OB Hans Wilhelm Reiners zu Gast bei Peter Uhler von der Friedrich-Spee-Akademie
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Noch nicht bereut?“, fragte Peter Uhler, Ehren- und Vorstandsmitglied der Spee-Akademie, worauf Hans Wilhelm Reiners antwortete: „Nein, obwohl immer noch einiges gewöhnungsbedürftig ist.“
Diese kurze Frage und die ebenso kurze Antwort waren der Auftakt zu einem Gespräch, das, so war der Eindruck, nicht nur für das Publikum angenehm und kurzweilig war, sondern auch für die beiden Protagonisten, die nicht ohne Schlagfertigkeit und sympathisch agierten.
Die private, nicht konfessionsgebundene Friedrich-Spee-Akademie, kurz auch FSA genannt, setzt sich in ganz Deutschland für Menschen in der zweiten Lebenshälfte ein.
Ihren Namen verdankt die Akademie dem Jesuitenpater Friedrich Spee (Friedrich Spee von Langenfeld, 25.02.1591 bis 07.08.1635 ), der als einer der ersten die grausamen Hexenverfolgungen und Hexenprozesse kritisierte und dazu das Buch „Cautio criminalis“ verfasste.
Der Jesuit Spee war nicht nur Kritiker der Hexenprozesse, sondern auch Lyriker (einer der bedeutendsten katholischen Dichter des deutschen Barock), geistlicher Schriftsteller und Kirchenliederdichter. Seine Lieder finden sich noch heute (nicht nur) in den Gesangbüchern beider christlichen Konfessionen („Zu Bethlehem geboren“ oder „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“).
Die Friedrich-Spee-Akademie e.V. Mönchengladbach hat sich seit ihrer Gründung im Januar 1999 ausgesprochen erfolgreich entwickelt. Inzwischen nehmen mehr als 1.000 Personen jährlich an ihren Veranstaltungen teil.
Sie bietet in Zusammenarbeit mit ehrenamtlich engagierten Bürgern, Kooperationspartnern aus der Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen soziale, kulturelle und politische Bildungsangebote.
Uhler, sehr im kulturellen Leben der Stadt engagiert, setzt sich ganz im Sinne und Tradition der FSA ehrenamtlich für diese ein.
Erfreut wies Uhler bei der Begrüßung des neuen Oberbürgermeisters unserer Stadt, Hans Wilhelm Reiners, im Dachgeschoß des „Alten Zeughaus“, darauf hin, dass er diesen so schnell nach seinem Amtsantritt für ein Gespräch gewinnen konnte.
Man kenne sich schon 30 Jahre und Hans Wilhelm Reiners habe als neuer OB Mönchengladbachs selbstverständlich ganz oben auf Uhlers Wunschliste der Gäste gestanden, die er zu einer Veranstaltung der FSA einladen wollte.
Dass OB Reiners nun trotz vollen Terminkalenders und „Begehrlichkeiten Vieler“, die ihn ebenfalls gerne zu Gast haben würden, so rasch ein Gespräch bei der Friedrich-Spee-Akademie ermöglichte, freute nicht nur Uhler, sondern auch die rund 70 Anwesenden im voll besetzten Veranstaltungsraum des „Alten Zeughauses“.
Sie erlebten einen entspannten Oberbürgermeister in aufgeräumter, lockerer Atmosphäre, der sich im ersten Teil des Abends nonchalant den Fragen Uhlers und im zweiten geduldig denen der Zuhörer stellte.
Obwohl die Veranstaltung, die um 19:00 Uhr begann, „nur“ 90 Minuten dauern sollte, war selbst nach mehr als zwei Stunden das Interesse der Zuhörer ungebrochen und Peter Uhler hatte Mühe die vielen Interessierten, die offensichtlich noch viele Fragen an den OB gehabt hätten, zu „bremsen“ und zum Ende zu kommen.
Beide, OB Reiners und Peter Uhler als Moderator, erwiesen sich als blendend gelaunte, eloquente Gesprächspartner mit Witz, die immer wieder auch die Lacher auf ihrer Seite hatten, so dass zu keinem Zeitpunkt auch nur ein Hauch von Langeweile oder Nachlassen der Aufmerksamkeit zu bemerken war.
Reiners gab Einblicke in seine bisherige Vita. Kindheit in Eicken, Math.Nat., wie es in Mönchengladbach nur knapp heißt, Abitur, zwei Jahre Bundeswehr, um gleichzeitig Geld für das Studium zu verdienen, bei Pilotenprüfung knapp gescheitert, Studium für Lehramt (Sport) in Köln und Geographie an der RWTH in Aachen.
