Methangas-Anlage: Quo vadis?
Huber, aktion Durchblick MG [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Seit Wanlo als Ort für die geplante Methangas-Anlage vorgestellt wurde, taucht eine Aussage der NVV immer wieder auf: Insbesondere die Nähe zur Kompostieranlage mache das Gelände zum idealen Standort.
Auf einem Chart, das am 14. Januar 2010 von der NVV vorgestellt wurde, führt diese die Nähe der Kompostieranlage als Vorteil an, weil gar eine technische und/oder personelle Kooperation zwischen dieser und der Methangasanlage möglich sei.
Seit die Anlage in der Planung ist, stellt sich immer wieder die Frage: Soll auch Müll verarbeitet werden? Man könnte auch von „Biomüll“ sprechen, was aber letztendlich nur beschönigend, da weniger unangenehm klingt als die Verarbeitung von ganz normalem, organischen Müll aus Haushalten, Gaststätten, Kantinen, Großküchen etc..
Bei Müll schrillen sofort, ja reflexartig, alle Alarmglocken eventuell betroffener Bürger.
Assoziationen von penetrantem Gestank und Schmutz werden unverzüglich wach. Wer ist frei von solchen Gedanken, selbst wenn sofort beschwichtigt wird, dass bei heutigen modernen Anlagen und geschlossenen Systemen so etwas gar nicht mehr vorkomme. Wirklich „vor der eigenen Tür“ möchte so etwas trotzdem niemand haben.
In Wanlo nicht und auch nicht in Hochneukirch.
In Wanlo wurde das Thema noch nicht direkt durch die NVV oder Politik thematisiert. In Hochneukirch aber wohl.
Da sich das Interesse der NVV zunächst auf das gemeinsame Gewerbegebiet von Mönchengladbach und der Gemeinde Jüchen, dem Regiopark, konzentrierte, stellte die NVV ihre Pläne bei mehreren Sitzungen in der Gemeinde Jüchen vor.
Interessant ist ein Brief der NVV an die Gemeinde Jüchen als Antwort auf ein Schreiben der SPD-Ratsfraktion. Ausführungen unter Punkt 3: Betrieb von Biogasanlagen mit Abfall aus der Braunen Tonne:
„Im Hause der NVV und den Konzerntöchtern werden die Entwicklungen auf dem Biogasmarkt aufmerksam verfolgt. Die Fermentation von biogenen Abfällen ist eine technische und biologische Herausforderung, der sich die Konzerngesellschaften stellen werden.
Im benachbarten Kreis Heinsberg hat die ‚WestEnergie und Verkehr GmbH’ gemeinsam mit der Kreisverwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben, in dem die Stoffströme aus biogenen Abfällen und Reststoffen untersucht und die Möglichkeiten der energetischen Nutzung konzipiert werden. Dies würde im Falle der Realisierung in einer eigens für die Vergärung von Bioabfällen konzipierten Anlage erfolgen.
In der geplanten Anlage in Güdderath kommen diese Stoffe nicht zum Einsatz, weil sonst bei der Stromeinspeisung ein erheblicher Teil der Zuschüsse verloren gehen würde.“
Am 12.12.2008 befasste sich der Ausschuss für Planung, Umwelt und Verkehrsentwicklung unter dem TOP 2 erneut mit dem Thema. In dem entsprechenden Protokoll heißt es:
„Im Zusammenhang mit der öffentlich- rechtlichen Vereinbarung über das gemeinsame Gewerbegebiet Mönchengladbach/Jüchen wurde zwischenzeitlich die Frage geklärt, ob es sich bei der geplanten Biogasanlage um eine Abfallentsorgungsanlage handelt.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 der öffentlich- rechtlichen Vereinbarung zum Regiopark steht der Gemeinde hinsichtlich der Ansiedlung von Abfallentsorgungsanlagen im Sinne der §§ 4 Abs. 1 BImSchG, 7 AbfG im Vertragsgebiet ein Widerspruchsrecht zu.
Können die Bedenken der Gemeinde nicht ausgeräumt werden, so ist die Ansiedlung dieser Betriebe nach Satz 4 der Vereinbarung unzulässig.“
Die Untere Abfallwirtschaftsbehörde des Rhein- Kreises Neuss teilte auf Anfrage mit, dass die geplante Biogasanlage keine Abfallentsorgungsanlage sei.
Diese negative Aussage ist nur logisch: Da kein aktueller Antrag vorlag, kann die Abfallwirtschaftsbehörde auch keinen Bezug nehmen und nur negieren.
