Joseph Süß Oppenheimer: Famoser Opernkrimi über Neid und Antisemitismus
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Das Leben des Joseph Süß Oppenheimer nach Novellen, Büchern, Schauspielen, Film nunmehr als Oper. Kann das gutgehen? Wie man am 16.04.2011 im TiN, Mönchengladbach erleben konnte, absolut ja.
Eigentlich ein Wunder, daß bis jetzt niemand auf die Idee kam diesen Rassen- und Neidkrimi zu veropern.
Ins Gedächtnis zurückzurufen: Er wurde in die Familie Oppenheimer hineingeboren, eine reiche Kaufmannsfamilie, und lernte so schon früh den Wert des Geldes kennen.
Er fiel dem katholischen Herzog Karl Alexander von Württemberg auf und wurde in kurzer Zeit Finanzberater desselben. Durch seine Finanzerfolge geriet er sehr schnell in das Kreuzfeuer des Neides, der durch seine jüdische Abkunft noch geschürt wurde.
Das ausschweifende Hofleben, das er trotzdem in vollen Zügen mitmachte, seine Frauengeschichten, dazu auch noch mit Christinnen, führte zum Haß.
Intrigen, Anfeindungen, Verleumdungen waren die Folge. Erinnerungen an seine jüdischen Wurzeln, der Tod seiner Tochter kann er nicht verwinden. Er versucht Rache zu nehmen und wird selbst zum Opfer.
Als sein Gönner, der Herzog stirbt, wird er am gleichen Tag verhaftet, dann vor Gericht gestellt und zu Tode verurteilt. Man erdrosselt ihn, hängt ihn dann am Galgen auf und stellt ihn in einen Käfig volle sechs Jahre aus.
Hier in Mönchengladbach sehen wir Süß im Kerker. Im Rückblick sieht er die Ereignisse seines Lebens noch einmal an sich vorbeiziehen. Eine schwere Aufgabe für Regie und Bühnenbildner, die man sehr anständig löste.
In einem Einheitsbild, das durch eine Wand in diversen Formen, einer fabelhaften Beleuchtungsregie, die diversen Handlungsorte andeutete, die Phantasie des Zuschauers anregte, wurde durch enorme Spiel und Bewegungsanforderungen des Regisseurs diese Handlung plastisch dargestellt.
Jeder der Mitwirkenden war nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich bis zum Letzten gefordert.
Inszenierung Jan Richard Kehl, Bühne und Kostüme Frank Hänig. Zur Musik Detlev Glanerts.
Es ist die dritte Oper des Komponisten, die hier in Mönchengladbach aufgeführt wurde.
„Scherz, Satire……“ und „Der Spiegel des großen Kaisers“ waren bereits zu erleben.
Eine Musik, die Barockmusik und modernes Musikkomponieren verbindet. so erklingen hier z,B. Barocktrompeten in den höchsten Tonlagen zu gellenden Schlagzeugklängen, die dem empfindlichen Ohr manchmal Schmerzen bereiteten und viel Bläser.
Die komponierten Vierteltöne konnte ich nicht nachvollziehen, es klang dann nur ein bißchen unsauber. Es klingt vieles tonal, die den Akteuren zugeordneten Intervalle konnte ich nicht erkennen.
Hier stellt sich doch einmal die Frage, wie Sänger ohne Verstärkung diese Klangwogen übertönen können und wollen. Sprechgesang, Kreischen und Schreien , ab und an einmal einige lyrische Ansätze, die Sängern und Publikum dann Vergnügen bereiteten. Trotzdem, die Sache ist sehr geschickt gemacht und eindrucksvoll.
Hier sei jetzt zunächst einmal das wiederum hervorragend spielende Orchester unter der Leitung Kenneth Duryeas genannt. Mit seinem äußerst präzisen Schlag und möglichster Rücksichtnahme auf die Sänger führte er das Schiff in den Hafen. Eine große Leistung.
Das gleiche Lob gilt dem von Maria Benyumova hervorragend einstudierten Chor, der seine schwierigen Einsätze teilweise mitten aus dem Publikum heraus zu schreien, zu reden, ab und zu auch mal zu singen hatte. Und dieses Singen klang sehr schön
.
Die Solisten meisterten ihre Aufgaben so hingebungsvoll, daß man bis auf Kleinigkeiten nur staunen konnte, und dieses, obwohl die Tessitura manchmal die stimmlichen Grenzen überschritt-
Fangen wir einmal bei der immer wieder jugendfrischen Debra Hays an. Als Opernsängerin und Mätresse des Herzogs hatte sie alle Gelegenheit, die sie auch famos nutzte, ihre Koloraturen in Stratosphärenhöhen zu jubeln, ihre körperlichen und schauspielerischen Fähigkeiten an den Mann zu bringen.
Magdalena, Isabelle Razawi, die Tochter des Gegenspielers Weissensee war stimmlich und darstellerisch überzeugend.
Die Krone bei den Damen gehört aber Eva Maria Günschmann als Tochter des Juden Süß. Stimmlich entspricht sie ihrem Namen. Mit herrlichen Mezzotönen , blühender Höhe und lyrischem Spiel ist sie stets in ihrer Rolle. Im Übrigen konnte man bei ihr auch den Text verstehen!
Igor Gavrilov verkörpert den Joseph Süß. Obwohl Russe, war auch seine Aussprache hervorzuheben. Seine Stimme mußte er durch den Sprechgesang, Reden und Schreien sehr oft arg strapazieren, trotzdem gelangen ihm in den gesanglichen Momenten der Partie große Momente. Eine tolle Leistung.
Dasselbe gilt auch für Christoph Erpenbeck als Herzog, Tobias Scharfenberger als Rabbiner und Walter Planté als Verkörperung des perfiden Widerlings Weissensee-
Der letztere sei hervorzuheben, Warum ging Bayreuth an einem solchen Mime-Darsteller vorbei?
Auch für den Zuhörer, der neuer Musik nichts abgewinnen kann, sei der Besuch dieses Opernkrimis dringend empfohlen.
Die eindreiviertel Stunde dauernde Vorstellung war im Flug vorbei. Man schaute auf die Uhr und sagte: Wie bitte, schon zu Ende? Das Publikum bedankte sich mit lang anhaltendem Beifall.
Sehr zu empfehlen
Herbert Rommerskirchen