Wer macht eigentlich die Altersarmut? • Konferenz mit Erfahrungen und Initiativen am Samstag, dem 16. April beim Volksverein

Herbert Baumann [ - Uhr]

Hanne S. ist eine „Angebotsfrau“. Prospekte hier, Anzeigen in der Zeitung dort. Wo sind die Clementinen preiswerter, die Kekse, die Milch? Die 72-Jährige muss monatlich von 330 Euro leben. Und das schafft sie, sagt die Gladbacherin.

Weil sie konsequent die Lebensmittelpreise und -Angebote vergleicht – und weil sie rechnet und rechnet. Sie lebe bescheiden, habe viele Freunde.

„Und ich bin mit dem, was ich tue und kann sehr zufrieden“, lacht sie.

S. hat sich offenbar mit der Altersarmut arrangiert.

Nicht alle gehen mit der Tatsache, „wenig zu haben“, so gelassen um wie die Rentnerin. Und die Armut im Alter nimmt erschreckend zu.

Das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit für Mönchengladbach und den Kreis Heinsberg zeigt auf, warum uns eine „Welle“ droht und versucht am 16. April in einer öffentlichen Veranstaltung mit Betroffenen und Fachleuten Antworten zu geben.

Ein Leben lang hat Hanne S. Menschen begleitet und gepflegt.

Jetzt lebt sie in einer 44-Quadratmeter-Wohnung und von einer Rente, die nicht üppig ist.

Weil die Rente so gering ist, erhält sie „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß SGB XII“.

Die 330 Euro bleiben nach Abzug aller Kosten (Miete, Versicherung usw.) übrig.

Sie gehöre einer Generation an, die mit wenig leben könne, erzählt die Gladbacherin.

Das habe sie zwar nicht gewollt, aber sie habe sich mittlerweile auf ihre Situation eingestellt.

Über das vielfache Gejammere und die Diskussionen über die Rentenlüge rege sie sich nicht mehr auf.

Sie wünscht sich hier mehr Ehrlichkeit, gerade von der Politik. Jüngeren Menschen rät sie, an das „spätere (Rentner-)Leben“ zu denken und Vorsorge zu treffen.

Schulz weiß selbst, dass das viele gar nicht können. Beispiel Mindestlohn: Wer will von einem 8,50 Euro Stundenlohn/brutto Rücklagen bilden?

Wenn das Geld nicht mal reicht für die aktuelle Lebenssituation.

Wer wenig hat, der wird erfinderisch. Schulz gehört zu diesen Menschen. Haare schneiden lässt sie in Monaten mit geraden Ziffern, die Fußpflege ist an ungeraden dran. „Anders geht es nicht.“

Die Waschmaschine hat sie abgeschafft. Zu teuer. Jetzt dreht sich ihre Wäsche im Salon. Das sei billiger. Und kommunikativer. Hier komme sie mit Menschen ins Gespräch.

Zuletzt traf sie einen Pensionär, der krank ist. Schulz braucht den Kontakt zu den Menschen. Deshalb ging sie zum Seniorenkarneval, den die Stadt anbot.

Acht Euro kostete der Eintritt, und die Bus- und Bahnfahrt bleibe dank ihres Behindertenausweises preiswert wie bequem.

Stolz zeigt sie ihr Ticket „Kino-Café“ in Neuss, wo es für wenig Geld aktuelle Kinofilme
gibt. „Warum machen die so was nicht in Gladbach?“, fragt sie kritisch. Auch Heiligabend
war sie nicht allein.

Im Waldhausener TaK, dem Treff am Kapellchen, hat sie mit Menschen „Menschwerdung“ gefeiert.

Für eine Reise mit der evangelischen Kirchengemeinde Rheydt nach Georgensdorf – das polnische Calw ist ihre frühere Heimat und die ihrer Eltern – hat sie drei Jahre gespart.
Monatlich 25 Euro.

„Sie glauben gar nicht, wie schwierig das für mich war, von meinem wenigen Geld die Summe wegzulegen.“

Schulz hat es nicht bereut.

Sie „lebt“ immer noch von den „Ferien zu den Wurzeln“.

Wer macht eigentlich die Altersarmut?

Veranstaltung am 16. April, 9.30 bis 15.30 Uhr, Volksverein, Geistenbecker Straße 107,
Kostenfreie Teilnahme, Anmeldung nicht erforderlich.

Weitere Infos: www.menschenwuerde-und-arbeit.de

Foto: Wilhelmine Wulff | pixelio.de

2 Kommentare zu “
Wer macht eigentlich die Altersarmut? • Konferenz mit Erfahrungen und Initiativen am Samstag, dem 16. April beim Volksverein”
  1. Der TEuro ist ein großes Thema bei der Altersarmut.

    Wer vor dem Euro z.B. 1.200 oder 1.600 DM Rente bekam, konnte davon recht gut leben.

    Das sind heute aber nur noch rd. 600 oder 800 Euro! Das reicht nicht mal für ein Wohnklo und Lebenshaltungskosten!

    Wie sagte Pispers mal dazu: da kann man vor Freude ein Fass aufmachen – und dann direkt in dasselbe ziehen.

    Oder: Man müsse sich dann eben überlegen, ob man essen oder heizen will.

    Genauso ist das!

    Die Preise sind längst auf dem Niveau derer zu DM-Zeiten angekommen. Die haben sich 1 : 1 angeglichen und sogar noch mehr.

