„Verbrennungen“ oder Verwirrungen im Stadttheater
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein Stück, Schauspiel kann ich es nicht nennen, war im Stadttheater Mönchengladbach zu sehen. Dieses Stück hat in der letzten Zeit auf Schauspielbühnen, bei Lesungen und szenischen Lesungen, Aufsehen erregt. Warum nur?
Bei fast jeder Ankündigung liest man vom „Libanon“ . Der kommt aber gar nicht vor.
Wajdi Moouawad ist zwar im Libanon geboren, aber seine Familie ging mit ihm, als er acht Jahre alt war, nach Paris, später nach Kanada. Sind seine Erinnerungen, die er hier doch verarbeiten will, oder die Erzählungen der Familie so stark?
Er erzählt ein Familiendrama, das er bewusst (?) immer wieder in Rückblenden erzählt.
Inhalt in kurzen Zügen:
Die Mutter von Zwillingen ist gestorben, bei der Testamentseröffnung erhalten sie einen Brief an den Vater, an den Bruder, die sie denen ungeöffnet übergeben sollen.
Damit fängt dann die Verwirrung an. Wo soll man Vater und Bruder suchen, wie erkennen? Eine große, auf der Bühne aufgestellte Tafel soll hierbei helfen: den Darstellern und auch den Zuschauern.
Die Mutter hat lange geschwiegen, taucht dann aber bei der Rückschau als „Singende Frau“ auf.
Es wird verwickelt, zumal die Darsteller gleich mehrere Personen verkörpern müssen. Da helfen verschiedene Kostüme nicht, sondern verwirren.
Der eigentliche Inhalt, eine Frau, die unter den Kriegsgräueln und Vertreibung leidet, Vergewaltigungen erlebtt, ein Kind bekommt, das ihr direkt nach der Geburt weggenommen wird, ins Gefängnis geworfen wird und hier Zwillinge gebärt. Diese überleben.
Die Zwillinge haben seltsame Berufe, sie wird Mathematikerin, er Boxer. Es geht weiter bis zum Inzest.
Wenn ich diese Dinge jetzt Revue passieren lasse, meine ich, dass Sophokles „Ödipus“ hier doch Pate gestanden hat.
Ich nehme an, dass Gehrt, der doch hier im Studio einen vorzüglichen Ödipus inszeniert hat, Ähnlichkeiten gesehen hat. Dramaturgie und Regisseur haben es zweifellos ernst genommen.
Es gibt hier neben wilden Streitereien auch viele anrührende Momente.
Regie, Bühnenbild und Kostüme gefielen mir bis auf die Tafel.
Aber, die Aufführung dauerte zu lang. In zwei Stunden inclusive Pause wäre es wahrscheinlich leichter zu verstehen gewesen.
Die Monologe nach der Pause zerdehnten das Stück unnötig, da vieles von dem, was hier erzählt wird, an anderer Stelle schon kam. Vor allem der lange Schluss-Monolog wollte nicht aufhören.
Eigentlich schade!
Zur Aufführung:
Für die stark geforderten Schauspieler gab es keine Pause. Sollten sie nicht gerade in der Handlung sein, verbrachten sie den Abend wie Hühner auf einer Stange, in diesem Fall auf Stühlen sitzend, vor einer wunderbaren Kulisse. Wollte Gehrt hier den griechischen Chor haben?
Immer wieder rennen und Orte oder andere Dinge auf die Riesentafel zu schreiben, zerriss die Spannung. Neu ist das ja nicht.
Die Leistungen der Schauspieler sind wie immer nur als hervorragend zu bezeichnen.
Esther Keil in der Hauptrolle als Nawal sich verzehrend, tolle Leistung.
Henrike Hahn als ihre Tochter Jeanne, in starken ruhigen Tönen.
Christopher Wintgens als perfekter Notar, Hausmeister und Milize.
Helen Wendt als Jihane, Nawals Mutter, als ihre Freundin Sawda sehr überzeugend.
Ronny Tomiska als die Hebamme Elhame, als Fremdenführer und Fotograf, wandelbar und gewandt, Adrian Linke als Nihad wild um sich schießend, es glich einer Wild-West-Szene.
Jonathan Hutter als Wahab und Milizionär, differenzierte diese Personen.
Joachim Henschke als Großmutter Nazira , als Dorfältester, Bauer und als Boxtrainer, dazu als Sparringspartner von Cornelius Gebert als Boxer.
Dieser junge hochbegabte Schauspieler wird leider immer in Partien, in denen er den Brutalo, den Schläger macht, eingesetzt.
Diese Rollen macht er zwar fabelhaft, kann aber immer nur eine Facette seines Könnens, seiner Mimik zeigen, den jungen zornigen Wilden.
Schade.
Die Achillesferse der Aufführung:
Wie immer trägt die Verstärkung durch Mikroport nicht zur Verständlichkeit, sondern zur Unverständlichkeit bei.
Selbst bei Henschke, der doch fabelhaft spricht, klappte es nicht.
Der Theaterraum ist nicht groß, könnte von den Schauspielern ganz gewiss gefüllt werden.
Hier ist doch kein Wagner-Orchester zu übertönen.
Oder ist der Mikroport als Teil der Maske zu sehen?
Fazit:
Bei einiger Kürzung wäre es ein guter, zum Nachdenken anregender Abend gewesen.
Kulturinteressierte, die einen anstrengenden Arbeitstag hatten, können sich wahrscheinlich nicht fast drei Stunden auf die Verwirrungen des Werkes konzentrieren.
Herbert Rommerskirchen
1.
D. Pardon schrieb am 13.05.2014 um 21:24 Uhr:
Zu diesem Stück kann ich nichts sagen, jedoch die Kritik zu den Mikros nachvollziehen
Bei „My fair lady“ war Musik und Gesang ein Genuss, die Sprechphasen der Darsteller allerdings nicht.
Der Einsatz von Mikrofonen war auch hier nicht nur überflüssig, sondern wirkte sich nachteilig auf die Echtheit der Stimmen aus.