Wagners „Rienzi“ im Stadttheater
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Wenn ein Theater von der Größe des Stadttheaters eine Oper wie Wagners Rienzi auf die Bühne bringt, bedeutet dies eine Riesenanstrengung künstlerischer wie auch finanzieller Art.
Dank des Einstehens der Partnerstädte Krefeld und Mönchengladbach für das Theater, war der finanzielle Aufwand wohl das geringste Problem, zumal nur zwei Partien, der Rienzi und seine Schwester von Gästen interpretiert wurden.
Also eigentlich eine Haus-Aufführung, in der unsere hiesigen Sänger sich durchaus nicht zu verstecken brauchten.
Zum Inhalt, den man in dieser Inszenierung nicht so sehr erkennen konnte, von Rom wurde zwar immer wieder in den höchsten Tönen, und dies ist wörtlich zu nehmen, gesungen, aber von Rom war nichts zu sehen, einmal die zum Verständnis notwendigsten Informationen.
Der päpstliche Notar Rienzi gerät in einen Streit zwischen den verfeindeten Familien Colonna und Orsini, bei dem seine Schwester Irene entführt werden soll.
Ihr zur Hilfe eilt Adriano, der dem Colonna – Clan angehört. Das Volk mischt sich in den Kampf ein, Rienzi erscheint. Durch seine Ausstrahlung gelingt es ihm, den Kampf zu beenden.
Er wird vom begeisterten Volk gefeiert, der Beistand der Kirche ist ihm gewiss, die Krone wird ihm angeboten. Er lehnt ab und will nur Tribun sein.
Der Adel stellt sich gegen ihn, es kommt zu einem Attentat, das aber vereitelt wird, er vergibt den Attentätern, die sich aber später wieder gegen ihn stellen.
Rienzi zieht in den Kampf, gewinnt und wird gefeiert.
Die Nobili, der Adel, verhetzen das Volk, es kommt zum Aufstand, der Kirchenbann wird gegen ihn ausgesprochen.
Er flieht ins Kapitol, das rasende Volk will ihn richten. Sein Gebet verhallt ungehört, das Kapitol gerät in Brand und stürzt ein. Das Volk verliert die gerade gewonnene Freiheit wieder.
Wagner komponierte zu dieser Vorlage große, dramatische, zumeist laute Musik, die dem damals beliebten Stil der Grand Opéra, besonders der seines Zeitgenossen Meyerbeers entsprach.
Anklänge an dieses Frühwerk kann man in späteren Werken hören. Riesentableaus, ein großes Ballett, endlose Kriegs- und Marschmusik.
Eine Kürzung von 6 Stunden auf 2,5 Stunden wie hier ist durchaus gerechtfertigt. Leider fielen dem Rotstift aber auch einige Szenen zum Opfer, die man gerne gehört hätte, so zum Beispiel die Partie des Friedensboten.
Schade. Es wäre doch, da es wunderbar zu singen ist, eine Aufgabe für Lisa Katarina Zimmermann aus dem Opernstudio gewesen.
Das Sujet muss jeden Regisseur reizen, ob er nun das Stück in seiner Zeit belässt, es in die Zeit des Tausendjährigen Reichs versetzt, oder wie kürzlich in Rom auf eine sonst nackte Bühne mit einer Stele im Mittelpunkt, mit zeitlosen Kostümen, spielt.
Hier wurde es in die Zeit der Machtherrscher unserer Zeit versetzt. Wo ist hier, wie auch in vielen anderen Inszenierungsversuchen, der Bezug zum Werk?
Es ist eine Handlung, die eindeutig in Italien spielt. Hätte man hier die Figuren von Mussolini oder Berlusconi genommen, wäre die Handlung verständlicher gewesen.
Das Bühnenbild, sich auf Zeitungsartikel von Anarchie und Nachrichten von Untaten konzentrierend, die Börsenkurse anzeigend, ständig alle möglichen und unmöglichen Kriegsverbrecher oder ähnliches zeigend, Panzeraufrollen, Aufmarschieren etc., zum Teil die auf der Bühne agierenden Künstler auf der durchsichtigen Projektionsfläche, störte durch die ständigen, den Zuhörer ablenkenden Bildwechsel sehr.
Im 2. Akt erinnerte das Bühnenbild verblüffend dem des 2. Aktes der Fledermaus. Hier saß der Chor wie in der Fledermaus in Ballkostümen an großen Tischen.
Was der rote Graben sollte, erschloss sich mir nicht.
Das Regie-Konzept schien hier in Mönchengladbach zu Krefeld etwas geändert. Choraufstellung und der erwähnte Vorhang waren anders, hierdurch war die Verbindung Orchestergraben – Bühne erheblich besser.
Sänger und Dirigent konnten sich, anders als in Krefeld, sehen und reagieren.
Damit zunächst einmal zum Chor, lautstark, präzise, mit großem Anteil singend.
Klangschön war es nicht immer, bei Fortissimostellen, und deren gibt es viele, klang es ziemlich forciert. Eine Führung durch Regie konnte ich nicht erkennen. Immer war es der Block.
Wie in Krefeld wurde der Chor der Friedensboten, weiß gewandet, durch die Chordirektorin, Maria Benyumova, schwarz gewandet, auf der Bühne dirigiert. In Krefeld vermutete man, das der Chor den Dirigenten nicht sehen konnte. Hier war dies aber gut möglich. Ein spontaner Regieeinfall?