    Leider, leider wurde vergessen die Gehälter auch entsprechend zu erhöhen, was auch eine Erhöhung der Renten verursacht hätte.

    Die Politiker muss das nicht stören. Die haben das für sich geregelt und die „Diäten“-Erhöhungen immer schön brav beschlossen, auf dass nur ja keine Verluste erlitten werden.

    Jetzt sogar schon mit perfektem Automatismus, damit das blöde Volk nur ja nicht mehr mitbekommt, dass wieder mal eine Diätenerhöhung auf der Tagesordnung steht.

    Ach, ich vergaß, das ist ja eine Neiddebatte.

    Wie war das noch vor kurzem mit den EU-Abgeordneten: die läppischen monatlichen 21.379 Euro wurden 2015 mal eben um 1.500 € erhöht. Manche hatten sogar für 3.000 € Erhöhung plädiert.

    Schön, dass die Zurückhaltung so groß war und man sich mit popeligen 1.500 € begnügte.

    Wer sich mal richtig ärgern will und dabei den dämlichen Ausspruch „gute Leute kosten eben“ im Hinterkopf behält, kann sich hier an einigen (älteren) Zahlen erfreuen, die auch ohne weitere Erläuterung klar machen, dass bei diesen Leuten auch die Rente sicher ist:

    http://www.netz-trends.de/id/3302/Studie-Einkommen-Diaeten-EU-Abgeordnete-Millionaere-nach-fuenf-Jahren-sind-EU-Parlamentarier/

    Allein die Tatsache, dass diese Typen pro Sitzungstag auch noch 304 € obendrauf kassieren, Martin Schulz sogar immer pro Tag, also 365 Tage im Jahr (um die 9.000 €/Jahr), für eine Tätigkeit, für die die sowieso schon üppig bezahlt werden, nochmal Geld nachgeschmissen bekommen, ist an Unverschämtheit nicht zu überbieten.

    Allein das „Sitzungsgeld“ ist eine Summe, mit der so mancher „Hartzer“, wie es immer so abwertend heißt, monatlich auskommen muss.

    Wäre mal ne Maßnahme, dass man jeden Tag bei Erscheinen am Arbeitsplatz allein für diese Leistung noch Geld on top vom Arbeitgeber bekommen würde.

    Das würde sich auch äußerst positiv auf die Rente auswirken und Altersarmut vorbeugen.

    Fürchte allerdings, dass das den Arbeitgebern „irgendwie“ nicht zu vermitteln ist.

  2. Wer die Altersarmut „macht“?:

    Shareholder Value,

    neo-neoliberale Politik,

    seit Jahren steigende Unternehmensgewinne dafür aber niedrige Löhne, denn irgendwo müssen die Gewinne für die Shareholder und Unternehmen schließlich herkommen!

    Geringe, niedrige Einkommen bedeuten nun mal in der logischen Folge niedrige Renten.

    Arbeitslosigkeit wegen „Freisetzung“ von Arbeitnehmern, damit im billigen Ausland produziert (bzw. auch dort Ausbeutung der Menschen) wird, unterstützt durch geringe bis gar keine Einfuhrzölle und Transportkosten zum Spottpreis.

    Wer Mitte 40 ist und seine Arbeitsstelle verliert hat Probleme noch eine vernünftige, entsprechend dotierte Arbeit zu finden. Von wegen Fachkräftemangel. Müsste heißen Mangel billiger Fachkräfte.

    Nicht zu vergessen: Produktivitätssteigerung, weshalb auch immer weniger Arbeitskräfte benötigt werden. Deshalb ist die Angst vor der „schrumpfenden“ Bevölkerung auch so lächerlich.

    Vor allem keinesfalls zu vergessen, neben der Einführung des TEuro, der eine Währungsreform und Geldvernichter war und ist:

    Die Rentenreform der SPD und Grünen durch den Kanzler der Bosse Gerhard Schröder und Joschka Fischer.

    Die sorgten mal eben dafür, dass nicht nur die Agenda 2010 (ein Betrugssystem am Bürger) eingeführt wurde, sondern kürzten auch gleich die Renten um satte 25%, damit verkündet werden konnte, dass das Volk bitte nun auch unbedingt zusätzlich privat fürs Alters vorzusorgen habe, weil die Rente nicht mehr reichen würde.

    Freute die Versicherungsindustrie und Provisionen verdienende Versicherungsvertreter enorm! Dort knallten die Sektkorken. Die Lobbyisten konnten sich zurück lehnen und sich über ihre hervorragende Schmierarbeit freuen.

    Schröder-Freund Maschmeyer freute das noch viel mehr und machte den steinreich.

    Schröder, Joschka, die SPD und die Grünen vergaßen lediglich zu erklären, woher gerade Niedriglöhner und Geringverdiener das Geld für eine lukrative private Altersversorgung her haben sollten.

    Die sollen schließlich auch noch riestern, wovon die zwar nix haben, was aber nichts macht, Hauptsache die zahlen und erfreuen damit die Versicherungen.

    Wir dürfen uns alle sehr herzlich bei der SPD, den Grünen und Ex-Kanzler Schröder sowie Joschka Fischer bedanken, die schlimmer agiert haben als es CDU und FDP gemeinsam gekonnt hätten.

    Der alte Spruch eben: Wer hat uns verraten? Na, wer wohl!

    Damals lediglich unterstützt von den inzwischen längst Nato-Olivgrünen, die seit dem völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg gerne bei jeder militärischen Auseinandersetzung stramm stehen.

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