NRW bei Wahlrechts-Ranking durchgefallen – Mehr Demokratie vergibt Note „mangelhaft“ in Ländervergleich
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[PM MD] In Nordrhein-Westfalen haben die Bürger bei Kommunalwahlen zu wenig Macht. Das meint die Initiative „Mehr Demokratie“, die dem Land in einem heute in Düsseldorf vorgestellten Wahlrechts-Ranking die Note „mangelhaft“ gegeben hat. Im Ländervergleich nimmt NRW damit nur Platz 14 ein.
Vorne liegen Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, Schlusslichter sind das Saarland und Berlin. „Die Wähler haben in NRW viel zu wenig Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Räte“, begründete Landesgeschäftsführer Alexander Slonka die schlechte Platzierung.
Mehr Demokratie fordert, dass die Bürger durch gezieltes Ankreuzen von Mandatsbewerbern deren Reihenfolge auf den Kandidatenlisten der Parteien noch einmal ändern können.
Bisher können die Wähler in NRW nur einen Wahlkreis-Kandidaten wählen, wobei sie mit dem gleichen Kreuz auch die stadtweite Kandidatenliste seiner Partei bestätigen.
Anders als bei Bundestags- und Landtagswahlen gibt es hier keine Erst- und Zweitstimme.
Mehr Demokratie sieht sich durch die jüngste Bürgerschaftswahl in Hamburg in der Forderung nach einem demokratischeren Wahlrecht bestätigt. Die Hamburger konnten dabei zehn Stimmen an Parteien und Kandidaten vergeben.
47 Prozent der Wählerstimmen gingen direkt an Kandidaten, was für Verschiebungen auf den Parteilisten gesorgt hat.
„Hamburg zeigt, dass viele Wähler mehr wollen als nur die Listenvorschläge der Parteien abzunicken“, sagte Slonka. Das Wahlverfahren stärke außerdem die Unabhängigkeit der Politiker von ihren Parteien. Diese seien zum Einzug in den Rat nicht mehr auf Gedeih und Verderb auf einen vorderen Listenplatz oder sicheren Wahlkreis angewiesen.
„Wer bei seiner Kandidatur nicht mehr auf das Wohlwollen der Partei angewiesen ist, kann sich auch häufiger mal eine eigene Meinung erlauben“, erläuterte Slonka.
Das Hamburger Wahlrecht ist Ergebnis zweier Volksbegehren, die Mehr Demokratie in der Hansestadt durchgeführt hatte.
Nach dem zweiten Volksbegehren hatte die Bürgerschaft 2009 mit Mehr Demokratie einen Kompromiss geschlossen, der zum jetzigen Wahlsystem führte. Dieses Wahlverfahren wird in ähnlicher Weise in 13 Bundesländern teilweise bereits seit Jahrzehnten ohne Probleme praktiziert.
In NRW hatte der Landtag 2008 eine von Mehr Demokratie gestartete Volksinitiative für die Einführung dieses „Kumulieren und Panaschieren“ genannten Wahlrechts mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP abgelehnt.
Die Liberalen sind inzwischen aber zu ihrer früher befürwortenden Haltung zurück gekehrt und unterstützen zusammen mit Grünen und Linken den Wahlrechtsvorschlag von Mehr Demokratie.
Punktabzüge gibt es im Wahlrechts-Ranking auch für die bei Bürgermeisterwahlen fehlende Stichwahl und die von Mehr Demokratie als zu lang bewertete sechsjährige Amtszeit der Bürgermeister.
Dem Landtag liegt derzeit ein rot-grüner Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der 2007 abgeschafften Stichwahl vor. Zu einem späteren Zeitpunkt soll auch die Amtszeit der Bürgermeister wieder an die fünfjährige Wahlperiode der Räte angeglichen werden.
Die Linke hat zudem einen Gesetzentwurf eingebracht, nach dem die Bürger in Zukunft per Bürgerbegehren ein Verfahren zur Abwahl von Bürgermeistern einleiten können. SPD und Grüne unterstützen diese Initiative.
Positiv bewertet werden von Mehr Demokratie das Wahlalter 16 bei Kommunalwahlen und das Fehlen einer Sperrklausel.
Punkte gibt es auch für das Verfahren zur Stimmenauszählung nach Sainte-Lague und für die niedrigen Anforderungen an Kandidaturwillige. Gelobt wird im Ranking außerdem, dass Zugezogene schon 15 Tage nach Ummeldung in den neuen Wohnort dort wahlberechtigt sind.
„Wir hoffen, dass unser Ranking für SPD und CDU Anlass ist, ihre ablehnende Haltung hinsichtlich der Einführung eines kandidatenbezogeneren Wahlrechts zu überdenken“, resümierte Slonka.
In anderen Bundesländern hätten sich bei der Einführung geäußerte Vorbehalte aufgrund der Praxis schnell in Luft aufgelöst.