Offener Brief an Minister Peter Altmaier …
Karsten Simon [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
… zu seiner Rede über die Energiewende beim Wahlkampfauftakt der CDU Mönchengladbach am 01.09.2013 im Oktoberfestzelt im Nordpark.
Sehr geehrter Herr Minister,
Ihre Rede heute war ein routinierter Parforceritt durch die Problemwelt der Energiewende. Die Lösungen werden allerdings eine Quadratur des Kreises erfordern. Die geometrische Figur des mit einem Zirkel gezeichneten Kreises ist ja schon alt.
Der Beweis aber, dass es unmöglich ist, seine Fläche durch ein ebenfalls mit Zirkel und Lineal konstruiertes Quadrat auszudrücken, gelang erst 1822.
Ähnliches trifft anscheinend auch auf die „Energiewende“ zu: die Zeit ist offenbar noch immer nicht gekommen für die Einsicht in ihre Unmöglichkeit.
Was für ein Wahnsinn aber auch: die Industrialisierung setzte ein, als es gelang, Windmühlen durch Dampfmaschinen als konzentrierte, leistungsstarke und vor allem nach Bedarf produzierende Energiequellen zu ersetzen.
Und jetzt will unser hoch industrialisiertes Land allen Ernstes zu den Windmühlen zurück!
Die beiden Kernmotive dieser „Energiewende“, der anthropogene Klimawandel und die Endlichkeit fossiler Brennstoffe, entwickeln sich immer mehr zu Chimären.
Sie sind nicht das, wofür wir sie halten, trotz schon fast pathologischer Beschwörungen z.B. des Potsdam Klima Instituts und anderer grüner Gutmenschen.
Gestatten Sie mir noch zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede:
1.
Sie haben den exportierten Stromüberschuss in Deutschland im 1. Halbjahr 2013 als Beweis dafür dargestellt, dass wir mehr als genug Strom produzieren, unsere Stromversorgung also sicher ist.
Das Gegenteil ist richtig. Es wurde ganz überwiegend nicht verbrauchbarer Windstrom exportiert, der andernfalls unser Netz destabilisiert haben würde.
Es waren vom unsinnigen Erneuerbare Energien Gesetz EEG erzwungene Notexporte. Fragen Sie Ihre Energiefachleute.
2.
In einer schönen Wolke haben Sie die deutsche Ingenieurkunst auf Ihr Schild gehoben und damit bei den unkritischen unter Ihren Zuhörern wohlige Wärme im Bauch erzeugt. Das mag zur Wahlkampfmotivation taugen.
Das Thema an sich ist aber zu ernst für solche Substanzlosigkeiten.
Ihr Beispiel war die 1.000 DM Schreibmaschine, Geschenk Ihrer Eltern 1980, die schon wenige Jahre später durch die rasante Entwicklung der PC Technik obsolet wurde.
Das würde doch zeigen, dass immer wieder Entwicklungen möglich sind, von denen wir heute noch nicht einmal träumen.
Ihr Beispiel hinkt: Ihr Traum beschwört die schnelle Lösung des Speicherproblems, vermeintlich der Schlüssel zum Gelingen der „Energiewende“.
Es hinkt, weil auch noch so viele Beschwörungen die Suche nach geeigneten Lösungen nicht zu beschleunigen vermögen.
Und wenn es die denn jemals geben wird, so dauert es bis zum ihrem großtechnisch wirksamen Einsatz noch einmal 2 Menschengenerationen.
Auch bei aller Ingenieurkunst wird es sich bei jeder Speicheranlage um ein Multimillionen-Euro-Projekt handeln, das sicher und beherrschbar funktionieren muss obwohl es wegen der benötigten Energiedichte die Sprengkraft vieler Bomben enthält.
Ihr Beispiel hinkt auch, weil bei der ganzen Speichereuphorie übersehen wird, dass die Speicher in ausreichend kurzer Zeit wieder gefüllt werden müssen, wenn sie einmal leer sind, und das parallel zur normalen Netzlast.
Und, was ist „ausreichend kurze Zeit“?
Windräder werden keine „Energiewende“ bewirken können.
Die Lösung für den Ersatz fossiler Primärenergieträger wird vielmehr in der Weiterentwicklung der Kerntechnik liegen.
Die Arbeiten zu den Reaktorkonzepten der 4. Generation, z.B. mit Thorium betriebene Hochtemperaturreaktoren, bauen auf bereits Jahrzehnte altem Wissen auf.
Sie können vorhandenen Kernbrennstoffabfall weiter verwerten.
