Gladbacher Grüne und Linken lehnen beschlossene Diätenerhöhung im NRW-Landtag ab – Gladbachs Abgeordnete erhielten bislang Bezüge in 7-stelliger Höhe
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Unabhängig voneinander wenden sich DIE LINKE und B90/Die Grünen in Presseerklärungen gegen die Erhöhung der Abgeordnetenbezüge im nordrhein-westfälischen Landtag um 500 Euro auf 10.726 Euro pro Monat.
Damit soll eine angebliche Schieflage bei der Altersversorgung der Volksvertreter zu verhindert werden, lautet die Begründung der Befürworter.
Die Mönchengladbacher Grünen halten die Diätenerhöhung, die auch mit den Stimmen der Landtagsgrünen beschlossen wurde, für unangemessen. Sie sprechen sich vehement gegen diese üppige Anhebung der Bezüge aus.
Bereits Anfang Januar dieses Jahres hatte sich der Vorstand von Bündnis 90/Die Grünen des Kreisverbandes Mönchengladbach im Vorfeld der am 08.02.2012 beschlossenen Diätenerhöhung für die Abgeordneten im Landtag NRW in einem Schreiben an die Grüne Landtagsfraktion gewandt und gefordert, die geplante Diätenerhöhung entschieden abzulehnen.
„Immerhin gehören die nordrhein-westfälischen Abgeordneten mit derzeit 10.093 Euro Vergütung im Monat zu Spitzenverdienern in der Bundesrepublik“, stellt Gaby Brenner, Vorstandssprecherin des Grünen-Kreisverbandes Mönchengladbach, fest.
Von dieser Summe zahlen die Abgeordneten 15,79 Prozent (das sind 1.593 Euro) in das sog. Versorgungswerk der Mitglieder des Landtags.
Das führt zu einer sehr komfortablen Altersversorgung. So erhält ein Abgeordneter schon durch zehn Jahre Parlamentszugehörigkeit eine Rente von 1.250 Euro im Monat.
„Für uns ist es nicht nach vollziehbar, dass nach zehn Jahren Mandatstätigkeit gut 1000 Euro an Rente nicht ausreichend sein sollten“, sagt Gaby Brenner.
„Auch Landtagsabgeordnete, die nur zehn Jahre ein Mandat haben, werden vorher oder nachher sicher noch 30 Jahre weiter arbeiten können, um ihre Rente auf zu stocken.“
Auch ihr Vorstandskollege Hajo Siemes hält es für durchaus zumutbar, dass Abgeordnete ihre zusätzliche Altersversorgung – so, wie die „normalen“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – aus dem laufenden Einkommen ohne zusätzliche Erhöhung bezahlen.
„Gerade von der grünen Basis wird nach wie vor sehr viel ehrenamtliche Arbeit geleistet, die nicht vergütet wird und natürlich auch nicht zu Rentenansprüchen führt“, sagt Siemes.
Auch dass durch eine Gegenfinanzierung der Landeshaushalt 2012 nicht zusätzlich belastet wird, kann aus Sicht der Grünen-Vorstandsmitglieder kein Argument für eine Erhöhung sein.
Hajo Siemes: „Das Geld dieser Gegenfinanzierung könnte sinnvoller angelegt werden oder zur Entlastung des Landeshaushaltes führen. Die geplante Diätenerhöhung wird ja nicht nur den Haushalt 2012, sondern alle zukünftigen Haushalte belasten.“
Das Land NRW wird allein 2012 knapp vier Milliarden Euro neue Schulden machen. Die Erhöhungen werden somit jedes Jahr auf Pump von allen Bürgern finanziert.
Ein weiteres wichtiges Argument gegen die Erhöhung ist für Gaby Brenner der Zeitpunkt der Diätenerhöhung.
