5. Sinfoniekonzert in der Stadthalle: Ein Abend großer Lautstärken
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein Konzert der großen Lautstärken war es, dies gilt generell für alle drei Werke des Abends. Es ging manchmal bis an die Schmerzgrenze, zumal es dauernd laut war.
Das heißt nicht, dass Dirigent und Orchester in der Regel zu laut wären. In anderen Sälen als in Rheydt wäre es vielleicht nicht so empfunden worden. Aber hier stellt sich natürlich die Frage, ob sich Orchester und Dirigent, die doch in diesem Saal proben, nicht auf die helle, tragende Akustik einstellen müssten.
Mit Leonard Bernsteins „Divertimento für Symphonic Band“ begann das Konzert. Bernstein komponierte, wenn man die Bezeichnung richtig versteht, für das Boston Pops Orchester (Band), das die volkstümlichen Konzerte in Boston bestritt.
Das ausgelassene Treiben der Musik, das an eine laute Kirmes erinnert, hat doch kaum Ähnlichkeit mit den Divertimenti von Haydn und Mozart. War der große Dirigent Bernstein auch ein großer Komponist? Hier gewiss nicht.
Das Orchester, das bereits beim Auftreten bis zum letzten Orchestermitglied lebhaft akklamiert wurde, spielte unter Leitung des GMD Kütson brillant und animiert.
Erich Wolfgang Korngold, der durch einige Bühnenwerke große Erfolge verzeichnete, die Oper „Die Tote Stadt“ z.B., feierte triumphale Erfolge, schrieb im amerikanischen Exil zehn Jahre Filmmusik.
Anklänge an diese Filmmusiken sind beim Violinkonzert deutlich zu hören. Anhänger von Filmmusik einer solchen Qualität entdecken hier eine Menge Anleihen Korngolds bei sich selbst.
Korngold malt hier in glühenden Breitwand-Technicolor-Farben. Ein toller Sound, eben Hollywood-Musik bei allem technischen Können.
Grandios ausschwingende Themen stehen hier neben rein technischer Musik, die für Solist und Orchester irrsinnig schwer zu spielen sind.
Mit Vadim Gluzman hörten wir einen Geiger der Weltklasse, der die Schwierigkeiten des Stückes, aberwitzigster Art: Doppelgriffe, Spiccati, Springbogen, Flageolett perfekt bis in stratosphärische Höhen, auf äußerst musikalische Art interpretierte.
GMD Kütson begleitete mit dem bestens disponierten Orchester einfach traumhaft. In jeder Phase mitgehend, alle musikalischen Gedanken des Solisten mitausführend.
Dem großen, begeisterten Beifall dankte Vadim Gluzman mit dem absoluten Höhepunkt des Abends, dem Adagio aus der ersten Violin-Solosonate in g-moll des großen Komponisten Johann Sebastian Bach, der doch wohl besser den Nachnamen „Meer“ getragen hätte.
Dieses wunderbare Werk wird heute von „Alte-Musik“-Fanatikern gewöhnlich auf klangarmen Instrumenten ohne Vibrato gespielt.
Gluzman spielt ein Instrument mit großem Klang-Volumen, das mich an die Instrumente David Oistrakhs oder Wolfgang Schneiderhans erinnerte. Er spielt die Stradivari „Ex Leopold Auer“.
Hier hörten wir das Werk mit etwas verschlanktem Ton, etwas kleinerem Vibrato als beim romantischen Korngold. Das ging unter die Haut!
Große Musik von einem großen Interpreten gespielt.
Die 4. Sinfonie Bruckners, die „Romantische“ genannt, verlangt vom Orchester so viel wie eine Götterdämmerung. Rein physisch eine Strapaze, die hier bravourös bewältigt wurde.
Herausragende Blechbläser, besonders zu erwähnen die Solohornistin Cecilie Hoel, die technisch perfekt, mit rundem, warmen Ton spielte, die wie immer erstklassig spielenden Holzbläser, die voll und schön klingenden tiefen Streicher.
Die ersten Geigen hörte ich nicht so schön, der Ton, zumal auf der E-Saite ist oft hart.
Liegt es an den Instrumenten? Aber beim Zusehen sieht man auch beim Romantiker Bruckner sehr oft ein hierfür zu kleines Vibrato.
Natürlich war es, wie bereits zu Anfang erwähnt, gewaltig laut.
Trotzdem blieb der Klang stets transparent, jede Struktur war deutlich zu hören, subtil musizierte Piano-Partien, die solistischen Partien waren deutlich hörbar, wunderbare Übergänge.
Mir fehlte hier aber, trotz aller, zweifellos vorhandenen Perfektion, der große Atem.
Für Dirigent und Orchester gab es großen Beifall.
Herbert Rommerskirchen