Weniger Geld – Mehr Wertschätzung: „Wie gesund ist unsere Medizin?“
Red. Gesundheit & Soziales [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Erniedrigung, verdichtete Arbeitstage, Entgrenzung von Beruf und Privatleben, permanente Anruf- und Abrufbereitschaft, fehlende Wertschätzungen machen die Menschen zunehmend krank.“
Beim VHS-Abend zur Frage „Wie gesund ist unsere Medizin?“ setzte sich Schubert für einen Perspektivenwechsel ein: „Ich sehe Gesundheit als die Fähigkeit, Lebensanforderungen zu bewältigen – und die wächst, wenn der Mensch wertgeschätzt in stabilen Beziehungen lebt und arbeitet.“
Sabine Appel, Geschäftsführerin der Brüggener Initiatiative Selbsthilfe, sieht es ähnlich: „Wir sollten die Ressourcen des Menschen unterstützen. Die meisten, die ich frage, kennen ihre Probleme und Defizite ganz gut. Sie müssen aber passen, wenn‘ s um ihre Stärken geht.“
Angesichts der wachsenden Zahl psychischer Erkrankungen vermisst Manrico Preissel, stellvertretender Regionaldirektor der AOK Rheinland und Koordinator der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen im Kreis Viersen, die menschliche und soziale Begleitung in Arztpraxen und Krankenhäusern:
„Heute wird viel Zeit mit Bürokratie und überflüssiger Dokumentation verschwendet. Durch Transparenz, Kooperation, Koordination und Evaluierung könnten Ärzte und Pflegepersonal die notwendige Zeit für Gespräche und Begleitung gewinnen.“ Dabei seien die kommunalen Gesundheitskonferenzen hilfreich.
Heilpraktikerin Maren Gestenkorn setzt auf Ergänzung der Schulmedizin und nimmt sich Zeit für ihre Patienten: „Ich versuche, jeden Menschen als Ganzes zu betrachten.“ Manche Praxen und Krankenhäuser vermittelten den Eindruck, dass Partientenfragen eher lästig seien.
Dass das mit dem Finanzierungsdruck zusammenhängt, darin sind sich der Krankenhausarzt Dr. Thomas Nieberding und der frei praktizierende Arzt Herbert Hochheimer einig.
Dr. Nieberding: „Geld und Medizin passen nicht zusammen.“ Wettbewerb, Gewinnorientierung und wirtschaftliche Interessen gewinnen offenbar die Oberhand im Medizinsystem:“ Nachdem sie bei uns nicht mehr so ankommen, gehen die Pharmavertreter verstärkt zu den Selbsthilfegruppen.“
Beide Ärzte wenden sich gegen die unternehmerische Gewinnorientierung im Gesundheitswesen. Hochheimer sieht mit Sorge, dass sich Krankenhäuser und Ärztezentren zunehmend spezialisieren und die Grundversorgung abbauen.
Nieberding ist überzeugt: „Wir werden zukünftig nicht jedem alles auf Dauer geben können.“ Er verweist auf den Happy Planet Index (HPI), der Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und ökologischen Fußabdruck kombiniert.
Die Messungen zeigen, dass die Wohlstandgesellschaften, die Menschen nicht glücklicher machen.
Fazit des von Georg Viehoff moderierten VHS-Abends: Eine gesunde Medizin braucht nicht mehr Geld und Wettbewerb, sondern eine persönlichkeitsstärkende Gesellschaft voller Wertschätzung.