Neuer Bedarf an Bauflächen in Giesenkirchen er/gefunden oder: Aritmethik á la Mönchengladbach
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Vorbemerkung: Das Skript eines Teaterstückes kann schon mal etwas länger sein. Aber daran haben sich die Akteure (Schauspieler usw.) schon gewöhnt. Wegen der Komplexität des Themas fiel diese „Glosse mit denkwürdigem Wahrheitsgehalt“ auch etwas länger aus.
Der geneigte „Zuschauer“ dieser Tragikomodie mag es verzeihen. 😉
Vorhang auf zur Tragikomödie für zwei Personen in 3 Akten
Die Akteure:
Bürger | Helmut Hormes |
Prolog
Schenkt man den Worten unseres höchsten Baufachmannes in Mönchengladbach, dem Technischen Beigeordneten Helmut Hormes glauben, so leidet also unsere Stadt Mönchengladbach und insbesondere der Ortsteil Giesenkirchen unter akuter Wohnungsnot.
So jedenfalls musste der Zuhörer der Stadtratssitzung am 11.04.2008 die von Herrn Hormes vorgetragene Statistik verstehen, welche eine zusätzliche Begründung abgeben sollte zur unbedingten Umsetzung des Konzeptes „Giesenkirchen 2015″ und der unbedingt notwendigen Bebauung der Sportplätze Puffkohlen und Asternweg.
Nun liegen sie vor, die Zahlen vom Technischen Beigeordneten Helmut Hormes; bemerkenswert sind sie allemal … auch bedenklich?.
1. Akt: Die Einwohner- und Wohnungszahlen
HORMES:
Einwohner in Giesenkirchen 1998: 16.200
Einwohner in Giesenkirchen 2008: 15.800
Ergebnis: -400 (also 2,5 % weniger)
Wohnungsbestand in Giesenkirchen 1998: 6.918
Wohnungsbestand in Giesenkirchen 2008: 7.278
Ergebnis: +360 (also 5,2% mehr)
Einwohner je WE in Giesenkirchen 1998: 2,3
Einwohner je WE in Giesenkirchen 2008: 2,17
Der Wohnungsbestand wird trotz weiter sinkender Einwohnerzahl steigen.
BÜRGER:
Wir leben jedoch in der Stadt Mönchengladbach, Planungen für den Bereich Wohnungsbau sollten deshalb seriöserweise auf den Zahlen der Gesamtstadt fußen.
Hier demonstriert Hormes reines Kirchturmdenken. Politik gehört aber nicht zu seinem Aufgabenbereich, oder etwa doch?
Aussagekräftig sind die Zahlen zudem nicht. Es fehlen Angaben wie zum Beispiel:
- Wohnungsgröße / Wohnungslage / Wohnungsstandart / Wohnungen mit Barrierefreiheit etc.
- Nutzungsart Miete / Eigentum
- Finanzierung Privat / öffentliche Förderung
- Aktuelle konkrete Marktnachfrage
- Aktuell verfügbare Neubauflächen / verfügbare Flächen mit Altbausubstanz
- und andere wichtige Bewertungskriterien
Bei einer derart verkürzten Aufbereitung bleibt außerdem eins auf der Strecke: Die Glaubwürdigkeit.
HORMES:
Der Wohnungsbestand wird trotz weiter sinkender Einwohnerzahl steigen.
BÜRGER:
Das ist Mönchengladbacher Arithmetik.
Mag sein (oder auch nicht), auch Hormes hat keine hellseherische Fähigkeiten.
Der Bestand ist jedenfalls nicht gleichzusetzen mit dem Bedarf, ein erhöhter Bestand in Giesenkirchen würde lediglich eine Verschiebung innerhalb der vorhandenen Angebotsstruktur bewirken.
Hier schießt Hormes (auch typisch für Gladbach) mit Vollgas am Bedarf vorbei.
Eine fachliche Legitimation dafür ist nicht erkennbar, als Aussage eines Planungs- und Baudezernenten eher peinlich, vor allem vor dem Hintergrund der offensichtlich politischen Einflussnahme auf die Verwaltung.
2. Akt: Wohnbauflächen in Giesenkirchen
HORMES
Wohnbaufläche mit geltendem Baurecht ca. 56 000 qm
Mittelfristig verfügbar ca. 35 bis 40 % = 22. 000 qm (In Giesenkirchen gibt es 99 Baulücken)
Weiter verbleibende Flächennutzungsplan-Wohnbauflächenreserven im Stadtbezirk Giesenkirchen sind aufgrund bestehender Restriktionen in naher Zukunft nicht zu aktivieren (Ahren III, wegen. bodendenkmalpflegerischer Belange, Blaffert wegen nicht möglicher Erschließung, Dorfgebiet „Stadt“ wegen Nähe noch produzierender landwirtschaftlicher Betriebe.)
Nesselroderstraße ist eine Erweiterung noch möglich.
Neu durch Konzept Giesenkirchen 2015
Asternweg: ca. 9.150 qm
Kruchenstraße: ca. 7.900 qm
Puffkohlen: ca. 29.000 qm
gesamt Giesenkirchen 2015 somit: ca. 46. 000 qm
BÜRGER
Es soll also lediglich 99 Baulücken geben. Wie viele Wohnungen in welcher Größe, Güte, für welche Nutzung dort gebaut werden könnten, verschweigt „Gutachter“ Hormes.
