Biogas-Anlagen gefährden die Artenvielfalt
Hannelore Huber [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Man muss kein Grüner, oder gar ein „Grüner Fundi“ sein, um die Folgen von Biogas-Anlagen „in größerem“ Stil zu erkennen. Man muss auch nicht „Betroffener“ sein, wie im Fall „Wanlo“, um Vernunft walten zu lassen. Man muss einfach nur denken.
Man muss noch nicht einmal über den „Grünen Tellerrand“ hinausschauen. Es würde schon reichen, wenn man im „grünen Teller“ bliebe.
„Mit Biogasanlagen wollen unsere Politiker das Klima retten, ihre Betreiber werden mit hohen Vergütungen belohnt. Monokulturen aus Mais begraben nun die Lebensräume der Tiere und Pflanzen. Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun – und die Artenvielfalt macht sich vom Acker.“, so der aktuelle Regenwald-Report auf Seite 10/11.
Im Kreis Steinburg in Schleswig- Holstein gibt es zwischen den Feldern noch Knicks und Bauminseln.
Doch der Mais breitet sich aus: Silomais in Monokultur im Norden von Hamburg – hier haben Ackervögel keine Chance und der Züchter wirbt für seine Sorte.
So verschwinden die Wiesen unter einem Meer aus Mais – zwei Meter hoch und oft bis zum Horizont. Keine Bauminseln oder Knicks, keine blühenden Säume trennen die Millionen Pflanzenstängel.
Auslöser für diesen Boom ist das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), vor allem seine beiden Novellen 2004 und 2009. Das Gesetz wurde zur Jahrtausendwende von der rot-grünen Bundesregierung verabschiedet, um den Anteil der „alternativen“ Energien aus Sonne, Wind, Wasserkraft oder Biomasse zu erhöhen.
Mit satten Vergütungen, Boni und Subventionen macht man den Kraftwerksbetreibern die Investitionen schmackhaft.
Biomasse wurde inzwischen als wichtigste erneuerbare Energiequelle entdeckt. Heute deckt der Stoff aus Acker- und Forstwirtschaft in Form von Strom, Wärme oder Kraftstoffen sieben Prozent des Primärenergiebedarfs in Deutschland.
Für den Anbau von Palmöl werden u.a. in Indonesien, Malaysia und Kolumbien die Regenwälder vernichtet: Millionen Hektar Ölpalmplantagen sollen die steigende Nachfrage nach Agroenergie in Deutschland und der EU befriedigen.
Biogas aus heimischem Anbau zu nutzen, schien dagegen ein guter Weg, um die Energie lokal zu erzeugen. Denn in den Biogasanlagen lässt sich die Gülle aus der Massentierhaltung sinnvoll weiterverwerten, anstatt sie auf den Feldern und Wiesen zu entsorgen, wo sie enorm die Gewässer und Böden belastet.
Diese Anlagen stehen direkt neben den Bauernhöfen, denen sie Strom und Wärme liefern sollen. Kleine, geschlossene Anlagen und kurze Wege – so die Ursprungsidee.
Doch schnell stellte sich heraus, dass Gülle allein nicht ergiebig genug ist, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. Dafür braucht man hocheffiziente Energiepflanzen – und kam auf Mais als „Hoffnungsträger“.
Um seinen Anbau zu forcieren, schuf die erste EEG-Novelle 2004 den NawaRo-Bonus, ein Bonus für nachwachsende Rohstoffe wie Silomais. Pro eingespeister Kilowattstunde bekamen die Landwirte mit kleinen und mittleren Biogasanlagen 6 Cent zusätzlich zur Grundvergütung.
Die zweite Novelle 2009 erhöhte auf 7 Cent und setzte einen Güllebonus obendrauf. Der Startschuss für das Artensterben war gefallen.
Und schon springen Energieversorger auf den Zug auf und wittern große Profite, die ignorieren, dass auf intensiv bewirtschafteten Maisfeldern, die gespritzt und gedüngt werden, vor allem die Vögel nicht überleben können. „Den Ackervögeln geht es schlecht“, sagt Dr. Krista Dziewiaty.
Die Biologin hat im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Auswirkungen der Bioenergie auf die Artenvielfalt in Deutschland erforscht – und Auswege aus dem Drama gesucht.
Auch wenn die Landwirte, die Partner der NVV in der neuen Gesellschaft werden sollen, beteuern, dass die Fruchtfolge erhalten bliebe, werden die Auswirkungen auf die übrige Tier- und Pflanzenwelt nicht ausbleiben.
Dass die NVV diese Auswirkungen nicht im Fokus hat, ist nicht verwunderlich. Als gewinnorientiert arbeitendes Unternehmen, hat man dort offensichtlich nur die €-Zeichen in den Augen. Dass nicht alles optimal und umweltfreundlich ist, was dank Subventionen Geld in die Unternehmenskasse bringt, wird hier geflissentlich ausgeblendet und das Ganze auch noch „grün“ und mit angeblicher Sorge um unser aller Wohl (Wasser- und Bodengüte) verkauft.
Verwunderlich ist hingegen, dass die meisten Mönchengladbacher Grünen, von denen sich einzelne vehement um den Erhalt von Bäumen einsetzen, hierfür keinen Blick (mehr) zu haben scheinen.
