Nette Inszenierung von Molières „Der Menschenfeind“ im Stadttheater

Red. Theater [ - Uhr]

Ein zirzensischer Balanceakt für die Darbietenden, auf einem Boden, der ständig in alle Richtungen bewegt, gehoben und abgesenkt wurde. Dieses, um wahrscheinlich anzuzeigen, auf welch unsicherem Boden der Mensch sich bewegt.

Dieses funktionierte nicht so recht. Das Greifen und Auffangen der Schauspieler, das Rutschen der Menschen und der Hocker wirkte reichlich einstudiert und gekünstelt.

Die Schauspieler auf der Bühne hätten ohne diese Zugabe einiges mehr zeigen können.

Aber, kann man heutzutage noch etwas auf die Bühne bringen, ohne etwas „Neues“ hinzuzufügen?

Hier erinnere ich mich an eine Inszenierung des Woyzeck in unserem Haus, bei der der Darsteller des Woyzeck fast den ganzen Abend auf einer Drehscheibe laufen musste.

Hier gab es Molières „Der Menschenfeind“. Ein Stück, das schon 1666 aufgeführt wurde, sich bis heute auf der Bühne gehalten hat.

Eine Tragikomödie!

Der Mann Alceste hasst jede Lüge, jedes Verstellen, jede Oberflächlichkeit. Sein Lebensideal ist die absolute Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit sich selbst und anderen Menschen gegenüber.

Das dieses in einer Welt, die damals wie heute so etwas nicht zulässt, gesellschaftliche Pflichten, Spielregeln, Rücksicht auf andere Menschen, Diplomatie, sind stärker, auf Unverständnis, Hohn und Verlachung stößt, macht ihn immer agressiver. Hieran muss er scheitern.

Auch die Freunde leiden unter seiner Haltung und distanzieren sich, bei den Frauen hat er zwar noch Glück, aber das hat nicht Bestand. So akzeptiert er die poetischen Ergüsse des Hofdichters Oronte nicht. Er verliebt sich in die schöne Célimène, die aber mit nur einem Mann nichts anfangen kann, ihn betrügt.

Nur sein Freund Philinte hält zu ihm.

Letztendlich geht  jeder seinen eigenen Weg, wohin, bleibt offen.

Zur Aufführung:

Ich weiß, dass ich mich wiederhole, wenn ich immer wieder schreibe, dass wir ein hervorragendes Ensemble haben. Auch hier zeigte sich, trotz der sich bewegenden Spielfläche, die absolute Identifikation mit einer Rolle, die Hingabe an die Figur.

Bruno Winzen als Alceste war ein Hypochonder, der mit großem körperlichen Einsatz seine Rolle verkörperte. Leider kam hierdurch die Sprache bis zur Nichtverständlichkeit zu kurz. Es wurde immer schneller, unverständlicher.

Paul Steinbach gab glaubhaft den treuen Freund Philinte, Daniel Minetti den verhöhnten Dichter Oronte.

Die Damenrollen, wie immer hervorragend, Esther Keil als flotte, leichte Célimè, Eva Spott als männerbedürftige Arsinoé. Die beiden Erzschauspielerinnen im „Duett“ zu erleben, war einfach eine Wonne.

Helen Wendt als einzige Frau zur Liebe fähig, gab eine sehr schöne Studie der Eliante.

Der im Ensemble neue Jonathan Hutter als Clitandre und Cornelius Gebert als Acaste gaben perfekte, höchst unterschiedliche Portraits.

Hier störte mich eines, das wahrscheinlich von der Regie angeordnete kreischende Lachen. Übertrieben!

Gesprochen  wurden Molières Verse in der deutschen Fassung von Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens so hervorragend, das man die Verse kaum wahrnahm.

Die Regie, Christoph Roos, brachte einen netten Abend, das Bühnenbild, Peter Scior, wäre auch ohne die Hydraulik gut gewesen, die Kostüme, Sonja Albartus sehr passend.

Fazit:

Ein netter, unterhaltsamer Abend.

Auch ohne das mittlerweile bei jedem Stück ertönende Bravogeschrei und Gejohle wäre der Beifall gut gewesen.

Herbert Rommerskirchen

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