Goethes Faust I und II an einem Abend im Stadttheater
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Dass Goethes Faust kaum in seiner vollen Länge aufführt werden kann ca. 14 – 15 Stunden Spieldauer, ist zwar bedauerlich, aber kaum zu vermeiden.
Wenn man aber einmal in der Schule dieses Werk ausführlich gelesen und besprochen hat, dann auch noch eine Reihe Aufführungen gesehen hat, z.B, im Stadttheater Mönchengladbach-Rheydt den Faust I, dann in Düsseldorf beide Teile, fehlt einem in diesem Zusammenschnitt doch so manches.
Der Teil I ist natürlich leichter nachzuvollziehen, da die übersinnlichen Erscheinungen, die den zweiten Teil doch fast beherrschen, fast verwirren, wenn der Regisseur damit nicht umgehen kann.
Eine große Herausforderung, die hier weitestgehend umgangen wird. Überhaupt wirkte manches so anders, als es sonst dargestellt wird.
Gleich zu Anfang, der doch noch in alten Zeiten spielt, kommt des Öfteren ein Stuhl nebst Aufsitzer, der sich dann als Faust entpuppt, aus der Unterwelt. Netter Einfall, der dann aber nicht ganz zur hier dargestellten Wut und Verzweiflung Faust´s passt. War er etwa gerade im Weinkeller?
Da klappt auch seine Beschwörung des Erdgeistes natürlich nicht, zumal er durch seinen Schüler Wagner gestört wird. Natürlich werden da seine Komplexe noch größer.
Durch das Gebimmel eines Glöckchens aufgestört in seinen Zweifeln, begibt er sich mit seinem Schüler auf einen Osterspaziergang, wunderbar hier die Aussicht auf eine Reihe mehr oder minder schöner Waden. Die restlichen Teile der dazugehörigen Menschen sieht man nicht.
Gute Gespräche mit seinem Schüler, wobei das allseits bekannte Zitat „ Vom Eise befreit“ fällt, werden durch einen schwarzen Pudel (Gesehen habe ich ihn nicht), der sich später als Mephisto entpuppt, gestört.
Er verspricht Faust Jugend und ihm zu dienen. Die Verwandlung findet dann auf einem Laufband, einem Zaubertrank und durch moderne Kleidung statt. Das war dann die Hexenküche.
Gretchen taucht auf und Faust verliebt sich in sie, da er ja als alter Mann wenig Freude an fleischlichen Genüssen hatte.
Mephisto verhilft ihm , die arme Kleine zu verführen. Das gelingt ihm mit Hilfe der Nachbarin Schwertlein, die aber auch etwas abhaben will und ungeniert mit dem Knie Mephisto an die Wäsche geht.
Der aus dem Krieg zurückgekehrte Bruder Valentin wird erschlagen und Gretchen eingekerkert, weil sie ihre Mutter durch das von Faust übergebene Gift getötet hat.
Nach einer recht langen Szene im Kerker sagt sie zu Faust „Heinrich, mir graut vor Dir“, worauf Faust und Mephisto eilig das Weite suchen. Dann stirbt sie sehr eindringlich.
Zu erwähnen noch, dass sie die beiden Texte: „Es war ein König in Thule“ und „ Meine Ruh ist hin“, recht lautstark zu interpretieren hatte. Das war Faust I.
Faust II
Hier wird Faust ausgiebig gewaschen und frisch angekleidet, damit er vor Kaiser´s und dem Hofrat erscheinen kann. Mephisto hat das nicht nötig, ist wahrscheinlich selbstreinigend.
Die Sitzung des Hofes ist im Übrigen sehr lustig und komödiantisch dargestellt. Hätte man so das ganze Stück gemacht, würde es wahrscheinlich jeden Preis für eine gute Komödie gewinnen.
Natürlich musste es auch hier wieder eine Kopulation geben. Der Schatzmeister nahm sich mit heruntergelassener Hose die Bedienung vor.
Das heruntergeflogene Papiergeld, von Mephisto erfunden, erfreute alle. Helena und Paris erscheinen und führen einen schönen Haremstanz vor.
Faust fällt in einen Traum. Hier sieht er Helena wieder, sie verschwindet aber sehr schnell, wieder in die Unterbühne.
Ihr Gewand darf er behalten.
Wirklich herrlich die Walpurgisnacht. Im Rollstuhl düsen invalide Hexen herum und sprechen sehr gut als Chor. Der Homunkulus wartet immer noch auf seine Menschwerdung. Proteus verschafft ihm das. Trockeneis dampft.
Faust wird noch in einen Krieg verwickelt und bereitet sich dann auf seinen Abgang vor.
Das zum hier Gesehenen.
Für die Darsteller bedeutete dieser Abend eine Mammutaufgabe, die ganzen Einsatz verlangte. Vor allem wurden die Stimmbänder strapaziert, da die Darsteller gehalten waren, unentwegt zu brüllen, zu schreien und zu kreischen. Selbst die ruhigsten Momente wurden nicht verschont.
Hierdurch litt die Textverständlichkeit sehr. Und das bei Goethe!
Ist nicht bekannt, dass jede Anstrengung beim akustischen Verstehen auf Kosten der Erlebnisfähigkeit geht?
Schauspielerisch war die Aufführung unter Berücksichtigung des Vorerwähnten gut.
Man langweilte sich nicht.
Faust wurde von Bruno Winzen sehr kraftvoll dargestellt, eine Lesart, die durch die sehr ähnliche Darstellung des Mephisto durch Daniel Minetti noch verstärkt wurde. Die Perfidität, die Bösartigkeit Mephistos wurde in keinem Moment klar. Das Spiel zwischen Beiden schlug in keinem Moment Funken. Wollte die Regie es so?
Die kleineren Rollen, Gretchen, Helen Wendt, sehr spielfreudig, Schüler, Cornelius Gebert, als einer der Wenigen zu verstehen, die beiden großen Schauspielerinnen des Hauses, Eva Spott und Esther Keil konnten auch hier überzeugen.
Die vielen anderen Rollen waren zufriedenstellend besetzt.
Ein langer Abend, hätte man es nicht doch besser in zwei Teilen aufgeführt?
An zwei Abenden hintereinander wäre es doch kein Problem. Überstunden für die Bühnenmannschaft wären dann nicht nötig.
Regie: Matthias Gehrt,
Bühne: Gabriele Trinczek,
Kostüme: Claudia Caséra.
Herbert Rommerskirchen