„In Zeiten, da alle öffentlichen Kassen vor dem Kollaps stehen, das ganze Geldwirtschaftssystem weltweit ins Wanken gerät und viele Menschen durch Arbeitslosigkeit, durch Arbeitszeitverträge und zu geringes Einkommen um ihre Existenz bangen, ist diese Erhöhung der Diäten den Menschen vor Ort nicht glaubhaft zu erklären. Täglich werden unsere Mitglieder und Mandatsträger auf der Straße von Bürgerinnen und Bürgern deswegen angesprochen“, so Gaby Brenner.
„Mit diesem von den Landtagsgrünen mitgetragenen Beschluss wird nicht nur das Ansehen der Partei geschädigt. Wir können die im Landtag beschlossene Diätenerhöhung gegenüber all den Menschen, die finanziell wesentlich schlechter gestellt sind, nicht verantworten und noch weniger rechtfertigen“, so Hajo Siemes. „Für diese Erhöhung der Diäten haben wir nicht das geringste Verständnis!“
DIE LINKE wirft SPD, CDU und Grüne im Land vor „Wasser zu predigen und Wein zu trinken“:
„Wir LINKEN haben von Anfang an gesagt, dass das mit uns nicht zu machen ist“, erklärt Özlem Alev Demirel, Parlamentarische Geschäftsführerin der Landtagsfraktion DIE LINKE. „Deshalb haben wir LINKEN, wie seit langem angekündigt, mit NEIN gestimmt.“
Nicht nur die Fraktion DIE LINKE, auch tausende Bürgerinnen und Bürger hätten gegen die unangemessene Anhebung der Abgeordnetenbezüge protestiert, so DIE LINKE.
Doch vergeblich – aus Mönchengladbach stimmten bei der namentlichen Abstimmung Hans-Willi Körfges (SPD), Norbert Post (CDU) und Michael Schroeren (CDU) mit JA.
Insgesamt stimmten 143 Abgeordnete der Erhöhung zu, 32 lehnten sie ab, darunter geschlossen die Fraktionen der FDP und der LINKEN. Enthaltungen gab es keine.
„Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass Abgeordnete in die solidarische gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen sollten“, sagte Demirel.
„Die Sonderbehandlung von Abgeordneten, wie sie in der aktuellen Erhöhung zum Ausdruck kam, muss endlich ein Ende haben. Was SPD, Grüne und CDU machen ist Wasser predigen und Wein trinken. Wir hingegen fordern gute Renten für alle.“
Helmut Schaper, Vorsitzender der Linksfraktion im Rat der Stadt Mönchengladbach ergänzt: „In Mönchengladbach leben tausende Menschen am Existenzminimum. Viele Rentnerinnen und Rentner, viele Arbeitslose und Hartz IV-Empfängerinnen und –Empfänger müssen im Monat von nur wenig mehr als 500 Euro leben. Dass sich die Abgeordneten des Landtags einfach nur so 500 Euro mehr genehmigen, um noch mehr Pension zu bekommen, finde ich eine schreiende Ungerechtigkeit.“
In ihren bisherigen MdL-Zeiten haben die Mönchengladbacher Landtagsabgeordneten nur aus diesen Funktionen jeweils Einkünfte in 7-stelliger Höhe erhalten:
Hans-Willi Körfges, SPD, (2000 bis 2011): ca. 1.3500.000 EURO
In der Legislaturperiode 2005 bis 2010 war Hans-Willi Körfges in 3 Landtagsgremien „ordentliches“ Mitglied und in 5 stellvertretendes Mitglied; in der Periode 2010 bis heute ist Körfges „ordentliches“ Mitglied in 6 Gremien und stellvertretendes Mitglied in 2 weiteren Gremien.
In beiden Landtagsperioden hat der wdr für Körfges 5 Reden im Landtag registriert.
Norbert Post, CDU, (2000 bis 2011): ca. 1.3500.000 EURO
In der Legislaturperiode 2005 bis 2010 war Norbert Post in 2 Landtagsgremien „ordentliches“ Mitglied und in 3 stellvertretendes Mitglied; in der Periode 2010 bis heute ist Post „ordentliches“ Mitglied in 3 Gremien.
