Neuwerk, Sport, Vereine: Über den Brieftaubensport … – Sieger kommen aus Bettrath
Red. Neuwerk [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Taubenliebhaber zu sein ist etwas ganz Besonderes. Die Taube, Symbol des Friedens, hat die Menschen schon immer beeindruckt. Schauen wir nur einmal in die Bibel: Auf der Arche Noah hat die Taube mit dem Zweig im Schnabel als Botentaube die Nachricht gebracht, „die Sintflut ist vorbei!“.
Botentauben gab es an allen Fürstenhäusern, aber auch in den Kriegen 1870-71 und den folgenden Jahren waren sie Überbringer wichtiger Nachrichten. Das Brieftaubengesetz hatte noch bis Ende des 2. Weltkrieges Gültigkeit.
Heute ist die Taubenliebhaberei eine Familienangelegenheit, eine schöne, spannende Freizeitbeschäftigung. „Besonders unsere Kinder finden es spannend, wenn ein Taubenpärchen in Liebe zueinander findet und ein Nest in ihrem Eigenheim, der Nistzelle, in dem für sie vorgehaltenen Taubenschlag bauen“, erzählt Horst Skrzipietz mit leuchtenden Augen.
Man merkt ihm beim Gespräch mit BZMG an, dass er mit ganzem Herzen, Stolz und Freude bei seinen Tauben ist. „Nach 10 Tagen liegen zwei Eier im Nest, nach weiteren 17 Tagen schlüpfen winzige Küken. Mit großen, staunenden Augen betrachten Kinder, aber auch Erwachsene, das entstehende Leben.“
Ein Staunen, das den Taubenliebhaber aus Neuwerk-Bettrath auch nach 30 Jahren immer noch packt. Seine Liebe zu den Brieftauben hat er seinem Sohn Ralf Skrzipietz sozusagen in die Wiege gelegt, der auch dem Taubensport verfallen ist.
„Nach weiteren 6 – 8 Tagen wird diesen Taubenküken ein geschlossener Metallring über den rechten Fuß gestreift – das ist der Personalausweis für ihr ganzes Taubenleben“, erklärt Horst Skrzipietz weiter.
Brieftauben sind von Geburt an sehr zahm und lernen sehr schnell für ihr weiteres Leben als Wettkampfathleten. Sie werden von ihrem Züchter, das Wort „Taubenliebhaber“ trifft es besser, das ganze Jahr über mit allem versorgt, was erforderlich ist, damit sie gesund, stark und auch gerne nach hause in ihre Nistzelle zu ihrem Schatz (Täubin oder Täuber) zurückwollen. „Manchmal ist der Schatz auch der Taubenhalter selbst“, lacht Horst Skrzipietz. Mensch und Tier haben ein inniges Verhältnis zueinander, die Taube ein großes Vertrauen zu ihrem Halter.
„Wir Taubenliebhaber legen Wert auf die Feststellung: Sporttauben sind topgesund! Sie werden regelmäßig tierärztlich betreut. Pflichtimpfungen und Gesundheitszeugnisse sind die Voraussetzungen, um am Wettkampfsport teilnehmen zu dürfen.“ Eine wichtige Feststellung, gerade wenn es um Themen wie „Krankheitsüberträger“ und „Vogelgrippe“ geht: Vor Brieftauben in der Nachbarschaft braucht sich also diesbezüglich keiner Sorgen zu machen.
Schon ganz früh werden die Jungtauben, wenn sie gut am Schlag (Haus) fliegen und ihre Heimat kennen gelernt haben, zu Trainingszwecken und Schulung des Orientierungsvermögens in zunehmenden Entfernungen von 5 km, 10 km, 15 km usw. vom heimatlichen Taubenschlag weggefahren und aufgelassen. Mit dieser Vorgehensweise werden sie spielerisch an die Wettkampfaufgaben herangeführt.
Wenn diese Phase abgeschlossen ist, beginnen die Vorbereitungsflüge für die Jungtauben-Wettflüge in hierfür vorgesehene Kabinenexpressfahrzeuge (Kabi). Diese sind nach den modernsten Techniken entwickelt worden und gewährleisten die Versorgung der Tauben mit Frischluft, Wasser, Futter und Taubenbesatz.
Damit werden alle Forderungen nach dem Deutschen Tierschutzgesetz erfüllt!
Im Geburtsjahr werden etwa 4 – 5 Wettflüge bis ca. 300 km durchgeführt, um die Jungtauben auf das spätere Wettkampfleben vorzubereiten. Das ist nur möglich in einer Reisevereinigung, die von Vereinen organisiert wird.
In Mönchengladbach wurde der 1. Brieftaubenverein 1874 gegründet. Der älteste Brieftaubenverein in Neuwerk „Ohne Furcht 01192″ wurde 1902 gegründet und besteht noch heute. Die Vereine haben Vereinsnummern (wie „01192″) und sind auf dem Metallring der Taube abgedruckt.
Ein zusätzlicher Telefonaufkleber mit der Tel.-Nr. des Taubenhalters ist Pflicht und erleichtert die Meldung einer verirrten Taube. Im nächsten Jahr ist die Vorbereitung für die dann einjährigen Tauben identisch, nur dass die Flugstrecken länger werden, in der Reisevereinigung Korschenbroich z.B. bis 685 km.
„Hier werden Meisterschaften ausgeflogen nach dem Modus jede 3. Taube, die am Wettflug teilnimmt, macht einen Preis. Wer die meisten Preise macht, wird Meister, die anderen folgen auf den Plätzen“, erklärt Horst Skrzipietz.
