Wechselbad der Gefühle • 5. Sinfoniekonzert der Niederrheinischen Sinfoniker mit dem Schlagzeuger Alexej Gerassimez
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein Wechselbad der Gefühle erlebten die zahlreichen Zuhörer im 5. Sinfoniekonzert dieser Spielzeit. Wie auch im Vorjahr hatte GMD Mikhel Kütson ein relativ neues, fast unbekanntes Werk für die alljährliche Rundfunkübertragung und darauf folgende Konzerte in Krefeld und Mönchengladbach einstudiert.
Wie auch im Vorjahr gelang es ihm, einen jungen hochbegabten Solisten, hier den aus Essen stammenden Schlagzeuger Alexej Gerassimez zu verpflichten.
Zu Beginn gab es mit dem hinter Schlagzeug-Batterien postierten Streicherensemble der Niederrheinischen Sinfoniker ein Werk „Viatore“ des lettischen Komponisten Peteris Vaks.
Dass er die Werke des 11 Jahre älteren Arvo Pärts kennt, ist nicht zu überhören. Die kontemplative Ruhe, die den Zuhörer veranlasst, sich der Musik hinzugeben und den Alltag auszuschalten, erreicht er nicht.
Ein ziemlich langes, mich ermüdendes Stück, in das Naturzustände hineinzuinterpretieren mir nicht gelang.
Immer die gleichen Sequenzen, eine kleine Steigerung, die schnell zu Ende ging. Wenn er hier „Wandern“ als Thema selbst nennt, hörte ich es hier als Schleichen durch eine trostlose Landschaft.
GMD Kütson und die Streicher taten ihr Bestes.
Als Hauptwerk des Abends gab es das „Schlagzeugkonzert“ der amerikanischen Komponistin Jennifer Higdon .
Ein hochvirtuoses Stück, das Solist und Orchester viele Demonstrationsmöglichkeiten gibt.
Hochintensives Spiel des jungen Schlagzeugers machten das meist sehr laute Stück zum Augenschmaus. Wie er hochelegant, geschmeidig, zwischen den Schlagzeug-Batterien durchhuschte, seine Instrumente zärtlich liebkoste, aber auch hochexplosive Ton- und Geräuschkaskaden auslöste, zeigte einen hochsensiblen Musiker.
Ganz traumhaft sein Spiel der Marimba (Marimbaphon), welche Klangfarben, welche dynamischen Feinheiten entlockte er diesem aus Afrika stammenden, in lateinamerikanischen Ländern noch immer sehr verbreitetes Instrument .Der Augenschein und der Klang zeigten hier ein außergewöhnliches Instrument, das den Saal mühelos füllte.
Mikhel Kütson und der Solist standen in ständigem Augenkontakt.
Hierdurch kam es auch im irre mitgehenden Orchester, von Kütson zu Höchstleistungen animiert, zu Klangmischungen, Verdopplungen zwischen Solist und den Orchester-Schlagzeugern, natürlich ohne Blickkontakt , zu einem Klang- und Rhythmikrausch.
Dieser mündete, wie in den großen klassischen Instrumentalkonzerten, in einer Kadenz, in der der Solist sich einmal richtig lösen, über das Stück meditieren, seine manuellen Fähigkeiten zeigen konnte.
Wie dann die Schläge von Solist und Orchester – Schlagzeug minutiös zusammen kamen, war atemberaubend.
Riesiger Beifall und Bravi dankten Solist, Dirigent und Orchester.
Als „erklatschte“ Zugabe spielte Alexej Gerassimez eine (wie er sagte, im stillen Kämmerchen entstandene) Komposition, die in der Stille entstand, in die Stille mündete.
Für Viele der Höhepunkt des Abends!
Grandios!
Nach der Pause gab es die 4. Sinfonie von Johannes Brahms.
Befürchtungen, dass es nach dem vorher Gehörten nicht gut gehen könne, bewahrheiteten sich nicht.
Dieses wunderbare, in der Klangsprache selige Werk, in dem Brahms im 1. Satz, zwar in Sonatenform, die Natur Österreichs in Tönen dokumentiert, gelang zwar nicht so ganz, kleine Differenzen waren nicht zu überhören, dafür gelang aber der 2.Satz, in der Kirchentonart „Phrygisch“ stehende, wunderbar dunkle Satz um so besser, die Pizzicati kamen auf den Punkt genau.
Wunderbare Bläser und Celli.
Der 3. Satz ist wirklich ein Trubel, ein Temperamentsausbruch, der für Brahms eigentlich untypisch ist. Auch dieser Satz gelang unter der temperamentvollen Leitung Kütsons hervorragend.
Im 4. Satz, in dem Brahms, ein großer Verehrer der Musik von Heinrich Schütz, auf strenge Formen wie „Passacaglia“ und „ Chaconne“ nebst Variationen zurückgreift, hier ein Thema von Johann Sebastian Bach, das sehr ernst wirkt, verwendet, zeigte sich klangliches und dynamisches Differenzierungsvermögen von Dirigent und Orchester.
Nach einem wunderbaren Aufbau geht der Satz schroff zu Ende.
Das Orchester, von Mikhel Kütson beflügelnd geleitet, riss das Publikum mit, sodaß es nochmals zu großem Beifall kam.
In einem gut gefüllten Saal mit vielen jungen Hörern gab es viel Positives in der Pause und nach dem Konzert zu hören, dem ich mich nur anschließen kann.
Fazit:
Ein sehr interessanter Abend auch mit Neuer Musik, der hoffentlich dazu dient, dass die in großer Zahl erschienenen jungen Menschen, die begeistert wirkten, weitere Konzerte besuchen.
Herbert Rommerskirchen