Notfallseelsorge in Not? Oder: Kirche heute

Hauptredaktion [ - Uhr]

logo-notfallseelsorge-thb45.jpgHeute, am 22.01.09, feierte die Mönchengladbacher Notfallseelsorge (NFS) einen Beauftragungsgottesdienst. Das heißt, dass neue Mitarbeiter, nach Abschluss ihrer Ausbildung offiziell „ausgesandt“ wurden.

Ausgesandt werden sie, um Trost zu spenden, Gebete und Segen zu sprechen mit und für Familien und Freunde von gerade Verstorbenen.

Der Notarzt hat den Tod festgestellt. Die Polizei hat die Todesnachricht überbracht. Die Eltern, die ihr Kind durch plötzlichen Kindstod verloren haben, müssen ertragen, dass die kleine Leiche beschlagnahmt und abtransportiert wird.

In diesen Momenten sind sie da, die Notfallseelsorger. Die schwersten Stunden stehen sie mit den Zurückgelassenen durch. Wie oft mag es dabei an die eigenen Grenzen gehen?

Diesen schweren Dienst mit Gottes Segen zu beginnen, macht sicher Sinn.

Diesmal findet die Beauftragung aus internen Gründen verspätet statt.

Die Neuen machen schon seit einem Jahr Dienst, obwohl sie nicht offiziell beauftragt, also „ausgesandt“ wurden. Wieso das?

Warum wurden sie noch nicht offiziell „ausgesandt“? Wo doch wirklich jeder einzelne dringend gebraucht wird. Und auch, obwohl die ehrenamtlichen Helfer Tag und Nacht bereit sollen, anderen in solch einer schweren Zeit zur Seite zu stehen. Und das hat wohl ohne jede Beanstandung funktioniert.

Die Antwort scheint ebenso schlicht wie unglaublich: Besagte Mitarbeiter gehören keiner Konfession an.

Diese Tatsache war der Leitung der NFS, von Beginn an klar. Klar war aber auch, dass jemand evtl. auf dem Weg zurück in die/eine Kirche war. Für die Entscheidungsfindung wollte man ihnen „Zeit geben“.

Ein Jahr verging mit Ausbildung und Antreten des Dienstes und mit vielen Einsätzen, allerdings ohne Entscheidung seitens der NFS-Leitung bezüglich der offiziellen „Aussendung“.

Nach Informationen aus dem Umfeld der NFS könnten sie nun noch ein weiteres Jahr „geschenkt“ bekommen, aber nicht etwa offiziell beauftragt, sondern sozusagen als „Azubis“ oder Praktikanten.

Das verstehe wer will.

Da macht jemand ehrenamtlich einen schwierigen Job, ist von allen anerkannt, macht ihn gut und dann fällt (plötzlich) den Verantwortlichen auf, dass er keiner Kirche angehört und er daher nicht offiziell bestellt, also „offiziell“ gar nicht für die NFS tätig sein dürfte.

Logik á la Kirchen?

Welchen Hilfebedürftigen interessiert es, ob jemand einer oder gar welcher Kirche ein Trost- und Hilfespendender angehört?

Und wenn dann noch ein Jahr ins Land gegangen ist, und sie sich noch immer nicht einer Kirche anschließen können oder möchten, müssten sie gehen. Oder?

Die Mönchengladbacher NFS verlöre wertvolle Mitarbeiter, deren Dienste sie über Jahre gerne in Anspruch genommen hat.

Wieder einmal so eine Doppelmoral der Institution Kirche?

Und das auch noch vor dem Hintergrund, dass in den Ausbildungsrichtlinien für NFS lediglich davon gesprochen wird, dass der Ausbildungsteilnehmer sich dem christlichen Glauben verbunden fühlen soll.

Dort heißt es nämlich u.a.:

„Die Beauftragung zur Mitarbeit in der NFS können erhalten:

  1. Ehrenamtliche, die dem christlichen Glauben verbunden sind und bereit sind, sich in Seelsorge und Gesprächsführung schulen und sich spezifisch für die Notfallseelsorge fortbilden zu lassen.
  2. Mitarbeiter/innen aus Feuerwehr, Rettungsdienst, Hilfsorganisationen und Polizei oder der NFS nahestehenden Institutionen, die dem christlichen Glauben verbunden sind und bereit sind, sich in Seelsorge und Gesprächsführung schulen und sich spezifisch für die Notfallseelsorge fortbilden zu lassen.