Damit wird also auch für die bereits vorhandenen Abfälle kein Endlager mehr benötigt, und die aus dem Brennstoffkreislauf eines solchen Reaktors ausgeschiedenen Abfälle müssen nur noch für 300 Jahre sicher eingeschlossen werden.
Diese konkret ausformulierten Konzepte gilt es vorrangig zu fördern anstelle von irgendwelchen wolkigen Speichertechnologien.
Ich wünsche mir von Ihnen und unserer neuen Regierung die Chuzpe, das auch öffentlich zu vertreten.
Sodann habe ich in Ihrem fulminanten Vortrag ein wichtiges Thema vermisst.
Das ist die extrem unsoziale Komponente des EEG.
Dazu der aktuelle Bericht eines Betroffenen, alleinstehend, Alter ca. Mitte/Ende 50, ehemaliger Textil-Facharbeiter, Frührentner wg. Erwerbsunfähigkeit. Netto-Rente 830 €/Monat.
Er wohnt in einer größeren Wohnanlage einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft im benachbarten Viersen. Kaltmiete rd. 35% des Nettoeinkommens = ca. 300 € /Monat.
Aktuell liegt er im Streit mit der GEZ (heute „Beitragsservice“), weil er deren Gebühr nicht bezahlen kann/will. Er will sich verklagen lassen um damit auf seinen Fall aufmerksam zu machen.
Die Wohnungsbaugesellschaft hat die Dächer ihrer Häuser schon früh mit Photovoltaikpaneelen belegt, die bringen ihr 51,8 ct /eingespeiste KWh.
Der arme Mann wohnt also unmittelbar unter dem gleichen Dach mit so einer Anlage, die ihm das Geld aus der Tasche zieht – ohne Chance, sich dagegen wehren oder an diesem Profit teilhaben zu können.
2014 wird der Strom erneut um 1,8 … 2 ct /Kwh brutto teurer, das bedeutet für ihn eine zusätzliche Kostenbelastung von ca. 3,50 Euro /Monat = 6,6% seines Einkommens nach Abzug der Miete.
So wird der ohnehin schon Arme noch weiter geschröpft.
Sein Argument: der Staat hat das mit der Energiewende so gewollt, dann soll er auch dafür bezahlen. (Anmerkung: wir Bürger haben es nicht gewollt, wir hatten keine Volksabstimmung über dieses für unsere Wirtschaft und damit für unser Land existentielle Thema.)
Ich kann die Forderung des Mannes sehr gut verstehen. Sie ist jedenfalls viel leistungsgerechter als die gegenwärtige proportionale Bezahlung über die Stromrechnung: wer mehr verdient, ist leistungsstärker, zahlt also auch mehr Steuern und schultert damit einen größeren Teil der EEG Kosten.
Die gleiche Forderung wird übrigens im Wahlprogramm der AfD erhoben.
Das Fallbeispiel zeigt auch exemplarisch, was Rotgrün mit dem EEG angerichtet und die CDU in 8 Jahren Regierung nicht verändert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Simon
2.
Karsten Simon schrieb am 16.09.2016 um 12:00 Uhr:
Inzwischen dreht sich die Welt um das atomophobe Deutschland herum weiter:
Nachdem die neue britische Regierung unter Theresa May im Juli 2016 zunächst einen Baustopp verhängt hatte, wird Hinkley Point C jetzt weiter gebaut
http://uk.reuters.com/article/us-generalelectric-hinkley-idUKKCN11M097 .
Ausschlaggebend für die Entscheidung waren wohl auch politische Überlegungen vor dem Hintergrund des bevorstehenden Brexit: Pflege und Ausbau der Beziehungen zu Frankreich (Hauptlieferant) und China (Teillieferant und wichtiger Geldgeber).
Der französische Generalunternehmer Alstom, heute Teil des amerikanischen Konzerns General Electric, bietet außerdem noch auf Kernkraftwerks-Neubauten in Finnland, Südafrika, Saudi Arabien, Ägypten, Indien und China.
Daten per Ende 2015:
Weltweit 441 Kernkraftwerke in Betrieb, davon 129 in Europa.
Weltweit 65 Kernkraftwerke im Bau.
1.
Der vom Morken schrieb am 6.09.2013 um 09:29 Uhr:
Meine Güte!
Herr Simon, warum wandern Sie nicht nach Frankreich (obwohl dort inzwischen großer Widerstand gegen AKWs besteht) oder Japan aus?
Dort haben Sie mit Sicherheit eine strahlende Zukunft vor sich und erfreuen die Atomindustrie mit Ihren Ideen.
Diesen Greenpeace-Spot finde ich zwar nicht so gut gelungen – aber er verdeutlicht, um was es geht:
http://www.youtube.com/watch?v=8o2NQ5hlqVI