Worauf Uhler meinte „Studierter Lehrer, verhinderter Pilot – nun in Mönchengladbach ein Pilot der etwas anderen Art – wie ist es die Stadt zu führen?“
Allein gehe das nicht, sondern nur mit einer Mannschaft, auch wenn einer führen muss, war Reiners‘ Antwort. Was den Lehrer anbelange, so brauchen beide, Lehrer als auch Politiker ein dickes Fell.
Über den Sport (Volleyball) kam Reiners zum Journalismus. Zunächst mit Berichten über Volleyball-Spiele und bald auch andere Themen.
Nach einem Volontariat bei der Braunschweiger Zeitung, das Reiners, wie er anmerkte, endlich nach 116 Bewerbungen erhielt, lebte er mit seiner Familie in Braunschweig (Braunschweig war damals Erstligist und trug die legendären Jägermeister-Trikots … ) und nutzte nach fünf Jahren die Möglichkeit nach Mönchengladbach zurückzukehren, weil er eine Stelle bei der Rheinischen Post erhielt (… Braunschweig war in der 3. Liga „angekommen“ …).
Der Übergang vom Journalismus zur Politik sei fließend gewesen.
Uhler fragte nach, was 1998 der Grund für den Wechsel zum CDU-Fraktionsgeschäftsführer gewesen sei: Unzufriedenheit oder was Neues ausprobieren?
Für Reiners war damals die Politik ein Wagnis, denn bei der RP hatte er einen festen Vertrag, während die Finanzen einer Partei von der Stärke der Fraktion abhängig sind und demzufolge auch die damit verbundene Position des Geschäftsführers.
Ähnlich dem Journalismus sei diese Position mit einer großen Themenvielfalt verbunden.
An einem Mandat hatte Reiners dann schon 1999 Interesse, mal scheiterte er trotz Listenplatz 3, weil alle Direktmandate geholt wurden, zwei Mal konnte er nicht antreten, weil es den „Platzhirsch“, wie er schmunzelnd hinzu fügte, Rainer Brandts gab.
2009 entschied er sich dafür gegen Brandts anzutreten, was für Unruhe in der CDU sorgte, auch wegen der Diskussion um die Vereinbarkeit der Position des Fraktionsgeschäftsführers mit einem Ratsmandat.
Reiners „holte“ jedenfalls den Wahlkreis Eicken-Süd-Kaiser-Friedrich-Halle. Dies sei für ihn in fünf Jahren kein Interessenkonflikt gewesen, da er es ohnehin gewohnt war keine 37,5-Stunden-Woche zu haben, und er ergänzte: „Wenn man einen tariflich unterlegten Vertrag will, sollte man den Posten eines Fraktionsgeschäftsführers besser nicht antreten“.
Vieles habe sich für Reiners „entwickelt“ und war nicht von vornherein geplant.
Die Niederlage der CDU bei der OB-Wahl 2004 sei eine große Überraschung gewesen, da man, so Reiners, bis dahin davon ausging, dass man in Mönchengladbach einen „schwarzen Stock aufstellen könne“ – selbst der wird mit Sicherheit gewählt. Womit er die Lacher auf seiner Seite hatte.
Auch 2009 hatte er gedacht Norbert Post würde gewinnen – wieder war das Gegenteil der Fall.
2013 musste die CDU dann einen OB-Kandidaten benennen. Dafür wurden Dr. Krings, Gregor Bonin, Frank Boss und Reiners „gehandelt“. Einige hatten abgewunken und Frank Boss meinte: Reiners, mach’s Du!
Nachdem Krings ihn fragte, ob er sich zur Verfügung stellen würde, habe er nachgedacht, dann Ehrgeiz entwickelt, und es aber auch als Ehre aufgefasst. Nach Rücksprache mit seiner Frau, die sei Kummer gewöhnt, da er nie regelmäßige Arbeitszeiten gehabt habe, entschied sich Reiners als CDU-OB-Kandidat gegen den damaligen OB Norbert Bude (SPD) anzutreten.
Dass es schwer werden würde, sei ihm klar gewesen. Amtsbonus und die Bekanntheit auf Grund 10-jähriger Amtszeit waren nicht zu unterschätzen. Die meisten Wähler, so Reiners, tauchten schließlich nicht in Wahlprogramme ein, deshalb spiele Bekanntheit eine Rolle.
Er habe, auf Grund der Presse, ein positives Gefühl gehabt. Als nach dem ersten Wahlgang ein Unterschied von 1.200 Stimmen bestanden habe, war ihm klar: drei Wochen Gas geben! Auch in der guten Zusammenarbeit innerhalb der Partei, sieht er den Schlüssel zum Erfolg.
Am Wahltag sei er entspannt ins Rathaus gegangen.
Uhler hakte nach: „Wie war das Gefühl am Abend?“
Der sei definitiv einer der aufregendsten seines Lebens gewesen. Er werde nie vergessen, dass, als ungefähr 40.000 Stimmen ausgezählt waren, er und Bude gleich standen. Auf Nachfrage, was passiere, wenn auch das Endergebnis ein Patt wäre, wurde ihm gesagt, dass es zum Losentscheid käme!