Keine Rede von „Zughörigkeit zu einer Konfession/Kirche“. Da fragt sich der neutrale Beobachter was das soll.

Haben die konfessionslosen Mitarbeiter den Menschen, denen sie in der Vergangenheit beistanden, Schaden zugefügt? Waren ihre Gebete nicht gültig oder schlecht?

In diesem Zusammenhang drängt sich auch die Frage auf, was passiert, wenn beispielweise ein Mensch der einer Notfallhilfe bedarf, erkennbar nicht dem Christentum „verbunden“ ist.

Wie verhält sich die NFS, wenn das beispielsweise ein Mensch islamischen Glaubens ist?

Fragen, auf die die Ausbildungsrichtlinien der NFS keine Antwort gibt. Möglicherweise aber Pfarrer Ulrich Meihsner von der Leitung der Mönchengladbacher NFS.

Daher haben wir ihm diese Fragen gestellt und warten nun auf Antworten:

  1. Warum hat sich die „Entsendung“ um ein Jahr verzögert?
  2. Auf welcher Grundlage war es möglich, Mitarbeiter in der NFS einzusetzen, obwohl sich noch nicht „entsandt“ wurden?
  3. Warum fordern Sie (plötzlich), dass ein Mitarbeiter der NFS einer Konfession angehören muss, obwohl lediglich eine „Verbundenheit zum christlichen Glauben“ als Bedingung genannt ist?
  4. Wie verhält sich die NFS, wenn die hilfebedürftige Person keine der besagten Konfession angehört?
  5. Wie verhält sich die NFS, wenn die hilfebedürftige Person z.B. islamischen Glaubens ist?
Ein Kommentar zu “Notfallseelsorge in Not? Oder: Kirche heute”
  1. Hier die Antworten der Koordinatoren der Mönchengladbacher Notfallseelsorge:

    Frage:1 Warum hat sich die „Entsendung“ um ein Jahr verzögert?

    Antwort:

    Ablauf der Ausbildung: Vorgespräch(e), Grundausbildung, Praktika, erste Praxisphase mit Reflexionsgesprächen, Beauftragung. Die letzte Beauftragung ist vom 4. Dezember 2008 auf den 22. Januar 2009 verschoben worden.

    Frage: 2 Auf welcher Grundlage war es möglich, Mitarbeiter in der NFS einzusetzen, obwohl sie noch nicht „entsandt“ wurden?

    Antwort:

    Im Rahmen der ersten Praxisphase mit Reflexionsgesprächen.

    Frage 3: Warum fordern Sie (plötzlich), dass ein Mitarbeiter der NFS einer Konfession angehören muss, obwohl lediglich eine „Verbundenheit zum christlichen Glauben“ als Bedingung genannt ist?

    Antwort:

    Verbundenheit zum christlichen Glauben heißt Mitgliedschaft in einer der christlichen Kirchen der ACK (Arbeitskreis christlicher Kirchen)

    Frage 4: Wie verhält sich die NFS, wenn die hilfebedürftige Person keiner der besagten Konfessionen angehört?

    Antwort:

    Notfallseelsorge ist psychische erste Hilfe in Krisensituationen, unabhängig von Religionszugehörigkeit. Religiöse Bedürfnisse werden wahrgenommen und entsprechend moderiert.

    Frage 5: Wie verhält sich die Notfallseelsorge, wenn die hilfebedürftige Person z.B. islamischen Glaubens ist ?

    Antwort:

    Notfallseelsorge leistet psychische erste Hilfe. Wenn die Betroffenen keinen unmittelbaren Zugang zu muslimischen Seelsorgern haben, knüpfen wir den Kontakt zu islamischen Geistlichen.

    Susanne Kreusch-Magon und Ulrich Meihsner
    Koordinatoren der Notfallseelsorge Mönchengladbach

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