen „mehr Räder, weniger Autos in den Innenstädten“ in den nächsten 10 oder 20 Jahren erleben werden?
Der VEP soll als Leitbild dienen. „Wir hängen hier der Entwicklung anderer Städte um 15 Jahre zurück, das geht aus dem Gutachten hervor“, meinte Ulrich Laubach. Von heute auf morgen geht hier nichts, aber das Zielkonzept VEP soll die Verkehrswende bringen.
„Soll der S28-Anschluss am Widerstand einiger Anwohner in der Donk scheitern?“, fragte ein Mitglied. „Es gab keine Verhandlungsgrundlage, daher fehlen hierzu Aussagen im Koalitionsvertrag“, so die Antwort (den letzten Sachstand können Sie übrigens hier nachlesen).
„Und was ist mit dem Schürenweg?“ „Wir haben uns konkret an diesem Beispiel nicht durchsetzen können, aber mit den Aussagen der Zeilen 580 bis 583 haben wir den Schürenweg gemeint“, erklärte Karl Sasserath.
Ob die neue Kultur des Dialogs mit dem Bürger zur beiderseitig zufriedenstellenden Lösung des Problems „Lkw-Verkehr auf dem Schürenweg“ führt, werden wir verfolgen.
„Warum soll der Rat nicht über alle Grundstücksgeschäfte informiert werden? Warum überhaupt noch diese Wertgrenzen?“. Zu Recht hakte ein Mitglied der Grünen nach zur Offenlegung von Immobiliengeschäften der EWMG.
„Mönchengladbach ist die einzige Stadt, die ihr Liegenschaftsgeschäft aus der Hand gegeben hat“, auch Karl Sasserath zeigt Unverständnis. „Vorher war es noch schlimmer. Diese Wertgrenzen sind rein auf grüne Forderung reingekommen“.
Das verwundert, schließlich bemängelte auch die SPD in der Vergangenheit immer wieder die Tatsache, dass mit Gründung der EWMG die Grundstücksgeschäfte faktisch am Rat vorbeilaufen und verschleiert waren.
Gelobt wurde der Wille und die eindeutigen Aussagen zu mehr Transparenz und Bürgernähe, die sich an vielen Stellen wiederfinden und von den Mitgliedern auch erwähnt und für gut befunden wurden.
So herrschte die allgemein-grundsätzliche Freude über die Möglichkeit eines Politikwechsels bei den Mitgliedern vor und Ulrich Laubach schmunzelte in seiner gewohnt freundlich-fröhlichen Art „Ans Regieren müssen wir uns erst noch gewöhnen“.
„Und an eine neue Disziplin“, ergänzte Gerd Schaeben. „Bisher konnte ich Anträge im Schulausschuss schnell mal formulieren und einbringen, ich wusste ja, er würde sowieso abgelehnt werden“, meinte er. Doch das wird nun anders.
Jetzt kommt ohne Zweifel mehr Arbeit auf die Grünen zu, denn schließlich muss man sich nun mit den Koalitionspartnern abstimmen.
Ulla Brombeis nutzte die Gunst der Stunde und bat die Mitglieder zu überlegen, ob und in welchem Bereich sie noch stärker mitwirken wollen. Entsprechende Listen lagen schon bereit.
Die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen sehen ein gewaltiges Arbeitspensum auf sich zukommen, sind für mitwirkende Mitglieder dankbar. Hierbei wird klar erkennbar: Sie wollen gestalten, sie wollen die Chancen der Koalition in ihrem Sinne nutzen.
Und damit das auch klappt, haben sich die Koalitionäre Regeln auferlegt. Das soll den Bestand der Kooperation bis zur nächsten Wahl auch gewährleisten.
„Was ist den bei Abweichlern, die Kuckels nicht mitwählen wollen?“ „Dann hat es sich ausgeampelt“, meinte Karl Sasserath.
Doch dass die Koalition hält, daran glaubten alle Anwesenden fest. „Die CDU ist weg – grün kommt“, meinte ein Mitglied, bevor Ulrich Laubach zur Abstimmung aufrief.
Einstimmig angenommen! „Wie – noch nicht einmal eine Enthaltung?“ Ulli Laubach schaute etwas ungläubig drein. So diszipliniert sind die Grünen.