6te Gesamtschule
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Kirche und Politik – kaum etwas bewegt und erhitzt manche Gemüter mehr. MORAL wird dann ganz groß geschrieben. Die einen mahnen, die anderen heucheln.
Lassen sich dann auch noch überzeugte Vertreter von Kirchen auf schulpolitische Aussagen ein, dann zeigt sich warum das Thema „Schulpolitik“, besser wäre eigentlich „Schulformdebatte“, ein Minenfeld ist: „Nehmen Sie den Kindern nicht die Schule, in der sie sich geborgen, angenommen und zu Hause fühlen!“, appellierte Jutta Pitzen, Diözesanvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands (KED) im Bistum Aachen, an die städtischen Politiker.
Abgesehen von der Tatsache, dass auch mit dem Beschluss der Auflösung der Katholischen Hauptschule, kein Kind diese Schule vorzeitig verlassen muss, also sich weiterhin auf Geborgenheit, Anteilnahme und Heimgefühl verlassen darf – die Lehrer dürften wohl kaum plötzlich den Umgang mit ihren Schülern ändern – stellt sich die Frage: Gab es eigentlich eine repräsentative Umfrage unter Eltern und Schülern der Hauptschule, die diese Behauptung stützen würde?
Der Katholizismus als Garant, dass sich Kinder in einer Schule geborgen, angenommen und zu Hause fühlen?
Der Glaube macht’s, allein: es fehlt der Glaube.
Was wohl Missbrauchsopfer kirchlicher Institutionen von diesem selbstgerechten Anspruch halten.
Die Kirche kämpft um die letzten Schüler katholischer Hauptschulen – notfalls müssen die Schäfchen zu ihrem Glück gezwungen werden:
Gerd Schaeben (Bündnis90/Die Grünen) stellte unlängst klar, dass im vergangenen Schuljahr 9 Kinder, davon 5 aus muslimischen Familien, im ersten Anmeldeverfahren auf die Katholische Hauptschule angemeldet worden sind.
Was wohl die katholischen Eltern katholischer Kinder denken, die der Kirche die Stirn bieten und ihr Kind auf eine städtische Gesamtschule schicken.
Verlorene Schäfchen auch in den vier städtischen Realschulen – und die katholischen Eltern gymnasialtauglicher Kinder stürmen die einzig-katholische Bastion: die Bischöfliche Marienschule.
Welch Glück für die Eltern und Kinder, die nun auf der Katholischen Hauptschule zu dieser Schulform zwangsbekehrt werden.
Die KED-Diözesanvorsitzende Jutta Pitzen weist darauf hin, dass die Schule Herausragendes im Einsatz für Bildung und Erziehung unter christlichen Vorzeichen leiste.
Leisten Lehrer an Gymnasien, Realschulen, städtischen Hauptschulen und Gesamtschulen nicht auch „Herausragendes im Einsatz für Bildung und Erziehung?“.
Natürlich, aber nicht „unter christlichen Vorzeichen“.
Und da auch die CDU das „C“ für „Christlich“ und damit implizierte „christliche Werte“ gepachtet hat, ist der Schulterschluss an dieser Stelle klar.
Vermittelt das Christentum nicht Werte? Toleranz, Verständnis, Güte, Miteinander?
Es scheint eher, dass die erwachsenen Befürworter von Hauptschulen (auch die ohne eigene Kinder im Schulalter) sich verletzt, diskreditiert, nicht akzeptiert, nicht ausreichend gewürdigt und abgelehnt fühlen. Zumindest könnten das Motive einer über-engagierten Elternschaft sein, die sich zu solch unbedachten Äußerungen hinreißen lassen.
In der Politik spielen wohl auch andere Gründe für die vehemente Verteidigung der katholischen Hauptschulen in Stadmitte eine Rolle.
Verletzungen. Bei Erwachsenen und auch bei Kindern. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass diese Emotionen Erwachsener spurlos an Kindern, die eine Hauptschule besuchen, vorübergehen?
Kinder haben eine feinere Antenne, als die meisten Erwachsenen meinen.
Welche Werte will die Kirche bei der Diskussion um Bildung eigentlich vermitteln?
„Für manche Spätentwickler kommt sie (die Entscheidung zur weiterführenden Schule) zu früh, das bestätigen Entwicklungs- und Schulexperten. Aber nur wenige Bundesländer haben sich deswegen entschlossen, die Entscheidung um ein oder zwei Jahre hinauszuschieben und die Grundschulzeit zu verlängern. Die anderen verweisen stattdessen auf „Durchlässigkeit“ ihrer Schulsysteme; sie soll es Kindern ermöglichen, auch nach dem fünften, sechsten Schuljahr oder sogar erst nach dem Abschluss der Hauptschule noch auf „höhere“ Schulen“ zu wechseln. Doch von dieser vagen Hoffnung versprechen viele Eltern sich offensichtlich wenig.“
Zu lesen im Artikel „Das erste Abitur“ aus dem „Elternbrief Nr. 36 – eine Initiative der katholischen Kirche“.
Kritik zwischen den Zeilen? Möglich. Jedenfalls machen sich Vertreter von Kirchen, die Öffentlichkeitsarbeit betreiben, schon intensiv Gedanken.
„Wie geht’s dann weiter?“, fragen die Macher dieses Elternbriefs, wenn das Kind den Sprung auf das Gymnasium geschafft hat. „Lerndruck und –tempo dort sind durch die Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre noch gestiegen – hält das Kind das wirklich durch?“
Die einen werden das jetzt so auslegen die anderen so. Das nennt man Debatte oder Diskussion.
Gut, aber bitte sachlich. Den „einzig-selig-machenden moralischen“ Anspruch auf Vermittlung von positiven Werten hat auch keine katholische Schule. Keine! Das ist auch eine Anmaßung gegenüber den Leistungen anderer Schulen und anderer Schulformen.
Es zeigt sich an dieser Stelle jedoch die Unsicherheiten und die Überlegungen, die viele Eltern von Viertklässlern haben: Welche Schule ist die Richtige? Der Zulauf zu den Gesamtschulen kann vor diesem Hintergrund nun wirklich nicht verwundern.
Der Elternbrief schlägt sich auf keine Seite. Er kämpft nicht um Katholische Hauptschule, um ein drei-gliedriges Schulsystem oder um eine Gesamtschule. Er verweist auf die Hilfen, die Eltern ihren Kindern geben können und sollten, macht Mut und Hoffnung, lässt dabei aber den Weg frei.
Kirchenvertreter, ob Katholische Elternschaft oder christ-demokratische Politiker, sollten dem Elternwillen gleichermaßen mit Toleranz, Respekt und Akzeptanz begegnen. Zwang war noch nie der richtige Weg … und wie war das mit dem „C“ (siehe oben).
Wer sind nun die verwirrten Schäfchen?
„Oh du fröhliche, oh du selige und oh du besinnliche Weihnachtszeit.“
Eine hoffnungsvolle Zeit.
D. Pardon