In beiden Landtagsperioden hat der wdr für Post 1 Rede im Landtag registriert.
Michael Schroeren, CDU, (2005 bis 2011): ca. 750.000 EURO
In der Legislaturperiode 2005 bis 2010 war Michael Schroerenin 3 Landtagsgremien „ordentliches“ Mitglied und in 2 stellvertretendes Mitglied; in der Periode 2010 bis heute ist Schroeren „ordentliches“ Mitglied in 4 Gremien und stellvertretendes Mitglied in 4 weiteren Gremien.
In beiden Landtagsperioden hat der wdr für Schroeren keine Landtagsrede registriert.
Wer übrigens Landtagssitzungen im Fernsehen oder „vor Ort“ von der Zuschauertribüne verfolgt, kann die Mönchengladbacher Landtagsabgeordneten hier finden.
Von den 32 Abgeordneten, die die Diätenerhöhung abgelehnt haben, kamen 8 aus der CDU-Fraktion.
Interessant wäre es zu erfahren, ob sie und die übrigen 24 Landtagsabgeordneten, diese auch ablehnen werden.
Übrigens: Mitglieder in der Vertreterversammlung des in 2005 gegründeten Versorgungswerkes sind u.a. Hans-Willi Körfges und Michael Schroeren.
1.
M. Angenendt schrieb am 10.02.2012 um 23:06 Uhr:
Wenigstens die Gladbacher Grünen und Die Linke scheinen noch Realitätsbezug zu haben.
Hätten die Bürger ein Mitspracherecht, wäre dieser Affront gegen jeden Bürger NRWs nicht möglich geworden.
Es ist einfach für unsere „Volksvertreter“. Sie stimmen für sich selber ab, und machen was sie wollen. Sie vertreten das Volk?
Wer kann sie überhaupt an etwas hindern? Ist das die viel gepriesene repräsentative Demokratie?
Dieselben Herrschaften wundern sich über die Politikerverdrossenheit der Bürger? Dass das Ansehen der Politiker schlecht ist?
Mich wundert das überhaupt nicht. Man bekommt nur unbändige Wut!
Wozu brauchen die Abgeordneten des Landtages NRW ein eigenes Versorgungswerk?
Das ist Selbstbedienungsmentalität.
Als es mehr als ein Jahr darum ging den Regelsatz von Hartz-IV-Empfängern um 5 Euro/mtl. (!!) zu erhöhen, verstieg sich Horst Seehofer (CSU) zu folgender Aussage:
„Hilfe für die Arbeitslosen könne nicht so ausarten, „dass es diejenigen demotiviert, die Arbeit haben und davon sich und ihre Familie ernähren“.
Bei einer Erhöhung von 359 auf 364 (Altersversorgung Null) muss man schon aufpassen, dass es sich die Betroffenen dank dieser enormen Erhöhung in der sozialen Hängematte nicht zu gemütlich machen.
Was allein die Verhandlungen und Ausarbeitungen um diese Erhöhung von Hartz IV und das „Bildungspaket“ gekostet haben!
Man kann sich nur fremdschämen! Die Abgeordneten des Landtages genehmigen sich mal eben mehr als ein Hartz-IV-Empfänger überhaupt monatlich bekommt zusätzlich für ihre Altersversorgung!
Die hatten mit dieser Entscheidung zu Hartz IV nichts zu tun?
Direkt nicht – aber ihre unsensible, gierige Selbstbedienungsmentalität bringt den Kontrast zwischen dem, was sie uns vormachen wollen und dem, was sie wirklich denken und tun sehr deutlich zum Ausdruck.
Offensichtlich fehlt jedes Gefühl für Maß und Ziel.
Dem Bürger predigt man, dass um jeden Cent gerungen und um jeden Preis gespart werden muss. Auch um den der faktischen Rentenkürzung durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit, obwohl kaum einer bis 67 arbeiten können darf oder wird.
Dafür soll der Bürger, besonders in diesen schwierigen Zeiten, auch noch Verständnis haben?