Aufführung von Bachs Matthäus-Passion in der City-Kirche, Mönchengladbach
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein gewaltiges Werk, das einen sehr großen Apparat verlangt. Zwei Chöre, Knabenchor, sechs Solisten, dazu vier Solisten ohne Arienverpflichtung, zwei Kammerorchester, zwei Chororgeln, Continuo-Gruppe, einen Gambensolisten.
Ein gewaltiger Aufwand, auch finanzieller Art.
Bereits in meiner Vorankündigung ging ich darauf ein, dass die Matthäus-Passion wie auch die dramatischere, schlagkräftigere Johannespassion nach Bachs Tod in Vergessenheit gerieten.
Erst durch Felix Mendelssohn-Bartholdy im Jahr 1829 die Matthäus-Passion wieder aufgeführt wurde (Ein Sprecher übernahm die Christuspartie), und hierdurch eine Bach-Renaissance einleitete. Seit dieser Zeit datiert wohl auch der Ausdruck: „Der Name Bach ist falsch, er hätte Meer heißen müssen“.
Die von Musikwissenschaftlern so oft gebrachten Vergleiche der Strukturen erschließen sich dem Zuhörer selten. Ein Eingehen hier auf diese Dinge halte ich nicht für sinnvoll.
Zur Aufführung.
Klaus Paulsen ging kraftvoll den Anfang der Passion, den Dreifach Chor (Zwei gemischte Chöre, Knabenchor) an. Rund und schön erklang es, leider vermisste man doch den Knabenchor mit dem Choral „O Lamm Gottes unschuldig“.
Die jungen Damen konnten sich hier dem gemischten Chor gegenüber nicht durchsetzen. Hier vermisste ich die reinen, kraftvollen Knabenstimmen.
Auch die Choräle gerieten hervorragend. Ohne unnötige Ritardandi, dem Gemeindechoral nachempfunden, erklangen sie.
Ebenso bewährte sich der Chor bei den dramatischen Chören, die hier nicht mehr kommentieren, sondern Volksstimme sind.
Die Solisten dieser Aufführung entsprachen zum Teil nicht der Qualität des Chores.
Hervorragend die beiden Solisten in den Männerstimmen, die Petrus, Pilatus, etc., sangen (Peter Rembold, Irfan Berilo). Vorbildliche Diktion, dramatische Aktion, absolute Wortverständlichkeit, an der einige der Solisten sich ein Beispiel hätten nehmen können.
Herausragend in der Groß-Solistengruppe der neue lyrische Tenor des Stadttheaters, Michael Siemon.
Sowohl das Rezitativ „O Schmerz“, die Arie „Ich will bei meinem Jesu wachen“, wie auch die oft gestrichene „Geduld-Arie“ klangen technisch beherrscht, mit wunderbar verblendeten Legato-Koloraturen, stimmschön. Die beste Sängerleistung des Abends!
Ihm fast gleich die Leistung des Bass-Baritons Manfred Bühl, der bildschön die Arien sang, aber im Rezitativ „Am Abend, als es kühle ward“ durch unschönes Spiel der Continuo-Gruppe beeinträchtigt wurde.
Den beiden Damenstimmen konnte ich nicht viel abgewinnen.
Christine Léa Meier sang zwar richtig und auch schön, konnte aber die Soubrette stimmlich nicht verleugnen. Das geht bei Bach nicht!
Bei Christina Bock, die zur Arie „Erbarme dich“ seltsamerweise vors Publikum trat, die anderen Solisten sangen ihre Arien hinter dem Orchester, gefielen mir weder die Art des Singens, d.h. tiefe Töne (Ist sie Mezzo?) kaum hörbar zu singen, dafür aber fast jeden höheren Ton stählern zu intonieren, noch das Linien zerstörende Zwischenatmen.Nennt man das heute Bachgesang?
Konzertmeister Christian Maleskov spielte klangschön die Geige.
Johannes Klüser gab weitgehend unverständlich den Evangelisten, Thomas Peter die Christus-Partie.
Sollte es nicht möglich sein, die Solisten generell vor dem Orchester zu postieren? Das hätte wahrscheinlich den meisten Solisten geholfen.
Das Orchester spielte dank guter Vorbereitung gut.
Alles in Allem eine für mich zwiespältige Aufführung.
Sehr gute Chöre, gutes Orchester, einige wirklich gute Sänger. Für eine Matthäuspassion zu wenig.
Herbert Rommerskirchen