Die Fledermaus von Johann Strauß, Premiere im Stadttheater – Leider nur in einem Bühnenbild
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Eine der schönsten klassischen Operetten, Königin der Operette genannt, vielleicht stimmt dies auch, aber dann muss man den Zigeunerbaron, ebenfalls von Johann Strauß, als König der Operette bezeichnen.
Beide Werke sind nur aufführbar, wenn man erste Sänger, einen großen Chor und ein gutes Orchester zur Verfügung hat. Wunderbarste Musik ist dann zu erleben.
Wir hörten und sahen in der Neuinszenierung von Reinhardt Friese, Bühne Günter Hellweg, Kostüme Annette Mahlendorf durchweg gute bis erstklassige Sängerleistungen, auf die später einzugehen ist.
Wieder einmal zeigte es sich, dass ein in allen drei Akten mit geringen Veränderungen gleichbleibendes Bühnenbild etwas „illusionsmordend“ wirkt.
Das Wohnzimmer der Familie Eisenstein, der Ballsaal des Palais Orlofsky, das Gefängnis, alles flaschengrün, alles durch Sektflaschen dekoriert, im Wohnzimmer auf einem raumfüllenden, sich drehenden Untersatz, im Ballsaal als Deckenlüster, im Gefängnis als was auch immer.
Haben wir keine Bühnenmaschinerie, die Umbauten bewältigen kann? Hat das Theater kein Geld für Ausstattung?
In einer solchen Umgebung ist es sehr schwer, Regie zu führen.
Im ersten Akt mussten die Akteure, wenn sie nicht gerade mit Sekt einschenken oder dem Trinken desselben beschäftigt waren, ständig über das Sekt-Rondell steigen. Dabei auch noch singen!
Im zweiten Akt erschien die gebrachte Lösung verständlicher. Die Darstellung auf der Bühne wurde nicht gefährdet.
Statuarische Chorführung , nicht nachzuvollziehende Auftritte und Abtritte, nicht hierhergehörende Dinge, was sollte z.B. der Aufbau in der Bühnenmitte, aus dem ein fast nackter Knabe entstieg und später im Souffleurkasten verschwand.
Sollte das auf Knabenliebe des Orlofsky zeigen?
Im dritten Akt, den ich so langweilig noch nicht erlebt habe, sollte das Flaschenrund wahrscheinlich die Abgrenzung des Chefzimmers im Gefängnis darstellen. Hier mussten die Darsteller unter dem Flaschenrund durchklettern.
Extempores, die doch Bestandteil einer guten Operettenaufführung sind, waren bis auf einen Kalauer des Froschdarstellers der in Anspielung auf eine „Gau(c)kler“-„Truppe“ verwies, den ich nicht sehr geschmackvoll fand, scheinbar verpönt.
Zum musikalischen Teil
Hier passierte nun wirklich allerhand.
Drei hervorragende Hauptdarstellerinnen. Wen nennt man da zuerst? So sei’s.
Als Rosalinde erlebten wir eine Dara Hobbs in Superform. Stimmlich wie darstellerisch überwältigend, hatte sie mit den Schwierigkeiten dieser Partie, die einen echten Spintosopran verlangt, nicht die geringste Mühe. Alle Spitzentöne, hohe „C“s, im Czárdás gar ein hohes „D“ kamen.
Ihre wunderbaren Piani, Mezzofortetöne, waren wieder da. Eine Leistung!
Ihr zur Seite nicht minder eindrucksvoll Debra Hays als Adele. Nicht schon wieder will ich schreiben, dass sie die ewige Jugend gepachtet hat. Aber wo gibt es Soubretten, die über so viel schauspielerisches Talent verfügen und dazu noch so gut singen können? Perfekt!
Als dritte im Bunde Eva Maria Günschmann als Orlofsky.
Schon vom Körper, gertenschlank mit endlos langen Beinen, leider mit Glatzenperücke, war sie eine Idealbesetzung. Dazu noch die wunderbare Stimme, die in jeder Lage klang.
Was wäre Frau Günschmann für ein Octavian (Rosenkavalier)!
Mit einem solchen Damentrio wäre der Rosenkavalier doch etwas wirklich Besonderes.
Bei den Herren gab’s auch etwas zu entdecken.
Michael Siemon gab einen spielfreudigen, schön singenden Eisenstein. Stimmlich blühte er in der hohen Lage auf. Außerdem verfügt er über das blendende Aussehen eines Frack-Tenors.
Mit der Besetzung des Alfred, Hauke Möller, tue ich mich etwas schwer.
Der Alfred ist nunmal ein Sänger, dazu noch Tenor. Von der Regie wurde er aber als Buffo geführt.
Viel anders braucht man einen Wenzel nicht anzulegen. Die Stimme war etwas schmal geführt.
Dies ist wahrscheinlich auch auf die doch gewünschte Darstellung zurückzuführen. Schade.
Aber nun: Ein schlanker, gut aussehender Bariton, mit einer klangvollen Stimme, perfekt geführt, spielfreudig, der Dr. Falke des Tobias Scharfenberger.
Als Kavaliersbariton ein Idealdarsteller eines Wildschütz-Grafen, eines Zar Peter in Zar und Zimmermann, eines Kühleborn in Undine, des Wolfram von Eschenbach im Tannhäuser, auch eines Germont in La Traviata.
Wie wunderbar, in der Operette Liedgesang zu erleben, so stimmte er das große Ensemble Brüderlein, Brüderlein an. Ganz große Klasse.
In kleineren Partien Hayk Dènyan als Gefängnisdirektor Frank , Markus Heinrich als Dr. Blind, Gabriela Kuhn als Ida und Michael Grosse als Frosch.
Die Ballett-Einlagen im zweiten Akt (endlich wieder einmal Ballett in der Operette) kamen wirklich unter Donner und Blitz. Verdienter Beifall für diese Leistung.
Der Chor, Einstudierung Maria Benyumova, sang sehr präzise.
Aber was war im Orchester los?
In der Ouvertüre wackelte es manchmal, obwohl, wie auch vom Publikum im Monitor zu sehen, Andreas Fellner genaue Anweisungen gab.
Die Bläser waren, auch an unwichtigen Stellen, zu stark. Die Streicher ließen die Süße der Walzerseligkeit vermissen.
Andreas Fellner begleitete die Sänger hervorragend, ließ ihnen Freiraum zum Musizieren. Eine schöne Leistung.
Facit des Ganzen: Musikalisch sehr zu empfehlen, Bühne und Regie gefielen mir nicht.
Herbert Rommerskirchen