In einer weiteren Sitzung des Planungsausschusses in Jüchen am 16.03.2009 hatte sich Herr Rutten von der NVV weiteren Fragen im Hinblick auf die geplante Methangasanlage gestellt. In diesem Protokoll heißt es (Originaltext):
„Herr Rutten ergänzte, dass es nicht ausgeschlossen sei, eine Abfallbiogasanlage in der Zukunft zu errichten. Er gehe jedoch davon aus, dass auch eine solche hier nicht gewollt sei.
Momentan sei jedoch politisch gewollt, dass alternative Energien abgeschöpft werden sollen. Hierzu gehöre auch das Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen. Deshalb gebe es hierfür auch Zuschüsse und das Ganze werde letztendlich auch wirtschaftlich. Dies werde auch für einen langen Zeitraum garantiert.“
Richtig ist, dass einige Zeit später das Grundstück in Wanlo ins Gespräch kam und Güdderath „in der Versenkung“ verschwand.
Seither „geistert“ die Nähe zu der Kompostieranlage als Vorteil für die Methangasanlage durch Charts und Erklärungen der NVV.
Worin genau diese Vorteile bestehen wird nie wirklich deutlich und klar zum Ausdruck gebracht. Bleiben also nur Vermutungen.
Auf Anfrage von aktion Durchblick im Juni dieses Jahres teilte die NVV mit, dass die Kooperationsmöglichkeiten mit dem Betreiber der Kompostieranlage noch untersucht würden.
Es gehe dabei um die gemeinsame Nutzung von Maschinen (Radlader), Betriebsgebäuden wie z.B. Sanitär- und Aufenthaltsräumen und insbesondere die Übernahme von nachwachsenden Rohstoffen. Man sei zuversichtlich, dass die Nachbarschaft für beide Anlagen vorteilhaft sein wird.
Erstaunlich das „Sparpotential“, das die NVV hinsichtlich gemeinsamer Nutzung von Maschinen und Gebäuden sieht und bei der geplanten Methangasanlage bei dem Betriebsgebäude erzielen will, die man durchaus kostengünstig als Container zur Verfügung stellen könnte.
Bei einer Investition von EURO 10,5 Mio. dürften die Kosten dafür kaum ins Gewicht fallen und eher als marginal gelten.
Soll hier eingespart werden, was man andererseits ausgeben muss, um die Zuleitung für den Einspeisepunkt der mehr als 2 km entfernten Gasleitung zu finanzieren?
Diese Aussagen muten eigenartig an. Zumal die benachbarte Kompostieranlage durch die Firma Reterra als Pächter betrieben wird. Eigentümer ist die ebenfalls stadteigene Tochter GEM.
Es ist zwar Sache der beiden Unternehmen (NVV und Reterra), doch kann man selbst Nicht-Kaufleuten kaum erklären, wie zwei eigenständige Unternehmen ihre Mitarbeiter (Gehalt, Abgaben, vor allem hinsichtlich der Berufsgenossenschaft) untereinander austauschen wollen.
Oder steht mehr dahinter?
Denkt die NVV bereits weiter? Gibt es evtl. schon Vorstellungen sich von Mais als Substrat zu verabschieden und demnächst ein noch günstigeres zu verarbeiten? Nämlich so genannten „Biomüll“?
In 3 – 4 Jahren könnte die Anlage gute Erträge abgeworfen haben und zeitgleich könnte in 2015 die Umsetzung des EU-Abfallrechtes anstehen.
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz wird – einfach gesagt – „neu geregelt“. Mit ihm will die Bundesregierung EU-Recht umsetzen. Es besagt, wer was in Sachen Abfallverwertung und –beseitigung künftig darf und muss.
In Erweiterung zur bislang geltenden 3-Stufen Hierarchie (Vermeidung, Verwertung, Beseitigung) wird das kommende „Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts“ die folgende neue 5-Stufen-Hierarchie einführen.
- Vermeidung
- Vorbereitung zur Wiederverwendung
- Recycling
- sonstige, insbesondere auch energetische Verwertung
- Beseitigung
Mit der Novelle wird die neue Abfallrahmenrichtlinie in das deutsche Recht umgesetzt; dies muss bis zum 12. Dezember 2010 geschehen.
Zunehmende Energie- und Rohstoffknappheit machen Abfall als Ressource immer interessanter. Inzwischen lohnt sich dadurch die Vergärung von Abfall aus der Biotonne.
