Premiere Figaros Hochzeit – „Ein toller Tag“ im Opernhaus
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein toller Tag war es wirklich, was am 01.10.2011 im Rheydter Opernhaus von Regisseur Kobie van Rensburg und seinem Team Dorothee Schumacher und Lutz Kemper, Bühne und Kostüme präsentiert wurde.
Auch wenn die Personen, die ja die etwas älter gewordenen, aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ sind, haben sie nichts von Ihren Eigenschaften verloren. Lediglich die Gräfin hat sich verändert,
Regisseur Kobie van Rensburg sieht sie als Alkoholikerin, die im Verlauf der Handlung immer wieder, und das entschieden zu oft, zur Flasche oder vornehmer zum Glas greift.
Dieses leuchtet mir nicht ein, passt absolut nicht zum Text und schon gar nicht zur Musik Mozarts, der hier doch zumal in der Arie „Porgi amor“ (Anfang 2. Akt) eine der schönsten und schwersten Arien komponierte. Hier ging von der melancholischen Stimmung sehr viel verloren.
Da die Handlung in die Zeit um 1920 verlegt wurde, fielen viele Zöpfe (auch wörtlich) weg, weiter Spielraum wurde den Darstellern gegeben, die das in einer famosen Personenführung durchaus zu nutzen wußten, wie zum Beispiel im Duett Susanne – Marzelline. Debra Hays wußte diese Chance zu nutzen und zeigt ihr tolles schauspielerisches und stimmliches Talent.
Stimmlich besonders, weil sie hier zu einer Mezzosopranpartie verdonnert wurde. Wie immer hervorragend.
Auch die Herren, zu denen ich im Einzelnen noch kommen werde, glänzten bei Situationskomik und durch Spielfreude.
Ständiger, donnernder Zwischenapplaus war die Folge.
Konsequent führte Rensburg die Handlung weiter bis kurz vor Schluß des 4. Aktes. Hier hakte es dann aber mächtig. Die Rosenarie der Susanne, die von Mozart eigentlich für die Gräfin gedacht war, wurde der Susanne zugeteilt, da sie keine eigentliche Arie hatte.
Hier gefiel mir weder die Marilyn Monroe-Ausstattung der Sängerin noch die Haltung an der Wand, die an die Stellung leichter Damen während der Werbung für ihren Beruf erinnerte.
Das Finale selbst schien mir spannungslos sowohl von der Ausstattung wie auch von den Ausführenden. Hier wurden dreieinhalb Stunden Aufführungsdauer auf einmal lang.
Ein großer Gewinn war die Idee des Regisseurs, die deutsche Übersetzung, die natürlich weit von dergebräuchlichen Levi-Übersetzung entfernt ist, auf die Kulissen zu projizieren. Gleichzeitig zum gesungenen Wort sah man, ohne sich zu verrenken, ohne das Bühnengeschehen zu vernachlässigen, den Text.
Ein Riesenlob der Technik! Welche Vorbereitung war hierzu wohl nötig?
Die gewählte Verdeutschung enthielt nun Kraftausdrücke, die aber durchaus Mozarts Sprache entnommen sind. Man vergleiche seine Briefe.
Und nun die Sänger.
Man gestatte mir ,zunächst einmal die Herrenriege anzuführen, die wesentlich besser war als die Damen!
An der Spitze Tobias Scharfenberger als der um eine Quart gesunkene (Vom Tenor zum Bariton) Almaviva aus dem Barbier. Eine weiche blühende Stimme, die aber den Ausbrüchen der Partie durchaus gewachsen ist, sehr musikalisch mit großer Dynamik singt, äußerst spielfreudig ist, leider im Finale in das Kostüm des Elvis Presley schlüpfen mußte.
Ihm nicht nachstehend der neuverpflichtete Bariton Andrew Nolen.
Mit runder, schöner, mit vielen Farben der Stimme prunkend, war er der Figaro, nicht der Barbier desRossinischen Barbiers, sondern der nicht ganz zu Unrecht eifersüchtige Freier der Kammerzofe Susanne. Zeigt sich hier auch ein werdender Liedersänger? Das dazu nötige Singvermögen hat er !
Schauspielerisch sehr beweglich und gewandt.
In den kleineren Männer-Partien ganz vorzüglich Matthias Wippich als profunder Bass – Bartolo; der hierzulande mehr als Oratoriensänger bekannte Bariton Thomas Peter als Antonio, der den Gärtner in seiner Sorge um seine Blumen nicht nur schauspielerisch brachte, sondern auch sehr schön sang.
Und nun zu den Damen. Eigentlich wenig Erfreuliches!
Dara Hobbs, die wir in so vielen Partien bewundern und lieben konnten, überzeugte hier durchaus nicht. Schon nach der bereits erwähnten Arie des zweiten Aktes blieb der Applaus aus, eine peinigende Pause entstand. Auch später konnte sie nicht zu ihrer Form finden. Zeigen sich hier schon die Folgen der Isolde? Schlechte Ratgeber, oder war es die Alkoholdarstellung?
Schade, gerade hier hätte sie doch ihre so berückend schönen Kopftöne verwenden können.
Auch die Sängerin der Susanne, Laura Nicorescu konnte mich weder schauspielerisch noch sängerisch überzeugen. Schonte sie sich für den letzten Akt? Aber auch das nutzte offenbar nicht. Es war zwar lauter, aber durchaus nicht schön. Die Poesie in der Rosenarie fehlte.
Hier hätten wir in Frau Razawi oder in Debra Hays die besseren Leute gehabt. Warum für diese Partie ein Gast? Gewiß eine schöne Frau, aber das ist Frau Razawi auch, und Debra Hays ist auch eine schöne Frau und überzeugende Darstellerin und gute Sängerin.
Als Cherubino wirkte Frau Seefing, wahrscheinlich durch das mehr als unglückliche Kostüm , etwas vorpubertär. Der hinter jeder Schürze herlaufende, temperamentvolleJüngling war nicht zu erkennen. Auch sängerisch, zumal in der Arie “Voi che sapete“ wurde sie von der Regie statuarisch geführt, was wahrscheinlich zu den steifen Tonansätzen führte. Hier sollte doch etwas zu ändern sein!
Die kleineren Partien wurden gut gesungen.
Die kleinen Choraufgaben wurden präzis und klangschön gesungen.
Graham Jackson leitete umsichtig und präzis das Orchester, das in den Holz- und Blechbläsern gut klang. Aber was war in den Streichern los? Es klang, jedenfalls von meinem Platz aus, matt.
Z.B im Duett Susanna-Marzellina hörte ich von den prickelnden Champagnerklängen der Violinen nur bei angestrengtem Hören etwas.
Fazit der Vorstellung:
Das Publikum tobte. Nicht enden wollender Beifall für alle Mitwirkenden, Regie-Team, Dirigent und Orchester.
Eine prickelnde, das Publikum fesselnde Vorstellung, in der nur die angeführten Dinge vielleicht verbessert werden sollten. Ein Figaro, den sich jeder, der einen Abend guter Unterhaltung braucht,sich einmal von des Tages Schwierigkeiten entfernen will, unbedingt ansehen sollte.
Es lohnt sich wirklich!
Herbert Rommerskirchen