Letztendlich waren es dann 543 Stimmen oder 0,3%, die den Ausschlag zu Reiners‘ Sieg gaben, was er als unglaublich empfand.
Nach einer letzten Woche, die er noch als Fraktionsgeschäftsführer verbrachte, war Reiners erster Arbeitstag der 23.06.2014. Er erhielt einen Dienstausweis und war erstmalig in seinem Leben Beamter.
Da seine Amtszeit sechs Jahre betragen wird, fehlen ihm zwei Jahre, um als Beamter mit Pensionsanspruch in den Ruhestand gehen zu können. An dieser Stelle zahlt sich für ihn aus, dass er als junger Mann dank Bundeswehr sein Studium finanzieren wollte. Genau diese beiden Jahre verhelfen ihm nun am Ende seiner aktuellen Amtszeit (2020) zu den Voraussetzungen pensionsberechtigt zu sein.
Angenehm offen erklärte Reiners, dass ihn das gelassen mache, und er erst ein Jahr vor Ablauf seiner Amtszeit entscheiden wolle, ob er noch einmal antritt. Er habe lange überlegt, ob er das offen sagen könne, denn es sei ihm durchaus klar, dass auch Kritik an diesen Überlegungen geäußert werden könnte.
Er schätze diese Freiheit sagen zu können: ich mach’s noch mal!
Bisher mache ihm sein Amt einen Riesenspaß. Bedauert habe er, dass Norbert Bude ihm kein Angebot zu einem Gespräch anlässlich des Wechsels machte. Dies habe Reiners später nachgeholt.
Und, fragte Peter Uhler: „Gehst Du tatsächlich noch zu Fuß ‚zur Arbeit‘?“
Ja, das sei überwiegend der Fall, erklärte Reiners.
Was die Verwaltung anbelangt, möchte er nicht immer auf die Einhaltung des Dienstweges pochen. Ein Abteilungsleiter muss auch den Oberbürgermeister ansprechen können. Eigeninitiative sei ihm wichtig, und er vertritt die Meinung bezüglich der Mitarbeiter: traut euch was!
Er habe zunächst viel Zeit darauf verwendet Termine für jeden Fachbereich zu vereinbaren und wahrzunehmen. Dort sei er von Büro zu Büro gegangen. Alternativ hätte man sicher alle Mitarbeiter in die Kaiser-Friedrich-Halle einladen können. Das sei ihm zu anonym. Er wolle ein Gefühl dafür haben, wo und wie die Leute arbeiten und auch motivierend wirken.
Das, was er gesehen habe, so sagte er nachdenklich, sei nicht immer angenehm oder erfreulich gewesen. So hätten die Büros im Rathaus Oberstadt seit 20 Jahren keine Farbe mehr gesehen.
Sparen sei zwar wichtig – aber ob das richtig sei, sehe er kritisch, da solche Arbeitsbedingungen nicht motivierend wirken können. Die allermeisten Mitarbeiter sind sehr motiviert, aber Grenzen seien wohl erreicht.
Als weiteres Beispiel nannte Reiners die Entscheidungen pro oder kontra freiwillige Leistungen. Die freiwillige Leistung, dass bei der Geburt eines Kindes die Eltern besucht werden, sei gut angelegtes Geld.
Auch das Thema „Theater schließen“ sei für ihn nicht vorstellbar, weil es für ihn die Frage aufwerfe, was für ein Verständnis von Stadt man habe, wenn kein kulturelles Leben existiere.
Dass in einigen Bereichen Defizite bestehen, bestätigte Reiners. So mache ihm der Baubereich Sorgen.
Wenn manche Anträge ein Jahr Bearbeitungsdauer haben, sei das kritisch, denn wer Geld in der Stadt investiert, bindet sich an diese. Jeder Bürger bedeute auch ein Mehr an Schlüsselzuweisungen, was letztendlich auch ein Mehr in der städtischen Kasse bedeute.
Es sei ein Fehler, wenn vordergründig gespart werde, die Leute dann aber nach Erkelenz gehen. Es gebe keine Berechnung, was sofort gespart wird im Verhältnis zu Negativeffekten auf lange Sicht.
Reiners stellte sich nach dieser Gesprächsrunde noch geduldig den vielfältigen Fragen der Zuhörer, die von der Kritik an der schlechten Erreichbarkeit der Oberstadt über die Stepgesstraße bis hin zu den Öffnungszeiten der Tiefgarage unter dem Rheydter Marktplatz reichten.
Es war fast 21:30 Uhr bis OB Reiners zu Fuß den Heimweg antreten konnte. … wie hatte er gesagt: „Meine Frau ist Kummer gewöhnt“.