Bis 2015 könnte flächendeckend die getrennte Sammlung von Bioabfällen eingeführt werden. Ziel: das hohe Ressourcenpotential der bislang über den Hausmüll erfassten Bioabfälle effizienter „zu erschließen“.
Es werden zunehmend auch kommunale Anlagen zur Gewinnung von Biogas aus Biomüll in Betrieb genommen.
Eine vorgeschaltete Vergärung von Bioabfällen erfordert eine Rotte/Kompostieranlage, auf der dann aus den Gärresten der Methangasanlage Kompost für z.B. die Landwirtschaft entsteht.
Und spätestens an dieser Stelle fällt einem wieder der Satz ein:
„Gerade die Nähe zur Kompostieranlage macht das Gelände bei Wanlo zum idealen Standort für die Biogasanlage. Gegebenenfalls sei eine Kooperation mit der Kompostieranlage möglich.“
Solche Zusammenhänge und Äußerungen sind es, die aufhorchen lassen. Aufhorchen, weil da etwas anklingt, das in Wanlo überhaupt nicht akzeptiert ist. Noch weniger als die Methangasanlage: Eine Biomüll verarbeitende Methangasanlage.
Gegen eine Mülldeponie und eine Müllverbrennungsanlage hat man sich vor Jahren erfolgreich gewehrt.
Kehrt dieses Gespenst nun schleichend durch die Hintertür in Form einer Methangasanlage zurück?
4.
Hülldopp schrieb am 9.09.2010 um 16:24 Uhr:
@ Gandalf
Sie schreiben:
„Wenn der Müll „sich rechnet“, wird das mit Sicherheit das Ende der Mais-Allianz zwischen NVV und Landwirten sein.“
das weckt bei mir gewisse assoziationen. wird dank müllverarbeitung aus der „mais-allianz“ eine „mesalliance“? könnte passieren. eigentlich passen diese beiden parteien sowieso nicht zueinander. verbindend sind ausschließlich finanzielle abwägungen. “zwangsehe“ sozusagen. scheidung vorprogrammiert?
anmerkung zu „mesalliance“ lt. wikipedia:
Umgangssprachlich bezeichnet man heute mit Mesalliance eine unglückliche Verbindung von Partnern, die nicht zueinander zu passen scheinen. Dies bezieht sich allerdings nicht nur auf den privatpartnerschaftlichen Bereich, sondern unter anderem auch auf politische Bündnisse (Allianzen) und ideologische Systeme (z.B. Wirtschaft – Werte; Utilitarismus – Ökologie).
3.
Mine schrieb am 8.09.2010 um 22:47 Uhr:
Vielleicht ändert sich auch was durch die Verlängerung der Atomlaufzeiten. Jedenfalls befürchten doch viele Kommunen nun bei ihren Kraftwerken Nachteile.
2.
Gandalf schrieb am 7.09.2010 um 22:55 Uhr:
Was soll man da noch sagen, letztendlich wird entscheidend sein, was für die NVV lukrativer ist. Mit der jetzt geplanten Anlage wird sie ca. EURO 1 Mio./Jahr an Subventionen kassieren. Das für 20 Jahre. Eine Menge Holz, das wir alle zahlen müssen.
Es wird sich zeigen, was interessanter sein wird. Die Stunde der Wahrheit kommt also 2015.
Sollte die NVV auf Müll „umsteigen“, darf man gespannt ein, was die Fürsprecher der Landwirte dann sagen werden. Viele Politiker sind nur deshalb für die Anlage, weil die Landwirte durch diese eine angenehme und sichere (?) Einnahmequelle haben werden. Was auch sehr schräg ist, wenn man mal darüber nachdenkt.
Wenn der Müll „sich rechnet“, wird das mit Sicherheit das Ende der Mais-Allianz zwischen NVV und Lanwirten sein.
Besser wäre natürlich, dieser ganz „Biogas“-Wahnsinn bliebe uns erspart. Zu teuer, zu wenig effizient, zu aufwendig (Maistransporte), sehr schlecht für Boden und Wasser, schlechte CO2-Bilanz.
Ja, alles Argumente, dass man so ein Ding „unbedingt“ bauen muss …
1.
Redaktion BZMG Politik und Wirtschaft schrieb am 7.09.2010 um 09:59 Uhr:
Ist eine Methangasanlage in Wanlo ein „besseres Müllkonzept“?
ergänzender Artikel zum Thema „neues EU-Recht ab 2015“: http://www.bz-mg.de/aus-dem-umland-nrw-und-darueber-hinaus/kreis-viersen/eine-tonne-fur-wertstoffe.html