Die wahre Geschichte des Jakob-Brunnens
Red. Neuwerk [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Wie entstehen Legenden? Man schmückt Wahrheiten aus und manche Sachverhalte entfallen. Am Beispiel des Jakob-Brunnens in Neuwerk und der jährlich stattfindenden Feier kann das nachvollzogen werden.
Die Neuwerker Redaktion von BZMG befragte Holger Schallenburger, Schriftführer der Neuwerker Heimatfreunde und Verfasser zahlreicher historischer, heimatkundlicher Schriften.
Alles fing mit der Anregung des Oberstadtdirektor Fleusters an, in den Aussenbezirken der Stadt Platzkonzerte im Sommer abzuhalten. Das hat man dann auch hier in Neuwerk so gehalten.
Die Legende nach, ist der Brunnen am Peter-Schumacher-Platz nach dem damaligen Verwaltungsstellenleiter und Standesbeamten Jakob Bonus benannt worden.
Möglich und wahrscheinlich ist aber auch, daß sich der Termin “letzter Sonntag im Juli” schlichtweg aufgrund der sommerlichen Wetterlage und des einprägsamen Datums willen anbot – und um diesen Termin herum fällt eben auch der Namenstag des Heiligen Jakob.
Jakob Bonus war von 1960-1971 Verwaltungsstellenleiter, zur Pensionierung hat man ihm die Wandtafel auf dem Marktplatz “gewidmet”.
Es könnte sein, daß er aus den “Platzkonzerten” eine feste Einrichtung gemacht hat, vielleicht hat er auch den Brunnen “in Auftrag gegeben” … das noch genau zu eruieren ist allerdings schwierig, denn man wäre auf Zeitzeugen angewiesen: Wer hat das damals noch bewußt mitbekommen?
Den Brunnen hat 1965 Hannes Schufen gestaltet – erst ganz traditionell als Pumpenbaum und Trog. Schufen hat sich aus einem Alpen-Urlaub Anregungen für das (nicht wirklich zu einem Brunnen passende) Mühlrad mitgebracht und dieses nachträglich angefügt. Das Bild zeigt Hannes Schuffen beim Behauen des ersten Troges.
Damals war das neue Krankenhaus im Bau, die Ansicht vom “Marktplatz” änderte sich grundlegend. Bisher war auf beiden Seiten relativ homogen einmal der Platz (Peter-Schumacher-Platz heißt dieser übrigens erst seit 1988) mit seiner Wohnbebauung, auf der anderen Seite dann das Krankenhaus mit der “Engelsburg” und der Pforte vorweg.
Dieses Bild zeigt den Ausschnitt eines Luftbildes aus 1962, auf dem der später benannte “Peter-Schumacher-Platz” noch öd und leer ist.
Durch den Krankenhausneubau dominierte nun das große Schwesternwohnheim das Bild des Platzes. Eine schöne, saubere Grünanlage wurde dem Anblick des Wohnheims entgegen gesetzt.
Ein hoher Mitarbeiter von der Schlösser-Brauerei, wohnhaft auf der Engelblecker Straße, hat sogleich nach dem ersten Platzkonzert angeregt, einen Ausschank zu machen.
Der Name dieses Mannes konnte Holger Schallenburger auf Anhieb nicht mitteilen, hier müßte noch recherchiert werden. Diesem Mann ist jedenfalls demnach die Grundidee und Realisierung des Bierausschanks zu verdanken.
Heutzutage angesichts vieler ordnungs- und gesundheitlicher Bestimmungen undenkbar, lief das Bier anfangs in der Tat noch aus dem Brunnen. Kaum zu glauben, aber es war so.
Mittlerweile ist der Brunnen mehrmals erneuert worden – an Trog und Pumpenbaum nagte der Zahn der Zeit. Das angebrachte Wappen und das Datum “Pfingsten 1966” wurden immer schön ausgeschnitten und auf das neue Holz genagelt. Das nebenstehende Bild aus den frühen 70er-Jahren zeigt den fertigen Brunnen.