Vernebelnden Beteuerungen von „offiziellen“ Stellen (NVV, Aufsichtsratsmitglieder, Beiratsmitglieder. usw.) schenken sie mehr Glauben als Fakten und dem „normalen Menschenverstand“.
Wenn solche Art von Kritiklosigkeit, wie wir ihn derzeit in Mönchengladbach erleben, der Preis dafür ist, dass man im politischen Establishment angekommen sein will, dann reift beim Bürger die Erkenntnis, dass „wo Bio drauf steht“, noch lange nicht „Grün“ drin ist.
Vielleicht bekommt ja die Biogas-Anlage dann später einmal ein Mönchengladbacher „Grünen-Bio-Siegel“, mit dem deutlich gemacht wird: „Chance vertan“.
2.
Mine schrieb am 6.07.2010 um 11:09 Uhr:
erinnert mich an den zuerst bejubelten „Bio-Diesel“, bei dem man hinterher auch erkannte, dass letztlich auch hier Umwelt geschädigt wird. Auch die Grünen machten dann eine Kehrtwende.
Solch eine Kehrtwende ist aber bei der Biogasanlage nicht möglich. Einmal gebaut, laufen über Jahrzehnte Verträge. Ich glaube nicht, dass sich die Politiker ihrer Verantwortung in puncto „vorausschauendes Denken“ überhaupt bewußt sind.
Wanlo ist ein Versuchsfeld, bei dem sich zeigen wird, ob Ideologie auf dem Papier der Realität stand hält. Ob auch der CO2-Wert für Transport des Mais, Umweltschäden durch Monokultur in das große Bio-einmaleins mit eingerechnet wird?
In einigen Jahren werden Politiker, von denen man jetzt nichts hört, behaupten, das schon immer gewußt zu haben. Die Wanloer Anlage steht dann als mahnendes Negativ-Beispiel, die handelnden Strippenzieher sind Vergangenheit.
Solche Verrücktheiten gab es immer schon.
1.
Pincopallino schrieb am 4.07.2010 um 17:44 Uhr:
Dieser Aussage kann ich nur zustimmen: Man muss kein Betroffener aus Wanlo sein, um sich zu fragen, ob niemand mehr nachdenkt. Ob Politik, Verwaltung, Bürger. Alle lassen sich die größten Märchen von denen erzählen, die mit Biogasanlagen und Maisproduktion nur eines wollen: Geld verdienen.
Selbstverständlich ist das legitim. Muss man aber wirklich alles tun, was im Bereich des Machbaren liegt und dank entsprechender Gesetze und Subventionen erst lohnend wurde?
Wo sind die Landwirte, die ihr Land (Natur) angeblich „lieben“? Was ist mit den Energieversorgern, die angeblich unsere Trinkwasserversorgung im Blick haben? Sie alle scheinen tatsächlich nur eines zu wollen: Geld!
Für diesen Biogasunsinn zahlen wir über Steuern (Subventionen) und unsere Energierechnung.
Kann oder will die Politik das nicht sehen? Beides wäre gleich schlimm. Wenn sie es nicht kann, ist sie unfähig. Wenn sie nicht will, ist es Ignoranz. Was haben wir da gewählt?
Liest man den Artikel im Regenwald Report, muss man es sich erst recht fragen. Da müsste ein Aufschrei durch die Reihen von Bündis90/Die Grünen gehen! Spätestens nach diesem Artikel dürften diese nicht mehr sagen können, dass sie Biogasanlagen in dieser Form befürworten.
Besser wird es auch nicht, wenn statt Mais etwas anderes extra dafür angebaut wird. Monokultur bleibt Monokultur.
Die Natur wird aus dem natürlichen Gleichgewicht gebracht, und wir sehen dabei zu! Die Krönung des Ganzen: Wir finden das auch noch umweltfreundlich! Energiepolitisch richtig und gewollt!
Nein, gerade von den Grünen (die ich auch noch gewählt habe!!) hätte ich mehr Kritikfähigkeit und Widerstand gegen diesen Unsinn erwartet. Ich fühle mich als Wähler betrogen. Leider nicht zum ersten Mal. Mein Problem: Bleibt mir jetzt nur noch die Partei der Nichtwähler? Offensichtlich.
Ich habe das Thema Biogasanlage hier in der Bürgerzeitung verfolgt. Die Bilanz fällt für die Politik nicht gut aus.
Sie ist nicht dazu angetan noch irgendeiner Partei meine Stimme/Vertrauen zu geben. Mit dieser Meinung bin ich mit Sicherheit nicht allein. So manche Politikeräußerung ließ mich regelrecht zusammenzucken. Diese Kritiklosigkeit, Arroganz und Selbstherrlichkeit. Was ist hier los?
Auch wenn vermutlich viele diesen Ausspruch kennen, noch einmal zur Erinnerung:
„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ Diese Worte aus einer Prophezeiung der Cree-Indianer bekommen immer mehr Bedeutung.
Wir alle und insbesondere die Politik, allen voran die Grünen, sollten darüber intensivst nachdenken. Nicht überall wo „grün“ draufsteht ist auch „grün“ drin. Das muss ich nun bei Bündnis 90/Die Grünen feststellen.
Willkommen im Establishment? Es scheint so. Sehr ärgerlich!