„Er hat es (v)erdient, Oberbürgermeister von Mönchengladbach zu werden!“

Bernhard Wilms [ - Uhr]

So lautete die umstrittene „Wahlwerbung“ des Chefs der Mönchengladbacher Volksbank, Lothar Erbers, für den CDU-OB-Kandidaten anlässlich des diesjährigen Neuwerker Jakobsbrunnenfestes.

Abgesehen von dieser mehr als eigentümlich anmutenden öffentlichen „Parteinahme“ eines Bankenchefs, stellt sich die Frage, wann und womit jemand „es verdient hat, OB zu werden“. Denn diese Erklärung blieb Erbers schuldig.

Reicht es aus, wenn man lange genug Bezirksvorsteher war?

Reicht es aus, wenn man ein braver „Parteisoldat“ ist, der seine Belastbarkeit – manchmal passt hier eher der Begriff „Leidensfähigkeit“ – jahrelang unter Beweis stellt?

Reicht es aus, wenn ein Ministerpräsident von „seinem Norbert“ spricht?

Reicht es aus, wenn man auf einem Nominierungsparteitag in Mönchengladbach „jenseits der bürgerlichen Parteien“ einen „Linksblock in SED-Richtung“ als Popanz an die Wand malt?

Reicht es aus, wenn einer von sich behauptet „offen, sachlich, gerecht, bürgernah, unbürokratisch, verantwortungsvoll … zu sein – wobei gleichzeitig im Wahlprogramm das Wort „Bürgerbeteiligung“ nicht einmal vorkommt?

Reicht es aus, wenn sich „bürgernah“ auf die Mitgliedschaft in möglichst vielen Vereinen reduzieren ließe?

Oder reicht es einfach aus, Garant dafür zu sein (dafür sein zu müssen/zu dürfen), dass gegen das, was sich Strippenzieher ausdenken, seitens eines OB (als Verwaltungschef) keine Widerstände zu erwarten sind?

Wodurch also ist jemand würdig und fähig und qualifiziert oder gar „verdienstvoll“ geworden, um von den Mönchengladbacher Wählern zum Oberbürgermeister gewählt zu werden?

Alles Fragen, die sich Parteimitglieder hoffentlich gestellt haben, bevor sie ihren Kandidaten auf dem Parteitag gekürt haben.

Und alles Fragen, die sich der Haupt-Protagonist hoffentlich auch gestellt hat, bevor er in den Kampf um das höchste Mönchengladbacher Amt zog.

Das scheint allerdings leider unwahrscheinlich. Denn bei zweifelsfrei zu unterstellender hoher Intelligenz eines erfahrenden Politikers, hätte manch ein OB-Kandidat dann sicherlich diese Fragen mit „NEIN“ zu beantworten.

Erst recht, wenn er sich selbstkritisch darüber Gedanken gemacht hätte, was der englische Prof. Dr. Laurence J. Peter über Jahre ermittelt und analysiert hat: „In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen“.

Davon sind auch die Mechanismen der Partei-Hierarchien nicht ausgenommen und erst recht nicht der „Sprung“ auf den Oberbürgermeister-Sessel.

Für jeden Posten gibt es irgendwo irgendjemanden, der ihm nicht gewachsen ist. Durch eine hinreichende Anzahl von Beförderungen wird dieser Jemand den Posten bekommen.

Das nach ihm benannte „Peter-Prinzip“ von L. J. Peter beschäftigt sich mit den Aufstiegsmöglichkeiten in einer Organisation.

Eine Beförderung ist von der Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters abhängig.

In der neuen Stelle sind qualitativ neue Aufgaben zu erledigen.

Ist er auch in dieser Stelle erfolgreich, so wird er wieder befördert werden.

Die Beförderungen gehen so lange weiter, bis eine Stelle erreicht wird, die andere Fähigkeiten verlangt, als sie der Beförderte bislang nachweisen konnte.

Irgendwann erreicht jeder Mitarbeiter eine solche Stelle.

Nach dem Peter-Prinzip steigt also der Mitarbeiter in der Hierarchie einer Organisation so lange auf, bis er die Stufe seiner Inkompetenz erreicht.

Das Peter-Prinzip enthält einen wahren Kern, weil es zeigt, dass bisherige Leistungen eines Mitarbeiters keine Grundlage für die Prognose über die zukünftige Leistungen in einer hierarchisch übergeordneten Stelle darstellt.