Schweigen auch darüber, dass diese Baulücken möglicherweise eine Reserve darstellen, die etwa 200 – 400 Wohneinheiten ermöglicht und von mindestens 400 – 800 Einwohnern bewohnt werden könne.
Warum schweigt er ebenfalls zu den zahlreichen vorhandenen, erschlossenen, aber noch nicht bebauten Grundstücksflächen?
Warum beschreibt Hormes nicht das Neubaugebiet „Meerkamper Scholle“? Es ist noch lange nicht voll bebaut, im Gegenteil, erste Häuser werden schon wieder verkauft.
Er rechnet auch nicht die vorhandenen Grundflächen von sogenannten Hinterliegern ein. Immer mehr Eigentümer großer Grundstücke wollen und werden durch Teilung neue Wohnbauflächen generieren.
3. Akt: Resümee
HORMES
Die vorhandenen und die durch das Projekt Giesenkirchen 2015 neu zu planenden Wohnbaugebiete in Giesenkirchen werden mittel- bis langfristig den Bedarf an Wohnbauland befriedigen.
BÜRGER
Wie schon gesagt, hier sollte Hormes sein Kirchturmdenken ersetzen durch eine Planung in der Gesamtstadt.
Der Bedarf für Giesenkirchen ist bereits jetzt voll gedeckt.
HORMES
Die Aufschließung dieser Gebiete dient der Eindämmung oder Verlangsamung des Einwohnerrückgangs durch eine Angebotsplanung sinnvoll. Auch in der Konkurrenz mit umliegenden Gemeinden bzgl. der Einwohnerentwicklung ist die Angebotsplanung geboten, da Umlandkommunen in erheblichem Maße neue Bauflächen über den Eigenbedarf hinaus mit dem Ziel des Einwohnerzuwachses ausweisen.
BÜRGER
Alle bisherigen Erkenntnisse zur Begegnung des demographischen Wandels weisen darauf hin, dass die Ausweisung von Neubauflächen am Rand bestehender Ortsstrukturen nicht zur Eindämmung oder Verlangsamung des Einwohnerrückgangs beitragen.
Fehlentwicklungen in Umlandkommunen sollten nicht gedankenlos übernommen werden. Man sollte sich auch nicht durch (zweifelsfrei großflächige) Bauflächenausweisungen für Rheinbraun-Umsiedlungen irritieren lassen. Diese als Anlaß für Handlungsbedarf zu interpretieren ist unredlich. Andere großflächige Ausweisungen sind nicht nachweisbar.
HORMES
Jede der durch das Projekt „Giesenkirchen 2015″ zu beplanenden Flächen ist in dem Bebauungszusammenhang integriert und verfügt über eine gute bis sehr gute Infrastrukturausstattung. Sie entsprechen somit sowohl dem Anspruch des Projekts MG 2030 als auch dem Ziel der Landesplanung: Innenverdichtung vor Inanspruchnahme des Freiraums.
BÜRGER
Die zu beplanenden Flächen sind nicht nur … „integriert“, sondern stellen in ihrer derzeitigen Nutzung einen wesentlichen Qualitätsfaktor für die Umgebungssituation dar.
Eine Funktionsverlagerung und Neubebauung zu Wohnzwecken fördert langweilige Monofunktionalität und nimmt den Gebieten wesentliche Aspekte ihres Charmes.
Das Ziel der Landesplanung: „Innenverdichtung vor Inanspruchnahme des Freiraums“ wird hier mal wieder (Typisch für MG) zielgerichtet und gründlich missverstanden! Der Landesplanung geht es um die Stärkung der (Orts-) Innenbereiche (Entwicklung von Innen nach Außen), nicht um die Verdichtung des Ortsränder!
Diese Fehlinterpretation durch einen technischen Beigeordneten ist höchst bedenklich; vor dem Hintergrund der örtlichen Wirkungskreise könnte man es den Betroffen nicht verdenken, wenn sie das als Frechheit einstufen würden!
HORMES
Die Bezirke Giesenkirchen und Wickrath verfügen in unserer Stadt mit durchschnittlich 2,3 Personen je Haushalt über den höchsten Wert. Es ist sinnvoll, diesen Wert der auf einen hohen Anteil von Familien mit Kindern hinweist, durch ein diesbezügliches Angebot von Bauflächen für Familien zu stützen.
BÜRGER
Der Wert 2,3 ist (s.o.) ohne Aussagekraft. Die daraus gefolgerte Konsequenz ist (ebenfalls s.o.) weder qualifiziert noch zielführend.
HORMES
Im Rahmen der FNP-Aufstellung ist für die Gesamtstadt auf der Basis des Gebietsentwicklungsplanes eine generelle Aussage zum Bedarf an Wohnbauflächen unter besonderer Beachtung der demografischen Entwicklung unserer Stadt zu machen.
Epilog
Mit seinen Ausführungen führt Hormes alles von ihm bisher Gesagte und Geschriebene ad absurdum: Allgemeine, unverbindliche Floskel, die nach sachgerechter Prüfung auch grundsätzlich der Zielrichtung von Giesenkirchen 2015 widerspricht.