Nur das Mühlrad ist noch original – jedenfalls die Reste davon. Dieses läßt sich nach Aussagen von Schallenburger auch nicht so einfach in seiner Bauart und -weise, wie Hannes Schufen es damals machte, nachbauen.
Der Gläserverkauf startete erst 1974. Das erste Glas hatte ein Bild vom Brunnen. Dieses Bild stammte von Fritz Zaum.
Ab 1975 hat dann Willi Wirtz jährlich neue Motive gezeichnet. Wobei das Priorhaus und das Rathaus mehrmals verwendet wurden (nebenstehend die „Motiv-Liste).
In diesem Jahr werden übrigens nur die Altbestände der Gläser verkauft. Wer also seine Sammlung vervollständigen will hat jetzt die Chance, noch alte Motivgläser zu bekommen.
Das erste Heft, das das jeweilige Motiv auf dem Altbierglas erläutert, kam 1998 heraus. Dies geschah mehr oder weniger zufällig.
Holger Schallenburger wurde damals von Hans-Günter Steins gebeten, eine Ausstellung über die Graf-Haeseler-Schule zu machen. In den Vorjahren gab es von Bürgern immer wieder Nachfragen, was denn da nun auf dem Glas wäre und was es damit auf sich hätte.
Die beiden Faktoren – ein Heft war da, ein Motiv musste her – hat dann diese Kombination zustande gebracht.
Und wer ist nun eigentlich Ausrichter des Jakob-Brunnen-Festes?
Im Grunde und aus der ursprünglichen Intention heraus war der Ausrichter die Bezirksvertretung.
Aus Werbe- (und natürlich finanziellen)Gründen hat sich dann die Volksbank (damals noch Raiffeisenbank) eingebracht.
Im Ausschank war erst Schlösser-Alt, dann Dieterich-Alt, dann Hannen-Alt. Möglicherweise war auch noch eine andere Altbiersorte zwischendurch im Ausschank, dies müßte noch geprüft werden.
Als “Ausrichter” sind diese Brauereien aber nie in Erscheinung getreten.
Aktuell laden offiziell Lothar Erbers (Volksbank), Norbert Post (MdL), Hermann-Josef Krichel-Mäurer (Bezirksvorsteher Ost) und Frauke Bruckes (Firma Schankwerk) ein.
Die beliebten Motivgläser wird es, genauso wie die begleitenden und informativen Schriften, hoffentlich noch lange weitergeben. Schließlich verbleibt der Erlös der Motivgläser für einen guten Zweck im Stadtteil. Jedes Jahr wird ein anderer Verein, eine andere Neuwerker Institution bedacht.
Für die Neuwerker Heimatfreunde ist der Verkauf der Schriften eine zusätzliche Einnahmequelle für die Vereinsarbeit, Sicherung des Heimatmuseums und Bewahrung heimatlichen Wissens.
Auch diese „Heftchen“ sind bei den Neuwerkern beliebt und werden, genauso wie die Motivgläser, gerne gelesen und eben auch gesammelt in den heimischen Bücherregalen.
Im kommenden Jahr wird der Brunnen offiziell 45 Jahre alt, eine Renovierung steht auch an. Vielleicht ein Grund zum Feiern, vielleicht auch ein Grund für die Herausgabe einer Festschrift … wer weiss?
Fest steht jedenfalls, dass die immer wieder gern zitierte Legende “man hat beim ersten Brunnenfest doch glatt das Bier vergessen” so nicht stimmt. Bier war einfach nicht vorgesehen.
Vorgesehen war ein Platzkonzert in Neuwerk, mehr nicht. Die Idee, dieses erste Platzkonzert zum Stadtteilfest mit Freibier auszuweiten, kam erst nachträglich.
BZMG Neuwerk bedankt sich im Namen aller an Heimatkunde interessierten Neuwerker bei Holger Schallenburger, für dessen Erläuterungen zur Entstehung des Brunnens und des Jakob-Brunnen-Festes und für die zur Verfügung gestellten Bilder.