König Ödipus im Studio des Theaters: Große Kunst
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Als ich den Raum des Studios zur Premiere des „König Ödipus“ am 16.12.2011 betrat, dachte ich zunächst einmal, ich sei im Freilichtraum einer Cafeteria gelandet.
Hocker und Stühle im ganzen Raum verteilt, das Podium entfernt.
Kerzen auf einem Opferkerzenständer der in katholischen Kirchen in der Nähe des Eingangs steht, an Säulen Lampen, in denen Räucherware verbrannt wurde. Dahinter ein großer Olivenbaum.
Nachdem das Publikum Platz genommen hatte und die Schauspieler von allen Seiten auftraten, durch die Reihen der Zuschauer gingen, merkte man sehr schnell, daß man mitwirken sollte, wie im Griechenland der Antike es der Chor tat. Zu sprechen brauchte man allerdings nicht, das taten hier die Chorführer.
Ein Drama der Antike, aber ein Thriller!
Durch hervorragend agierende Schauspieler schnell in Bann geschlagen, reagierte das fabelhaft disziplinierte Publikum aufmerksam auf die Handlung.
Die Geschichte des Königs Ödipus, der schuldlos schuldig geworden war, nach der Geburt zu Pflegeeltern kam, durch ein Orakel erfuhr, daß er seinen Vater töten und seine Mutter heiraten würde.
Vor Verzweiflung sticht er sich, nachdem er die Weissagungen ungewollt erfüllt hat, die Augen aus. Ein Krimi der Antike.
Schon zu Anfang vermittelten die drei Chorführer: Helen Wendt, Paul Steinbach, Ronny Tomiska, weniger durch Mimik, die durch dicke Schminke auch bei anderen Darstellern nicht zu erkennen war, sondern durch Körpersprache, Bewegung und Sprache das sich anbahnende Drama.
Die Rolle des blinden Sehers Teiresias wurde auch der Darstellerin der Jokaste, Eva Spott übertragen.
Bedenken ob dieser Besetzung waren schnell ausgeräumt. Eine brillante Schauspielerin, die in beiden Rollen restlos überzeugt.
Bruno Winzen spielte nicht den Ödipus, sondern war es. Groß in den wenigen leisen Stellen seiner Rolle wie auch in den gewaltigen Ausbrüchen.
Unglaublich die Konfrontationen mit Jokaste und Kreon, Joachim Henschke, dem wieder einmal unvergleichlich agierenden und sprechenden Urgestein des Hauses. Welch eine Sprechkultur. Nicht nur in der Lautstärke differenzierend, sondern mit allen Farben der Stimme prunkend.
Noch einmal zu den bereits erwähnten Chorführern. Welch eine Arbeit hat wohl hinter dem fast stets
Unisono-Sprechen der drei Darsteller gesteckt? Eine tolle Leistung.
Auch die Darsteller des Boten, Felix Banholzer, des Hirten, Cornelius Gebert, des Dieners,
Daniel Minetti, überzeugten durch großes Spiel und Sprache.
Besonders freute es mich, von allen Darstellern ausgesprochen gutes Sprechen zu vernehmen. Das war ich seit langer Zeit mit Ausnahme von „Hedda Gabler“ nicht mehr gewöhnt. Und das, obwohl hier die deutsche Fassung von Hölderlin gebracht wurde.
Liegt es doch an der Führung durch einen Regisseur?
Dann muß ich auch hierfür dem Regisseur des Abends, wie für famose, mich absolut überzeugende Personenführung ein Riesenlob aussprechen.
Das gleiche gilt für Frank Hänig, der für Bühne? (den Guckkasten habe ich hier nicht vermisst) und Kostüme zuständig ist, Martin Vöhringer, Dramaturgie und Regisseur Matthias Gehrt.
Ein großer Theaterabend, wie wir ihn lange nicht mehr hatten.
Der verhalten beginnende Beifall wuchs zu großer, lang anhaltender Lautstärke und Bravorufen.
Sehr anspruchsvolle Kost, sehr zu empfehlen.
Herbert Rommerskirchen