Man hätte hier sich ganz gut den Chor der Brautjungfern aus dem Freischütz vorstellen können.
Mit dem Rücken zum Publikum sitzende Mitwirkende klatschen Beifall. Warum?
In Fernseh-Soaps kann man so etwas erleben, da kommt der Beifall dann aber aus dem Off.
Auch die Führung der Solisten erschloss sich mir nicht. Ein wirkliches Zuspielen, Miteinanderspielen, kam in den seltensten Fällen zustande.
Fangen wir einmal bei der Titelfigur Rienzi an. Er macht es ganz prima, aber wo kommt er zum Handeln? Im ersten Akt nicht, im zweiten Akt nicht, im dritten Akt steht er lange vor einem Katheder und murmelt weite Strecken, passend zu den Untaten auf dem Knüpfvorhang, tonlos vor sich hin.
Im letzten Akt wird er als Demenzkranker (?) gezeigt, rutscht im Nachthemd über die Bühne. Ist das wirklich das Ende des Volktribunen, kann der Text, den er in seiner Arie „Allmächtger Vater, blick herab“ so auf der Bühne umgesetzt werden? Das spricht von einer totalen Ignoranz der Regie.
Was soll die ihm aufgesetzte Pappkrone, wahrscheinlich aus dem Weihnachtsmärchen stammend?
Er hatte doch im 1. Akt auf die ihm angebotene Krone verzichtet. So geht es weiter bis zum bitteren Ende.
Er wird in den roten Graben gesteckt und mit Benzin übergossen.
Dann fällt ein wallender roter Vorhang, der wahrscheinlich den Brand und das Einstürzen des Kapitols versinnbildlichen soll.
Das ist nicht neu und auch nicht gut!
Zur musikalische Seite:
Hier sind zwei Sänger zu nennen, die stimmlich und darstellerisch ihren Rollen mehr als gerecht wurden. Rienzi und Adriano.
Die herrliche Eva Maria Günschmann war in jeder Phase Adriano, zeigte in Mimik und Köpersprache die Zerrissenheit des jungen Adriano.
Einfach wunderbar sang sie die mörderische Partie, die doch in der Uraufführung nicht von einem Mezzo , sondern von der hochdramatischen Sopranistin Schröder-Devrient verkörpert wurde.
Eine große Leistung.
Wie in Krefeld kann ich der Stimme der Gastsängerin Anne Preuß nichts abgewinnen. Die Stimme ist sehr hart, in der hohen Lage neigt sie zum Schrillen. Lyrische Töne gibt es nicht.
Vom Kostüm her war sie sehr schlecht bedacht, daher möchte ich ihr schauspielerisches Talent nicht beurteilen.
Eine große Überraschung war für mich der Sänger des Titelhelden Rienzi, der junge Carsten Süss. Gegenüber der in Krefeld gehörten Premiere erkannte man ihn kaum wieder.
Seine Stimme klang fast immer frei und sehr klangschön, immer tragend. Die Ausbrüche kamen, nicht brüllend, sondern gesungen, immer dem Text angepasst. Übrigens war er der Einzige, dessen Aussprache man verstand!
Endlich einmal ein Tenor, der die Arie „Allmächtger Vater“ nicht mit Heldeninbrunst brüllt, sondern als ein Gebet singt. Dass er dieses, nicht der Not gehorchend, im Piano sang, belegten die noch folgenden stark zu singenden Stellen, die er ohne jede Mühe sang.
Sein Spiel war ohne die in Krefeld zu bemerkende Verkrampfung der Figur angepasst. Reicher Szenenapplaus dankte ihm.
Die Sänger der kleineren Rollen, Hayk Dèinyan mit rundem warmem Bass, Andrew Nolen, intensiv spielend, Matthias Wippich mit gewöhnungsbedürftigem vibratolosem Bass, Walter Planté, fabelhaft darstellend, der intensive, schönstimmige Bariton Rafael Bruck, den ich gerne in einer größeren Partie hören möchte, vervollständigten das Ensemble.
Der Chor, wie bereits erwähnt, sang in der Einstudierung von Maria Benyumova klangstark und präzise, aber nicht immer klangschön, war aber ein großer Pluspunkt der Aufführung.
Das Orchester spielte unter der Leitung von GMD Mikhel Kütson klangschön und fast immer präzise, deckte aber sehr oft zu und verführte Solisten und Chor zum Forcieren. Ist es nicht Aufgabe des Dirigenten, den nötigen Ausgleich zu erarbeiten?
Regie, Matthias Oldag, hierzu eine Bemerkung aus dem Publikum: Ganz nett, aber wo bleibt das Stück. Mit Bühne und Kostüm kann ich nichts anfangen.
Einen Riesenbeifall erhielten die beiden Hauptdarsteller Carsten Süss und Eva Maria Günschmann am Ende der Vorstellung.
Auch die anderen Darsteller wurden in den herzlichen Beifall des Publikums einbezogen.
Mitgebrachte Claqueure taten ihre Pflicht mit lautem Geschrei und Gejohle. Man hatte sich, wie mir von einem Zuschauer gesagt wurde, vor dem Eingang verabredet!
Der ehrliche Beifall des Publikums wäre besser gewesen.
Herbert Rommerskirchen