Meisterklasse „Maria Callas“, eine umwerfende Aufführung der Komödie zu Düsseldorf
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Maria Callas, die Skandal-Diva, die Tigerin der Bühne, von ihren Kollegen gehasst und gefürchtet.
Stimmt das wirklich? Kollegen, die sie gut gekannt haben, wie z.B. Elisabeth Schwarzkopf oder Martha Mödl, urteilten da ganz anders.
Eine äußerst fleißige Frau, die nur hochgehen konnte, wenn Kollegen unvorbereitet zu den Proben kamen, während für Callas selbstverständlich war, das zu Probende absolut zu beherrschen.
So musikalisch war sie, dass trotz extremer Kurzsichtigkeit sie niemals vom Dirigenten, also von derMusik entfernt war.
Ihre Stimme war nicht die schönste, ich erinnere mich, dass ich als ich sie als Kind im Rundfunk (Radio Hilversum) hörte, gesagt haben soll, ‚die singt aber hässlich‘. Dieser Meinung war ich aber nicht sehr lange.
Schon bald hörte ich, was dahinter steckte. Hier konnten selbst Sängerinnen wie Renata Tebaldi oder Zinka Milanov, die 25 jahrelang die Primadonna assoluta der Met war und die wohl schönste Sopranstimme ihrer Zeit hatte, nicht mithalten.
Jedes Wort wurde bei Callas empfunden und auch dem Zuhörer mitgeteilt. Sie war die Divina! Eine Jahrhundert-Sängerin.
Nunmehr wurde ihr in der Komödie zu Düsseldorf gedacht: „Meisterklasse Maria Callas“.
Als die stimmlichen Kräfte Marias durch Sichverzehren auf der Bühne, persönliche Dinge wie z.B. ein seine Geburt nur zwei Stunden überlebendes Kind , erschöpft wurden, zog sie sich von der Bühne fast ganz zurück und kam nur einige Male zurück.
Zum großen Glück übernahm sie Meisterklassen an der Julliard School in New York, die zum Teil aufgenommen und später auf CD veröffentlich wurden.
Wenn sie hier, wenn das Temperament mit ihr durchgeht, einmal singt, erscheint die Stimme manchmal unversehrt.
Der Komödie zu Düsseldorf gelang hier ein wunderbarer, unverzichtbarer Abend, der uns die Callas in all ihren Facetten ins Gedächtnis zurückruft.
Der amerikanische Bühnenautor Terrence Mc Nally schrieb ein Theaterstück, das sich zwischen Komödie und ernstem Kammerspiel bewegt, meilenweit die uns so oft gebotenen Slapstick-Komödien hinter sich lässt, die vor allem subventionierte Häuser auf den unwilligen Zuschauer loslassen.
Hier ereignete sich etwas, das ich als Welttheater bezeichnen möchte.
Ein Glück für das Haus und die Besucher.
Wieder einmal ein absolut stimmiges Ensemble, das dem Stück unbedingt gerecht wurde.
Zuerst, und viele, viele Male hinterher, sei die großartige Darstellerin der Callas, Susanne Tremper genannt.
Wie viel Arbeit hat wohl hinter dieser perfekten, erfüllten, erfühlten Gestaltung gestanden?
Wie viele Studien aufgrund von DVDs und CDs zu Musik und Darstellung, zum Auftritt und vielen anderen Dingen waren zu dieser Ausführung vonnöten.
Und das alles nach, wie man hörte, erst kürzlich überstandener, schwerer Operation.
Herrlich schon der Anfang, wie sie, hier noch die große Diva, alles im Raum bemängelt, das erste Opfer, eine junge, unsichere Sopranistin, herein befiehlt, mit der jungen Dame kaum über Technik, sondern über Aussprache und künstlerische Aussage diskutiert.
Mit der Bemerkung, an ein Vorstadtheater zu gehen, wird sie unsanft weggeschickt.
Dem zweiten Delinquenten geht es etwas besser. Verständlich, da sie ja in ihrer Laufbahn mit etlichen männlichen Primadonnen (Tenören natürlich) wie Mario del Monaco, Giuseppe di Stefano usw. zu tun hatte. Da sieht man schon etwas nach. Aber nicht alles. Schon bei den ersten beiden Worten gings los.
Sehr geschickt der Ausbruch des Tenors, Künstler werden zu wollen und deshalb alles tun. Als er dann „Recondita armonia“ aus der Tosca sang, vom Tenor übrigens sehr schön gesungen, ging ein Leuchten über ihr Gesicht.
So etwas habe ich übrigens nur einmal bei der noch größeren Unterrichtssadistin Elisabeth Schwarzkopf erlebt, als sie einen jungen, unglaublich begabten Bariton bis fast zum Aufgeben schikanierte, dann ein Lächeln über ihr Gesicht zog und sie, zum Publikum gewendet, sagte:
Dafür geht man in einen Liederabend.
Die dritte Sängerin wurde nun herein gerufen.
Hier gabs die Auftrittsarie der Lady aus Macbeth von Verdi, wie wurde die arme Darstellerin gequält, nicht nur das Singen, zu dem sie erst viel später kam, sonder auch der Auftritt, das Lesen des Briefes.
Aber dann gings in die Musik. Hier wurde nicht mehr viel kritisiert, sondern gelauscht.
Eine höchst begabte junge Sängerin, wie sie Frau Callas damals wohl nicht in ihren Kursen hatte.
Wunderbare Momente ereignen sich auf der Bühne, wenn Frau Tremper, nein Frau Callas in das Singen der Schülerinnen einfällt und demonstriert, was Kunst ist.
Eine Schauspielerin, die auch noch toll singen und stimmlich darstellen kann. War die Ausbildung von Schauspielern in vergangenen Zeiten so weitgehend? Ist Persönlichkeit, Ausstrahlung, von denen sie so oft sprach, erlernbar? Sie hat es jedenfalls.
Jede Bewegung, jeder Ton ist in der Rolle
Auch der anderen Mitwirkenden sei gedacht.
Desirée Brodka sang klangschön ihre Bellini-Arie, Carlos Moreno Pelizari, ein echt italienischer Tenor dazu noch gut aussehend und (noch) nicht dick den Cavaradossi mit einem strahlenden hohen „B“.
Die junge Agnes Lipka, die schon Bühnenerfahrungen, z.B. in Mönchengladbach als Prinzessin in Prokoffjews „Liebe zu den drei Orangen“ hat, legte eine fulminante Lady (Macbeth) hin.
Kündigt sich hier eine echte Karriere an?
Auch Regie, Susanne Altweger, technische Leitung, Bodo Wallerath, taten Hervorragendes.
Großartig die Idee, in den Gesang der jungen Leute die Stimme der echten Callas einzublenden, das Bühnenbild in den Zuschauerraum der Mailänder Scala zu verwandeln.
Erschütternd danach die Verletzung durch die Schülerin, die ihr ganz klar zu verstehen gibt, dass Sie, die Primadonna, Vergangenheit ist und man heute anders arbeitet.
Ein sehr nachdenklicher Schluß.
Jeder Mensch, der singt, oder Interesse am Gesang hat, kann in diesen Vorstellungen sehr viel lernen.
Ein wunderbarer, berührender Abend, den man gesehen und gehört haben muß.
Der Besuch sei unbedingt empfohlen.
Herbert Rommerskirchen