„Sie sind herzlich eingeladen, Herr Minister“ • Karl-Josef Laumann spricht auf Mai-Kundgebung mit Vertretern des Arbeitslosenzentrums über eine angekündigte Streichung von Fördermitteln
Herbert Baumann [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Überraschung am Info-Stand des Gladbacher Arbeitslosenzentrums (ALZ) auf dem Rheydter Marktplatz. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach hier etwa 15 Minuten mit Vertretern des ALZ.
Thema war eine drohende Streichung von Fördermitteln und ihre Folgen für die anerkannte Einrichtung. Zu einem Vorschlag von ALZ-Leiter Karl Sasserath sagte der Westfale nichts, hörte zu und wirkte nachdenkend.
1. Mai, „Tag der Arbeit“, DGB-Haus an der Rheydter Straße.
Hier versammeln sich mehr als 200 Menschen, sagen auf Plakaten und Transparenten, was sie erwarten und wollen.
Auch das ALZ und das regionale Bündnis für Menschenwürde und Arbeit mischen sich in den obligaten Mai-Demo-Zug des DGB; u.a. mit einem auf einem Transparent gut sichtbaren „Herr Minister, erhalten Sie das Arbeitslosenzentrum“.
Laumann hat sich da längst vor das „Haus der Gewerkschaften“ vorfahren lassen, steigt aus dem Auto und läuft in dem Protestzug mit; ebenso wie Hans-Willi Körfges (SPD-MdL) und Politiker von Grünen und Linken.
Erstmals dabei sind SchülerInnen der großen Öko-Bewegung „Fridays for Future“ aus knapp 30 Schulen der Stadt.
Eine junge Frau – sie läuft barfuß mit – schnappt sich auf dem Weg zum Rheydter Markt hin und wieder Abfälle wie herumliegende Pizza-Kartons vom Straßenrand, presst sie zusammen und wirft sie in Abfallkörbe.
„Reden ist gut, handeln auch“, schmunzelt sie.
Zurück zum ALZ-Stand.
Hier verteilten Mitarbeiter und Vorstandsmitglieder u.a. ein Extra-Flugblatt, in dem es um die Kappung der Gelder ab 2021 aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) geht.
Käme das durch, wären die mehr als 70 Erwerbslosen- und Arbeitslosenzentren in NRW in ihrer Existenz bedroht.
In Gladbach fehlten jährlich rund 65 000 Euro.
„Dann müssten wir wichtige Angebote kürzen, unsere Einrichtung wäre nicht mehr die, die jetzt erfolgreich vielen Menschen Hilfe und Beratung bietet“, sagt Sasserath.
Laumann hört das mit Interesse, sagt dann spontan, dass er nicht genügend Geld habe, alles zu finanzieren.
Konkret wird der Herr Minister auch.
Er will nämlich Werkvertragsarbeitnehmer besser schützen, sie fachkundig beraten und informieren über Ausbeutung und bessere Bezahlung.
Im Land gebe es für diese Arbeitnehmer nur „zwei, drei Stellen“, die aufklärten.
Da müsse und wolle er mehr tun.
Weil das koste, denkt er an den Millionen-Topf ESF aus Brüssel.
Und das bedeutet, so Laumann, dass Zentren wie das ALZ weniger Geld bekämen.
Entscheidungen – welche auch immer – sollen spätestens Ende des Jahres fallen.
Karl Sasserath (im Bild 2. v.l.) schlägt dem Minister vor, dass „auch das Gladbacher ALZ diese Aufgabe übernehmen könnte“.
So blieben die jährlich 65 000 Euro, der finanzielle Kollaps wäre vermieden.
Gülistan Yüksel, die SPD-Bundestagsabgeordnete, sagt dazu: „Beides ist sehr wichtig, sowohl der Fortbestand des ALZ als auch der bessere Schutz der Werkvertragsarbeitnehmer.“
Letztere kommen nicht selten zu Tausenden aus Rumänien und Bulgarien, werden von geldgierigen Subunternehmen eingestellt und arbeiten vornehmlich in Großschlachtereien.
Zu Stundenlöhnen von drei bis fünf Euro.
Gewerkschaften, die auf Zahlung des Mindestlohnes dringen, beißen sich die Zähne aus.
Dazu ein Beispiel: Ein deutscher Schlachthof beauftragt einen Subunternehmer, einen Schlachtbetrieb aus Rumänien, nicht mit der Entsendung von Arbeitskräften, sondern mit der Übernahme eines Werkes – beispielsweise 2.000 Kisten Schweinehälften zu produzieren.
Dann vereinbart er mit dem Subunternehmer einen Preis.
Ab diesem Moment ist es Sache des Subunternehmers, wie er das Werk erstellt. Das unterliegt dann nicht mehr unserem Arbeits- und Sozialrecht.
Ein seit vielen Jahren praktizierter Missbrauch, über den die Politik bestens informiert ist.
Zuvor hatte Gladbachs DGB-Chef Emrah Bektas die vielen BesucherInnen der Mai-Feier begrüßt.
Dabei verlangte er für den DGB und die Einzelgewerkschaften den langfristigen Erhalt der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren.
Speziell die Gladbacher Einrichtung leiste eine „sehr gute Arbeit“.
Laumann war Hauptredner. Er unterstrich die „große Bedeutung und Wirkung der Gewerkschaften“.
An seine Zuhörer appellierte er, die KollegInnen für eine Mitgliedschaft in Gewerkschaften zu gewinnen, „die Scheißlöhne kriegen“.
Und das sind – nicht ohne Mittun der Politik – Millionen Menschen.
Ehe der Arbeitsminister zu herumstehenden Parteifreunden eilt, lädt ihn Karl Boland, Sprecher des ALZ-Vorstandes (im Bild 2. v.l.), zu einem Besuch der Stadtmitte-Einrichtung ein.
CDU-Innen-Staatssekretär Günter Krings ist Laumann voraus: Der Gladbacher war kürzlich Gast des ALZ.