Bei den Siegertauben aus Bettrath ist das anders. Es sind Weitstreckentauben des Züchters Hans Eijerkamp und Söhne, Holland und Nachzuchten der beiden Bettrather Züchter, die Strecken von 1.200 km fliegen. Die Reiserichtung ist Süd-West Frankreich mit dem weitesten Flug ab Barcelona, Spanien.
Bei diesen internationalen Preisflügen beteiligen sich Taubenliebhaber aus den Längern Belgien, Frankreich, Holland, Luxemburg, England und Deutschland. So entstehen übrigens auch viele internationale Freundschaften unter den Freunden des Brieftaubensports, die meist ein Leben lang Bestand haben – auch ein schöner Beitrag zur Völkerverständigung.
„Die Preisverteilung ist hier jede 4. Taube macht einen Preis. Dass höchste ist die Vorbenennung von der 1. und 2. vorbenannten Taube. Diese Vorbenannten müssen aber auch einen Preis erringen, je früher dieser Preis ist, umso wertvoller ist er und die Ehrung ist dann auch entsprechend.“, Horst Skrzipietz ist nun ganz in seinem Element und man merkt ihm seine Begeisterung für diese schon besondere Wettkampfsportart an.
„Die Tauben werden mit dem Kabinenexpress oder mit besonders dafür vorgesehenen Körben an die jeweiligen Auflassorte gefahren und in dieser Zeit (Barcelona z.B. 1 Woche) von besonders geschulten Begleitern betreut.“
Pro Taube wird ein Startgeld gezahlt, um die Kosten für Transport und Betreuung zu decken. Die Züchter setzen mehrere Tauben ein und benennen die Erst-Platzierungen ihrer Lieblinge.
In der Heimat wartet in der Nistzelle Täubin oder Täuber sehnsüchtig auf die Heimkehr der Wettkampftaube. „Ob Männchen oder Weibchen, jede Taube will nur schnell eines: nach hause zu ihrem in der Nistzelle wartenden Partner. Die einen schicken lieber den Täuber, die anderen die Täubin auf die Reise“, demnach gibt es hier keine Richtlinien, das hält jeder Züchter anders. „Ich schicke lieber die Männchen“, meint Horst Skrzipietz.
Die heimgekommende Taube schmust übrigens erst einmal lange und ausgiebig mit dem Partner.
Die Tauben orientieren sich nach dem Magnetfeld der Erde und der Sonne; dieses Phänomen ist noch nicht vollkommen erforscht.
Und nun für die Fachwelt folgende Angaben:
Die Bettrather Siegertauben haben auf den Preisflügen Brive 770 km, Tabes 1012 km, Marseille 845 km, national Brive 770km (Deutschlandflug) und Perpignan 988 km eine Preisquote von 50 % erreicht, auf dem besonders schweren Preisflug Marseille, sogar 60 %; hier waren 1. und 2. benannte Taube die schnellsten in der Zone. Insgesamt waren in Marseille 13.954 Tauben am Start, für den Nationalflug Brive waren es 2.640 Tauben, eingesetzt von 270 Züchtern.
Für die hervorragenden Ergebnisse auf den Preisflügen Marseille und nat. Brive wurden die Siegertauben und der Züchter aus Bettrath, Ralf Skrzipietz, am 28.02.09 mit den anderen Siegern in einem festlichen Rahmen im Parkhotel, Euskirchen geehrt. Ralf Skrzipietz nahm hier für die zwei schnellsten Tauben jeweils einen schönen Pokal in Empfang. Ein weiterer überaus erfolgreicher Vereinskollege „ohne Furcht“ ist Ludwig Kamps, der leider in der diesjährigen Osterzeit verstarb.
Er stellte in 2008 den besten Weitstreckenvogel und erhielt für gute Platzierungen ebenfalls zwei Pokale in Euskirchen. Der ehemalige Vereinsvorsitzende Wilhelm Gawlik, heute Ehrenvorsitzender von „Ohne Furcht (01192)“, versorgt mit seiner Frau Marianne immer noch seine Brieftauben und das mit 86 Jahren! Der Brieftaubensport ist schön, spannend und hält die Taubenliebhaber offenbar bis ins hohe Alter fit.
In Neuwerk-Bettrath ist der Taubensport ortsüblich. Im Umkreis von 1 km sind 12 Züchter mit ihren Sporttauben sehr erfolgreich. Das Training der Weitstreckentauben erfolgt in der Reisevereinigung Korschenbroich, hier holen sich die Weitstreckentauben ihre Schnelligkeit, indem sie gegen die Sprintertauben der Reisevereinigung Korschenbroich fliegen.
Der schnellste Vogel von Brive, Frankreich, des Bettrather Züchters Ralf Skrzipietz landete einmal bei einer evangelischen Pfarrersfamilie. Anhand des Telefonaufklebers wurde er schnell ausfindig gemacht und konnte seine Taube dort abholen. Die Pfarrersfamilie hatte den „152″ hervorragend versorgt. „Wir wissen nicht, ob der Pfarrer dieser Taube den himmlischen Segen erteilt hat, aber danach hat er den 1. Preis im Weitstreckenclub Myhl-Wegberg errungen“, so erzählt Horst Skrzipietz schmunzelnd.
„Haben Ihre Tauben auch Namen oder rufen Sie sie bei Nummern?“, fragt abschließend die Redaktion Neuwerk. „Sowohl als auch“, lacht Horst Skrzipietz, „unser 152 nennen wir seit dem Besuch der Pfarrersfamilie Vikar“.