Natürlich baut das Prinzip aber auf der (falschen) Annahme auf, dass die Besetzung der Positionen in der Hierarchie immer aus den eigenen Reihen geschieht.

In der Wirtschaftspraxis wird ein großer Teil der freien oder neuen Managementpositionen von außen besetzt, so dass sich die Wirkungen des Peter-Prinzips nicht ergeben; in der Politik ist das bekanntlich anders.

Eine Anerkennung der Leistungen der Mitarbeiter wird in der Praxis oft auch durch die Vergabe von Titeln oder die Einräumung von weitergehenden Rechten vorgenommen, ohne dass sich die hierarchische Position verändert.

Fazit mit einem Kern: Ein Ingenieur wird Manager, weil er bisher ein guter Techniker war und er vielleicht sogar gut organisieren konnte … und scheitert, weil er keine Menschen führen kann.

Ein Lehrer wird Schulleiter, weil er bisher ein guter Pädagoge war … und scheitert, weil er ein schlechter Leader und Verwalter ist.

Ein Politiker mit guten Erfolgen innerhalb von Partei und Fraktion wird Oberbürgermeister … und scheitert, weil er eher Repräsentant als Macher ist.

Gerade in hierarchischen Strukturen qualifizieren Mitarbeiter sich für die nächste Stufe fast immer nur, wenn sie ihre aktuelle Position optimal ausfüllen. Dabei müssen sie jedoch irgendwann an ihre natürlichen Grenzen stoßen.

Wie heißt es so wahr: „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“

Alles Unglück beginnt mit einer falschen Beförderung. An dieser Verantwortung beteiligt sind aber immer zwei Seiten:

Der Mitarbeiter, der sich nicht selbstkritisch genug prüft, ob er für den neuen Job geeignet ist und ihn selbstzufrieden oder gar selbstherrlich annimmt und der Chef, der ihn letztlich befördert. Auch er trägt hierfür Verantwortung (im Falle der Nominierung von Kandidaten also die Parteibasis).

Natürlich ist es nicht leicht, eine Beförderung auszuschlagen. Schon des Geldees wegen.

Der Partner daheim wird es womöglich nicht verstehen, weil er/sie ja auch gerne mal in der (betrieblichen) Öffentlichkeit stehen möchte.

Die Kollegen höhnen, weil sie genau wissen, was er nicht kann und warten nur auf sein Scheitern, um noch mehr höhnen zu können.

Der Chef (hier: die Parteibasis) denkt nach einer Ablehnung, man sei undankbar oder schlimmer: ein Schlaffi.

Ganz vermeiden lässt sich das nicht.

Aber es lässt sich gegebenenfalls kaschieren – durch schöpferische Unfähigkeit: Einfach den Eindruck erwecken, dass man die Stufe der Untauglichkeit bereits erreicht hat. Aber wer macht das schon freiwillig (wobei manche Politiker die Untauglichkeit oft schon unfreiwillig erkennen lassen)?

Vor all diesen Hintergründen kann die eingangs gestellte Frage nur mit einer Abwandlung der Erbers’schen Aussage beantwortet werden: „… er hat es sich erdient“ [was das Weglassen des Buchstaben „v“ so alles ausmacht ]

😉

Vielleicht hat Erbers das auch so gemeint … aber eben nicht gesagt.

Ob „Erdienen“ aber ausreicht, die Verwaltung einer Großstadt mit 3.000 Mitarbeitern und für 260.000 Menschen zu führen?

Ein Kommentar zu “
„Er hat es (v)erdient, Oberbürgermeister von Mönchengladbach zu werden!“”
  1. Und dann?

    Was, wenn er es wirklich werden sollte?

    Er, Post; der immer wieder aussagt „man könnte, wir sollten,“ oder auch „in meiner Landtagsfraktion habe ich dies und jenes gemacht“.

    Welches Sachthema hat er irgendwann denn wo angepackt und umgesetzt oder mitgestaltet?

    Er, der „nette Jung“ ohne jegliches eigenes Durchsetzungsvermögen soll einem Schwäche-Patienten Mönchengladbach auf die Beine helfen?

    Wie heißen solche Menschen in der Wirtschaft?

    Mönchengladbach kann neben diversen Frühstücksdezernenten keinen Frühstücksdirektor verkraften.

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