SPECIAL: Neues Entgeltsystem PEPP – Hans Joachim Stockschläger (FDP): „Die Versorgung psychisch kranker Menschen wird zukünftig transparenter und leistungsorientierter vergütet“
Red. Gesundheit & Soziales [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[03.09.2013] »Systematische Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung soll umgesetzt werden – ohne Fallpauschalen!
Ziel des „Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-Entgeltgesetz)“ ist es, die Grundlagen für eine systematische Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung zu legen und die Möglichkeiten für eine sektorenübergreifende Versorgung zu verbessern.
Die Versorgung psychisch kranker Menschen wird zukünftig transparenter und leistungsorientierter vergütet.
Damit will die Bundesregierung – nicht nur der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr – den Weg von der Finanzierung kostenorientierter Budgets hin zu einer leistungsorientierten Krankhausvergütung fortsetzen.
Statt krankenhausindividuell vereinbarter Vergütungen mit einheitlichen, leistungsunabhängigen Tagessätzen werden künftig bundeseinheitliche, nach Leistungen zu differenzierende Entgelte kalkuliert.
Damit wird die Transparenz über die psychiatrischen und psychosomatischen Leistungen der Krankenhäuser verbessert.
Der Entgeltkatalog ist wesentlich differenzierter als das derzeitige Vergütungssystem und sieht tagesbezogene Entgelte – jedoch keine Fallpauschalen! – vor.
Eine systematische Untervergütung, die den Anreiz für eine Verweildauerverkürzung setzen würde, findet nicht statt.
Vielmehr decken die auf einer umfassenden empirischen Basis kalkulierten Tagesentgelte die durchschnittlichen Behandlungskosten der Patienten.
Da die Umstellung des neuen Vergütungssystems sehr komplex ist, wird es schrittweise als lernendes System eingeführt.
In den Jahren 2013 und 2014 können die Einrichtungen wie die LVR-Klinik frei entscheiden, ob sie das neue Entgeltsystem anwenden.
Hier könnten die Mitarbeiter über den Betriebsrat ja noch Einfluss ausüben.
Erst ab dem Jahr 2015 ist die Anwendung für alle Einrichtungen verpflichtend.
Bis 2016 gibt es eine vierjährige budgetneutrale Phase, in der die Anwendung des neuen Entgeltsystems nicht zu Verlusten oder Gewinnen für die stationären Psych-Einrichtungen führt.
Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene sind von der Bundesregierung verpflichtet worden, vor der 2017 beginnenden Konvergenzphase gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit eine Zwischenbilanz über die Erfahrungen mit dem neuen Entgeltsystem vorzulegen.
Dieser Bericht wird Grundlage für die Weiterentwicklung des Entgeltsystems sein.
Während der insgesamt fünfjährigen Konvergenzphase wird das unterschiedlich leistungsgerechte Krankenhausbudget an das neue, landesweit einheitliche Preisniveau (Landesbasisentgeltwert) angeglichen.
Am Ende der Konvergenzphase (im Jahr 2022) gilt für alle Leistungserbringer innerhalb eines Landes der gleiche Preis für gleiche Leistungen.
Die langen Zeiträume der Ein- und Überführungsphase tragen auch den noch zu leistenden Entwicklungsarbeiten für das neue Entgeltsystem Rechnung.
Ich befürworte dieses Vorgehen, weil es genügend Raum lässt, die Erfahrungen der Klinikleitungen und der Mitarbeiter/innen einfließen zu lassen.
Ich teile die Befürchtung des Herrn Neiken, dass das neue Entgeltsystem die Situation in den Einrichtungen verschlechtern wird, vor diesem geschilderten Verfahrensablauf ausdrücklich nicht.
Die im letzten November von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr erlassene „Verordnung zum pauschalierenden Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen für das Jahr 2013 (Verordnung pauschalierende Entgelte Psychiatrie und Psychosomatik 2013 – PEPPV 2013)“, die die Voraussetzung für die freiwillige Anwendung des neuen Entgeltsystems in der Psychiatrie und Psychosomatik geschaffen hat, war erforderlich, weil eine fristgerechte Einigung der Vertragsparteien auf Bundesebene auf das neue Psych-Entgeltsystem nicht möglich war.
Der neue Entgeltkatalog wurde von dem zuständigen Institut der Vertragsparteien, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), auf einer breiten empirischen Datengrundlage kalkuliert.
Vor dem geschilderten Hintergrund empfinde ich die derzeitigen Aktivitäten von verdi als Wahlkampf – zumal der Erlass der Verordnung ja bereits vor zehn Monaten erfolgte und verdi damals schon positioniert war.
Ich finde es bemerkenswert und nicht in Ordnung, dass aus meiner Sicht das Leid der Betroffenen und der betroffenen Angehörigen instrumentalisiert wird.
Ich bin übrigens – anders, als Herr Neiken es im Interview angekündigt hat – bisher weder von verdi, noch von LVR-Mitarbeitern auf dieses Thema hin angesprochen worden.
Auch das bestätigt mich in meiner Einschätzung. «
1.
Brummbär schrieb am 3.09.2013 um 18:04 Uhr:
Vielen Dank für die Erläuterungen, die auch auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums nachzulesen sind. Dass genau diese Aussagen wiedergegeben werden liegt selbstverständlich in der Natur der Sache. Eben die FDP-Meinung wiedergegeben wird.
Dadurch wird diese Idee die FDP-Minister-Bahr offenbar mit Vehemenz umsetzen will, so dass er sogar den Weg der Verordnung wählte, nicht besser.
Hauptsache sparen, koste es was es wolle. Dass es in diesem Fall mal wieder diejenigen trifft, die ohnehin schon in sehr prekären Lebenssituationen sind, scheint Herrn Bahr mehr als gleichgültig zu sein. Solidarität ist ohnehin nicht Sache der FDP.
Hat Herr Bahr schon einmal erlebt, was es z.B. für eine Familie bedeutet, in der ein Elternteil psychisch erkrankt? Was das für die gesamte Familie bedeutet geht an die Grenzen dessen, was auf Dauer erträglich und ohne entsprechende klinische Behandlung zu ertragen wäre.
Eine zu frühe Entlassung kann sehr schnell wieder eine Verschlechterung verursachen und auf Grund der dann entstehenden familiären Stress-Situation oder des allein gelassen seins (bei allein lebenden Personen,) alles nur noch verschlimmern. Der Drehtüreffekt in solchen Fällen nutzt niemandem. Vor allem nicht den Krankenkassen.
Leider haben gerade psychische Erkrankungen den unwirtschaftlichen Nebeneffekt nicht mal eben operiert oder mit einigen Pillen behandelt werden zu können.
Allein die medikamentöse Einstellung so mancher Kranker erfordert Fingerspitzengefühl, Zeit und Geduld.
Vor allem die notwendige Zeit und Geduld sind Dinge, die bei Fallpauschalen entfallen.
Rückfälle auf Grund zu schneller Entlassungen können dramatische Ausmaße annehmen.
Herr Bahr sollte gerade bei pschychischen Erkrankungen den Satz: „Billige Dinge sind teuer“ bedenken.